DIE Internet-Zeitung

September 2003

Alle Artikel aus diesem Monat und Jahr sind hier zu finden.

Handelsschranken

EU-Bestimmungen bremsen Handel mit Entwicklungsländern

Nach einer Studie des in Brüssel ansässigen Centre for the New Europe (CNE) haben die Handelsschranken der EU für die Menschen in den Entwicklungsländern verheerende Auswirkungen. Jeden Tag sterben weltweit 6.600 Menschen infolge der Handelsbestimmungen der EU. Dies entspreche 275 Menschen pro Stunde. "Alle 13 Sekunden stirbt irgendwo ein Mensch, vor allem in Afrika, weil die Europäische Union die in Aussicht gestellten Erleichterungen nicht in die Tat umsetzt", sagte Hardy Bouillon, Head of Academic Affairs des CNE, anlässlich des Ministertreffens der WTO in Cancun. Wenn Afrika seinen Anteil am Welthandel um nur ein Prozent vergrößern könnte, wüchsen seine Einnahmen jährlich um mehr als 70 Milliarden Euro; genug, um 128 Millionen Menschen aus der gröbsten Armut herauszuführen. Der bei weitem reichste Protektionist sei dabei die Europäische Union.

Cancún

Versprechungen der USA zur Entwicklungshilfe sind "Mogelpackung"

Die WTO-Ministerratstagung im mexikanischen Cancún hatte noch vor dem offiziellen Beginn am heutigen Mittwoch, einen unerwarteten Auftakt: Der US-Handelsbeauftragter Zoellick und Anne Venema, US-amerikanische Agrarministerin, kündigten auf einer Pressekonferenz in Cancún an, dass sie die Klagen der Afrikaner ernst nehmen würden. Sie böten den betroffenen Ländern in Westafrika ein Hilfspaket an, das sich aus Entwicklungshilfe, der Förderung privater Auslandsinvestionen für die afrikanische Textilindustrie und aus bevorzugten Zollsenkungen für westafrikanische Textilien zusammensetze. Germanwatch kritisierte das Angebot als "Mogelpackung". Bei den Baumwollsubventionen für die US-Bauern seien keine Abstriche gemacht worden.

Verschuldet

Argentinien zahlt kein Geld an den IWF

Argentinien weigerte sich am gestrigen Dienstag, Schulden in Höhe von 2,9 Milliarden US-Dollar zu zahlen. Präsident Nestor Kirchner gab dem Druck des Internationalen Währungsfonds (IWF) nicht nach. Er weigert sich, auf die knappen Devisenreserven der Zentralbank zurück zu greifen. Damit hätte er die Wirtschaftserholung mit einer restriktiven Wirtschaftspolitik abgewürgt und die Bevölkerung mit höheren Preisen für Basisdienstleitungen zu bestraft, so das Südwind-Institut. Vor diesem Hintergrund fordert das Institut die deutsche Regierung auf, eine Änderung der Haltung des IWF durchzusetzen. Es seien insbesondere die europäischen Staaten, die den IWF unter Druck setzten, die Schulden einzutreiben.

Label des Monats

Bio-Siegel ausgezeichnet

Das Bio-Siegel wird in diesem Monat zwei Jahre alt. Das sechseckige Zeichen ist heute auf verschiedenen Warengruppen in zahlreichen Supermärkten zu finden und helfe als einheitliche Kennzeichnung den Verbraucherinnen und Verbrauchern ökologisch erzeugte Lebensmittel zu erkennen. Daher hat die Verbraucher Initiative e.V. das Bio-Siegel als Label des Monats im September ausgezeichnet. Es kennzeichnet Produkte aus kontrolliert ökologischem Landbau, die nach den Richtlinien der EG-Öko-Verordnung erzeugt wurden. Die positive Bilanz, die das Bio-Siegel verzeichne, solle jedoch auch Anlass geben, die Bestimmungen der EG-Öko-Verordnung weiterzuentwickeln und damit die Standards der Vergabegrundlage anzuheben, so Heike Dickhut, Referentin der Verbraucher Initiative e.V.

Noch kein Friede

Zu wenig Hilfe in Liberia

In einer Anhörung vor dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen wies die internationale Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen am Dienstag auf die dramatische Situation hin, in der sich Hunderttausende Liberianer aufgrund der anhaltenden Kämpfe im Land befinden. Die Organisation fordert, dass die Hilfe in dem Gebiet verstärkt werden müsse. In den vergangenen Tagen hätten andauernde Kämpfe in Bong County nordöstlich der Hauptstadt Monrovia Zehntausende Menschen zur Flucht gezwungen. Auch wenn in der Hauptstadt zur Zeit nicht gekämpft werde, herrsche kein Frieden im Land.

Kritik der "Allianz pro Mehrweg"

Prognos-Studie verfälscht Zahlen

Die Verbände der "Allianz pro Mehrweg" haben scharfe Kritik an dem Prognos-Gutachten geübt. Die Studie unterschlage positive Effekte für den Arbeitsmarkt und bagatellisiert die ökologischen Erfolge des Dosenpfands. Eine Befragung von 95 Betrieben zur tatsächlichen Entwicklung von Umsatz und Arbeitsplätzen seit Einführung des Pfandes sei Prognos seitens der Mehrweg-Allianz zur Verfügung gestellt worden. Allein bei dieser Stichprobe seien nachweislich 1.451 Arbeitsplätze neu geschaffen worden. Tatsächlich zitiere Prognos diese Befragung in seiner Studie verfälscht mit angeblich nur 276 neue Arbeitsplätze im Getränkefachgroßhandel und 170 im Getränkeeinzelhandel.

Prognos-Studie

Studie zum Dosenpfand für Kritiker geschönt

Der Deutschen Getränkefachgroßhandel hat die in die Diskussion geratene Prognos-Studie zu den Auswirkungen der Pflichtbepfandung scharf kritisiert. Zumindest hinsichtlich der Arbeitsplatzauswirkungen im Getränkefachgroßhandel stimme sie nicht mit den zur Verfügung gestellten Zahlen überein, so Günther Guder, Geschäftsführender Vorstand des Verbandes. Der Verband vermutet, dass gegenüber dem Zwischenbericht bei dem jetzt vorliegenden Abschlussbericht besonderen Wert auf Negativauswirkungen der Pflichtbepfandung gelegt und dieser insoweit für die Antipflichtpfandkreise zurechtgebogen worden sei. Eine eigene Befragung in entsprechendem Umfang sei von Prognos nie durchgeführt beziehungsweise vorgelegt worden.

Lobby gegen Tauschen

US-Musikindustrie verklagt Tauschbörsen-Nutzer

Die Recording Industry of America (RIAA) hat Klagen gegen 261 Tauschbörsen-User eingereicht. Die Klagen seien USA-weit in Bezirksgerichten eingebracht worden, unter anderem in San Francisco (zwölf) und New York (70). Jeder der Angeklagten habe durchschnittlich 1.000 Song-Files über das Internet angeboten und über File-Sharing-Programme wie KaZaA, Grokster und Blubster verbreitet, wie das Wall Street Journal am heutigen Dienstag berichtet.

Tag des offenen Denkmals

6700mal Wohnen im Denkmal zu besichtigen

Unter dem Motto "Geschichte hautnah - Wohnen im Baudenkmal" öffnen am Sonntag zum bundesweiten Tag des offenen Denkmals mehr als 6700 Bauten in rund 2500 Kommunen ihre Pforten. Das sind 200 Gebäude mehr als im Vorjahr, wie die Deutsche Stiftung Denkmalschutz mitteilte.

Ernährungssicherung und Umweltschutz wichtiger

Kritik an EU-USA-Vorschlag zum Agrar-Handelsabkommen

Naturschutzbund NABU, Evangelischer Entwicklungsdienst (EED) und der Bund für Umwelt und Naturschutz BUND haben anlässlich der am Mittwoch beginnenden WTO-Ministerkonferenz an die Bundesregierung und die EU appelliert, die Ernährungssicherung der Entwicklungsländer und den Umweltschutz in den Mittelpunkt der WTO-Agrarverhandlungen zu stellen. "Mit ihrer einseitigen Ausrichtung auf freien Welthandel verhindert die WTO die notwendige internationale Agrarwende", sagte NABU-Präsident Olaf Tschimpke. Auch Germanwatch und FIAN warnten, der aktuelle Vorschlag für die Abschlusserklärung sehe nur einen minimalen Abbau der handelsverzerrenden Subventionen im Norden, aber einen weitgehenden Zollabbau im Süden bei schwachen Sonderregelungen zugunsten der Entwicklungsländer vor. "Eine Vereinbarung auf dieser Basis wäre schlimmer als gar keine Einigung", sagte Marita Wiggerthale, Leiterin des Handelsbereichs bei Germanwatch.

WTO-Ministerkonferenz in Cancun

EU soll echte Zugeständnisse an Entwicklungsländer machen

Anlässlich der am kommenden Mittwoch beginnenden Ministerkonferenz der Welthandelsorganisation (WTO) im mexikanischen Cancun fordert der Verband Entwicklungspolitik (VENRO) substanzielle Zugeständnisse der Industriestaaten in den für Entwicklungsländer wichtigen Bereichen. "Das Anliegen, den Welthandel in den Dienst von Armutsbekämpfung und Entwicklung zu stellen, droht in Cancun an den Rand gedrängt zu werden. Die Industriestaaten müssen deshalb ihre Verhandlungsstrategie ändern und verstärkt auf die berechtigten Interessen der Entwicklungsländer eingehen und sich zu echten Zugeständnissen bereit erklären, damit aus den laufenden WTO-Verhandlungen noch die seit Doha propagierte Entwicklungsrunde werden kann," sagte der VENRO-Vorsitzende Reinhard Hermle.

Volksabstimmung zur EU-Verfassung

Appell für EU-Referendum an Ministerpräsident und Justizminister in NRW

Die Initiative Mehr Demokratie hat in einem offenen Brief an die Landesregierung appelliert, sich im Bundesrat für ein Referendum über die Verfassung der Europäischen Union (EU) stark zu machen. Mehr Demokratie vertritt die Auffassung, dass diese Verfassung von möglichst vielen Menschen Europas in eigenständiger Überzeugung getragen werden muss. Um möglichst viele Bürger ganz für Europa zu gewinnen, sei ein Verfassungsreferendum das Gebot der Stunde. Eine solche Volksabstimmung werde eine umfassende Debatte über die Inhalte der neuen Verfassung in Deutschland auslösen.

Auslandseinsätze

Beendigung der Militärintervention im Irak gefordert

Mit den gegenwärtigen Versuchen der Kriegsallianz, die Vereinten Nationen in die Verantwortung für den Irak zu nehmen, befasste sich am Wochenende der Sprecherkreis des Bundesausschusses Friedensratschlag. Der Aufforderung des US-Außenministers Powell an die Kritiker der US-Politik, konstruktive Ideen für die Behandlung des Irak zu entwickeln, kommt der Friedensratschlag mit der folgenden Erklärung nach.

Freiwilligendienst für alle

Umwelt-Dachverband macht Vorschläge zur Stärkung des Ehrenamts

Der Deutsche Naturschutzring (DNR) hat im Juli von der Bundesregierung ein Rahmengesetz für einen generationenübergreifenden Freiwilligendienst gefordert. Die geplanten Veränderungen im Zivildienst machten dies erforderlich, da wichtige gesellschaftliche Aufgaben vermehrt durch ehrenamtlichen Einsatz geleistet werden müssten, begründete DNR-Präsident Hubert Weinzierl dies in einem Schreiben an Bundesfamilienministerin Renate Schmidt. Mit dem freiwilligen sozialen (FSJ) und ökologischen (FÖJ) Jahr werde dies nicht gehen.

Protest gegen Preisdruck der Discounter

Preiskampf und Absatzschwäche machen Biomilch-Bauern zu schaffen

Die Bio-Bauern, die zwei überregionale Molkereien in Bayern und Nordrhein-Westfalen beliefern, wollen mit einem außergewöhnlichen Milchlieferboykott auf eine für sie existenzbedrohende Situation aufmerksam machen. Die heimischen Bio-Milchbauern erleben gegenwärtig einen dramatischen Preisverfall infolge eines ruinösen Preiswettbewerbs auch im Ökobereich des Lebensmitteleinzelhandels. Die ersten Bio-Milchmolkereien haben bereits ihre Produktion eingestellt oder fahren sie zurück.

Welthandelsregeln nicht gerecht

Industrieländer übergehen Bedürfnisse der armen Länder

Der Evangelische Entwicklungsdienst (EED) fordert von der WTO-Ministerkonferenz in Cancún gerechte Welthandelsregeln, die der menschlichen Entwicklung in den armen Ländern des Südens dienen. Dazu gehörten insbesondere Zugeständnisse der Industrieländer im Agrarbereich und der Verzicht auf Verhandlungen für ein neues Investitionsabkommen. Der EED fordert die Industrieländer auf, ihren Worten auch Taten folgen zu lassen. Bereits im Vorfeld der letzten WTO-Ministerkonferenz vor zwei Jahren in Doha hätten die Industrieländer versprochen, den Verhandlungsprozess für die Entwicklungsländer transparent und beteiligungsorientiert zu gestalten und die handelspolitischen Interessen und Bedürfnisse der armen Länder besonders zu berücksichtigen.

Versprochen ist versprochen

Unternehmen muss für Gewinnversprechen zahlen

Ein als Werbung gedachtes Gewinnversprechen kommt eine Versandhandelsfirma aus Florenz teuer zu stehen. Eine aus dem oberbayerischen Weilheim stammende Frau hat das italienische Unternehmen vor dem Münchner Landgericht erfolgreich auf Zahlung von rund 25.000 Euro und Zinsen verklagt, wie das Gericht am Freitag mitteilte. Die Zivilkammer begründete ihr Urteil damit, dass ein Unternehmer, der Gewinnzusagen an Verbraucher sendet und durch die "Gestaltung dieser Zusendung den Eindruck erweckt, dass der Verbraucher einen Preis gewonnen hat", diesen Gewinn auch zu leisten hat.

Kassen zahlen doppelt

Konstruktionsfehler in der Gesundheitsreform

Die Gesundheitsreform ist in der jetzigen Gesetzesversion noch von einem gewaltigen Konstruktionsfehler bedroht. Darauf hat Ellis Huber, Vorstand der Krankenkasse Securvita, aufmerksam gemacht. Man habe vergessen, im Gesetzestext einen Weg zu eröffnen, wie die zentralen Reformpunkte Beitragsrückerstattung, Selbstbehalttarife und Kostenerstattungsprinzip zwischen den Krankenkassen und den Ärzten abgerechnet werden könnten. Damit drohe eine neue Ausgabenexplosion bei den Krankenkassen.

Cross-Border-Leasing

Verleasung des Frankfurter U-Bahn-Netzes geplatzt

Die Pläne der Stadt Frankfurt, das U-Bahn-Netz für 99 Jahre an einen US-Trust zu verleasen und zurückzumieten, sind offenbar vom Tisch. Das berichtet das globalisierungskritische Netzwerk Attac. Nachdem ein von der Organisation mitinitiiertes Bürgerbegehren gegen das so genannte Cross-Border-Leasing-Geschäft mobilisiert und mehr als 45.000 Unterschriften gesammelt habe, hätten die Frankfurter Grünen ihre Zustimmung zu diesem Geschäft zurückgezogen. Weil auch die SPD das Geschäft ablehne, gebe es im Frankfurter Römer damit keine Mehrheit mehr für das Cross-Border-Leasing (CBL). Attac wertet die Entwicklung in Frankfurt als großen Erfolg im Kampf gegen dieses Finanzierungsinstrument.

Cancún

Proteste gegen Gen-Food

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und seine Jugendorganisation BUNDjugend rufen Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement auf, den Verbraucherschutz nicht im Interesse der Gentechnikindustrie aufzuweichen. Beim bevorstehenden Treffen der Welthandelsorganisation (WTO) im mexikanischen Cancun solle er klarstellen, dass die BürgerInnen der EU selbst bestimmen müssten, was sie essen, nicht die WTO. Die USA hatten die EU wegen ihres Gentechnik-Moratoriums bei der WTO verklagt. Damit sollten auch die Entwicklungsländer abgeschreckt werden, Gentechnik-Auflagen einzuführen oder beizubehalten, so die Kritik.