Über 30.000 Todesurteile wurden durch die Militärjustiz verhängt, 20.000 wurden vollstreckt. Den Deserteuren zu Ehren gibt es kein offizielles Gedenken. "Statt dessen werden mit den militärischen Verschwörern des 20. Juli jene geehrt, die den verbrecherischen Krieg erst möglich gemacht und aktiv mitgetragen haben", kritisiert die Kampagne die Ehrung der teilweise an schwersten Verbrechen beteiligten Verschwörer. Die Kampagne erinnerte auch an den Schreiner Georg Elser, der bereits am 8. November 1939 versucht hatte, Hitler mit einer Bombe zu töten. Der Diktator hatte nur überlebt, weil er wesentlich früher als geplant den Saal verlassen hatte. Zu dieser Zeit standen die Attentäter des 20. Juli 1944 noch geschlossen hinter Hitler und seinem Krieg. Elser wurde auf Weisung Himmlers am 9. April 1945 im KZ Dachau ermordet.
Das Gericht habe deutlich gemacht, dass das Verfahren nicht in Ordnung gewesen sei, berichtete Ralf Siemens von der Kampagne gegen Wehrpflicht, Zwangsdienste und Militär. Das Straßen- und Grünflächenamt Berlin-Mitte hatte dem Verteidigungsministerium für ein weiträumiges Areal um den Berliner Bendlerblock ein Sondernutzungsrecht für den 20. Juli erteilt. Dieser Bescheid, erst am 16. Juli ergangen, erfolgte ohne jegliche Begründung.
Im Rahmen des diesjährigen Sondernutzungsverfahrens hatte die Kampagne als Anmelder der abendlichen Gelöbnix-Demonstration und einer Kundgebung in den Mittagsstunden zu Ehren der Deserteure und Kriegsdienstverweigerer der Wehrmacht eine Verfahrensbeteiligung beim zuständigen Bezirksamt beantragt. Rechtsgrundlage hierfür ist das Verwaltungsverfahrensgesetz: Das Bezirksamt muss grundsätzlich bei Sondernutzungsanträgen prüfen, ob die Erlaubnis eines solchen Rechts in die Rechte Dritter eingreift. Dies ist dann der Fall, wenn eine Sondernutzung die Versammlungsfreiheit nach Artikel 8 Grundgesetz einschränken oder verhindern würde.
Der Antrag auf Verfahrensbeteiligung sei im Oktober 2003 erfolgt. Erst am 8. Juni 2004 sei die Beteiligung durch das Bezirksamt bestätigt worden. Gleichzeitig habe es die Akteneinsicht als erledigt angesehen, in dem es lediglich den bloßen Antrag des Verteidigungsministeriums übersandte. Über den Rechtsanwalt Sönke Hilbrans wurde am 22. Juni die Einsicht in die vollständige Akte gefordert. Am 6. Juli erfolgte die Antwort, dass der zuständige Sachbearbeiter "nochmals intensiv recherchiert" und "tatsächlich" einen Änderungsantrag der Bundeswehr "aufgefunden habe. Er war falsch abgelegt worden", so das Bezirksamt. Zwei Tage später faxte es weitere Unterlagen zum Vorgang. Am 11. Juli gab die Kampagne eine achtseitige Stellungnahme ab, in der sie den Antrag ausführlich begründeten, die Sondernutzung aus rechtlichen Gründen so weit einzuschränken, dass Demonstration und Kundgebung durchgeführt werden können. Dennoch habe das Bezirksamt diese Stellungnahme ignoriert und der Bundeswehr die Sondernutzung wie in den Vorjahren ohne jede Abstriche erlaubt.
In der dreistündigen Verhandlung vor Gericht, so berichtete Kampagnen-Sprecher Siemens, habe das Bezirksamt allerdings einräumen müssen, niemals überprüft zu haben, ob die Bundeswehr die große gesperrte Fläche denn tatsächlich für die angegebenen Zwecke benötigt hat. Die Kampagne hatte argumentiert, östlich des Veranstaltungsortes sei der Platz in den letzten Jahren nie benötigt worden. Am Montagnachmittag habe die Bundeswehr dann, so Siemens, vorgebracht, dort finde dieses Jahr eine Katastrophenübung statt. Siemens darf sich freuen: Das Gericht gestand der Kampagne einen Beobachter im abgesperrten Bereich zu.
Die abendliche Demonstration muss allerdings wie vom Bezirksamt und der Bundeswehr gewünscht 280 Meter vom Gelöbnis entfernt enden. Nach dem Hinweis des Gerichts, die Klage würde sonst abgewiesen, zog die Kampagne ihren Einspruch zurück.