DIE Internet-Zeitung
Ex-Wirtschaftsminister Müller fordert neue Zechen und Kokereien im Ruhrgebiet

Rückkehr in die Kohlezeit?

Am

Der ehemalige Bundeswirtschaftsminister und jetzige Chef des RAG-Konzerns, Werner Müller, hat ein Umdenken bei der Kohle gefordert. In einem Interview mit dem Hamburger Magazin stern sagte er, Deutschland brauche neue Zechen, um die Versorgung der heimischen Industrie mit Rohstoffen und Energie zu sichern: "Die Preise für Koksimporte sind explodiert. Deutschland besitzt eine Milliarde Tonnen gute Kokskohle. Da stellt sich die Frage nach neuen Kokskohle-Zechen und Kokereien, um wieder unabhängig vom immer knapperen Weltmarkt zu werden."


Die Preise für Koks zur Stahlherstellung waren im Frühjahr zeitweise auf bis zu 450 Dollar angestiegen und liegen momentan zwischen 250 und 300 Dollar. Zu diesen Preisen könne - so Müller - deutsche Kohle ohne Subventionen gefördert werden: "Wenn die Kokspreise 15 Jahre lang auf dem Weltmarkt so teuer blieben, wäre eine neue Zeche plus Kokerei staatsfrei sehr profitabel." Diese Garantie könne die Wirtschaft aber nicht geben. "Deswegen sind wir bereit, eine neue Kokskohlenzeche zu bauen, wenn es eine Risikoteilung gibt." Sonst, so Müller, gehe es mit dem Standort Deutschland bergab: "Wenn das so weitergeht, werden viele Stahlhersteller dahin abwandern, wo der Koks ist: nach Asien. Der Trend zur Deindustrialisierung Europas kann durch die Koksknappheit enorm beschleunigt werden."

Am 19.September startet Müller zusammen mit dem designierten BDI-Präsidenten Jürgen Thumann eine Werbekampagne für die Kohle. "Das strategische Ziel müsste sein: 100 Prozent Selbstversorgung mit Koks und 15 bis 20 Prozent Anteil an der deutschen Stromerzeugung. Dafür bräuchten wir insgesamt rund 30 Millionen Tonnen Kohle im Jahr - mehr, als wir jetzt fördern", so Müller zum stern.

Als ersten Schritt hat sich Müller mit einigen Stahlkonzernen auf eine 300 Millionen teure Erweiterung der Kokerei Prosper in Bottrop geeinigt. Nach stern-Informationen sind an dem Konsortium ThyssenKrupp, die Stahlwerke Bremen, Peine-Salzgitter und der österreichische Stahlkonzern Voest-Alpine beteiligt.

Die Kohlesubventionen könnten schon in diesem Jahr um viele Millionen geringer ausfallen und den Etat von Finanzminister Hans Eichel entlasten. Müller: "Bleiben die Preise hoch, sinken die staatlichen Kohlehilfen unter Plan und entlasten die Haushalte."

Am 16-09-2004

Gutachten belegt Subventionen auch für die Braunkohle

Energieerzeugung

Entgegen aller Behauptungen aus der Kohlebranche belegt ein Gutachten im Auftrag des Umweltbundesamtes (UBA): Auch die Braunkohle bekommt Subventionen vom Staat. Das Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie fand für das UBA heraus, dass es - sowohl in Ost- als auch in Westdeutschland - vor allem indirekte Subventionen für die Braunkohle gab und gibt. Dazu gehören Steuerbegünstigungen gegenüber anderen Energieträgern - wie Gas und Öl - oder Freistellungen vom Wasserentnahmeentgelt und der Förderabgabe auf Bodenschätze. Zusammen mit den Subventionen für die Modernisierung der ostdeutschen Braunkohlewirtschaft in Höhe von jährlich rund 150 Millionen Euro belaufen sich die Subventionen - vorsichtig geschätzt - auf knapp eine Milliarde Euro pro Jahr.

Sie verzerren den Wettbewerb auf dem Energiemarkt zugunsten der besonders klimaschädlichen Braunkohle. Die Konsequenz aus UBA-Sicht: Für neue und bestehende Braunkohlekraftwerke oder -tagebaue sollten vom Staat keine Finanzhilfen, Steuervergünstigungen, Bürgschaften oder Absatzförderungen gewährt werden. Die Kosten für Infrastruktur und andere Leistungen der öffentlichen Hand zugunsten der Braunkohlewirtschaft sollte diese künftig ausschließlich selbst tragen. Zudem sollte es solche Subventions-Prüfungen auch für die anderen Energieträger geben, um die Subventionsdebatte transparenter zu machen.

Zugunsten der Braunkohle wird häufig das Argument ins Feld geführt, die Braunkohle sei - im Gegensatz etwa zur Steinkohle - der einzige subventionsfreie heimische Energieträger. Somit sei unter gesamtwirtschaftlichen und arbeitsmarktpolitischen Gesichtspunkten ein weiterer Ausbau der Stromerzeugung aus Braunkohle unbedenklich, ja sogar wünschenswert.

Aus Sicht des Umweltschutzes ist eine stärkere Nutzung der Braunkohle bedenklich. Braunkohle ist der Energieträger, bei dessen Verbrennung das meiste klimaschädliche Kohlendioxid (CO2) pro Energieeinheit frei wird. Eine stärkere Nutzung der Braunkohle würde die langfristig notwendige drastische Verringerung des Treibhausgas-Ausstoßes gefährden.

Das UBA hat daher die These von der Subventionsfreiheit der Braunkohle vom Wuppertal Institut auf den wissenschaftlichen Prüfstand stellen lassen. Untersucht wurde die gesamte Wertschöpfungskette der Braunkohle von der Planung und Umsiedlung über den Braunkohletagebau bis zur Verstromung. Die Subventionen und subventionsähnlichen Tatbestände wurden - soweit möglich - quantifiziert.

Das Wuppertal Institut konnte zwar nur wenige direkte Subventionen ermitteln. Indirekte Subventionen der Braunkohleförderung und -nutzung dagegen stellten die Forscher in verschiedenen Bereichen fest. Dies sind vor allem der Verzicht auf die Besteuerung des Primärenergieträgers Braunkohle, die Kosten der unentgeltlichen oder verbilligten Ressourcennutzung und die sogenannten externen Kosten.

Diese, nicht dem Verursacher Braunkohle angelasteten Kosten - wie etwa Umwelt- und Gesundheitsschäden - belaufen sich zusätzlich auf mindestens 3,5 Milliarden Euro im Jahr. Bereits ohne die externen Effekte kosten die indirekten Begünstigungen die Allgemeinheit mindestens rund 960 Millionen Euro pro Jahr. In der Summe ergibt das mindestens 4,5 Milliarden Euro jährlich.

In der Vergangenheit begünstigten vor allem Investitionsförderungen, steuerliche Regelungen sowie die Duldung hoher Strompreise und Privatisierungsmodalitäten in Ostdeutschland die Braunkohle. Die Auswirkungen dieser nicht mehr rückgängig zu machenden Subventionsentscheidungen werden noch mindestens ein bis zwei Jahrzehnte spürbar sein.

Das Wuppertaler Gutachten empfiehlt einen Dialog mit der Braunkohlewirtschaft und weiteren Beteiligten - wie zum Beispiel Gewerkschaften oder Bürgerinitiativen - zu den Analysen und deren Konsequenzen für das gesamte Energiesystem, um die Transparenz in der Subventionsdebatte weiter zu erhöhen. Dazu gehört auch, solche Subventionsuntersuchungen für die übrigen Energieträger anzustellen, um einen Vergleich zu ermöglichen.

Am 21-10-2004

Energiekonzern Vattenfall bedroht Vorort von Cottbus

Braunkohle verdrängt Dörfer

Lakoma ist ein kleiner Vorort von Cottbus (Brandenburg), den es bald nicht mehr geben soll. Unter dem Dorf liegt Braunkohle, den der schwedische Energiekonzern Vattenfall Europe Mining AG abbauen will. Insgesamt 500 Hektar umfasst der Braunkohletagebau. Davon ist Lakoma ein kleines Randgebiet. Am Freitag wurde ein weiteres Haus abgerissen: das "Haus Nummer 15", dass Menschen Übernachtungsmöglichkeiten bot. Damit wird probiert, das Dorf auszubluten. "Vattenfall schafft gerne Tatsachen", so der Benno Röthing, der Führungen in das Landschaftsschutzgebiet macht. Erst im Juni 2005 muss das Dorf komplett freigegeben werden. Dann wird Lakoma zu den geräumten Dörfern der insgesamt 78 gehören. Eine kleine Gemeinschaft aus Cottbuser-Künstlern, die zum Teil auch zu dem Verein Lakoma gehören, erhalten das Dorfleben. Sie wollen bleiben und sich weiter für die einzigartige Naturlandschaft Lakomas einsetzen. Die Umgebung der zahlreichen Teiche beherbergen seltene Tierarten. Eine davon ist der seltene Eremitenkäfer, der auf der roten Liste der bedrohten Arten steht und höchsten Schutz bedarf.

Zwischen Schnellstraße und Dorfeingang sind Kreuze aufgestellt, die bereits vernichtete Dörfer dokumentieren und die folgenden. Ein künstlicher Bewässerungsgraben umgibt das Dorf. Einer von vielen, die zu den 21 Fischereitteichen führen. Drei der Teiche sind inzwischen ohne Wasser, denn der Kohleabbau entzieht es dem Schutzgebiet. Zwar müssen bis 2005 die Teiche bewässert werden, doch ob die Teiche danach auch noch Wasserzulauf haben, ist ungewiss.

Der Wasserschwund hat mit dem naheliegenden Kohletagebau zu tun: Um an die 50 Meter tiefe Kohle zu kommen, muss der Grundwasserspiegel gesenkt werden. Indem ständig Wasser abgepumpt wird, entsteht ein Trichter, der auch über die Kohlegebiete hinaus der Umgebung Wasser entzieht. So sind vertrocknete Bäume rund um den Trichter ein herkömmliches Bild.

Gegen die Grundwasserabsenkung des Landschaftsschutzgebietes klagt die Grüne Liga Brandenburg in einem Eilverfahren, um weitere Schädigungen aufzuhalten. Als anerkannter Naturschutzverband hat die Grüne Liga anders als der Verein Lacoma Mitwirkungsrechte und darf vor Gericht ziehen. Geklagt wird gegen den Vattenfall-Konzern, der rechtswidrig durch den Wasserentzug das Schutzgebiet gefährdet. Um das Landschaftsschutzgebiet zu zerstören, bedarf die Vattenfall Europe Mining AG einer Genehmigung des Landes Brandenburgs, die noch nicht durch ist.

Der Vattenfall-Konzern verspricht zwar einen so genannte Ausgleich zu schaffen, doch dies sei ein "wenig geglücktes" Projekt, so der Naturschutzverband Grüne Liga in einem Schreiben. Von einer wirklichen Renaturierung könne dabei keine Rede sein, schon gar nicht von einem angemessenen Ausgleich oder Ersatz für die Lacomaer Teiche. Benno Röthing befürchtet, dass dieser Ausgleich möglicherweise dem Land Brandenburg ausreichen wird und der Kohletagebau mit keinem Stopp zu rechnen habe. Wäre das Landschaftsschutzgebiet ein eingetragenes Naturschutzgebiet würde eine Zerstörung erschwert. "Das Land hat keine Ausweisung als Naturschutzgebiet vorgenommen, weil der Braunkohleabbau dort schon vorgesehen war," so René Schuster, Leiter des Lacoma Vereins.

Ausgleich eines Landschaftsschutzgebietes hieße anderswo ein Gebiet der Natur zu überlassen, in dass eine bestimmte Anzahl der bedrohten Tiere umgesiedelt wird. So kann trotz Landschaftsschutzgebiet der Kohleabbau stattfinden. Im Falle von Lakoma müsste in dem Ausgleichsgebiet auch eine Feuchtwiese angelegt werden. Ob die Tiere in diesem Gebiet wirklich überleben, liegt außerhalb der Verantwortung von Vattenfall.

"Die Klage gegen die Genehmigung Vattenfalls, das Schutzgebiet zu zerstören, trifft auf breite Unterstützung der Bevölkerung", so Schuster. 2000 Menschen haben Einspruch eingelegt und mehr als 85 Eigentümer der Grundstücke im Ausgleichgebiet müssten noch angehört werden, so Schuster. Als letzte Instanz stehe die Europäische Kommission, die dem Wasserentzug und dem anschliendem Braunkohleabbau in Lakoma zustimmen muss.

Vattenfall Verständnis von Umweltschutz ist auf der Internetseite zu finden: "Vattenfall Europe gestaltet aktiv Natur und Landschaft, fördert den spezifischen Artenschutz und bewahrt schutzwürdige Objekte vor Beeinträchtigung oder Zerstörung."

Braunkohle ist neben Erdöl und Steinkohle der Rohstoff, der bei der Verbrennung das meiste Kohlenstoffdioxid (CO2) freisetzt.

Am 08-11-2004

Mehr Dörfer sollen dem Lausitzer Tagebau zum Opfer fallen

Braunkohle

Der Lausitzer Braunkohlenbergbau will weitere Dörfer umsiedeln, berichtet der Naturschutzverband Grüne Liga Brandenburg über Äußerungen aus der Spitze der Bergbau-Gewerkschaft IGBCE. Geplant seien neue Tagebaue im Süden von Cottbus. Dies führe zur Umsiedlung des Cottbusser Stadtteils Kahren mit 1300 Einwohnern, warnt die Umweltorganisation. Die Grüne Liga empfiehlt, als Zeichen des Protests zu einem Ökostrom-Anbieter zu wechseln.

Es sei eine "Anmaßung" des Lausitzer Gewerkschaftsführers, von neuen Tagebauen zu sprechen, ohne dazu zu sagen, welche Dörfer für den Tagebau umgesiedelt werden müssten, sagte René Schuster, der Vorsitzender des Vereins "Lacoma". Lacoma ist eines der schon für den Tagebau geräumten Dörfer. Schuster vertritt die Grüne Liga im Braunkohlenausschuss des Landes Brandenburg.

"Perspektivisch muss man über den Aufschluss neuer Tagebaue nachdenken" zitiert Schuster den Gewerkschaftsführer Ulrich Freese aus der Sächsischen Zeitung. Ulrich Freese sei gleichzeitig stellvertretender Vorsitzender des Aufsichtsrates von Vattenfall Europe Mining - dem Konzern, der den Tagebau betreibt. Mögliche Abbaufelder sehe er im Süden von Cottbus sowie zwischen Guben und Lieberose. Da liege noch Kohle "ohne Ende".

Der Tagebau existiert in der Lausitz-Region seit DDR-Zeiten. Auch damals habe man daran gedacht, die Abbaugebiete "Cottbus-Süd" und "Jänschwalde-Nord" "auszukohlen", sagt Schuster. Drei Orte müssten nach den Ideen verschwinden. Auch bei anderen Abbau-Regionen müssten Orte verschwinden und umgesiedelt werden.

"Das kann nicht die Antwort des 21. Jahrhunderts auf die Frage nach der Sicherung des deutschen Energiehungers sein", sagte Schuster. Der Umweltverband forderte die Bürger der Region auf, den Tagebau nicht zu unterstützen und erneuerbare Energien zu födern. "Der Wechsel zu einem Öko-Stromanbieter ist ein Schritt, den jeder Verbraucher gehen kann", sagte Schuster. Dies sei durchaus bezahlbar und nutze auch der regionalen Wirtschaft. Schon jetzt sicherten erneuerbare Energien etwa 2000 Arbeitsplätze im Süden von Brandenburg. Die Tendenz sei steigend.

Am 28-02-2005

Umweltbundesamt für Fortsetzung der Atompolitik

"Beachtlicher Kohlendioxid-Ausstoß"

Der Präsident des Umweltbundesamtes, Andreas Troge, warnt die Union vor einem Kurswechsel in der Atompolitik. Die Entsorgung des Atommülls sei völlig ungeklärt, auch die Risiken beim Kraftwerksbetrieb dürfe man nicht vergessen, sagte Troge der "Berliner Zeitung". "Außerdem würden längere Laufzeiten die dringend nötige Modernisierung von Kraftwerken verzögern", warnte er. Die rot-grüne Bundesregierung hatte sich im Jahr 2000 nach harten Auseinandersetzungen mit den Atomkraftwerksbetreibern geeinigt, dass die deutschen Atomkraftwerke durchschnittlich 32 Jahre lang - oder gar länger, wie Atomkraftgegner befürchten - in Betrieb bleiben dürften. Zugleich verzichtete die Bundesregierung auf Druck der Atomindustrie auf eine Erhöhung des Sicherheitsniveaus der Atomanlagen und genehmigte neue atomare Zwischenlager, in denen der hochradioaktive Atommüll jahrzehntelang zwischengeparkt werden soll. Mit Wirtschaftsminister Werner Müller saß damals auch ein Manager des Atomkraftwerksbetreibers E.ON in der von Schröder geführten Bundesregierung. Die Auseinandersetzung vor der jetzigen Bundestagswahl beruht auf der Ankündigung der Union, die Laufzeiten der Atomkraftwerke im Falle eines Wahlsieges noch ein wenig verlängern zu wollen, sofern es die Betreiber wünschen.

Der Chef des Umweltbundesamtes wies das Argument zurück, Kernkraft sei besser für den Klimaschutz. "Sieht man sich die gesamte Prozesskette bei der Kernkraft an, also Herstellung, Aufbereitung, Verwahrung, Betrieb und Transporte, dann hat auch die Atomenergie einen beachtlichen Kohlendioxid-Ausstoß", sagte er.

CDU-Mitglied Troge, der von der damaligen Bundesumweltministerin Angela Merkel (CDU) zum Chef des Umweltbundesamtes ernannt wurde, sagte, die Hoffnung seiner Partei auf niedrigere Strompreise durch die Kernkraft sei unbegründet. "Als Ökonom halte ich Preissenkungen bei Strom bei längeren Laufzeiten für Atomkraftwerke für unrealistisch", sagte Troge. Da die Atomkraftwerke bereits heute am Netz seien, sei nicht einleuchtend, warum der so erzeugte Strom auf einmal billiger werden solle. Realistisch sei allenfalls, künftige Strompreiserhöhungen zu dämpfen.

Die Union behauptet, sie wolle die Stromwirtschaft im Falle von längeren Laufzeiten zu niedrigeren Strompreisen verpflichten. Troge sagte, er bezweifle, dass sich die Energieversorger auf eine solche Vereinbarung einlassen würden. Er wundere sich, dass marktwirtschaftliche Parteien wie CDU und CSU über ein derartiges Abkommen nachdenken.

Am 01-08-2005

Kritik an geplantem Braunkohlekraftwerk des Energieriesen RWE

Neues Braunkohle-Kraftwerk

Die Umweltschutzorganisation Greenpeace protestierte am Donnerstag in Essen gegen den vom Energiekonzern RWE geplanten Bau von zwei neuen Braunkohle-Kraftwerksblöcken in Neurath bei Neuss. Schon heute sei RWE in Deutschland der größte Betreiber von Braunkohle-Kraftwerken. In Europa sei der Energieriese für 15 Prozent der Kohlendioxid-Emissionen aus der Stromproduktion verantwortlich und mit jährlich 168 Millionen Tonnen Kohlendioxid größter Produzent von Treibhausgasen. Das neue Braunkohle-Kraftwerk in Neurath würde nach Angaben von Greenpeace zusätzlich 14 Millionen Tonnen Kohlendioxid jährlich in die Luft blasen. Die offiziellen Klimaschutzziele Deutschlands wären dann nicht mehr einhaltbar, meint die Organisation.

Die elektrische Bruttoleistung der beiden neuen Kraftwerks-Blöcke in Neurath soll jeweils 1.100 Megawatt betragen. Der elektrische Nettowirkungsgrad, maßgebend für den Grad der Brennstoffausnutzung, wird von RWE mit rund 43 Prozent angegeben. Die jährlich erzeugte Strommenge würde laut RWE ausreichen, um den Bedarf von 10 Millionen Einwohnern zu decken. Das geplante Investitionsvolumen betrage rund 2,2 Milliarden Euro und wäre damit die größte Einzelinvestition in Nordrhein-Westfalen.

"RWE will offenbar Europas Klimakiller Nr. 1 bleiben", kommentierte Greenpeace-Aktivistin Gabriela von Goerne am Donnerstag. Neue Braunkohle-Kraftwerke seien "eine Kriegserklärung" an den Klimaschutz. "Die zwei Milliarden Euro für Neurath wären besser in Erdwaerme, Wind oder Biomasse investiert. Das schont das Klima, schafft mehr Arbeitsplaetze und ist günstiger für die Aktionäre."

"Auch wirtschaftlich - und damit aus Sicht der Aktionäre - ist der Bau von Braunkohle-Kraftwerken fragwürdig", so Greenpeace ganz im Stil einer Unternehmensberatung. Denn im Rahmen des Emissionshandels könnten Unternehmen, die den Ausstoß von Kohlendioxid verringerten, Emissionsrechte verkaufen und dadurch ihre Gewinne steigern.

RWE vergleicht die Kohlendioxidemissionen des Braunkohlekraftwerks weniger mit dem von alternativen Technologien wie Erdwärme, Wind, Biomasse oder Gaskraftwerken, sondern hebt vielmehr den Vergleich mit alten Braunkohlekraftwerken hervor. Im Rahmen des Genehmigungsverfahrens hob das Unternehmen darauf ab, "dass durch die Inbetriebnahme der Doppelblockanlage in Neurath eine spezifische Kohlendioxid-Minderung von rund 30 Prozent im Vergleich zu Altanlagen erreicht werden könne". Dies belege den "deutlichen Technologiesprung" durch die geplante Kraftwerksanlage.

Greenpeace hingegen kritisiert den Energieträger Braunkohle als solchen. Braunkohle sei der Energieträger, der die meisten Treibhausgase pro erzeugter Kilowattstunde Strom freisetze. Ein Gas- und Dampfkraftwerk gleicher Leistung stoße weniger als die Hälfte an Kohlendioxid aus. "Würde RWE statt in Braunkohle in ein solches Gas- und Dampfkraftwerk investieren, könnte der Konzern vier Jahre lang mehr als 300 Millionen Euro Gewinne jährlich durch Emissionsgutschriften erzielen", behauptet Greenpeace.

Bis 2050 müssten Industrieländer den Ausstoß von Treibhausgasen um 80 Prozent senken, um den Klimawandel aufzuhalten, so Greenpeace. Für den Fall, dass der Ausstoß von Treibhausgasen weiter gehe wie bisher, dann beziffere das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) die Klimaschäden in Deutschland bis 2050 auf 800 Milliarden US-Dollar (650 Milliarden Euro).

Versicherungen würden diese Kosten nicht übernehmen, so Greenpeace. Die Münchner Rück etwa ziehe sogar in Erwägung, mit klimaschädigenden Unternehmen keine Versicherungsverträge mehr abzuschließen.

"RWE sollte sich nicht einbilden, dass der Steuerzahler immer für die Schäden von Überschwemmungen, Hitzewellen, Dürren und Stürmen aufkommen wird. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis die Politik die Verursacher der Klimaschäden zur Kasse bittet", so von Goerne.

Am 11-08-2005

Köhler würdigt Gewerkschaft Solidarnosc als "Symbol der Freiheit"

Deutsche Opfer erwähnt

Bundespräsident Horst Köhler hat die polnische Gewerkschaft "Solidarnosc" 25 Jahre nach ihrer Gründung als "Symbol der Freiheit" gewürdigt. Köhler sagte am Mittwoch bei einem Besuch in Danzig, Arbeiter, Bauern und Intellektuelle hätten 1980 "einen Prozess von welthistorischer Bedeutung in Gang gesetzt". Die Solidarnosc habe einem Regime der Unterdrückung getrotzt und der Welt "ein bleibendes Beispiel für Freiheitsliebe und Patriotismus gegeben".

Dies sei eine wichtige Voraussetzung für die Einheit Europas und für die Wiedervereinigung Deutschlands gewesen. Köhler betonte, die polnische Freiheitsbewegung habe einen entscheidenden Beitrag zur Aussöhnung zwischen den früheren Kriegsgegnern Deutschland und Polen geleistet.

Einen Tag vor dem 66. Jahrestag des deutschen Überfalls auf Polen zu Beginn des Zweiten Weltkriegs erinnerte der Bundespräsident außerdem an die "jahrelange mörderische Unterdrückung" Polens durch das Hitler-Regime.

Zugleich verwies Köhler auf das Leid und die "ungezählten unschuldigen Opfer", die auch unter den Deutschen am Ende des Kriegs zu beklagen gewesen seien. Umso positiver sei es, dass Deutsche und Polen heute "aufrichtig und im Zeichen der Versöhnung über die Vergangenheit sprechen" könnten, so Köhler.

Die Gewerkschaft Solidarnosc war 1980 aus einem Streik von Danziger Werftarbeitern hervorgegangen. Der frühere Elektriker Lech Walesa wurde zum Anführer des Streiks und später zum Vorsitzenden von Solidarnosc. 1983 wurde er mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet, 1990 gewann er die polnischen Präsidentschaftswahlen und blieb bis 1995 im Amt.

Am 31-08-2005

160 Milliarden Subventionen für Kohle, Gas, Öl und Atomkraft?

Studie

Nach einer Studie staatliche dänische Institut für Umweltbewertung fließen vier Fünftel der weltweit jährlich 200 Milliarden Euro Subventionen in die Energieträger Kohle, Gas, Öl und Atomkraft - über direkte Leistungen, Steuervergünstigungen, Konzessionen und Handelshindernisse. Vor diesem Hintergrund könne der Streit um die Förderung erneuerbarer Energien als "nur oberflächlich" angesehen werden, schreibt die Berliner tageszeitung (taz). Die Subventionen für die fossile und atomare Energiegewinnung verzögern nach Auffassung der Autoren der Studie die Einführung neuer Technologien und von Energiesparmaßnahmen. Zudem hielten sie den Energieverbrauch und damit die Luftverschmutzung mit allen Konsequenzen künstlich hoch.

Würden alle Länder ihre Fördergelder für fossile Brennstoffe streichen, dann könnte nach Auffassung der Autoren der Studie der globale Ausstoß von Kohlendioxid um mehr als 20 Prozent gesenkt werden, schreibt die tageszeitung.

In der Untersuchung werden auch die Subventionen für für die Land- und Forstwirtschaft, die Fischerei, und für den Transportsektor mit jährlich rund 600 Milliarden Euro kritisiert. Zwei Drittel davon seien direkt schädlich - für die Volkswirtschaften wie für die Umwelt.

Der staatliche Geldregen sei ökologisch eher schädlich als sozial nützlich, meinen die Autoren der Studie: 40 Prozent der globalen Subventionen landeten in der Landwirtschaft. Würden die USA, EU, Japan und Südkorea hier tatsächlich Ernst machen mit dem Abbau machen, könnte die Senkung der Umweltbelastung durch weniger Pestizid- und Düngerverbrauch die sozialen Folgekosten volkswirtschaftlich ausgleichen, die mit der Kompensation der Betroffenen verbunden wären.

Nicht übersehen werden dürfe nach Ansicht der dänischen Wissenschaftler allerdings, dass ein massiver Subventionsabbau etwa in der Landwirtschaft sehr komplexe Auswirkungen hätte: So müssten viele Produkte über weitere Strecken transportiert werden. Zugleich seien ganze Bevölkerungskreise längst abhängig von den Zuschüssen. "Ein Abbau über Nacht würde zu katastrophalen sozialen Konsequenzen führen", befürchten die Autoren der Studie denn auch. Die politische Herausforderung sei, die Subventionspraxis schrittweise umzustellen und "sozial abzufedern".

Am 07-10-2005

Streit um Braunkohletagebau in Brandenburg

Naturschutzgebiet

Nach Angaben der Umweltschutzorganisation Robin Wood begann die brandenburgische Polizei am Dienstag eine seit zwölf Tagen bestehende Baumbesetzung im potenziellen Braunkohlegebiet Lacoma nahe Cottbus zu räumen. Die Baumbesetzer wollen die Umwandlung der Lacomaer Teichlandschaft in ein Braunkohlebaggerloch durch den schwedischen Energiekonzern Vattenfall verhindern. Ende letzter Woche habnen Mitarbeiter von Vattenfall offenbar begonnen, Rodungen im Teichgebiet vorzunehmen und Trassen für Entwässerungsrohre durch das Naturschutzgebiet zu bauen, obwohl nach Angaben von Robin Wood ein Planfeststellungsverfahren über die Zukunft der Lacomaer Teiche noch nicht abgeschlossen ist.

Um die Lacomaer Teichlandschaft wird bereits seit einigen Jahren heftig gestritten. Die rund 300 Hektar große Teichlandschaft ist nach Angaben der Umweltschutzorganisation Heimat für mehr als 170 bedrohte Tier- und Pflanzenarten und daher seit 2003 Schutzgebiet der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie der Europäischen Union.

Die rechtliche Lage ist offenbar nicht ganz klar. Nach Angaben der Grünen Liga ist einerseits das Planfeststellungsverfahren noch nicht abgeschlossen. Anderseits soll aber das Landesumweltamt Brandenburg gegenüber Vattenfall bestätigt haben, dass es ein "überwiegendes öffentliches Interesse" gebe, wonach das Naturschutzrecht zu brechen sei.

Die Grüne Liga hat Beschwerde gegen die Genehmigung zum Bau der Entwässerungsleitungen Widerspruch eingelegt. Die Genehmigung sei nicht rechtmäßig, so Sprecher René Schuster. Nach seiner Ansicht müssten die Arbeiten in Lacoma wenigstens so lange ruhen, bis der Widerspruch geprüft worden sei.

Am 18-10-2005

Umweltschützer fordern Energiekonzept ohne Öl, Gas, Kohle und Uran

Profiteure herkömmlicher Energiestrukturen

Gerhard Timm, Bundesgeschäftsführer des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), sieht im Atomstreit innerhalb der schwarz-roten Koalition den Vorboten kommender Kämpfe um die Energieressourcen. Öl, Gas, Kohle und Uran würden als endliche Energieträger zunehmend knapp, die Ausbeutung ihrer Vorkommen schwieriger und teurer. Es sei absehbar, dass die Profiteure herkömmlicher Energiestrukturen versuchen würden, ihren Einfluss auf die Politik zu erweitern. Teile der Union würden ihren Ton gegenüber dem Koalitionspartner SPD dann vermutlich noch verschärfen. Bundesumweltminister Sigmar Gabriel müsse diese Attacken zurückweisen und sein Gewicht weiter für eine moderne Energiepolitik in die Waagschale werfen.

"Erneuerbare Energien, Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen und dezentrale Stromerzeugung bedrohen die bisherige, auf Großstrukturen und Zentralismus ausgelegte Energiewirtschaft", sagte Timm. "Mit allen Tricks und einem immensen - vom Energieverbraucher bezahlten - Lobbyaufwand drehen die Energieriesen am politischen Rad. Der Streit um Energiefragen ist immer auch ein Streit um Pfründe und Einfluss. Wenn wir von fossilen Energieträgern unabhängiger sein wollen, dann sind Energiesparen, mehr Energieeffizienz und erneuerbare Energien das Gebot der Stunde."

Die von einigen CSU-Politikern geforderte Verlängerung der AKW-Laufzeiten sei kein geeignetes Mittel zur Reduzierung der Gasimporte. Längere Laufzeiten verzögerten sogar eine Neuausrichtung der Energiepolitik und erhöhten die Risiken der Atomkraft. Bundeskanzlerin Angela Merkel scheine dies verstanden zu haben, indem sie am Ausstieg aus der Atomtechnologie festhalte, teilt der BUND hoffnungsvoll mit.

Bundeswirtschaftsminister Michael Glos, CSU-Chef Edmund Stoiber und CDU-Ministerpräsident Günther Oettiger seien hingegen dem Irrglauben verfallen, Atomenergie könne Gaslieferungen ersetzen. Aber auch Uran müsse importiert werden und sei zudem nur noch für rund 40 Jahre vorhanden. Bei dem von Merkel für Anfang März angekündigten Energiegipfel müssten alle an einer zukunftsfähigen Energiepolitik interessierten Akteure einbezogen und die rückwärtsgewandten CSU-Granden in ihre Schranken verwiesen werden.

Mittelfristig entscheidend sei, die Energieerzeugung deutlich effizienter zu machen. Die nächste Stufe des Emissionshandels müsse hier verstärkt Anreize geben. Der Einsatz regenerativer Energien zur Wärmeerzeugung müsse per Gesetz geregelt und die Mittel zur Altbausanierung aufgestockt werden. Dringend notwendig sei auch die Verdoppelung der Kraft-Wärme-gekoppelten Stromerzeugung bis 2010. Flankiert werden müsse dies mit einem Anreizprogramm für mehr Stromeffizienz.

Am 05-01-2006

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