Oktober 2003
Alle Artikel aus diesem Monat und Jahr sind hier zu finden.
Nach Rekordsommer mehr Waldschäden erwartet
Der Zustand des deutschen Waldes gibt nach dem heißen Sommer dieses Jahres wieder verstärkt Anlass zur Sorge. Auf Grund der großen Trockenheit im abgelaufenen Sommer nähmen die Probleme im nächsten Jahr zu, sagte der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesagrarministerium, Matthias Berninger (Grüne), am Donnerstag in der Bundestagsdebatte über den Waldzustandsbericht 2002. Danach weist mehr als ein Fünftel (21 Prozent) der Waldfläche in Deutschland "deutliche" Verluste von Blättern beziehungsweise Nadeln auf.
Büchereien mit mehr Lesern und weniger Geld
Die Bibliotheken in Deutschland sehen sich angesichts leerer öffentlicher Kassen zunehmend in ihrer Existenz bedroht. Der Vorstand der Bundesvereinigung Deutscher Bibliotheksverbände (BDB), Georg Ruppelt, kritisierte, dass die Etats zurückgefahren werden, obwohl jeder wisse, wie wichtig Bildung und Leseförderung seien. Auch zahlreiche Landesverbände beklagten anlässlich des "Tages der Bibliotheken" am Freitag Kürzungen ihrer Finanzmittel.
Arbeiterwohlfahrt gegen Pflege-Pläne der Regierung
Die Arbeiterwohlfahrt (AWO) will sich gemeinsam mit den anderen Wohlfahrtsverbänden gegen eine Absenkung der Leistungen zur stationären Unterbringung Pflegebedürftiger zur Wehr setzen. Ein entsprechender Plan von Bundessozialministerin Ulla Schmidt (SPD) werde zu einem "großen Konflikt" zwischen der Bundesregierung und den Verbänden führen, betonte der AWO-Bundesvorsitzende Manfred Ragati am Donnerstag in Berlin. Pflegebedürftige dürften nicht in die Armut getrieben werden, statt dessen seien Beitragserhöhungen zu überlegen.
Erwartungen an Gentechnik nicht mit Tatsachen verwechseln
Während der Deutsche Bundestag am Donnerstag auf Initiative der CDU über "Potenziale der grünen Gentechnik für die Welternährung" debattierte, warnt die Deutsche Welthungerhilfe davor, Hunger und Unterernährung in der Dritten Welt als Argument für eine verstärkte Förderung der Gentechnik zu benutzen. Erwartungen an eine Technologie dürften nicht mit überprüfbaren Tatsachen verwechselt werden.
Ölprojekt Tschad-Kamerun für Waffen statt Entwicklung missbraucht
Am 10.10.2003 wurde mit einem Staatsakt in Komé, Tschad, der Beginn der Ölförderung in diesem Land gefeiert. Die Ausbeutung der drei Ölfelder Komé, Miandoum und Bolobo sollen dem Tschad in den nächsten 25 Jahren etwa 2 Millarden US-Dollar Einnahmen bringen. Auf dem Papier sollen 95 Prozent dieser Einnahmen in die Armutsbekämpfung investiert werden, also in Bildung, Infrastruktur und Gesundheitswesen. Ob dies so geschieht, scheint zweifelhaft. Die Kontrollgremien sind de facto nicht sehr einflußreich. Die Regierung des Tschad hat einen wesentlichen Teil der ersten Öleinnahmen bereits für Waffenkäufe verwendet, teilt die AG Erdölprojekt der Nichtregierungsorganisationen mit.
Bundesnachrichtendienst Berlin- Nicht nur Umzüge und Freiflüge
Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) kritisiert die Entscheidung von Berlins Bausenator Peter Strieder, das Stadiongelände in Mitte dem Bundesnachrichtendienst (BND) zur Bebauung zu übergeben. Martin Schlegel, Referent für Verkehr und Stadtentwicklung beim BUND: "Senator Strieder hat Recht, wenn er den Bedarf für den herkömmlichen Wohnungsbau in Frage stellt. Allerdings vergibt er mit seiner Entscheidung für den BND auch die Chance für ein "autofreies Stadtviertel an der Panke" in ökologischer Bauweise, für das seit Jahren detaillierte Pläne vorliegen.
Bayern: Keine Ausnahme von der Lagerunterbringung auch für Kinder und Kranke
Immer mehr Menschen werden in der Bundesrepublik auf Dauer in Flüchtlingslagern untergebracht, selbst wenn sie längst nicht mehr den Status Asylsuchender haben. Am rigidesten bei dieser Praxis zeigt sich Bayern. Auch Menschen, die bereits in Privatwohnungen gelebt haben, werden dort zum Umzug in Sammelunterkünfte gezwungen. PRO ASYL kritisiert die bayerische Praxis als eklatanten Verstoß gegen die Menschenwürde wie sie das Grundgesetz fordert. Die Betroffenen werden praktisch unbegrenzt zum Objekt staatlicher "Fürsorge". Sie werden durch die vorgeschriebene Lagerunterbringung inklusive aufgezwungener Sachleistungen entmündigt und ihrer Individualität beraubt.
Verbraucherschützer starten Kampagne gegen Kinder-Werbung
Aufklärung und juristische Mittel sollen Kinder künftig vor irreführender Werbung schützen. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) startete am Mittwoch eine Kinderkampagne unter dem Titel "Schaust du nur oder kaufst du schon?", mit der er gegen rechtlich unzulässige und inhaltlich problematische Werbung für Kinder und Jugendliche vorgehen will. "Wir erleben eine Invasion der Werbung in Kinderzimmern, auf Frühstückstischen und in Klassenzimmern", sagte vzbv-Vorstand Edda Müller beim Start der Kampagne in Berlin. Wegen einer Werbeaktion "für Schulsport" will der vzbv zunächst die Firma Kellogg in einem ersten Musterverfahren verklagen.
Billigflieger-Angebote müssen zehn Prozent der Plätze ausmachen
Werbung für Billigflieger ist unzulässig, wenn der beworbene Preis nur für ein sehr geringes Kontingent der beworbenen Plätze gilt und dieses Kontingent in der Werbung nicht ausdrücklich angegeben wird. Das hat das Landgericht Hannover in einem Musterverfahren des Verbraucherzentrale Bundesverbandes (vzbv) festgestellt. Der Verband begrüßte die Entscheidung: "Verbraucher werden ins Internet gelockt, auch wenn von vornherein klar ist, dass sie kaum eine Chance haben, den Billigflug zu bekommen", sagte Patrick von Braunmühl, Fachbereichsleiter Wirtschaft beim vzbv. Irreführende Lockvogelwerbung zum Beispiel der Billigflieger müsse bei der anstehenden Reform des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) auch für Dienstleistungen ausgeschlossen werden.
Keine Rückschritte in rot-grüner Regierungspolitik zulassen
Zum Jahrestag des Amtsantritts der zweiten rot-grünen Bundesregierung hat der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) vor Rückschritten in der Umweltpolitik gewarnt. Schlüsselprojekte der ökologischen Modernisierung gerieten zunehmend in Misskredit. Das gelte beispielsweise für die Lkw-Maut, den weiteren Ausbau der Windenergie, das Dosenpfand und die Ökosteuer. Bestimmte Umweltziele müssten mutiger und entschlossener angestrebt werden. Selbst die zu begrüßenden Neuerungen bei der Entfernungspauschale und der Eigenheimzulage seien weniger einer konsequenten Umweltpolitik als vielmehr der Suche nach Einsparmöglichkeiten geschuldet.
Bildungspolitik der Länder schafft Ungerechtigkeit
Eine engere, verbindlichere und effektivere Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern im Bildungs- und Forschungsbereich hat die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) gefordert. Die Vorschläge der Länder, die auf dem Tisch liegen, seien in vielerlei Hinsicht kontraproduktiv. Sie führten zu regionaler Kleinstaaterei und machten aus der Bildungspolitik einen bunten Flickenteppich, in dem Länder-Egoismen die entscheidende Rolle spielten, so die Kritik. "Mit Blick auf das zusammenwachsende Europa und die Europäisierung von Bildung und Forschung müssen wir mit einer und nicht mit 16 Stimmen sprechen", erklärte GEW-Vorsitzende Eva-Maria Stange.
Regierungen müssen IT-Ausgaben rechtfertigen
Regierungen müssen ihre IT-Investitionen mit sichtbaren und erwarteten Verbesserungen in Verbindung bringen, sonst riskieren sie ernsthafte Konsequenzen auf politischer Ebene. Zu diesem Ergebnis kommt eine Analyse des Marktforschungsinstitutes Gartner, in der die Hightech-Ausgaben der Regierungen unter die Lupe genommen werden. Demnach gibt etwa die öffentliche Hand in Deutschland im laufenden Jahr 9,6 Milliarden Euro für IT aus.
Bahn und Sony planen Stellenabbau
Der japanische Elektronikkonzern Sony will künftig mit deutlich weniger Mitarbeitern auskommen und plant zwischen 15.000 und 20.000 Stellen abzubauen. Das entspreche rund 10 Prozent der weltweit 160.000 Mitarbeiter. Der Stellenabbau solle bis Ende März 2006 vollzogen werden insbesondere durch Anreize zu vorzeitigem Ruhestand und weniger Neueinstellungen, berichtete die japanische Wirtschaftszeitung "Nihon Keizai Shimbun". Auch die Deutsche Bahn will nach Berichten des Tagesspiegel bis Ende 2005 rund 3.000 Stellen streichen. Er beruft sich dabei auf "interne Unterlagen".
Einwegflaschen vor dem Aus
Getränkedosen und die im übrigen Europa üblichen Einwegflaschen verschwinden wegen der Pfandpflicht weitgehend vom deutschen Markt. Das prognostiziert die Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung (GVM). Der Mehrweganteil bei Getränken werde im vierten Quartal 2003 voraussichtlich wieder die in der Verpackungsverordnung vorgeschriebene Quote erreichen. Etwa 80 Prozent des Einwegabsatzes erfolgt nach Einschätzung der GVM mittlerweile über sogenannte Insellösungen, bei denen Unternehmen Bier, Mineralwasser und Erfrischungsgetränke nur noch in jeweils eigenen, besonders geformten Einwegflaschen vertreiben.
Schadensersatz für verspätete E-mails
Dem australischen Telekomkonzern Telstra drohen wegen Problemen beim E-Mail-Versand Schadenersatzzahlungen in Millionenhöhe. Seit fast einem Monat erhalten Kunden von BigPond , des größten ISP am fünften Kontinent, ihre E-Mails nur mit ein bis zwei Tagen Verspätung. Der Grund sei Swen, ist ein Wurm, der Mitte September ausgebrochen sei und der das E-Mail-System der Telstra-Tochter in ein Chaos gestürzt habe. Einer drohenden Sammelklage möchte Telstra nun mit einem Nachlass bei den Internet-Gebühren zuvorkommen.
Spam-Mails sind Übel Nummer Eins
Laut einer Studie des US-Onlinevermarkters Doubleclick lesen vier Prozent der User Spam-Mails. 65 Prozent löschen als Spam erachtete Mails sofort, ohne diese überhaupt zu öffnen. Damit führe Spam die Hitliste der Ärgernisse bei E-Mail-Empfängern an - für 89 Prozent stellten sie das Hauptübel dar, so das Ergebnis. Der durchschnittliche User habe im Untersuchungszeitraum 264 E-Mails pro Woche empfangen, eine leichte Steigerung gegenüber dem Vorjahr, als 254 elektronische Poststücke in den Accounts landeten. Der Anteil der Junk-Mails sei dabei mit 56 Prozent konstant geblieben. Die Consumer-E-Mail-Studie wurde im Sommer dieses Jahres durchgeführt.
Gruppenantrag im Bundestag gegen Stammzellenforschung angenommen
Mit den Stimmen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und großer Teile der CDU/CSU hat der Ausschuss für Bildung und Forschung am Mittwochmorgen einen Gruppenantrag (15/1310)zur "Forschungsförderung der Europäischen Union unter Respektierung ethischer und verfassungsmäßiger Prinzipien der Mitgliedstaaten" angenommen. In ihm heißt es, nach Auffassung des Bundestages dürfe die Vernichtung menschlicher Embryonen zu Forschungszwecken, die in EU-Mitgliedstaaten, darunter Deutschland, eine Straftat darstellten, nicht durch ein Forschungsrahmenprogramm der EU gefördert werden.
USA verhindern Verurteilung des israelischen Mauerbaus durch UN-Sicherheitsrat
Die USA haben am Dienstag mit einem Veto eine Resolution im Weltsicherheitsrat der Vereinten Nationen verhindert, mit der der israelische Bau des Sicherheitszauns zwischen dem Westjordanland und Israel verurteilt werden sollte. Der Entwurf sei unausgewogen, so der amerikanische UNO-Botschafter John Negroponte. Damit würden die Ziele Frieden und Sicherheit in der Region nicht gefördert. Zudem weigerten sich die Palästinenser, Terrorgruppen beim Namen zu nennen und zu verurteilen, hieß es zur Begründung.
Studie "Ehemalige Kindersoldaten in Deutschland" klagt Asylpraxis an
Ehemalige Kindersoldaten haben im deutschen Asylverfahren keine Chance. Zu diesem Ergebnis kommt die Studie "Ehemalige Kindersoldaten in Deutschland", die vom entwicklungspolitischen Kinderhilfswerk terre des hommes und dem Bundesfachverband Unbegleitete Minderjährige Flüchtlinge vorgestellt wurde. Die Studie stützt sich auf die Erfahrungen ehemaliger Kindersoldaten, die in Deutschland derzeit das Asylverfahren durchlaufen oder bereits durchlaufen haben. Dabei wird deutlich, dass das hiesige Asylrecht in keiner Weise auf die besondere Situation dieser Flüchtlingsgruppe eingeht.
Trecker-Demonstration vor dem Bundeskanzleramt gegen Genfood
Eine Delegation von Bäuerinnen und Bauern hat sich am Mittwoch mit Traktoren in Berlin versammelt, um gentechnikfreies Saatgut zum Bundeskanzleramt zu bringen. Zusammen mit Umwelt- und Verbraucherschützern fordern sie: "Unser Saatgut muss gentechnikfrei bleiben!". Der Bundeskanzler müsse dafür sorgen, dass Deutschland im EU-Saatgutausschuss für ein Reinheitsgebot für Saatgut stimmt. Nur so könne ein gentechnikfreier Anbau in Zukunft gesichert werden.