März 2005
Alle Artikel aus diesem Monat und Jahr sind hier zu finden.
Heftige Kritik an Bundesregierung wegen Rüstungsexportbericht
"Einen eklatanten Verstoß gegen die eigenen menschenrechtlichen, friedens- und entwicklungspolitischen Entscheidungskriterien" und "eine mangelhafte Transparenz im Dunkel der deutschen Rüstungstransfers" werfen Friedens-, Menschenrechts- und Entwicklungsorganisationen aus dem ganzen Bundesgebiet anlässlich der Bundestagsdebatte zum Rüstungsexportbericht 2003 am Donnerstag der Bundesregierung vor. Die Organisationen, darunter Amnesty International und Oxfam, kritisierten die Vervierfachung der tatsächlichen Ausfuhr von Kriegswaffen im Jahr 2003 in Höhe von 1,3 Milliarden Euro gegenüber dem Vorjahr (0,3 Milliarden Euro) und die Steigerung der Einzelgenehmigungen für Rüstungstransfers um 50 Prozent auf 4,9 Milliarden Euro. "Mit der Lieferung von Kriegswaffen und militärisch verwendbaren Gütern in 78 Länder außerhalb der EU und der NATO gießt die Bundesregierung weiterhin weltweit Öl ins Feuer bestehender Konflikte, vor allem in den Spannungsgebieten im Nahen Osten und in Südostasien", sagte Holger Rothbauer, Sprecher der Kampagne gegen Rüstungsexport.
Einigkeit bei der Beschränkung der Meinungs- und Versammlungsfreiheit
Koalition und Union wollen gemeinsam die Meinungs- und Versammlungsfreiheit einschränken. Als Hintergrund für die geplante Änderung des Versammlungsgesetzes und des Strafgesetzbuchs wird vor allem auf Demonstrationen und Aufmärsche von Rechten verwiesen. Mit Freiheitsstrafe oder mit Geldstrafe soll künftig aber nicht nur das Billigen der nationalsozialistischen Gewalt und Willkürherrschaft bestraft werden, sondern auch das Billigen von Handlungen einer "anderen Gewalt- und Willkürherrschaft". Nach der Vorstellung der Bundesregierung soll das Leugnen von als "geschichtlich gesichert anerkannten Tatsachen" unter Strafe gestellt werden. Als Beispiel wurde in einer Pressemitteilung des Bundesjustizministeriums vom 11. Februar 2005 ein "Leugnen des Völkermords im ehemaligen Jugoslawien" genannt. Der geplante Eingriff in die Meinungsfreiheit geht insofern wesentlich weiter als es in der breiten Öffentlichkeit wahrgenommen wird. Eine Diskussion darüber findet in den großen Medien nicht statt. Am kommenden Freitag entscheidet der Bundestag über den Gesetzentwurf. Der Bundesrat könnte durch ein verkürztes Verfahren zustimmen, so dass die Änderungen noch im April in Kraft treten.
Rohstoff-Reichtum nur selten ein Wachstumsmotor
Reichtum an Öl und anderen Rohstoffen bringt den Förderländern häufig weder Wohlstand, noch ein besonderes Wirtschaftswachstum, sondern schadet eher. Das berichtet Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) in seiner Zeitschrift IW-Trends. "Für viele ölexportierende Länder hat sich das schwarze Gold eher als Fluch denn als Segen erwiesen", fassen die Wissenschaftler zusammen. Vielerorts blühe die Korruption. Investitionen in Bildung und Infrastruktur würden vernachlässigt während und die Ausgaben fürs Militär explodierten.
Der Verteilungskampf spitzt sich zu und wird zum Generationenkonflikt
Auf der einen Seite erhöhen sich Manager ihre Gehälter, werden Belastungen von Unternehmen reduziert und es wird eine weitere Senkung des Spitzensteuersatzes sowie eine Erhöhung der Mehrwertsteuer gefordert. Auf der anderen Seite verschärfen sich die Konflikte zwischen denjenigen, die wenig haben oder die Sorge haben, künftig nicht hinreichend am gesellschaftlichen Reichtum partizipieren zu können. Der FDP-Politiker und Bundesvorsitzende der Jungen Liberalen ("JuLis"), Jan Dittrich, hatte am 2. März 2005 in einer Pressemitteilung mit dem Titel "Alte, gebt den Löffel ab!" erklärt: "Der neue Armutsbericht macht klar: Die Alten leben auf Kosten der Jungen. Während es jungen Menschen immer schlechter geht, ist die Altersarmut fast beseitigt. Es wird Zeit, dass die Alten von ihrem Tafelsilber etwas abgeben – einen Löffel oder besser gleich ein paar davon!" Am 4. März erklärte Dittrich seinen Rücktritt. Er war unter massiven Druck nicht zuletzt auch der eigenen Partei geraten.
Manifest zur "illegalen Zuwanderung" verabschiedet
Das Katholische Forum Leben in der Illegalität wertet seine erste Jahrestagung als Erfolg. Mit der Auftaktveranstaltung und der Vorstellung des Manifests sei es gelungen, das Thema aus "der Tabuisierung und der Kriminalitätsecke" zu holen, sagte der Sprecher, Pater Jörg Alt, am Freitag in Berlin. Der Kirche gehe es um die Verbesserung der schwierigen humanitären Lage illegaler Zuwanderer. Für das Manifest "Illegale Zuwanderung - für eine differenzierte und lösungsorientierte Diskussion" hätten mehr als 370 Personen, Organisationen und Institutionen als Unterzeichner gewonnen werden können. Das Thema Illegalität sei jetzt "nicht mehr so schnell in die Schmuddelecke zu bekommen", betonte Alt.
Beuys-Schüler Anselm Kiefer wird 60
Als Kunststudent erregte Anselm Kiefer schon 1969 als Wasserleiche in der Haltung des ertrunkenen bayerischen Königs Ludwig II. Aufsehen. Auch in Führerpose mit dem Arm zum Hitlergruß erhoben fiel er auf. Ende der 80er Jahre wurden für seine Werke auf dem Kunstmarkt jedoch bereits siebenstellige D-Mark-Beträge bezahlt. Heute lebt und arbeitet der in Deutschland umstrittene, international indes höchst anerkannte Künstler zurückgezogen in Südfrankreich. Am Dienstag feiert der in Donaueschingen geborene Kiefer seinen 60. Geburtstag.
Briefaktion fordert Ende der syrischen Besatzung im Libanon
Am 2. 9. 2004 hat der UN-Sicherheitsrat in einer Resolution die syrische Regierung aufgefordert, ihre Truppen aus dem Libanon abzuziehen. Der Bund für Soziale Verteidigung ruft zu einer Briefaktion auf. Rene Wadlow, Genfer UNO-Vertreter für die internationale Friedensorganisation Association of World Citizens (AWC), bittet um die Hilfe aller Menschen um auf die Vereinten Nationen einzuwirken. Er schlägt vor Briefe an die UNO-Botschafter Syriens, des Libanon und der USA zu schreiben, in denen man seine Sorge über die derzeitige Situation in der Region, sein Wohlwollen für die dort lebenden Menschen und die Forderung nach Abzug der syrischen Truppen aus dem Libanon zum Ausdruck bringt.
Länderagrarminister wollen Schutz gentechnikfreier Landwirtschaft aushöhlen
Greenpeace-Aktivisten protestierten zur Agrarministerkonferenz am Hotel Petersberg in Bonn/Königswinter gegen eine Aufweichung des neuen Gentechnikgesetzes. Drei Aktivisten, die die Bundesländer Sachsen-Anhalt, Rheinland-Pfalz und Mecklenburg-Vorpommern repräsentierten, ließen sich dabei symbolisch vor den Karren des US-Gentechnikkonzerns Monsanto spannen. Im Hotel Petersberg tagen seit Mittwoch die Landwirtschaftsminister der Bundesländer. Die Landesregierungen der drei Länder sperren sich gegen strenge Regeln für den Anbau von genmanipulierten Pflanzen und wollen das Anbaukataster und die Haftungsregeln abschwächen. Sie machten sich damit laut Greenpeace zum Fürsprecher des US-Gentechnikkonzerns.
Grenzüberschreitende Abfalltransporte künftig besser überwacht
Mehrere europäische Länder werden die Überwachung und die Kontrolle grenzüberschreitender Abfallverbringung verstärken. Das vereinbarten Vertreterinnen und Vertreter aus zehn europäischen Staaten anlässlich eines Treffens im Februar in Berlin. Ziel sind koordinierte gemeinsame Kontrollen, um illegale Abfalltransporte über die Grenzen hinweg zu verhindern. In der Vergangenheit hatten mehrere Kontrollen gezeigt, dass immer wieder die festgeschriebenen Regeln grenzüberschreitender Abfallverbringungen umgangen werden. Diese illegalen Transporte können zu Umwelt- und Gesundheitsproblemen führen.
Ostseeschutzgebiete vorläufig für Großtanker gesperrt
Die internationale Umweltschutzorganisation WWF äußerte sich erleichtert, dass die Ostsee ihren Schutzstatus als "Besonders Empfindliches Meeresgebiet" (PSSA) behalten soll. Möglich wurde dies durch die Einigung der Ostsee-Anrainerstaaten auf konkrete Schutzmaßnahmen für die Ostsee als Konkretisierung des im April 2004 "im Prinzip" verabschiedeten PSSA- Status. Diesen begleitenden Maßnahmenkatalog hat die Staatengemeinschaft gestern termingerecht bei der International Maritime Organisation (IMO) eingereicht und damit eine wichtige Grundlage dafür geschaffen, das Risiko für Ölkatastrophen in der sensiblen Ostsee künftig deutlich zu senken.
Deutsche Bank erläutert die Schattenseiten der Globalisierung
Die Deutsche Bank zählt zu den wesentlichen Befürwortern und Protagonisten der Globalisierung. Der Chefvolkswirt der Deutschen Bank, Norbert Walter, schrieb noch am 5. Januar 2002 einen Beitrag für die Thüringische Landeszeitung mit dem Titel "Die vielen Vorteile der Globalisierung". In einem Interview mit der "Volksstimme" erläuterte Walter jetzt die Schattenseiten der Globalisierung. Mit der Globalisierung entstünde auch Wettbewerb um Arbeitskosten mit der Folge, dass manche von uns "nicht so viel verdienen werden, wie sie in Deutschland zum Überleben brauchen". Dann müssten zwei oder drei Mitglieder einer Familie arbeiten. Zum Beispiel in Dubai oder in Hongkong. Das Sozialleistungsniveau soll nach Vorstellung der Deutschen Bank "beträchtlich abgesenkt" werden. Mit 68 Jahren solle man in Rente gehen und davor weniger verdienen, da man nicht mehr so produktiv sei. Die Rente danach müsse durch mehr "Eigenverantwortung" erwirtschaftet werden. Um die "nächste Neueentwicklung" schnell auf den Markt zu bringen, sollten Arbeitskräfte motiviert werden, zum Beispiel 60 Stunden pro Woche zu arbeiten oder zwei Jahre lang auf ihren Jahresurlaub zu verzichten.
Gesamtwerk Sarah Kanes in der Berliner Schaubühne
Die Berliner Schaubühne am Lehniner Platz erinnert an die britische Dramatikerin Sarah Kane. Alle fünf Stücke der jung verstorbenen Künstlerin werden ab März auf der Bühne zu sehen sein, wie das Theater am Donnerstag in Berlin mitteile. Damit sei die Schaubühne das weltweit einzige Theater, das das Gesamtwerk Kanes im Spielplan habe. Mit Kanes Stück "Zerbombt" wird am 16. März auch das 5. Festival Internationale Neue Dramatik (F.I.N.D.) eröffnet.
Elbeanrainer wollen Gewässerschutz im Elbegebiet einheitlich voranbringen
Die vier Staaten des Elbeeinzugsgebietes wollen den Gewässerschutz grenzüberschreitend nach einheitlichen Maßstäben voranbringen. Auf der 3. internationalen Elbeministerkonferenz in Dresden kamen sie am Donnerstag überein, bis zum Jahr 2009 einen gemeinsamen Bewirtschaftungsplan für diese internationale Flussgebietsgemeinschaft zu erarbeiten.
"Deutschland liefert erstklassige Technologie"
In Gesprächen mit den Regierungen von Katar und Bahrain hat Bundeskanzler Gerhard Schröder für deutsche Infrastrukturtechnologie geworben. Ob Schienenbahn oder Magnetschwebetechnik - Deutschland könne hier erstklassige Technologie liefern, sagte Schröder. In Bahrain nahm der Kanzler am Mittwoch an der Grundsteinlegung für eine Euro-Universität teil.
Vereinte Nationen töteten im "Krieg der Rohstoffe" mehr als 50 Kongolesen
Bei einem Angriff von UN-Blauhelmsoldaten auf ein Milizenlager in der nordostkongolesischen Region Ituri sind am Dienstag nach vorläufigen Angaben mindestens 50 Milizionäre getötet worden. Der Angriff der Vereinten Nationen, der nach einem Bericht der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (FAZ) von dem niederländischen General Patrick Cammaert geplant worden war, richtete sich gegen ein Lager der Miliz "Front nationaliste et intégrationiste" (FNI) in der Nähe der Ortschaft Loga, rund 30 Kilometer außerhalb der Regionalstadt Bunia. Der französische Generalstabschef der UN-"Mission" für Kongo (MONUC), Jean-François Collot d'Escury, machte deutlich, dass es sich bei dem UN-Angriff um einen Racheakt handelte: die Milizenführer in Ituri würden von der UN für die Ermordung von neun Blauhelmsoldaten in der vergangenen Woche verantwortlich gemacht. Der Angriff auf die Milizen sei eine "direkte Antwort auf die Ermordung der neun Soldaten", so der UN-General laut FAZ. Nach Angaben des Auswärtigen Amtes vom 4. Oktober 2004 ist Deutschland der drittgrößte Beitragszahler für den MONUC-Einsatz.
Forschungs-Präsident wird Interessenkollission mit Genindustrie vorgeworfen
Anlässlich des Berichts von "Report Mainz" über die Interessenkollission von Genehmigungsbehörden mit Agro-Gentechnik-Firmen hat der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) die Unabhängigkeit des Präsidenten der deutschen Forschungsgesellschaft, Prof. Ernst-Ludwig Winnacker, in Frage gestellt. Winnacker habe als Forschungs-Präsident einerseits an der "Zuteilung von Forschungsmitteln wesentlichen Anteil" und sei andererseits den führenden Agro-Gentechnik-Unternehmen in Deutschland Bayer und KWS sowie dem deutsch-amerikanischen Gentechnologie-Unternehmens Medigene "verpflichtet". Seine Mitgliedschaft in den Aufsichtsräten dieser drei Firmen werfe bedenkliche Fragen nach der Unabhängigkeit seines wissenschaftlichen Urteils auf, meint der Verband. Die "enge Verquickung von wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Interessen" sei besorgniserregend.
Deutsche Militärsatelliten mit russischen Raketen ins All
Deutschland und Russland wollen ihre Rüstungskooperation verstärken und auch in Raumfahrtfragen enger zusammenarbeiten. Dazu gehöre, deutsche Militärsatelliten mit russischen Trägerraketen ins All zu befördern, sagte Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) am Mittwoch nach einem Treffen mit seinem russischen Amtskollegen Sergej Iwanow in Berlin. In einer gemeinsamen Expertenkommission sollen weitere Kooperationsfelder geprüft werden, zunächst im marinetechnischen Bereich.
"Bild" entdeckt "Krebsgefahr aus Babygläschen"
Die ""Bild"-Zeitung schlägt Alarm". Die Zeitung weist auf einen Test der Stiftung-Warentest hin, wonach in drei von 18 getesteten Gläschen mit Babynahrung deutliche Mengen des Stoffes Semicarbazid gefunden wurden, das beim Aufschäumen von Kunststoffdichtungen in Metalldeckeln entsteht. In Tierversuchen wirke die Substanz krebserregend, habe die Organisation gewarnt. "Bild" weiter: "Ausgerechnet die Babynahrung von Bio-Herstellern (Martin Evers Naturkost 'Gemüsereis mit Pute' und 'Milder Blattspinat mit Kartoffeln', Alete 'Kartoffeln mit Mais & Bio-Hähnchen') schnitt schlecht ab."
Verfügbare Motorräder sind für Verkehrsclub zu laut und zu dreckig
Das derzeitige Angebot von motorisierten Zweirädern erfüllt nach Ansicht des Verkehrsclubs Deutschland (VCD) die ökologischen Mindestanforderungen nicht. Der Großteil der rund 300 auf dem Markt befindlichen Modelle sei zu laut, stoße zu viele Schadstoffe aus und verbrauche viel zu viel Sprit, so das Ergebnis einer Studie des Heidelberger Instituts für Energie- und Umweltforschung (IFEU), die der VCD am Dienstag in Berlin vorgestellt hat.
Eva Köhler engagiert sich für vier Millionen "vergessene Kranke"
Es ist Brauch, dass sich die Gattinnen von Bundespräsidenten karitativ betätigen. Sie übernehmen traditionell die Schirmherrschaft für das Kinderhilfswerk Unicef und das Müttergenesungswerk. Eva Luise Köhler engagiert sich darüber hinaus für ein eigenes Projekt - für die "Allianz Chronischer Seltener Erkrankungen" (Achse). "Seltene Krankheiten sind alle Krankheiten, deren Namen wir nicht aussprechen können. Doch steckt hinter jeder ein Schicksal", sagte Eva Luise Köhler am Dienstag in Berlin. Insgesamt dürften von den "seltenen Krankheiten" vier Millionen Menschen in der Bundesrepublik betroffen sein.