DIE Internet-Zeitung
ALG II für Künstler

Unverkäufliche Kunstwerke verhinderten staatliche Leistung

Am

Der Deutsche Kulturrat, Spitzenverband der Bundeskulturverbände, hat mit Betroffenheit zur Kenntnis genommen, dass die Agentur für Arbeit entgegen allen Ankündigungen nun doch bei Künstlerinnen und Künstlern, die Arbeitslosengeld II beantragen, die selbstgeschaffenen Kunstwerke, die nicht veräußerbar sind, als verwertbares und einzusetzendes Vermögen ansieht. In einem Fall hat die Arbeitsagentur Berlin-Tempelhof/Schöneberg einer Künstlerbedarfsgemeinschaft das ALG II-Geld gestrichen und das bisher gezahlte Geld wieder zurückgefordert. Als Begründung führt die Agentur an, dass die von den Künstlern selbstgeschaffenen Kunstwerke verwertbares und einzusetzendes Vermögen seien.


Selbstständige Künstlerinnen und Künstler sind auf Grund der geringen Einkommen aus ihrer künstlerischen Tätigkeit oftmals auf Arbeitslosengeld II angewiesen, da sie vom Verkauf ihrer künstlerischen Arbeiten nicht leben können.

Der Deutsche Kulturrat hatte immer befürchtet, dass bei der Berechnung des Arbeitslosengeldes II selbstgeschaffene Werke von Künstlerinnen und Künstler, die bislang nicht verkauft werden konnten, als Vermögen angerechnet werden könnten. Die Bundesagentur für Arbeit stellte dagegen in einer öffentlichen Anhörung der Enquete-Kommission "Kultur in Deutschland" des Deutschen Bundestags am 30.05.2005 fest, dass selbstgeschaffene Kunstwerke grundsätzlich nicht als Vermögen bei der Berechnung des Arbeitslosengeldes II angerechnet werden sollten.

Auch die Arbeitsagentur Berlin/ Brandenburg habe gegenüber dem Berufsverband Bildender Künstler Berlin klar gestellt, dass selbstgeschaffene Kunstwerke von Bildenden Künstlerinnen und Künstler nicht als Vermögen angerechnet werden.

Mit dem Fall in Tempelhof/Schöneberg sei diese Zusage nicht gebrochen worden. Den betroffenen Künstlern müsse nun - so der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, Olaf Zimmermann -rasch geholfen und durch klare politische Vorgaben weitere ähnliche Fälle verhindert werden.

400.000 ältere Arbeitslose erhalten offenbar nur noch ALG II

Damalige Gesetzeslage

Der Präsident des Sozialverbands VdK Deutschland, Walter Hirrlinger, hat die neuerlichen Diskussionen zu "Hartz IV", die durch die Forderung von Ministerpräsident Jürgen Rüttgers ausgelöst wurden, stark kritisiert. Hirrlinger sagte, dass bereits bei der Einführung von "Hartz IV" denjenigen, die viele Jahre ihre Beiträge in die Arbeitslosenversicherung gezahlt hätten, großes Unrecht widerfahren sei. Vor allem die rund 400.000 älteren Arbeitslosen hätten sich darauf verlassen, dass sie nach Ausscheiden aus ihrer Firma mit 58 Jahren und nach Ablauf des Arbeitslosengelds I bis zum Rentenbeginn eine angemessene Arbeitslosenhilfe erhalten würden. So habe es die damalige Gesetzeslage jedenfalls vorgesehen. "Doch zwischenzeitlich wurden bei der 58er-Regelung jetzt nachträglich ohne eine Besitzstandswahrung und damit ohne Rücksicht auf die Betroffenen Leistungen einfach zusammengelegt", kritisierte Hirrlinger. "Die Betroffenen haben sich jedoch darauf verlassen, dass die Politiker das umsetzen, was sie selbst gesetzlich verordnet haben. Doch jetzt müssen sie sich mit Arbeitslosengeld II abspeisen lassen und sind die Dummen", so der VdK-Präsident. Das Vertrauen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer würde nachhaltig zerstört, sie könnten sich nicht mehr auf politische Entscheidungen verlassen. "Niemand weiß, wie und wann Gesetze geändert werden. Wie sollen die Menschen in diesem Land der Politik noch vertrauen?", fragte Hirrlinger.

Der VdK-Präsident forderte die Politiker auf, wieder zu längerfristigen und verlässlichen Methoden zurückzukehren, bevor sie Gesetze beschlössen oder änderten. Nur so würde Politik wieder glaubwürdig.

Am 13-11-2006

Alleinerziehende schaffen laut Studie selten Absprung aus ALG II

Arbeitsmarkt- und Berufsforschung

Von den "Hartz IV"-Empfängern können sich einer Studie zufolge Paare ohne Kinder am schnellsten vom Arbeitslosengeld II (ALG II) wieder lösen. Alleinerziehende blieben dagegen am längsten von der staatlichen Unterstützung abhängig, wie das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) am Montag in Nürnberg mitteilte. Grundlage der IAB-Studie waren die ALG-II-Zahlen der Bundesagentur für Arbeit (BA) für 2005. Der Ausstieg aus dem ALG-II-Bezug werde zudem umso schwieriger, je länger die Hilfsbedürftigkeit andauere. So sei von den Paaren ohne Kinder, die noch nicht lange auf staatliche Unterstützung angewiesen seien, knapp die Hälfte innerhalb eines Jahres ununterbrochen bedürftig gewesen. Bei den Paaren mit Kindern und den Alleinstehenden sei etwas mehr als die Hälfte zwölf Monate ohne Unterbrechung auf die staatlichen Leistungen angewiesen geblieben. Demgegenüber bezogen laut IAB mehr als zwei Drittel der Alleinerziehenden "über ein Jahr durchgehend die Leistungen der Grundsicherung".

Insgesamt gehe die Zahl der ALG-II-Empfänger seit Mitte 2006 spürbar zurück. So erhielten dem IAB zufolge im Juni dieses Jahres noch 4,11 Millionen Bedarfsgemeinschaften ALG II. Für November 2006 wiesen die vorläufigen Zahlen der BA dagegen rund 3,6 Millionen Bedarfsgemeinschaften aus. Aufgrund von Nachmeldungen könnten zu den vorläufigen Zahlen allerdings noch bis zu fünf Prozent hinzukommen.

Am 11-12-2006

Wohnungsbaugesellschaften stutzen Wohnraum für ALG-II-Empfänger zurecht

Würde

Die Klagewut gegen die Arbeitsmarktreform "Hartz IV" wird wohl bald noch einmal an Intensität gewinnen. Anlass könnte die neue Vorgehensweise gegen Empfänger von Arbeitslosengeld (ALG) II sein, die größere Wohnungen haben als dies die ALG-II-Kriterien vorschreiben. Wohnungsgesellschaften in Mitteldeutschland sind neuerdings dazu übergegangen, die Wohnungen auf "Hartz-IV-Niveau" regelrecht zurechtzustutzen. Dafür werden ganze Räume abgesperrt oder dort zumindest die Heizung stillgelegt. Die Linkspartei sprach am Freitag von einem Skandal, der Deutsche Gewerkschaftsbund nannte die Vorgehensweise "würdelos und demütigend". Die Wohnungsbaugesellschaften dagegen verteidigten sich: Für die Mieter entfalle so der drohende Umzug, die Vermieter erhielten zumindest eine reduzierte Miete. Auch Sachsen-Anhalts Wirtschaftsminister Reiner Haseloff (CDU) bezeichnete das Modell als einen "denkbaren Weg", der für die Betroffenen meist günstiger sei als ein Umzug.

"Wir halten auf diese Weise auch den Leerstand unter Kontrolle", so Joachim Effertz, Sprecher der Wohnungsgesellschaft in Halle. Um Mietern den Auszug zu ersparen und neue Mieter anzulocken, werde in großen Wohnungen die Heizung in einem Raum abgeschaltet. Dieser dürfe aber weiter genutzt werden. In Dessau und Magdeburg werde der dritte Raum komplett gesperrt.

Im sächsischen Löbau macht die örtliche Wohnungsgesellschaft nach eigenen Angaben gute Erfahrungen mit dem Modell. Die Betroffenen hätten "positiv auf das Angebot reagiert", behauptete Andrea Sänger von der Wohnungsgesellschaft Löbauer Wohn und Bau GmbH. Ihnen bleibe ein Auszug aus ihren zu großen Wohnungen erspart. Gleichzeitig sparten die Vermieter Heizkosten.

Sachsen-Anhalts DGB-Vorsitzender Udo Gebhardt dagegen sieht die Privatsphäre der Arbeitslosen verletzt. Was hier gesetzlich für möglich gehalten werde, sei "nach den Regeln des allgemeinen Umgangs ungesittet", meint der Gewerkschafter.

Die Sozialexpertin der Linkspartei im Magdeburger Landtag, Birke Bull, kritisierte, die Eingriffe in das private Lebensumfeld von Arbeitslosen würden immer grotesker. Diese Praxis dann noch als Gewinn für diejenigen auszugeben, die somit vom Umzug verschont blieben, sei nur zynisch.

Bull scheint mit ihrer Meinung nicht allein zu stehen. Das Berliner Sozialgericht registrierte allein im vergangenen Jahr 26.185 neue Klagen und Eil-Anträge gegen die Hartz-Gesetzgebung und damit die bisher höchste Zahl an neuen Verfahren überhaupt. Für 2007 wurden dem Gericht daher sieben neue Richterstellen zugewiesen.

Am 09-02-2007

Studierende haben keinen Anspruch auf ALG II

Studium ohne BAFöG und ALG II

Studierende können grundsätzlich kein Arbeitslosengeld II bekommen. Diese Regelung der Hartz-IV-Gesetze ist am 6. September vom Bundessozialgericht (BSG) in Kassel gebilligt worden. Deutschlands oberste Sozialrichter wiesen die Klage eines Münchner Studenten ab, dem wegen eines Studienfachwechsels die Ausbildungsförderung (BAFöG) gestrichen worden war. Als er daraufhin Arbeitslosengeld II beantragte, hatte er ebenfalls eine Abfuhr kassiert - zu Recht, wie das BSG befand. Wer eine BAFöG-fähige Ausbildung absolviert, sei laut Gesetz von den Hartz-IV-Leistungen ausgeschlossen. "Dabei kommt es nur auf die abstrakte Förderungsfähigkeit an", so der Senat. Es spiele keine Rolle, ob ein Student oder Auszubildender auch tatsächlich BAFöG beziehe. (Az.: B 14/7b AS 36/06 R)

Der Anwalt des Klägers hatte die gesetzliche Regelung dagegen als "sachfremd" kritisiert: Es widerspreche dem Ziel von Hartz IV, wenn zwar Studienabbrecher aber keine Studierenden Arbeitslosengeld II bekommen könnten. "Jemand, der studiert, macht das, was er eigentlich soll: Er bemüht sich, einen Weg in den Arbeitsmarkt zu finden und dem Staat nicht zur Last zu fallen."

Am 06-09-2007

Bundestag lehnt Linke-Vorstoß für ALG-I-Verlängerung ab

"Mindestabsicherung"

Die Links-Fraktion ist am Donnerstag im Bundestag mit einem Vorstoß zur Verlängerung der Bezugsdauer beim Arbeitslosengeld I (ALG I) gescheitert. Mit den Stimmen von CDU, CSU, SPD, FDP und Grünen lehnte das Parlament einen Antrag der Links-Fraktion ab, für jedes Jahr Beitragszahlung einen Anspruch auf einen Monat ALG-I-Bezug festzuschreiben. Zudem sollte nach dem Willen der Links-Fraktion für Erwerbslose ohne ausreichende Beitragsjahre eine "Mindestabsicherung" eingeführt werden, bei der Behinderte sowie Betroffene über 55 Jahre 24 Monate hindurch ALG I beziehen und über 60-Jährige 30 Monate lang. Linke-Parteichef Oskar Lafontaine kritisierte, Hartz IV zwinge Menschen, jede Arbeit anzunehmen, sei sie auch noch so schlecht. Er fügte hinzu, "schlechte Arbeit" wie Minijobs, Niedriglohnstellen, Leiharbeitsplätze und Ein-Euro-Jobs beeinträchtigten den gesellschaftlichen Zusammenhalt und erlaubten jungen Menschen nicht, eine Familie zu gründen. Neben der ALG-I-Verlängerung forderte die Links-Fraktion in mehreren Anträgen unter anderem die Stärkung des Kündigungsschutzes und einen gesetzlichen Mindestlohn von 8 Euro.

Die designierte SPD-Vize Andrea Nahles sagte, es müsse mehr getan werden, um die Qualität von Arbeit ins Zentrum zu rücken. Dass Leiharbeiter weniger Geld verdienten als ihre Kollegen, sei auf Dauer "nicht in Ordnung". Mit Blick auf die Links-Fraktion sagte sie, der Kündigungsschutz sei bei der SPD "in guten Händen".

Die CDU-Abgeordnete Gitta Connemann warf der Linken vor, mit Anträgen zu stereotypen Forderungen nach sozialer Gerechtigkeit eine "Rolle rückwärts" machen zu wollen. Der FDP-Abgeordnete Heinrich Kolb sprach von "Ungereimtheiten", die man nicht mittragen könne. Grünen-Arbeitsmarktexpertin Brigitte Pothmer kritisierte eine "postsozialistische Rhetorik".

Am 25-10-2007

SPD-Parteitag billigt Verlängerung von ALG I

Basis gegen Minister

Jetzt hat es Bundesarbeitsminister Franz Müntefering (SPD) nochmals von der Parteibasis bestätigt bekommen: Sein Widerstand gegen die Verlängerung des Arbeitslosengeldes I (ALG I) wird von der Partei nicht akzeptiert. Der SPD-Parteitag hat am 26. Oktober nahezu einstimmig der lange umstrittenen Verlängerung des ALG I zugestimmt. Die Delegierten verabschiedeten in Hamburg das Neun-Punkte-Programm "Reformen für ein soziales Deutschland" ohne Aussprache. Über dieses Thema hatte es in den Wochen vor dem Parteitag einen heftigen Streit zwischen Arbeitsminister Müntefering und SPD-Parteichef Kurt Beck gegeben. Vizekanzler Müntefering lehnt die von Beck vorgeschlagene Verlängerung der Bezugsdauer ab.

Das ALG I soll den Plänen zufolge nach der Vollendung des 45. Lebensjahres bis zu 15 Monaten ausgezahlt werden, wenn in den fünf Jahren vor der Arbeitslosigkeit mindestens 30 Monate lang Beiträge gezahlt wurden. Nach Vollendung des 50. Lebensjahres soll es bis zu 18 Monaten ausgezahlt werden, wenn binnen fünf Jahren mindestens 36 Monate lang eingezahlt wurde. Bis zu 24 Monaten soll das ALG I gezahlt werden, wenn mindestens 42 Monate in den fünf Jahren vor der Arbeitslosigkeit Beiträge gezahlt wurden.

Zu dem Neun-Punkte-Programm gehören auch die Senkung des Arbeitslosenversicherungsbeitrags auf 3,5 Prozent. Die Bundesagentur für Arbeit (BA) soll ab 2008 bis 2011 pro Jahr eine Milliarde Euro zusätzlich für ältere Arbeitslose zur Verfügung stellen. Eine "sinnvolle Verzahnung von Teilrente und Altersteilzeit" soll einen flexiblen Übergang vom Erwerbsleben in die Rente ab dem 60. Lebensjahr ermöglichen. Auch soll geprüft werden, ob Beschäftigungszeiten im Alter von mehr als 60 Jahren die Renten stärker steigen lassen als Einzahlungen vor diesem Alter.

Betont wird der Plan, einen Erwerbstätigenzuschusses mit Kinderkomponente zu schaffen, der Erwerbstätige vor dem Bezug von Hartz-IV schützen soll, die mit ihrem Einkommen nicht das Existenzminimum erreichen. Auch soll die Leiharbeitsbranche in das Entsendegesetz aufgenommen werden und einen Mindestlohn erhalten.

SPD-Linker Müller drängt auf weitere Reformen der "Agenda 2010" Im Vorfeld des SPD-Parteitags in Hamburg hatte der Parlamentarische Staatssekretär im Umweltministerium und Vertreter des linken Flügels der Partei, Michael Müller, seine Genossen zu Geschlossenheit aufgerufen und auf weitere Reformen der "Agenda 2010" gedrängt. "Bisher wird viel gefordert, aber wenig gefördert. Das muss sich ändern", sagte Müller der "Passauer Neuen Presse" (Freitagausgabe). Müller forderte "eine neue Reformagenda, die weiter in die Zukunft weißt" und benannte den Übergang in die Wissensgesellschaft und den Umweltschutz als große zukünftige Herausforderungen.

Aktuell muss die "Agenda 2010" laut Müller "gerechter gestaltet werden", indem man unter anderem den Vorsorgegedanken "sehr viel stärker" berücksichtige. "Auch die Einkommensstrukturen gilt es gerechter zu gestalten." Dabei sei es wichtig, dass sich Reformen nicht "rein ökonomischen Interessen" unterordneten.

Müller kritisierte zugleich Äußerungen von Arbeitsminister Franz Müntefering (SPD), ein Parteitagsbeschluss über die längere Auszahlung von Arbeitslosengeld I für Ältere könne in der Regierung nur schwer umgesetzt werden. "Wir sollten um ihre Durchsetzung kämpfen und sie nicht selber gleich wieder in Frage stellen."

Müller forderte die Genossen auf, den Parteitag zu nutzen, um ein Signal der Geschlossenheit zu senden. Regierungsmitglieder und Partei seien nicht zu trennen. "Parteichef Kurt Beck und Vizekanzler Franz Müntefering gehören zusammen. Die Partei braucht beide."

Am 26-10-2007

"Mehr Lohn statt weniger ALG II"

Kritik an "BILD"

"Die derzeit von einigen Medien und Politikern geführte Neidkampagne gegen Bezieher von Hartz IV-Leistungen ist unerträglich und muss schleunigst beendet werden", sagte der Präsident der Volkssolidarität, Professor Gunnar Winkler, bezogen auf eine Berichterstattung der "BILD"-Zeitung. "Diese interessengeleitete Debatte macht diejenigen zum Sündenbock, die am wenigsten für ihre Situation verantwortlich sind. Das verletzt auch ihr Grundrecht auf Menschenwürde als Bürger dieses Landes", so Winkler am 14. Februar in Berlin. Er bedauere es ausdrücklich, dass Politiker wie der Berliner Finanzsenator Thilo Sarrazin "diese Meinungsmache gegen Arbeitslose" mittrügen. Seriöse Studien hätten längst belegt, dass der ALG II-Regelsatz nicht ausreiche für eine ausgewogene und gesunde Ernährung, gerade für Kinder und Jugendliche. "Das Problem ist nicht, dass Arbeitslose vermeintlich zu hohe Leistungen bekommen, sondern dass immer mehr Menschen zu wenig Lohn für ihre Arbeit erhalten", meint Winkler.

Wenn inzwischen mehr als sechs Millionen Beschäftige für Niedriglöhne arbeiteten, dann müsse daran etwas geändert werden, so Winkler. Das gelte insbesondere für die mehr als eine Millionen Beschäftigten, die so wenig verdienen, dass sie Hartz IV-Leistungen beantragen müssen.

Das ALG II sei nicht zu hoch, sondern erwiesenermaßen zu niedrig. 347 Euro deckten nicht den Grundbedarf. Studien zufolge sei der Anteil der Leistungsbezieher, die nach internationalen Maßstäben als einkommensarm gelten, seit Hartz IV auf zwei Drittel gestiegen. Winkler forderte, endlich den Regelsatz für das ALG II und die Grundsicherung auf mindestens 420 Euro zu erhöhen und zugleich an die Preissteigerungen anzupassen.

Aufgabe der Politik sei es, die Situation der Menschen zu verbessern und nicht, sie zu Sündenböcken abzustempeln. Die Medien sollten auf die wirklichen Missstände aufmerksam machen, anstatt den Neid unter denen anzufachen, die zu wenig bekämen, um anständig davon leben zu können.

Reinke: Springers Hartz IV-Hetzkampagne spaltet die Gesellschaft

Ähnlich beschwerte sich die Links-Abgeordnete Elke Reinke über "die Neidkampagne des Springer-Blattes" gegen Hartz IV-Beziehende: "Immer, wenn man glaubt, es geht nicht mehr schlimmer, belehrt uns BILD eines besseren."

"Mittels einer menschenverachtenden Berichterstattung und niveaulosen Stimmungsmache versucht die BILD-Zeitung, auf Menschen einzutreten, die ohnehin schon im gesellschaftlichen Abseits stehen. Sicher nicht zufällig kommt diese Hetzkampagne gerade zu einem Zeitpunkt, an dem die Debatte um eine Erhöhung des Arbeitslosengeldes II (ALG II) eine breitere Öffentlichkeit erreicht", vermutet Reinke.

Es sei skandalös, dass Menschen zu Hungerlöhnen arbeiten müssten. Die Lösung könne aber nicht sein, die jetzt schon nicht ausreichende Grundsicherung zu kürzen. Notwendig sei vielmehr die Einführung eines flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohns in Höhe von 8,44 Euro sowie einer "armutsfesten, repressionsfreien Grundsicherung". In einem ersten Schritt sollte umgehend der ALG II-Regelsatz auf 435 Euro angehoben werden.

"Das Ausspielen von Erwerbslosen und Erwerbstätigen muss endlich ein Ende finden", fordert Reinke. Von den wirklich brennenden Problemen werde so nur abgelenkt. "Für die Zukunft würde ich mir mal in dicken Lettern eine Kampagne gegen Hungerlöhne, Kinderarmut oder Armut und Ausgrenzung wegen Hartz IV wünschen."

Am 14-02-2008

ALG-II-Bezieher haben auch in München Anspruch auf normale Wohnung

Niederlage für ARGE

Auch in Ballungsräumen mit teuren Mieten stehen "Hartz-IV"-Empfängern die gleichen Wohnflächen zu wie auf dem Land. In Städten mit hohen Immobilienpreisen dürften die Jobcenter den Arbeitslosen nicht einfach kleinere Wohnungen vorschreiben, entschied das Bundessozialgericht (BSG) am Donnerstag (19. Februar). Die Kasseler Richter erklärten es damit für rechtswidrig, dass die in München für die Bewilligung von "Hartz-IV"-Leistungen zuständige Arbeitsgemeinschaft (ARGE) alleinlebenden Hilfeempfängern lediglich 45 Quadratmeter Wohnraum zugestehen wollte - und nicht 50 Quadratmeter wie sonst in Bayern. "Selbst wenn aufgrund der hohen Immobilienpreise in München auch Alleinstehende mit gutem Einkommen oft Wohnungen unter 50 Quadratmetern bewohnen, berechtigt dies den Grundsicherungsträger nicht ohne weiteres dazu, nur kleinere Wohnungen als angemessen anzusehen", sagte der Senatsvorsitzende Rainer Schlegel. "Die generelle Beschränkung widerspricht der Rechtsprechung des BSG." Danach müssen sich die Jobcenter mangels anderer gesetzlicher Vorgaben an den Obergrenzen orientieren, die für die Förderung von Wohnungsbau gelten. Und die seien zwar nicht bundesweit, aber doch landesweit einheitlich.

Gleichzeitig forderte der Senat die Bundesregierung auf, die angemessenen Wohnungsgrößen für "Hartz-IV"-Empfänger endlich bundeseinheitlich festzulegen. Der Rückgriff auf die Vorschriften der Wohnraumförderung sei "problematisch", sagte Schlegel. Nach ständiger Rechtsprechung des BSG gilt eine Miete bei Arbeitslosengeld-II-Empfängern dann als insgesamt "angemessen", wenn sie nicht höher ist als das Produkt aus angemessener Wohnfläche und dem ortsüblichen Quadratmeterpreis "im unteren Preissegment". Arbeitslose haben also die Wahl, ob sie statt einer großen und billigen lieber eine kleinere und dafür etwas bessere Wohnung nehmen.

(Az.: B 4 AS 30/08 R)

Am 19-02-2009

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