"Schwarz-gelb treibt es bei der Gentechnik noch bunter als rot-grün", sagte Doris Tropper, stellvertretende BUND-Vorsitzende. Obwohl drei Viertel der Menschen in Deutschland sich klar gegen Gentechnik aussprechen würden und die meisten Bauern weiterhin ohne Gentechnik produzieren wollten, solle eine Handvoll Biotech-Konzerne ihre Risiko-Produkte auf dem hiesigen Markt durchsetzen können. Dabei nähmen Union und FDP in Kauf, dass Lebensmittel verunreinigt würden, Tausende von Bauern ihre Wirtschaftsgrundlage verlören und dass die Allgemeinheit für die Risiken und Kosten gerade stehen müsse.
Wenn der Verursacher gentechnischer Kontaminationen nicht eindeutig ermittelt werden kann, soll nach den Vorstellungen der Opposition ein teilweise steuerfinanzierter Haftungsfonds die Schäden ausgleichen. Sie lehne es außerdem ab, eine gute fachliche Praxis für den Anbau von GVO festzulegen, so der BUND. Stattdessen wolle sie GVO-Landwirte allein mit Hilfe von Produktinformationen zur Vorsicht anhalten.
"Ein Blick auf die USA und Kanada zeigt, was passiert, wenn es keinerlei Regeln für die Koexistenz zwischen Gentech-Landwirtschaft und gentechnikfreiem Anbau gibt", meint Heike Moldenhauer, BUND-Gentechnikexpertin. Gentechnikfreie Produkte würden immer mehr vom Markt gedrängt, Biobetriebe würden ihre Zertifizierung verlieren.
Die Umweltorganisation kritisierte grundsätzlich, dass sowohl die Bundesregierung als auch die Bundesländer nur landwirtschaftliche Schäden anerkennen würden. Flora und Fauna seien genauso durch Kontamination bedroht wie Lebens- und Futtermittel. Das Gentechnikgesetz müsse klar definieren, was ein ökologischer Schaden sei und wer dafür hafte.
Auch das Umweltinstitut München äußert sich kritisch zu den Plänen der Oppositionsparteien. Das Institut kritisierte, dass es nach dem Willen der Union weder den öffentlichen Zugang zu Standortregistern, wie ihn die EU fordert, noch besondere Regeln und Sachkundenachweise für den Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen geben soll. Für Schäden, die aus der Verunreinigung konventionell oder ökologisch angebauter Pflanzen entstehen, solle ein Fonds eingerichtet werden, der teilweise von der öffentlichen Hand, also vom Steuerzahler, finanziert werden soll. ?Die Kosten einer Risikotechnologie, für deren Folgen keine einzige Versicherung haften will, sollen so der Allgemeinheit aufgebürdet werden. Alleine die Hersteller und Anbauer gentechnisch veränderter Organismen sollen die Kosten und Riskien der Agro-Gentechnik tragen,? fordert Harald Nestler vom Vorstand des Umweltinstitut München e.V.
?Der Gesetzentwurf begünstigt die Gentechnik ohnehin übermäßig: So könnte es sein, dass die Öffentlichkeit nicht erfährt, wo gentechnisch veränderte Felder liegen, wenn ein ?schutzwürdiges Interesse? des Anbauers vorliegt.? kritisiert Nestler.
Währenddessen würden weltweit immer mehr Schäden durch die Agro-Gentechnik aufgedeckt: Eine von der britischen Regierung in Auftrag gegebene Studie bezüglich der Auswirkungen gentechnisch veränderter Pflanzen auf Flora und Fauna, die am 16. Oktober 2003 veröffentlicht wurde, kam zu dem Ergebnis, dass die Vielfalt der Kräuter und auch die Anzahl an Insekten, Schmetterlingen und Vögeln drastisch abgenommen hätte. Auch eine Studie, die den Pestizidverbrauch in den USA zum Gegenstand hat, kam zu dem Ergebnis, dass durch den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen deutlich mehr Pestizide gespritzt würden als beim konventionellen Betriebsmanagement.
Wissenschaftler des Ökologiezentrums Kiel hätten für Schleswig-Holstein folgendes errechnet: Wenn 10 Prozent des Rapses durch gentechnisch veränderten Raps ersetzt würden, bleibe bei einem Sicherheitsabstand von 5 km zu den gentechnisch veränderten Feldern eine nicht kontaminierte Fläche von 17 Prozent übrig. Werde auf einem Feld einmal gentechnisch veränderter Raps angebaut, führt dies nach den Ergebnissen der Wissenschaftler noch während der nächsten 15 Jahre zu Grenzwertüberschreitungen.
Die Novelle des Gentechnik-Gesetzes steht bei der morgigen Sitzung des Bunderates auf der Tagesordnung.