DIE Internet-Zeitung
Flüchtlingspolitik

Nach Abschiebung aus Deutschland droht die Hinrichtung in Indien

Am

Pro Asyl hat in einem dringenden Appell die Bundesregierung, den Bundespräsidenten Johannes Rau und die Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses Christa Nickels aufgefordert, alle politischen und diplomatischen Initiativen zu ergreifen, um die drohende Todesstrafe von Professor Davinder Pal Singh Bhullar abzuwenden. Dem indischen Staatsbürger droht nach seiner Zurückweisung aus Deutschland die Hinrichtung in Indien. Nach Kenntnis von Pro Asyl ist dies der erste Fall, in dem einem Flüchtling, der wegen einer fehlerhaften Asylentscheidung von Deutschland zurückgewiesen wurde, die Todesstrafe droht.


Auf dramatische Weise zeige der Fall des Herrn Singh Bhullar die strukturellen Mängel des bundesdeutschen Flughafenverfahrens. Entscheidungen über Leben und Tod könnten nicht in Schnellverfahren unter haftähnlichen Bedingungen gefällt werden.

Professor Davinder Pal Singh Bhullar, indischer Staatsbürger und Angehöriger der Glaubensgemeinschaft der Sikh, stellte am 17. Dezember 1994 am Frankfurter Flughafen einen Asylantrag. Aus Angst, die deutschen Behörden könnten die indischen Behörden informieren, gab er zunächst eine falsche Identität an. Am 21. Dezember 1994 wurde der Asylantrag im Rahmen des Flughafenverfahrens vom Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge als „offensichtlich unbegründet“ abgelehnt.

Am 28. Dezember 1994 erreichte den Prozessbevollmächtigten eine schriftliche Erklärung von Herrn Singh Bhullar, in der er seine wahre Identität preisgab und seine Verfolgungsgeschichte detailliert darstellte. Darin gab er u.a. an, aufgrund seiner führenden Rolle in der Khalistan-Liberation-Force (KLF) und in der Sikh Student Federation (SSF) seit 1983 mehrmals inhaftiert, misshandelt und gefoltert worden zu sein. Nachdem er erfahren hatte, dass sein Vater und sein Onkel offensichtlich von der Polizei ermordet worden sind, floh er 1994 schließlich nach Deutschland.

Die von Professor Singh Bhullars Rechtsanwalt eingelegten Rechtsmittel gegen die Entscheidung - darunter auch zwei Verfassungsbeschwerden – sowie mehrere Anträge auf Abänderung der Entscheidungen blieben ohne Erfolg. Mit seinem Beschluss vom 5. Januar 1995 wertete das VG Frankfurt Herrn Singh Bhullars Vorbringen als konstruiert und als insgesamt unglaubhaft. Herr Singh Bhullar wurde am 18. Januar 1995 nach Neu Delhi zurückgewiesen. Dort wurde er noch am Flughafen polizeilich verhört und anschließend in Haft genommen. Erst im Oktober 1997 stellte das Verwaltungsgericht Frankfurt Abschiebungshindernisse aufgrund einer individuell-konkreten Foltergefahr wegen seiner Religionszugehörigkeit und möglicher Todesstrafe für Herrn Singh Bhullar fest.

Nach 6jähriger Haft wurde Professor Singh Bhullar im August 2001 in Indien wegen angeblicher Beteiligung an einem Bombenanschlag zum Tode verurteilt. Der Vorsitzende Richter des Supreme Court plädierte jedoch in einem Minderheitenvotum auf Freispruch, da er Professor Singh Bhullars „Geständnis“ als nicht ausreichend untermauert sah. Zudem widerrief Herr Singh Bhullar sein „Geständnis“, das nach eigenen Angaben unter Folter von ihm erpresst worden war. Im Rahmen eines Berufungsverfahrens sprachen sich am 17. Dezember 2002 dennoch erneut zwei der drei Richter für die Todesstrafe für Herrn Singh Bhullar aus. Damit steht nun einer Vollstreckung des Todesurteils nichts mehr entgegen.

Pro Asyl fürchtet um das Leben von Herrn Singh Bhullar, der aufgrund von Mängeln im Asylverfahren von deutschen Behörden der möglichen Gefahr der Todesstrafe in Indien ausgesetzt worden ist. PRO ASYL appelliert an die deutsche Bundesregierung und den Bundespräsidenten, sich gegenüber dem indischen Präsidenten dafür einzusetzen, dass von einer Vollstreckung des Todesurteils bei Professor Singh Bhullar abgesehen wird.

Online Demonstration gegen Abschiebungen führt zu Gerichtsprozess

Online-Proteste verhindern

Die Menschenrechtskampagne "Libertad!" sieht wegen einer "Online-Demonstration" gegen die Praxis der Abschiebung durch die Lufthansa Anfang 2001 einem Strafprozess entgegen. Bei der Aktion waren die Internet-Seiten der Lufthansa durch massenhaftes Aufrufen zeitweise nur schlecht erreichbar gewesen. Absicht sei es gewesen, die "Zufahrtswege" der Internet-Filliale des Unternehmens analog zu einer Demonstration zu blockieren. Ein Mitglied ist wegen der Aktion wegen Nötigung und Aufruf zur Nötigung angeklagt. Angeklagt sei das Libertad!-Mitglied Andreas-Thomas Vogel wegen Nötigung und Aufruf zur Nötigung, weil im Frühjahr 2001 auf den Internetseiten von Libertad!, für die er als Domaininhaber eingetragen ist, zur damaligen Online-Demonstration gegen Lufthansa aufgerufen wurde. Gemeinsam mit "kein mensch ist illegal" hatte "Libertad!" zum Protest gegen das "deportation.business" (Abschiebe-Business) der Lufthansa aufgerufen. Nach Angaben der Kampagne hatten sich 13.000 Menschen an der Aktion beteiligt. Die Demonstration hatte parallel zur Jahreshauptversammlung der Lufthansa AG am 20. Juni 2001 zwischen 10 und 12 Uhr stattgefunden.

Libertad! schrieb: "Obwohl die Mobilisierung zur Online-Demo eine große Öffentlichkeit erreichte - und schon im Vorfeld verschiedenste Behörden und Institutionen alarmierte (Staatsschutz, Verfassungsschutz, Justizministerium), gab es offensichtlich kein "öffentliches Interesse" an der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens von Staats wegen." Erst auf Anzeige der Lufthansa AG nach der Online-Demo sei das Verfahren eingeleitet worden. Daraufhin sei es zu Durchsuchungen und Beschlagnahmungen gekommen.

Ursprünglich sei neben Nötigung (§ 240 StGB) auch wegen Datenveränderung (§ 303a) und Computersabotage (§ 303b) ermittelt worden. Diese "schweren Geschütze" seien aber wieder fallengelassen worden. Von den Staatsorganen wie der Staatsanwaltschaft, dem Bundeskriminalamt und anderen sei während der Ermittlungen immer wieder betont worden, dass man mit dem Verfahren juristisches Neuland betrete und es allgemeine Bedeutung habe.

Laut Libertad! sei auch gegen die Inhaber von Domains ermittelt worden, die die Aufruf-Website auf ihre eigene Domain kopiert hatten.

Die Menschenrechtskampagne schrieb: "Der Versuch der staatlichen Organe, diese elektronische Protestform zu kriminalisieren, geht über den unmittelbaren Zusammenhang mit der Abschiebepraxis hinaus." Zwar habe sich die "staatsschützerische Aufregung" gelegt, trotzdem komme dem Verfahren "eine grundsätzliche Bedeutung" zu.

Es sei der erste Prozess, in dem von staatlicher Seite versucht werde, virtuelle Demos, Blockaden, "Go-ins", "Sit-ins" und andere Demonstrationsformen im Internet abzuurteilen. "Vergleichbar wäre die juristische Bedeutung mit den Urteilen um die 'Mutlangen-Proteste' aus den 1980er Jahren, als 'friedliche' Sit-Ins vor Kasernen etc. kriminalisiert wurden", schrieb die Kampagne. "Auch da war 'Nötigung' der Hebel, also nicht der 'Schaden', sondern die Absicht, mit der gemeinsamen Aktivität auch etwas bezwecken und erreichen zu wollen."

Analog zu dieser juristischen Auslegung wolle "die politische Justiz" auch für das Internet eine entsprechende Handhabe gegen zukünftige Online-Demonstrationen und ähnliches haben. Dies wiederum geschehe in dem Kontext der "ohnehin" laufenden staatlichen Regulierung und Kontrolle des Datenverkehrs über das Internet, wie der Speicherung von Verbindungsdaten, eMail-Überwachung und anderem.

Am 23-05-2005

Gewissenlose Abschiebung einer Flüchtlingsfamilie angeprangert

Familiendrama in Zirndorf

Am 9. Juni wurde Aziz Avdija, Vater von vier minderjährigen Kindern bei einer Vorladung der Zentralen Rückführungsstelle Zirndorf (ZRS) vor den Augen seiner schwer traumatisierten Ehefrau verhaftet und in Handschellen ins Gefängnis nach Nürnberg gebracht. Er wurde als "Pfand" für die geplante Rückschiebung der sechsköpfigen Ashkali-Familie aus dem Kosovo nach Slowenien in Sicherungshaft genommen. Am morgigen 23.6.2005 soll er nun ohne seine Familie und ohne seine persönlich Habe abgeschoben werden, was der Bayrische Flüchtlingsrat kritisiert und ablehnt. Die psychisch angeschlagene Ehefrau und Mutter Eljheme Avdija unternahm in ihrer Verzweiflung und dem Wiederaufbrechen der psychischen Vorerkrankung einen Suizidversuch vor den Augen ihrer vier Kinder. Nur durch schnelles Eingreifen von Nachbarn konnte die Frau von ihrem Vorhaben abgehalten werden. Sie wurde daraufhin in das Bezirksklinikum Erlangen eingewiesen, wo sie heute noch ist. Die von der Verfolgung herrührende posttraumatische Belastungsstörung, die ihr in Deutschland attestiert worden war, blieb bei den Behörden unberücksichtigt.

Die vier Kinder, Lumturije (9 Jahre), Florim (11 Jahre), Idriz (14 Jahre) und Zehnepe (16 Jahre) müssen seitdem ohne ihre Eltern auskommen, und das in einer fremden Umgebung und ohne Sprachkenntnisse. Die Zentrale Rückführungsstelle Nordbayern, die bereits den Vater ins Gefängnis gebracht hatte, verfügte zwei Tage nach dem Suizidversuch der Mutter über das Jugendamt die Einweisung der vier Geschwister in ein Heim in Nürnberg.

Da Frau Avdija nicht, wie von der ZRS zunächst angenommen, heute aus dem Bezirkskrankenhaus entlassen wurde und dann mit Ehemann und Kindern abgeschoben werden konnte, soll der Ehemann allein nach Slowenien abgeschoben werden. Entschieden habe dies laut Flüchtlingsrat Herr Peter Meißner, der Leiter der Zentralen Rückführungsstelle Nordbayern. Der Vater ist bereits auf dem Weg nach München, von wo er morgen abfliegen soll. Er wird ohne Kleidung, Habseligkeiten oder Geld den Flug antreten. Alle seine persönlichen Sachen sind noch in der Zentralen Aufnahmeeinrichtung (ZAE) in Zirndorf.

Die Ehefrau und Mutter, Eljheme Avdija (39), befindet sich noch zur Behandlung im BKH Erlangen. Die behandelnde Ärztin kann Frau Avdija ohne Begleitung, d.h. ohne ihren Ehemann, nicht entlassen. Ihre psychischer Zustand ist instabil und wird sich voraussichtlich durch die Abschiebung des Ehemanns wieder verschlechtern.

Hauptleidtragende seien aber die vier Kinder, die bereits seit 1 ½ Wochen ohne ihre Eltern in der Clearingstelle in Nürnberg untergebracht sind. Sie werden jetzt ihres Vaters beraubt und bleiben mit ihrer schwer erkrankten Mutter allein zurück.

Der Bayerische Flüchtlingsrat kritisiert aufs Schärfste die Abschiebung Herrn Avdijas zum jetzigen Zeitpunkt. "Die Behördenpraxis zeugt vom Fehlen jeglichen Augenmaßes und ist Beispiel für eine besonders rohe Durchsetzung der Staatsgewalt unter Verletzung elementarster menschlicher Werte. Wir fordern die Zentrale Rückführungsstelle auf, den Abschiebeversuch unverzüglich abzubrechen und den Vater aus der Abschiebehaft zu entlassen. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge muss der Familie angesichts dessen, was sie bislang durchgemacht hat, das Betreiben ihres Asylverfahrens in der Bundesrepublik gestatten", meint Stephan Dünnwald, Sprecher des Bayerischen Flüchtlingsrats.

Erwin Bartsch, Religionspädagoge der Evang.-Luth. Kirchengemeinde St. Rochus in Zirndorf, sagt dazu: "Die jetzige Familientrennung und die seelischen Verletzungen, die den Kindern und der Ehefrau zugefügt werden, hat die Regierung von Mittelfranken und der Leiter der ZRS Nordbayern, Herr Peter Meißner, ganz zu verantworten. Die Zwangsabschiebung des Vaters jetzt zeigt den Verlust jeglicher Humanität und christlicher Werte. Dem muss sich mit aller Kraft entgegengestellt werden, um diesen Wahnsinn zu stoppen."

Am 22-06-2005

BGH bestätigt Flughafenverbot für Abschiebungsgegnerin

Flugblätter & Flughafenbetrieb

Der Frankfurter Flughafen muss auf seinem Gelände keine Protestaktionen dulden, die zu einer Störung des Flughafenbetriebs führen können. Mit dieser Begründung bestätigte der Bundesgerichtshof (BGH) am Freitag ein Hausverbot, das der Frankfurter Flughafenbetreiber Fraport AG gegen eine Abschiebungsgegnerin verhängt hatte. Der 5. Zivilsenat in Karlsruhe wies die Revision der Frau gegen ein Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main zurück. Die Fraport AG sei aufgrund ihres Hausrechts berechtigt gewesen, das Hausverbot auszusprechen. Die Klägerin ist Mitglied des "Aktionsbündnisses gegen Abschiebungen Rhein-Main". Sie hatte am 11. März 2003 mit fünf weiteren Aktivisten an einem Abfertigungsschalter der Lufthansa Flugblätter über die bevorstehende Abschiebung eines kurdischstämmigen Irakers nach Athen an die Passagiere verteilt. In den Handzetteln wurde unter anderem die Befürchtung geäußert, dass es im Zuge einer Kettenabschiebung zu einer Auslieferung des Mannes in die Türkei kommen könnte.

Nach Ansicht von Heiko Kauffmann von Pro Asyl vertößt die Abschiebepraxis am Flughafen "immer wieder eklatant gegen die Menschenwürde von Flüchtlingen: Flüchtlinge werden im Gewahrsam der Bundespolizei schikaniert und misshandelt; sie werden gefesselt und geknebelt zu Abschiebeflügen getragen; immer wieder versuchen im Flughafenverfahren befindliche Flüchtlinge, sich aus Verzweiflung das Leben zu nehmen oder kommen bei der Abschiebung zu Tode. Täglich werden Menschen in Angst und Verzweiflung gestürzt, weil sie von Frankfurt aus – dem größten Abschiebeflughafen Deutschlands - in potentielle Verfolgerstaaten abgeschoben werden." Dies alles geschehe in einer "behördlichen Grauzone, in der Flüchtlinge hilflos, allein und ohnmächtig staatlicher Macht ausgeliefert sind", meint Kauffmann.

Nach Auffassung der Abschiebegegner gehören "die Skandalisierung dieser täglichen Verletzung der Menschenwürde" und der engagierte Protest dagegen "zu den wichtigsten Aufgaben der Zivilgesellschaft und einer demokratischen Öffentlichkeit".

In der Revisionsverhandlung hatte die Klägerin betont, es sei "eine Frechheit von Fraport, die Aufklärung von Passagieren als Belästigung zu diffamieren". Der Flughafenbetreiber versuche damit, "Proteste zu kriminalisieren". Mehr als 8500 Menschen würden jährlich vom Frankfurter Flughafen abgeschoben, rund 20 bis 30 täglich. Immer wieder komme es dabei zu Menschenrechtsverletzungen.

Nach Auffassung des Präsidenten der Internationalen Liga für Menschenrechte Rolf Gössner ging es in dem Verfahren auch um die Grundsatzfrage, ob es mit den Prinzipien einer rechtsstaatlich verfassten Demokratie vereinbar ist, "dass öffentlicher Raum in Privatbesitz umdefiniert wird, wo dann elementare Grundrechte drastisch eingeschränkt, ja regelrecht suspendiert werden können? Darf sich eine Demokratie solche grundrechtsfreien Räume leisten - zumal, wenn in diesen hoheitliche Aufgaben wahrgenommen werden?"

Die Abschiebungsgegner kritisierten, dass mit dem Urteil dem Frankfurter Flughafen, der Lufthansa anderen Fluggesellschaften erlaubt würde, "die Meinungs- und Versammlungsfreiheit aus dem Flughafengelände auszuschließen" und es somit unmöglich mache, vor Ort gegen staatliche Abschiebemaßnahmen und "die geschäftsmäßige Beteiligung von Fluggesellschaften daran" zu protestieren. Die Flughafengesellschaft Fraport versuche damit nicht nur AbschiebegegnerInnen abzuschrecken, sondern "wichtige Proteste zu kriminalisieren".

Das Aktionsbündniss gegen Abschiebungen Rhein-Main verweist auch darauf, dass der Hessische Verwaltungsgerichtshof im März 2003 in einem Beschluss zu Versammlungen gegen den Irak-Krieg am Frankfurter Flughafen eine andere Auffassung vertreten habe. Nach dem Bschluss unterliege auch eine Aktiengesellschaft, die wie die Fraport AG mehrheitlich von der öffentlichen Hand betrieben werde, der Grundrechtsbindung aus Artikel 8 des Grundgesetzes.

Am 20-01-2006

Türkische Gemeinde entwickelte Integrationsleitfaden für CDU-Politiker

Gegen Fußfesseln und Abschiebung

"Angesichts der Tatsache, dass CDU-Politiker muslimische Bürgerinnen und Bürger immer wieder mit integrationsfeindlichen Argumenten wie zum Beispiel Fußfesseln oder Abschiebung drohen, besteht Bedarf an einen Integrationsleitfaden für CDU-Politiker", meint der stellvertretende Bundesvorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland (TGD), Seref Erkayhan. Auf einer Kundgebung in Stuttgart, zu der die "Bürgerinitiative Gegen den Gesinnungstest (BIGG) Baden Württemberg" aufgerufen hatte, stellte Erkayhan seinen Integrationsleitfaden vor. In dem Integrationsleitfaden für CDU-Politiker wird beispielsweise empfohlen, Zuwanderer "nicht immer danach zu fragen, aus welchem Land Sie kommen und wann Sie wieder in ihre Heimat zurückkehren", da Deutschland ihre "Heimat" sei. "Daher setzen Sie sich für die Zuwanderer ein und geben Sie den Zuwanderern das Gefühl der Zugehörigkeit. Gerade dieses gemeinsame Gefühl, auch der gemeinsame Stolz auf Deutschland ist sehr wichtig für die Integration."

Auch sollten bezahlbare Wohnungen in verschiedenen Stadtteilen geschaffen werden, damit Menschen verschiedener Kulturen einfacher den Kontakt zueinander fänden und "die Ballung von Zuwanderern in bestimmten Stadtteilen" verhindert werden könne.

Generell könne eine Integrationspolitik nur erfolgreich sein, wenn man sie gemeinsam mit Migrantenorganisatinen mache. Dadurch könne eine sachgerechte Diskussion und ein Austausch stattfinden. Nach Auffassung von Erkayhan sollten auch Partizipationsmöglichkeiten für Zuwanderer erweitert werden. "Richten Sie leitende Posten in öffentlichen Gremien für Personen mit Migrationshintergrund ein. Denn so schaffen Sie Vorbilder, worauf die Zuwanderer Stolz sein können."

Dank Zuwanderer sei Deutschland "nach fast 50 jähriger Migrationsgeschichte in jeder Hinsicht reicher, bunter, weltoffener geworden". CDU-Politiker sollten daher die Vorteile des multikulturellen Zusammenlebens in Deutschland mehr in den Vordergrund stellen.

Die Integration könne auch durch eine Vereinfachung der Einbürgerung gefördert werden. Der Erwerb der deutschen Staatsbürgerschaft ist nach Auffasung von Erkayhan "die Voraussetzung für gleichberechtigte politische und gesellschaftliche Partizipation und damit für die Integration".

Auch sollten schulische und außerschulische Initiativen gefördert werden, "die die Migrantenkinder, Jugendliche und ihre Eltern erreichen und sie für eine Ausbildung motivieren und trainieren". Konkret fordert die Türkische Gemeinde in Deutschland eine Unterstützen der Sprachförderung im Kindergarten mit dem Einsatz von bilingualem und interkulturell geschultem Personal.

Generell fordert Erkayhan, Zuwanderer nicht als Problem zu behandeln, sondern vielmehr die Probleme bei der Integration der Zuwanderer "durch zukunftsgerichtete, vernünftige Integrationspolitik und Konzepte" zu lösen. "Bedrohen Sie die Zuwanderer nicht mit Sanktionen und Abschiebung. Denn das Integrationsziel kann auf keinen Fall durch Drohung erzielt werden, sondern durch Chancengleichheit in der Bildung und Arbeitsmarkt, Gleichbehandlung, Partizipation, Mitwirkung und Mitgestaltung der Zuwanderer."

Mit den Themen der Zuwanderung und Integration sollte keine Stimmungsmache im Wahlkampf gemacht werden, fordert Erkayhan. "Machen Sie keinen Wahlkampf auf dem Rücken von Migrantinnen und Migranten. Denn das schadet der Integration und spaltet die Gesellschaft."

Damit die CDU-Politiker den Integrationstest in den Augen der Türkischen Gemeinde bestehen können, müssten sie noch eine weitere Forderung erfüllen: "Führen Sie keinen diskriminierenden Gesinnungstest ein. Denn das macht alle Integrationsbemühungen zunichte."

Am 14-02-2006

Pro Asyl kritisiert Abschiebung aus Deutschland

Charterflug nach Westafrika

Nach Darstellung der Menschenrechtsorganisation Pro Asyl fand vom 18. September bis zum 20. September unter deutscher Leitung und unter Beteiligung der Niederlande, Frankreichs, der Schweiz und Maltas eine brutale Sammelabschiebung per Charterflug in die westafrikanischen Staaten Guinea, Togo und Benin statt. Die Koordination sei durch die Bundespolizei und die Hamburger Innenbehörde erfolgt. Pünktlich zum Weltkindertag habe der Bundesinnenminister die Aktion gelobt - "nachdem der letzte Abgeschobene in Benin abgesetzt war". Der Flug sei für den Minister ein "wichtiges Zeichen für den entschlossenen Willen der beteiligten europäischen Partner, die illegale Migration gemeinsam wirksam zu bekämpfen". Die Aktion, bei der eine Familie mit voller Absicht getrennt worden sei, habe unter größter Geheimhaltung stattgefunden, so Pro Asyl. .. contents:: Abschiebung

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Abgeschoben wurde den Angaben zufolge eine togoische Familie aus Cölbe in Mittelhessen. Nach dreizehnjährigem Aufenthalt des Vaters wurden die Familienmitglieder laut Pro Asyl vor der Abschiebung zu verschiedenen Flughäfen gebracht. Von Hamburg aus sollte der Vater mit vier volljährigen und zwei minderjährigen Kindern abgeschoben werden. Die Mutter, der jüngste Sohn, eine Tochter und deren Kleinkind wurden zu einem Linienflug nach Frankfurt transportiert. "Die dramatischen Szenen, die sich bei einem solchen Trennungsszenario entwickelt haben, dessen Sinn den Betroffenen wohl kaum zu vermitteln war, sind leicht vorstellbar. Sie wurden von den Behörden aber offenbar sehenden Auges herbeigeführt", kritisiert die Organisation.

Während in Hamburg der Familienvater wegen massiven Bluthochdrucks von einem Arzt für nicht reisefähig erklärt worden sei, transportierte man offenbar die zum Teil minderjährigen Kinder nach Togo. "Kinder brauchen ihre Eltern?", fragt Pro Asyl. "Offenbar nicht nach deutschem Behördenverständnis."

Pro Asyl: Pilot in Frankfurt wollte sich an der Abschiebung der Frauen nicht beteiligen

Parallel dazu die Situation am Flughafen Frankfurt: Der Pilot des Linienfluges habe sich geweigert, die Widerstand leistenden Frauen mitzunehmen. "Beide Erwachsene wurden daraufhin zunächst in Abschiebungshaft genommen, die Kinder in ein Frankfurter Kinderheim eingeliefert - Frankfurter Lokalkolorit zum Weltkindertag."

Glücklicherweise seien die Kinder inzwischen wieder beim Vater und bei deutschen Freunden. Die Abschiebung der restlichen Familienangehörigen sei angekündigt. "Jetzt soll ein Minijet gechartert werden."

Pro Asyl: Vater unternahm aus Angst vor der Abschiebung einen Suizidversuch

Der Vater unternahm den Angaben zufolge "aus Angst vor der Abschiebung gestern einen Suizidversuch". Nach Informationen, die Unterstützer in Togo eingeholt hätten, sollen die bereits abgeschobenen Kinder bei Verwandten "unter extrem schwierigen Bedingungen" leben.

Während sich in der politischen Diskussion eine Bleiberechtsregelung immer deutlicher abzeichne und für die Innenministerkonferenz Mitte November angekündigt sei, "haben sich Ausländerbehörden nicht gescheut, den Charterflug ab Hamburg auch mit Angehörigen dieses Personenkreises zu füllen", kritisiert Pro Asyl.

Abschiebungen per Charterflug dienen nach Auffassung der Organisation "der Kriminalisierung der Abgeschobenen und der Rechtfertigung einer rigiden europäischen Abschiebungspolitik". Deshalb würden denen, die nach teilweise jahrzehntelangem Aufenthalt aus guten Gründen "reiseunwillig" seien, die (angeblichen) Straftäter "beigemischt". Unter dem Etikett "Abschiebung von Straftätern" seien solche Flüge dann "offenbar jeglicher Kritik entzogen".

Am 27-09-2006

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