August 2002
Alle Artikel aus diesem Monat und Jahr sind hier zu finden.
ÖDP fordert Stopp des Flussausbaus
Die bayerische Ökologisch-Demokratische Partei (ödp) fordert von der Staatsregierung, "nicht länger an der staustufengestützten Donau-Kanalisierung festzuhalten und stattdessen der sanften Ausbauvariante ohne Staustufen zuzustimmen". Landesgeschäftsführer Urban Mangold, der zugleich ödp-Fraktionsvorsitzender im Stadtrat der von den Fluten besonders betroffenen Stadt Passau ist, erklärte: "Immer mehr Experten bestätigen, dass mit der Begradigung von Flüssen und der Verbauung von natürlichen Rückhalteflächen schnellere und folgenschwerere Hochwasser entstehen - vom dramatischen Artenschwund ganz zu schweigen. Wenn nun auch noch das letzte Stück freifließender Donau zwischen Straubing und Vilshofen begradigt und mit Staustufen ausgebaut wird, drohen die bisher zeitlich versetzten Hochwasserspitzen von Inn und Donau zusammenzutreffen. Das ist im Hinblick auf die ohnehin schon wegen der Klimaerwärmung zu befürchtende Hochwasserhäufung unverantwortbar und wird vor allem für Passau katastrophale Folgen haben".
Wowereit weist Vorwürfe im Bilanzskandal der Bankgesellschaft zurück
Im Bilanzskandal bei der Bankgesellschaft Berlin (BGB) hat der Regierende Bürgermeister der Hauptstadt, Klaus Wowereit (SPD), gegen ihn erhobene Vorwürfe zurückgewiesen. Der Brief des Wirtschaftsprüfers Achim Walther mit Hinweisen auf Bilanzfälschungen sei von der Senatskanzlei im Dezember 2001 an die Finanzverwaltung weitergegeben worden, sagte der Regierungschef am Freitag. Warum die Behörde Walther nicht geantwortet und den Brief sofort an die Staatsanwaltschaft übergeben habe, werde geprüft. Zugleich verwies Wowereit darauf, dass es zu diesem Zeitpunkt bereits eine Fülle von Indizien gegeben habe, wonach Bilanzen durch Wirtschaftsprüfer offenbar wissentlich falsch testiert wurden. Das Land Berlin hält die Mehrheit an der Bankgesellschaft.
Der Ausverkauf der Vereinten Nationen
"Die Einstellung der Vereinten Nationen gegenüber dem Privatsektor hat sich in den vergangenen Jahren radikal verändert. Kooperation kommt heute vor Konfrontation." Mit diesen Worten wirbt Kofi Annan, Generalsekretär der UN, für den "Global Compact", einem Abkommen zwischen ursprünglich 44 multinationalen Konzernen und den Vereinten Nationen. Aus Deutschland dabei: die Chemie-Konzerne BASF, Aventis und Bayer, die Autobauer BMW und DaimlerChrysler sowie die Deutsche Bank. In dem vor zwei Jahren unterzeichneten Compact bekennen sich die Unternehmen zu neun Grundsätzen aus den Bereichen Umweltschutz, Arbeitssicherheit und Einhaltung der Menschenrechte. Die Prinzipien basieren auf der Erklärung der Menschenrechte von 1949, dem Weltsozialgipfel von 1995 und dem Umweltgipfel von Riode Janeiro 1992. Außerdem verpflichten sich die Konzerne, Musterprojekte zu initiieren und somit ihr Engagement zu belegen. Um den Fortschritt im Rahmen der Kooperation zu dokumentieren, will die UN geprüfte Fallbeispiele veröffentlichen, die der Öffentlichkeit zur Begutachtung freistehen.
Kartellamt nimmt Grünen Punkt unter die Lupe
Das Bundeskartellamt prüft in einem förmlichen Verfahren die marktbeherrschende Stellung der "Grüner Punkt - Duales System Deutschland AG" (DSD). Die von der EU-Kommission angestrebte Öffnung des Marktes für Entsorgungsleistungen sei nicht erreicht worden, heißt es in einer Mitteilung des Kartellamtes vom Freitag. Die Möglichkeiten für den Wettbewerb von Selbstentsorgerlösungen und alternativen dualen Systemen seien eingeschränkt.
Bertelsmann soll neu organisiert werden
Um den einzelnen Konzernbereichen wieder größere Entscheidungsfreiheit einzuräumen, will der neue Bertelsmann-Vorstandschef Gunter Thielen die von seinem Vorgänger Thomas Middelhoff eingeführten zentralen Steuerungsgremien abschaffen und Stellen streichen. Der Vorstand habe Veränderungen für Struktur und Organisation des Unternehmens beschlossen, um die dezentrale Struktur des Medienkonzerns zu stärken, heißt es in einem am Freitag bekannt gewordenen Schreiben Thielens an die Mitarbeiter.
Auf Monatssicht Rückgang der Verbraucherpreise in sechs Bundesländern
Die Verbraucherpreise sind im August in Deutschland offenbar nicht schneller gestiegen als im Vormonat. Wie das Statistische Bundesamt am Freitag in Wiesbaden mitteilte, legte der Preisindex für die Lebenshaltung aller privaten Haushalte nach vorliegenden Ergebnissen aus sechs Bundesländern im Jahresvergleich um 1,0 Prozent nach ebenfalls 1,0 Prozent im Juli zu. Im Vergleich zum Vormonat ergebe sich ein Rückgang um 0,2 Prozent. Die sechs Landesämter berichteten am Freitag einheitlich über sinkende Preise insbesondere für Lebensmittel und Urlaubsdienstleistungen wie beispielsweise Pauschalreisen. Teurer wurden hingegen in den meisten Bundesländern Kraftstoffe und Strom.
Weimarer Theaterleute verzichten bis 2008 auf Gehaltserhöhungen
Die Beschäftigten des Deutschen Nationaltheaters (DNT) Weimar werden voraussichtlich bis 2008 auf Gehaltserhöhungen verzichten. Im Gegenzug werde es bei gleichbleibenden Zuschüssen von Stadt und Land keine betriebsbedingten Kündigungen geben, sagte Generalintendant Stephan Märki am Freitag in Weimar. Erwirtschaftete Gewinne durch Gastspiele und einen strikten Sparkurs sollen als Prämien an die Mitarbeiter ausgezahlt werden. Die Staatskapelle wird als eigener Betriebsteil mit vorgegebenem festen Etat weiter bestehen.
Havariertes Tankschiff aus Straubinger Donauschleuse geborgen
Nach dem Tankerunglück von Straubing ist die Donau-Schleuse wieder frei gegeben worden. Zuvor war der ausgelaufene giftige und hochexplosive Benzin-Zusatzstoff Alkylat abgepumpt und das Tankschiff abgeschleppt worden. Zwar seien geringe Mengen der Chemikalie in die Donau geschwemmt worden, jedoch in einer Konzentration, die für den Fluss nicht gefährlich sei, sagte der Leiter für technischen Gewässerschutz beim Wasserwirtschaftsamt Deggendorf, Albin Schramm.
Biotech-Unternehmen klont "Doppel-Gen-Knock-out-Schwein"
Das britische Biotech-Unternehmen PPL Therapeutics hat hat vier Ferkel geklont, bei denen beide Genkopien, die für eine vehemente Xenotransplantat-Abstoßung verantwortlich sind, ausgeschaltet wurden. Das fünfte Ferkel überlebte das Doppel-Gen-"Knock-out" aus "unbekannten Gründen" nicht. PPL hat bereits dreimal einen "Knock-out"-Durchbruch präsentiert. Die letzten Klon-Ferkeln kamen am 25. Dezember 2001 zur Welt.
Straubing: Tankschiff in Donauschleuse verunglückt
Ein kleiner Funke hätte genügt, um die wahrscheinlich größte Schifffahrtskatastrophe Bayerns auszulösen. Noch am Mittwochnachmittag herrschte in Straubing akute Explosionsgefahr, ein beißender Geruch lag in der Luft. Gegen 6.00 Uhr morgens war ein mit insgesamt 1,7 Millionen Litern Alkylat beladener Tanker in der Straubinger Donauschleuse verunglückt.
Verbraucherschützer fordern schärferes QS-Siegel für Fleisch
Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. (vzbv) hat schärfere Kriterien für das neue QS-Prüfzeichen für Fleischprodukte gefordert. "Die jetzigen Statuten des Prüfzeichens sind zu lasch und gehen in wichtigen Punkten nur wenig über die gesetzlichen Mindeststandards hinaus", so vzbv-Vorstand Prof. Dr. Edda Müller in Berlin. Dadurch sei die Chance verpasst worden, den Verbrauchern eine vertrauenswürdige Alternative zwischen Bio- und Massenmarkt anzubieten. Immerhin sichere das Prüfsiegel gesetzliche Standards ab und sei mit einigen positiven Verbesserungen die bessere Wahl zur anonymen Massenware. Dies reiche jedoch keinesfalls aus. Der vzbv fordert daher eine rasche Nachbesserung der QS-Kriterien sowie genau definierte Sanktionen für Siegelnutzer, die gegen die Charta verstoßen.
Honduras sammelt für deutsche Flutopfer
Außergewöhnliche Hilfe erhalten die Opfer der Flutkatastrophe in Süd- und Ostdeutschland jetzt aus Mittelamerika. Anlässlich der 500 Jahr-Feierlichkeiten der Kirche in Honduras hat Kardinal Rodriguez die Gottesdienstbesucher um eine großzügige Spende gebeten. In allen Gottesdiensten wurde das Kollektengeld für die deutschen Flutopfer gesammelt. Die Idee für diese ungewöhnliche solidarische Aktion hatte Kardinal Oscar Rodriguez, Erzbischof von Tegucigalpa.
Bisher 2264 rechtsextreme Straftaten im Jahr 2002
Die Bundesregierung veröffentlichte auf eine PDS-Anfrage die Zahl der rechtsextremistischen Straftaten von Januar bis 2002. Danach wurden 2.264 Delikte erfasst, von denen 164 Gewalttaten waren, vor allem gegen Flüchtlinge und Migranten. 157 Menschen wurden durch braune Schläger zum Teil schwer verletzt. Dazu erklärte die innenpolitische Sprecherin der PDS-Bundestagsfraktion, Ulla Jelpke: „Die Zahl der in den ersten sieben Monaten offiziell erfassten rechtsextremistischen Straftaten liegt um 50 Prozent höher als im gesamten Jahr 1999 und fast genauso hoch wie im Jahr 2000. Das zeigt: Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus sind immer noch weit verbreitet. Aufklärungsarbeit und Bündnisse gegen Rechts auf allen Ebenen sind weiterhin unverzichtbar.“
Evakuierungen in Norddeutschland
In Norddeutschland sind wegen des herannahenden Elbe-Hochwassers Tausende Menschen vorsorglich in Sicherheit gebracht worden. In der brandenburgischen Region Prignitz müssen nach Angaben des Krisenstabes seit Mittwochmorgen rund 3000 Menschen ihre Häuser verlassen. Im Gebiet um das niedersächsische Amt Neuhaus und das mecklenburgische Dömitz verließen ebenfalls die Bewohner ihre Häuser.
Berlin Notizen
Die irakische Botschaft in Berlin-Zehlendorf ist am Dienstagnachmittag offenbar von Oppositionellen besetzt worden. Die Berliner Polizei ist mit einem Großaufgebot von Kräften vor dem Botschaftsgebäude vorgefahren. Nähere Einzelheiten wurden von der Polizei zunächst nicht mitgeteilt.
Die Union zögert
Wegen der Hochwasserkatastrophe verschiebt die Union die Vorstellung ihres Sofortprogramms. Das Programm für die ersten Monate nach einer möglichen Regierungsübernahme sollte ursprünglich am Donnerstag präsentiert werden.
Langsam wird es bedenklich
Buschbrände in Kalimantan/Indonesien haben in Malaysia zu einer Umweltkatastrophe geführt. Weite Teile Borneos sind bereits in dicken Nebel gehüllt. In einigen Gebieten wird sogar davor gewarnt, die Häuser zu verlassen, berichtet die Singapore Straits Times. Seit Jahren fordert die Regierung in Malaysia die südlichen Nachbarn auf, die Buschbrände einzudämmen. Auch in diesem Sommer hat die Luftqualität in weiten Teilen Malaysiens ein bedrohliches Ausmaß angenommen. Am Samstag gab es noch rund 500 Buschfeuer, am Montag stieg die Zahl auf knapp 1.000, berichtet die Straits Times.
Skurriler Mousepad-Streit
Ein kleines Präsent der Bundesregierung zum Tag der offenen Tür am Wochenende sorgt für politischen Wirbel. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Steffen Kampeter hatte sich Ende Juli darüber beschwert, dass die Bundesregierung "unverblümt und in verbotener Weise" Steuermittel für Wahlwerbung einsetze. Dabei geht es um 100.000 Mousepads für angeblich 600.000 Euro, wie die "Bild"-Zeitung berichtete - noch dazu mit der Aufschrift "Links haben Vorfahrt". Wie der Chef vom Dienst des Bundespresseamtes, Michael Jürdens, jetzt dem Abgeordneten antwortete, stimmt lediglich die Zahl der bestellten Mousepads.
Landgericht untersagt Geflügelzüchter irreführende Kennzeichnung
Im Kampf gegen die irreführende Kennzeichnung und Etikettierung von Lebensmitteln haben der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) und die Verbraucherzentralen einen wichtigen Etappensieg errungen: Gemäß einem Urteil des Landgerichts Oldenburg darf Mastgeflügelfleisch nicht mit der Bezeichnung "tiergerechte Aufzucht" gekennzeichnet werden. "Dies ist ein Signal an die Lebensmittelindustrie, dass die Praxis der Irreführung und Täuschung nicht nur von den Verbrauchern, sondern endlich auch von der Rechtsprechung missbilligt wird", so der vzbv. Auslöser war eine Musterklage des vzbv gegen die Firma Stolle GmbH & Co. KG im Rahmen einer gemeinsamen Aktion der Verbraucherzentralen, die den Geflügelmarkt für den Verbraucher transparenter machen sollte.
Die Norm DIN A4 wird 80 Jahre alt
Den Begriff DIN A4 kennt heute jeder. Dahinter verbirgt sich die wohl bekannteste deutsche Norm, die im täglichen Leben nicht mehr wegzudenken ist. Dabei ist es erst 80 Jahre her, dass sie am 18. August 1922 unter der Bezeichnung DIN 476 "Papierformate" amtlich eingeführt wurde. Die Norm legt die Endformate für Bücher, Zeitschriften, Geschäftspapiere, Karteiblätter fest. Das Format A4 galt dabei als "Einheitsbriefbogen für das bisherige Briefquart- und Aktenformat". Damit war dem damals bestehenden Wirrwarr an Formaten und Beziehungen - von "Groß-Patria" bis "Super-Royal" - der Kampf angesagt.