August 2005
Alle Artikel aus diesem Monat und Jahr sind hier zu finden.
Gesetzesänderungen zum 1. September 2005
Zum 1. September erhöht sich die Steuer je Zigarette um 1,2 Cent. Damit tritt die dritte Stufe der Tabaksteuererhöhung in Kraft, nachdem bereits zum 1. März und zum 1. Dezember 2004 die Steuer um jeweils 1,2 Cent pro Zigarette angehoben wurde. Die Anhebung gilt auch für Zigarren, Zigarillos, Feinschnitt und Pfeifentabak.
Gewerkschaftsbund legt Forderungen für eine Anti-Kriegs-Politik vor
Anlässlich des bevorstehenden Anti-Kriegstages am 1. September rief der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) zu einer "präventiven Friedenspolitik" als eine "Kernaufgabe der Vereinten Nationen" auf. Die Bundesrepublik Deutschland müsse innerhalb der internationalen Staatengemeinschaft die Ächtung aller Massenvernichtungswaffen - von Landminen bis zur Atomtechnologie - durchsetzen. Waffenlieferungen in Krisen- und Kriegsgebiete sind nach Auffassung des Gewerkschaftsbundes "unmoralisch und gewissenlos". Der internationale Waffenhandel müsse "einem noch strikteren" Kontrollregime unterworfen werden. Statt militärische Konflikte zu ideologisieren, müssten Kriegsursachen aufgedeckt und vorbeugend bekämpft werden. Die Überwindung von Armut, sozialer Ausbeutung, politischer, kultureller, religiöser und sexueller Diskriminierung sei daher die Grundlage ziviler Konfliktlösung. Die Friedensbewegung diskutiert unterdessen die Frage, ob sie eine Wahlempfehlung abgibt oder nicht.
Katholische Kirche zahlt für Zwangsarbeit im Dritten Reich
Fünf Jahre nach seinem Start hat der Entschädigungsfonds der katholischen Kirche für zivile Zwangsarbeiter im Zweiten Weltkrieg seine Arbeit abgeschlossen. An 587 Personen sei die pauschale Entschädigungsleistung von 2556 Euro, ursprünglich 5000 D-Mark, und damit insgesamt rund 1,5 Millionen Euro ausgezahlt worden, sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, der Mainzer Kardinal Karl Lehmann, am Mittwoch in Mainz. Von den ermittelten ehemaligen Zwangsarbeitern waren bereits knapp 60 Prozent verstorben.
Regen in der Haupterntezeit machte Landwirten zu schaffen
Nach Angaben der Bundesregierung ist die diesjährige Ernte wegen des verregneten Sommers klar hinter den Rekordwerten von 2004 zurückgeblieben, liegt aber im "guten Durchschnitt" der vergangenen Jahre. Die Landwirte führten voraussichtlich 45,8 Millionen Tonnen Getreide und damit 10,3 Prozent weniger als im Vorjahr ein, sagte Landwirtschaftsministerin Renate Künast bei der Vorstellung des "Ernteberichts 2005". Der Mittelwert von 1999 bis 2004 werde aber um 0,6 Prozent übertroffen. Der Bauernverband sorgt sich vor allem um die schlechte Qualität der Ernte.
Frieden auf dem Lehrplan in Uganda
Das Thema Frieden steht neuerdings auf dem Lehrplan in Uganda. Der Unterricht basiert offenbar auf Lehrmaterialien, die das christliche Hilfswerk World Vision gemeinsam mit dem Auswärtigen Amt und der ugandischen Regierung entwickelt hat. In Nord-Uganda wütet seit fast zwei Jahrzehnten ein Bürgerkrieg, bei dem laut Unicef bisher rund 25.000 Kinder von der Lord’s Resistance Army (LRA) entführt, zu Soldaten ausgebildet und zum Töten gezwungen worden sein sollen.
Unterschiedliche Auffassungen über den neuen WTO-Generaldirektor
Am 1. September nimmt Pascal Lamy seine Arbeit als Generalsekretär der Welthandelsorganisation WTO auf. Damit muss er die Interessen der 148 Mitgliedsstaaten unter einen Hut bringen. Ob ihm das gelingen wird, wird unterschiedlich beurteilt. Während die "Zeit" seinen Einsatz für einen erleichterten Zugang der Entwicklungsländer zu den westlichen Märkten hervorhebt, wirft das globalisierungskritische Netzwerk Attac ihm eine neoliberale Politik nach dem Gusto großer Konzerne vor.
Erdöl-Blockade in Ecuador führte zu Abkommen
In Ecuador ist nach der fast vierzehntägigen Blockade des Erdöltransportes ein Abkommen zwischen den Streikenden der Provinzen Sucumbios und Orellana, der eucadorianischen Regierung und dem US-Ölkonzern Oxy ausgehandelt worden. Damit ist der Streik vorerst beendet und der Ausnahmezustand aufgehoben. Die Unternehmen sicherten nach den viertägigen Verhandlungen zu, in den beiden Förderprovinzen Sucumbíos und Orellana im entlegenen Nordosten des Landes mehr Geld zu sparen zu investieren. Von den 25 Prozent Steuern, die die Firmen auf ihre Einnahmen aus dem Öl-Geschäft zahlen, sollen künftig 16 Prozent direkt an die unterentwickelten Provinzen im Amazonasbecken abgeführt werden. Damit sollen lokale Gesundheits-, Umwelt- und Erziehungsprojekte finanziert werden.
Unternehmen sollen Produktionsbedingungen offenlegen müssen
Verbraucher sollen wissen können, unter welchen Bedingungen ein Unternehmen "produziert, beschäftigt und funktioniert". Das forderte ein Bündnis aus Verbraucher-, Umwelt- und Sozialverbänden am Dienstag. Angesichts einer "Ausweitung von Dumpinglöhnen, ausbeuterischer Kinderarbeit, radikalem Arbeitsplatzabbau und drohenden Langzeitfolgen für die Umwelt" hätten Verbraucher mehr denn je ein Recht zu erfahren, ob und wie ein Unternehmen die Verantwortung für sein Handeln übernehme, meint Volkmar Lübke von der Verbraucher Initiative. Dazu müsse auch eine Datenbank mit Unternehmensinformationen aufgebaut werden.
Kritik an Regierung und Oppositionen am Antikriegstag
Der Bundesausschuss Friedensratschlag wies in einer Pressemitteilung darauf hin, dass auch in diesem Jahr am 1. September wieder ein "Antikriegstag" stattfinden soll. Nach Informationen des Friedensratschlags werden sich sehr viele Veranstaltungen kritisch mit der Außen- und Sicherheitspolitik der Bundesregierung, aber auch der Opposition befassen. Es sei zum Beispiel in zahlreichen Aufrufen kritisiert worden, dass die Bundeswehr mit der erklärten Absicht umgerüstet werde, um wieder kriegsfähig zu sein und um gleichzeitig in mehreren militärischen Konflikten weltweit eingreifen zu können. Leitmotiv der Mahn- und Gedenkveranstaltungen sei der Schwur der Häftlinge des Konzentrationslagers Buchenwald "Nie wieder Faschismus! Nie wieder Krieg!". Ausgewählt wurde der Tag unter Bezugnahme auf den 1. September 1939. Damals begann der Zweite Weltkrieg mit dem Angriff der deutschen Wehrmacht auf Polen.
Schröder bezeichnet rot-grüne Reformmaßnahmen als unumgänglich
Bundeskanzler Gerhard Schröder hat die Reformmaßnahmen der rot-grünen Bundesregierung vehement verteidigt. "Diese Reformen waren notwendig, um den Sozialstaat aufzuheben - auch für unsere Kinder", sagte der Kanzler am Donnerstagabend vor rund 3000 Anhängern seiner Partei bei einer Wahlkampfveranstaltung in Augsburg. Auch die kommenden Generationen hätten ein Recht auf Fairness und Solidarität, betonte er.
Tabaksteuererhöhung, rückläufiger Konsum und Widerstand gegen Tabakwerbeverbot
Am 1. September 2005 tritt die dritte Stufe der Tabaksteuererhöhung in Kraft. Eine Zigarette soll dann 1,2 Cent teurer werden. Seit September 2001 wurde die Tabaksteuer bereits viermal erhöht. Die Steuererhöhungen führen offenbar zu einem rückläufigen Konsum. So hat der Bundesverband Deutscher Tabakwaren-Großhändler und Automatenaufsteller (BDTA) unlängst darauf hingewiesen, dass der Zigarettenabsatz seit 2001 um rund ein Drittel abgenommen habe. Der Verband kritisierte die Steuererhöhungen. In der Branche seien rund 1000 Arbeitsplätze verloren gegangen.
Schwere Vorwürfe wegen Nahrungsmittelhilfe in Niger
Nach Angaben der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen sollen die Nahrungsmittelverteilungen in Niger die Bedürftigsten nicht erreichen. Dies seien vor allem Kleinkinder unter fünf Jahren in den am stärksten betroffenen Gebieten im Süden der Provinz Maradi. Die Hilfsorganisation appelliert daher an den Generalsekretär der Vereinten Nationen (UN), Kofi Annan, dafür zu sorgen, dass die zuständigen UN-Organisationen die Hilfslieferungen stärker an den tatsächlichen Bedürfnissen der Menschen ausrichten. Die Nahrungsmittelverteilungen des Welternährungsprogramms (WFP) reichten derzeit weder in Bezug auf Menge noch auf Qualität aus, um der schweren Nahrungsmittelkrise in Niger angemessen zu begegnen, meinen die Ärzte ohne Grenzen. Die vom Welternährungsprogramm verteilte Nahrung sei "nicht für Kleinkinder geeignet", da die Rationen kein speziell angereichertes Mehl enthielten, das für die Behandlung unterernährter Kinder besonders wichtig sei. Zudem: Gerade die armen, bedürftigsten Bevölkerungsgruppen seien von der Hilfe ausgeschlossen. Die UN-Nachrichtenagentur IRIN wiederum meint, die gegenwärtige Nahrungsmittelkrise werde zu einer "Hungersnot" aufgebauscht. Der Präsident Nigers, Mamadou Tandja, wirft dem Ausland die Verfolgung wirtschaftlicher und politischer Interessen in dem rohstoffreichen Land vor.
Ausnahmezustand in den Protestprovinzen Ecuadors
Der Ausnahmezustand, den die ecuadorianische Regierung in den beiden amazonischen Protestprovinzen Orellana und Sucumbíos wegen der Blockade des Öltransportes verhängt hat, hat offenbar dazu geführt, dass zehn Radiostationen ihren Sendungen einstellen mussten und viele Mitarbeiter unter Militärarrest stehen. Aus Sicht der Demonstranten behindert dieses Vorgehen einen Dialog zur Lösung des Problems. Sie fordern weiterhin die Rücknahme des Vertrages mit dem amerikanischen Ölmulti Oxy und Nachverhandlungen, die gewährleisten, dass auch die ecuadorianische Bevölkerung von den Ölgewinnen profitieren können. Am Mittwoch begann - einem Bericht der peruanischen Tageszeitung "El Comercio" zufolge - ein auf acht Tage festgelegtes Krisengespräch zwischen Regierung und Streikenden.
Scharfe Kritik in Sondervoten zu Neuwahl-Urteil des Bundesverfassungsgerichts
Das Bundesverfassungsgericht wies am Donnerstag die Organklage von zwei Abgeordneten gegen die Auflösung des Bundestages als unbegründet zurück. Die Entscheidung des Zweiten Senats fiel mit einer großen Mehrheit von 7 zu 1 Richterstimmen. Das Verfassungsgericht bestätigte damit wie erwartet die Entscheidung von Bundespräsident Horst Köhler, der nach der absichtlich verlorenen Vertrauensfrage von Bundeskanzler Gerhard Schröder das Parlament aufgelöst und Neuwahlen angesetzt hatte. Ein zweckwidriger Gebrauch der Vertrauensfrage lasse sich "nicht feststellen", sagte der Berichterstatter in dem Verfahren, Udo di Fabio. Der Einschätzung des Bundeskanzlers, er könne bei den bestehenden Kräfteverhältnissen im Bundestag künftig keine vom Vertrauen der Parlamentsmehrheit getragene Politik mehr verfolgen, sei "keine andere Einschätzung eindeutig vorzuziehen". Der abweichende Richter Hans-Joachim Jentsch vertrat in seinem Sondervotum hingegen die Ansicht, dass das Grundgesetz kein "konstruiertes Misstrauen" des Bundeskanzlers kenne. Der Richterspruch schwäche den Bundestag und stärke die Stellung des Kanzlers, wenn dieser eine "akklamatorische Bestätigung seiner Politik" suche und "parteiinterne Widerstände" überwinden wolle.
Entwicklungshilfe-Organisationen fordern Landreformen und Schutz für Kleinbauern
Anlässlich des Bundestagswahlkampfs haben die Entwicklungs- und Menschenrechtsorganisationen Brot für die Welt, BUKO Agrar Koordination, Deutsche Kommission Justitia et Pax, FIAN und Misereor Forderungen an die künftige Bundesregierung zum Menschenrecht auf Nahrung vorgelegt. "Der Zugang zu produktiven Ressourcen, die Stärkung lokaler Agrarmärkte, und die Schaffung von Arbeitsplätzen auf dem Land müssen zentrale Anliegen der Anti-Hunger-Politik werden" heißt es in den Forderungen. Die Organisationen halten auch "umverteilende Landreformen" für erforderlich. Kritisch bewerten sie die "Pläne aller Parteien" für eine Liberalisierung der Weltagrarmärkte. Demgegenüber verlangen sie eine Ausweitung von "Schutzmöglichkeiten für die kleinbäuerliche Landwirtschaft in Entwicklungsländern". "Hunger kann nicht durch eine einseitig wachstumsorientierte Wirtschafts- und Handelspolitik besiegt werden", meinen die Organisationen.
Deutsche Welle funkt im Auftrag der EU nach Weißrussland
Die Europäische Kommission hat einen Auftrag in Höhe von 138.000 Euro an Deutsche Welle Radio für die Übertragung von Sendungen per Rundfunk und Internet nach Belarus (Weißrussland) vergeben. Diese Sendungen sollen zunächst in russischer Sprache – einer der Amtssprachen von Belarus – und künftig eventuell auch auf Belarussisch übertragen werden. Mit dieser Maßnahme erhofft sich die Kommission "die verstärkte Sensibilisierung der Bevölkerung des Landes für Themen wie Demokratie, Pluralismus, Rechtsstaatlichkeit, Pressefreiheit und Menschenrechte". Der Sendebetrieb soll am 1. November 2005 beginnen und sei auf zwölf Monate angelegt, heißt es bei der Kommission. Die Kommission rechtfertigt diese Maßnahme damit, dass auf diese Weise die Achtung der Menschenrechte und die Meinungsfreiheit in Belarus gefördert würde.
Gewerkschaftsinitiative "Wir wählen links!"
Linke Gewerkschafter machen mobil für die Bundestagswahl. Für einen Aufruf mit dem Titel "Wir wählen links!" werden in Gewerkschaftskreisen Unterstützer-Unterschriften gesammelt. Über 1000 Gewerkschafter hätten den Aufruf bislang unterzeichnet, sagte Walter Mayer, Sprecher der "Initiative Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter wählen links!". Unterschriftslisten seien auch über dezentrale Netzwerke in Umlauf. Es gebe eine "starke Sehnsucht nach anderen Politikinhalten". Auch "die Einheit der Linken" werde dringend gefordert.
ÖDP kritisiert Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts als undemokratisch
Die Ökologisch-Demokratischen Partei (ÖDP) kritisiert, dass das Bundesverfassungsgericht der besonderen Situation von kleinen Parteien bei der vorgezogenen Bundestagswahl am 18. September nicht entsprochen habe. Die Verfassungsrichter hätten "das Anliegen verworfen, das Unterschriftenquorum für die vorgezogene Wahl zu senken oder abzuschaffen." So müssten rund 30.000 Unterstützungsunterschriften für die 16 Landeslisten gesammelt werden. "Es ist undemokratisch, die Probleme der kleinen Parteien einfach zu ignorieren," meint ÖDP-Generalsekretär Claudius Moseler. Damit werde ein flächendeckender Antritt in allen Bundesländern "auch der ernstzunehmenden demokratischen Kleinparteien" verhindert. Das sammeln von 30.000 Unterschriften sei logistisch in nur wenigen Wochen kaum zu schaffen. Bedingt durch die vorgezogene Neuwahl verkürze sich der Zeitraum, in dem die Unterschriften gesammelt werden dürften, von zwölf auf nun weniger als drei Monate.
Umweltschützer kritisieren Bundesrats-Entscheidung zum Hochwasserschutz
Angesichts der Überschwemmungen an Donau und Iller wirft der baden-württembergische Landesverband des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) seiner Landesregierung vor, wirksame Bestimmungen zum vorbeugenden Hochwasserschutz im Bundesrat verhindert zu haben. So sei ein geplantes Bauverbot und Einschränkungen des Ackerbaus von dem Gremium gekippt worden. "Mit dem Bauen in Überschwemmungsgebieten muss endlich Schluss sein", meint Brigitte Dahlbender. "Wir brauchen keine Gummistiefeleinsätze im Wahlkampf, sondern eine konsequente Politik auch bei trockenem Wetter", meint der BUND, der sich seit Wochen vehement zugunsten einer bestimmten Partei in den Wahlkampf einmischt. Die Umweltstiftung "Euronatur" hat unterdessen einen Maßnahmenkatalog für den Hochwasserschutz vorgelegt.
Ex-Generäle dürfen nach Karenzzeit im Ruhestand für Rüstungslobby arbeiten
Das Bundesverteidigungsministerium verbietet angeblich allen ehemaligen Generälen Nebentätigkeiten für die Rüstungslobby in den ersten fünf Jahren nach Beginn des Ruhestandes. Damit soll möglicher Korruption ein Riegel vorgeschoben werden, berichtet "Die Welt" unter Berufung auf ein Schreiben von Verteidigungsstaatssekretär Klaus-Günther Biederbick an den Förderkreis Deutsches Heer (FKH). Nach diesen fünf Jahren scheint aber eine Tätigkeit für Rüstungskonzerne erlaubt zu sein.