DIE Internet-Zeitung
Bundesverfassungsgericht - NPD-Anwalt Mahler bekommt Computer und Unterlagen zurück

Deutschland: Demokratie, Verfassung und 20 Jahre NPD Rückblende I

Am

Die von der Berliner Staatsanwaltschaft beschlagnahmten Unterlagen des NPD-Anwalts Horst Mahler müssen unverzüglich zurückgegeben werden. Das ordnete das Bundesverfassungsgericht in einer am Donnerstag veröffentlichen einstweiligen Verfügung an. Das Material war bei der Durchsuchungsaktion gegen den Anwalt am 11. Juni beschlagnahmt worden war. Auch die beschlagnahmte EDV-Anlage muss unverzüglich zurückgegeben werden. Mahler ist Bevollmächtigter der NPD im laufenden Parteiverbotsverfahren.


Die in der NPD-Zentrale in Berlin sichergestellten, überspielten oder kopierten elektronischen Daten, Datenträger und Unterlagen seien vor der Rückgabe zu kopieren, entschied das Bundesverfassungsgericht. Die Kopien müssen versiegelt und bis auf weiteres beim Berliner Amtsgericht Tiergarten aufbewahrt werden. Bereits am 15. Juni hatte Karlsruhe entschieden, dass die beschlagnahmten Unterlagen und Datenträger vorerst versiegelt im Amtsgericht Tiergarten hinterlegt werden müssen.

Die NPD hatte dies verlangt, weil mit der Durchsuchungsaktion ihre "Prozessstrategie ausgespäht" worden sei. Für die von der Partei geforderte Aussetzung des Verbotsverfahrens sah das Bundesverfassungsgerichts auf Grund der erlassenen Einstweiligen Anordnung keinen Anlass.

Bei der Aktion am 11. Juni waren Privat- und Büroräume Mahlers sowie die von dem NPD-Anwalt genutzten Räume in der Berliner NPD-Parteizentrale durchsucht und umfangreiches Beweismaterial sichergestellt worden. Die Berliner Justiz hatte die Durchsuchungen im Zuge eines gegen Mahler laufenden Ermittlungsverfahrens wegen Verdachts der Volksverhetzung angeordnet.

Mahler, der früher der linksterroristischen Rote Armee Fraktion (RAF) angehörte, wird von der Berliner Justiz vorgeworfen, antisemitische und ausländerfeindliche Beiträge ins Internet eingestellt zu haben. An der Durchsuchungsaktion waren sechs Staats- beziehungsweise Oberstaatsanwälte und 25 Polizisten beteiligt. Zeitgleich wurden nach Justizangaben in Berlin, Hamburg und Würzburg insgesamt fünf von Mahler genutzte Wohnungen und Büros durchsucht.

Am 06-07-2001

Bundesverfassungsgericht

Das Bundesverfassungsgericht hat die Anträge von Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat auf ein Verbot der rechtsextremistischen NPD für zulässig erklärt. Die drei Klageschriften seien zudem hinreichend begründet, heißt es in dem am Donnerstag in Karlsruhe veröffentlichten Beschluss des Zweiten Senats (Az. 2 BvB 1/01 u. a.).

Nun werde eine mündliche Verhandlung in der Sache durchgeführt, hieß es weiter. Mit einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts über ein mögliches NPD-Verbot wird erst im Jahr 2002 gerechnet.

Am 04-10-2001

Rechtsextremismus

Das Bundesverfassungsgericht hat einen Antrag der rechtsextremistischen NPD auf Aussetzung des gegen sie laufenden Verbotsverfahrens abgelehnt. Die Partei wollte erreichen, dass zunächst der Europäische Gerichtshof in Luxemburg klären sollte, ob eine Partei, die an Wahlen zum Europaparlament teilnimmt, von einem EU-Mitgliedsstaat verboten werden darf. Diesen Antrag wies der Zweite Senat zurück.

Die Karlsruher Richter stellten fest, "dass keine klärungsbedürftige Frage des Gemeinschaftsrechts im Zusammenhang mit dem Parteiverbotsverfahren auftritt". (Az. 2 BvB 1/01 u.a.)

Die NPD hatte ihren bereits im Februar eingereichten Antrag damit begründet, dass sie schon mehrmals an Wahlen zum Europäischen Parlament teilgenommen habe und deshalb nicht von einem deutschen Gericht verboten werden könne. Die Verbotsanträge von Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat seien mit Blick auf das europäische Gemeinschaftsrecht unzulässig.

Am 13-12-2001

NPD-Verbot

Auch in Berlin soll ein V-Mann des Verfassungsschutzes jahrelang die Parteispitze der rechtsradikalen NPD ausspioniert haben. Nach Informationen der "Berliner Morgenpost" vom Mittwoch ist Anfang der 90er Jahre ein Führungsmitglied der NPD Berlin-Brandenburg vom Berliner Verfassungsschutz worden. Diesem habe er bis vor zwei Jahren berichtet und dafür bis zu 2000 Mark im Monat kassiert.

Nunmehr wird befürchtet, dass sich Bundestag, Bundesregierung und Bundesrat in ihren NPD-Verbotsanträgen auch auf den Berliner V-Mann stützen. Der Berliner Verfassungsschutz habe Innenminister Otto Schily (SPD) für den Verbotsantrag zugearbeitet, bestätigte die Sprecherin der Innenverwaltung Svenja Schröder-Lomb dem Blatt. Aussagen des V-Mannes sollen aber nicht darunter sein.

Am 06-02-2002

Rechtsextremismus

Mit einem Verbot der rechtsextremistischen NPD ist nicht mehr vor der Bundestagswahl zu rechnen. Das Bundesverfassungsgericht wird das Verbotsverfahren erst am 8. Oktober mit einem Erörterungstermin zur V-Mann-Problematik fortsetzen, teilte das Karlsruher Gericht mit. Bundesinnenminister Otto Schily sowie seine Amtskollegen aus Bayern und Niedersachsen, Günther Beckstein und Heiner Bartling, sagten, mit dem neuen Termin habe das Verfahren wieder eine klare Perspektive. FDP-Innenexperte Max Stadler sprach hingegen von einer "Ohrfeige aus Karlsruhe".

Bei dem Termin im Oktober sollen die konkreten Umstände der Zusammenarbeit von V-Leuten, die zugleich maßgebliche Funktionen in der NPD bekleideten, mit staatlichen Stellen offen gelegt werden. Der Zweite Senat wies darauf hin, dass sämtliche "Einflussnahmen auf das Gesamtbild der NPD" seitens des Staates dargelegt werden sollten. Nachdem zu Jahresbeginn mehrere V-Leute enttarnt wurden, hatte das Gericht die für Februar angesetzte mündliche Verhandlung abgesagt.

Schily, Beckstein und Bartling erklärten, die Antragsteller - Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat - wollten den Termin nutzen, um ihre Rechtsauffassung zu den V-Leuten darzulegen. Deren Einsatz sei zum Schutz der freiheitlich-demokratischen Grundordnung ein zulässiges Mittel. Im Fall der NPD sei der Einsatz unerlässlich. Die drei Innenminister zeigten sich überzeugt, dass das Verfahren erfolgreich abgeschlossen werden könne. Beckstein betonte, die "katastrophalen Fehler des Bundesinnenministeriums" seien für die Absetzung des ursprünglichen Termins verantwortlich.

Am 07-05-2002

Problem V-Leute

Nachdem die Länder keine weiteren V-Leute des Verfassungsschutzes nennen wollen, gerät das NPD-Verbotsverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht in Gefahr. Die Innenexperten von Union und FDP rechneten am Mittwoch bereits mit einem Scheitern des Verfahrens in Karlsruhe. Die FDP-Fraktion rief Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat auf, ihre Verbotsanträge zurückzuziehen, um "weiteren Schaden abzuwenden", wie ihr Parlamentarischer Geschäftsführer Jörg van Essen betonte. In der rot-grünen Koalition deutete sich unterdessen ein Konflikt um den Fortgang des Verfahrens an.

Ein Sprecher des bayerischen Innenministeriums bestätigte die Absprache der Länder, keine weiteren V-Leute zu nennen. Der Sprecher verwies allerdings darauf, dass das Verfassungsgericht nicht ausschließlich verlangt habe, Namen publik zu machen, sondern Namen oder Gründe, warum diese nicht genannt werden könnten. Bayerns Innenminister Günther Beckstein (CSU) hatte der "Süddeutschen Zeitung" gesagt: "Ohne Quellen können wir den Verfassungsschutz einstellen". Beckstein fügte hinzu: "Es kommt nicht in Frage, dass wir der NPD die V-Leute nennen".

Das Verbotsverfahren war im Januar zunächst ausgesetzt worden, nachdem bekannt geworden war, dass mehrere NPD-Funktionäre auch Spitzel des Verfassungsschutzes waren. Am 8. Oktober soll das Verfahren mit einem Erörterungstermin zur V-Mann-Problematik fortgesetzt werden.

Der Sprecher des Bundesinnenministeriums, Rainer Lingenthal, betonte, die Fragen des Bundesverfassungsgerichtes würden "ausführlich beantwortet". Die Frist dazu laufe am 31. Juli ab. Aus Sicht des Bundes könne das Verfahren dann weiter seinen "guten Gang" gehen.

Der Vize-Vorsitzende der Unions-Bundestagsfraktion, Wolfgang Bosbach (CDU) sah das anders: "Wenn das Bundesverfassungsgericht auf detaillierten Auskünften über sämtliche bei der NPD eingeschleusten V-Leute besteht, haben wir ein Problem." Der innenpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Max Stadler, pflichtete ihm bei. "Es sieht nicht gut aus für die Antragsteller. Ich fürchte, das Verfahren wird erfolglos bleiben", sagte Stadler. Der Vorschlag, dem Verfassungsgericht Informationen über die V-Leute unter Ausschluss der Öffentlichkeit ohne Kenntnis der NPD zu geben, scheide praktisch aus. Die NPD habe in einem Rechtsstaat Anspruch auf alle gegen sie verwendeten Informationen.

Uneinigkeit bahnt sich in der Frage der V-Leute in der rot-grünen Koalition an. Der Innenexperte der SPD-Fraktion, Dieter Wiefelspütz, hob hervor, dass die Identität der V-Leute nicht offen gehandelt werden könne. "Es gibt schutzwürdige Interessen von Personen", argumentierte er. Dagegen sagte der Rechtsexperte der Grünen, Volker Beck, er wäre dafür, den Quellenschutz zurückzustellen. "Das Verbotsverfahren platzen zu lassen, wäre der größere Schaden", befürchtete Beck.

Am 10-07-2002

NPD-Verbotsverfahren

Die Chancen auf ein Verbot der rechtsextremen NPD sind aus Sicht namhafter Verfassungsrechtler gesunken. Grund ist die Weigerung der Bundesländer, weitere so genannte V-Leute zu nennen. Grüne und PDS appellierten am Donnerstag an die Bundesländer, den Quellenschutz im Interesse eines Erfolges vor dem Bundesverfassungsgericht zurückzustellen. Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) und sein bayerischer Amtskollege Günther Beckstein (CSU) traten Befürchtungen entgegen, durch die Geheimhaltung weiterer V-Leute könnte das Verfahren in Karlsruhe scheitern.

Nach Ansicht von Ex-Verfassungsschutzpräsident Eckart Werthebach stehen die NPD-Verbotsanträge auf wackeligen Beinen. Werthebach plädierte indirekt dafür, die Verbotsanträge zurückzuziehen. Ein Scheitern des Verbotsverfahrens wäre zwar "kein gutes Zeichen für den Rechtsstaat". Wenn aber das Verfassungsgericht "einen Persilschein für die NPD ausstellen müsste, weil die Bundesregierung die notwendigen Verfahrensschritte nicht erfüllt hat", wäre dies die schlechtere Lösung.

Ex-Verfassungsrichter Hans-Hugo Klein sieht ein erhöhtes Risiko, dass die Verbotsanträge abgelehnt werden. Klein warf die Frage auf, "ob das Verfahren nicht ein Schnellschuss war". Der Berliner Strafrechtsprofessor Christian Pestalozza hält ein Scheitern des Verbotsverfahrens für die "wahrscheinlichste Variante".

Beckstein sagte hingegen, das Verfahren sei durch die Linie der Länder nicht in Gefahr. Eine Beweisführung sei auch ohne Namensnennung der V-Leute möglich. Schily ist ebenfalls zuversichtlich, dass alle Zweifelsfragen geklärt werden. Das Verfassungsgericht habe selbst erklärt, dass nicht alle Informationen über die V-Leute offen gelegt werden müssten.

Demgegenüber forderte Grünen-Chefin Claudia Roth die Bundesländer auf, dem Verfassungsgericht "alle Beweise" auf den Tisch zu legen. Der Erfolg des Verfahrens müsse Vorrang vor den "internen Interessen der Geheimdienste" haben. Der Grünen-Rechtsexperte Volker Beck nannte die Bedenken der Verfassungsschutzämter zwar verständlich. Im Zweifelsfalle müsse der Quellenschutz aber hinter dem Interesse eines Erfolgs vor Gericht zurücktreten. Es werde hoffentlich ein Weg gefunden, der zweifelsfreie Beweiserhebung und Quellenschutz verbinde. Die Entscheidung hierfür liege beim Gericht und nicht bei den Innenministern. Die PDS-Innenexpertin Ulla Jelpke verlangte von den Innenministern, von ihrer "Niederlagenstrategie" abzukehren.

Das NPD-Verbotsverfahren war im Januar ausgesetzt worden, nachdem bekannt geworden war, dass mehrere NPD-Funktionäre auch für den Verfassungsschutz arbeiteten. Am 8. Oktober soll das Verfahren mit einem Erörterungstermin zur V-Mann-Problematik fortgesetzt werden.

Am 11-07-2002

NPD-Verbot droht an V-Leuten zu scheitern

Zu den Ankündigungen der Innenminister von Bund und Ländern, ihre V-Leute in der NPD trotz Aufforderung durch das Bundesverfassungsgericht nicht offen zu legen, erklärt die innenpolitische Sprecherin der PDS-Bundestagsfraktion, Ulla Jelpke: „Die Weigerung der Innenminister, ihr Spitzelnetz in der NPD offen zu legen, ist eine Unverschämtheit. Es ist unerhört, wenn die Innenminister den Schutz dieser braunen Spitzel, die der NPD ohnehin in den ganzen Jahren und Jahrzehnten kein bisschen geschadet haben, jetzt auch noch höher stellen als das öffentliche Interesse an einem Verbot dieser Neonazi-Partei.“

Claudia Roth, Bundesvorsitzende von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erklärte: "Das Verbot einer Partei ist die stärkste Waffe der bundesdeutschen Verfassung. Ihre Anwendung muss zu Recht die höchsten rechtlichen Standards erfüllen. Die NPD als geistige Nachfolgepartei der NSDAP ist eine rechtsextreme, rassistische und antisemitische Partei. Das Verbotsverfahren ist richtig und notwendig. Unerlässlich ist dabei, dass die vorhandenen Beweise dem Bundesverfassungsgericht zugänglich gemacht werden. Es muss alles dafür getan werden, dass das NPD-Verbotsverfahren nicht leichtsinnig gefährdet wird. Der Erfolg des Verfahrens muss Vorrang haben, vor den internen Interessen der Geheimdienste. Das Verbotsverfahren zeige, dass die grüne Forderung nach einer Geheimdienstreformkommission dringend erforderlich ist.

Das Bundesverfassungsgericht ist das höchste Organ in diesem Rechtsstreit. Die Innenminister hätten kein Recht, sich seinen Forderungen nach Aufklärung über das V-Leute-Unwesen in der NPD zu widersetzen. Dass jetzt ausgerechnet Leute wie der frühere Verfassungsschutz-Chef Werthebach für eine Einstellung des Verfahrens plädieren, wundert Jelpke nicht. Werthebach sei nicht der einzige Verantwortliche in den Verfassungsschutzämtern, der den jahrelangen dubiosen Umgang mit hohen NPD-Funktionären vor Aufdeckung und Kritik schützen will.

Als einen Beitrag zur Aufklärung über das V-Leute-Unwesen in der NPD legt die PDS-Fraktion am Freitag eine Studie vor mit dem Titel: „V-Leute bei der NPD – Geführte Führende oder Führende Geführte?“ Auf 46 Seiten werde darin detailliert geschildert, wie nutzlos, ja direkt schädlich das V-Leute-Unwesen in der NPD für eine ernsthafte Bekämpfung von Rechtsextremismus schon immer gewesen ist. Die V-Leute des Verfassungsschutzes hätten der NPD zu keinem Zeitpunkt geschadet. Sie hätten ihr im Gegenteil genutzt, weil die VS-Behörden den Fehlinformationen dieser Spitzel geglaubt und die Gefahren des Rechtsextremismus bagatellisiert hätten, stellt die Studie fest.

Die PDS-Politikerin fordert: „Statt das Verbotsverfahren platzen zu lassen, muss dieses V-Leute-Unwesen endlich aufhören! Sie werde sich sofort an den Prozessbevollmächtigten des Bundestags im NPD-Verbotsverfahren wenden und ihn bitten, die Stellungnahme, die er bis 31. Juli in Karlsruhe abgeben muss, vor Absendung vorzulegen.

Am 12-07-2002

NPD-Verbot

Das NPD-Verbotsverfahren muss nach Ansicht des Grünen-Rechtsexperten Volker Beck ungeachtet der Pannen unbedingt erfolgreich zu Ende geführt werden. Beck sagte am Montag im Radiosender NDR Info, im Zweifelsfall müsse der Erfolg des Verfahrens vorgehen vor dem Quellenschutz für die Verfassungsschutzämter. Beck fügte hinzu, er könne allerdings verstehen, dass jetzt ein Weg gesucht werde, um nicht alle Quellen offenzulegen.

Die Innenminister von Bund und Ländern wollen im NPD-Verbotsverfahren dem Bundesverfassungsgericht nur die Gesamtzahl ihrer V-Leute offenbaren. Damit soll verhindert werden, dass die Namen der im Verfahren eingesetzten V-Männer genannt werden müssen. Beck nannte die aktuelle Situation ärgerlich. Er kritisierte, man hätte von Anfang an seitens der Länder darauf achten müssen, dass bei der Zusammenstellung des Materials für das Karlsruher Gericht keine V-Leute benannt sind. Nun müsse alles unternommen werden, um dem Antrag auf Verbot der NPD zum Erfolg zu verhelfen. Beck warnte, die NPD würde einen zurückgezogenen oder abgelehnten Verbotsantrag als Bestätigung ihrer Ideologie werten. Dies wäre "ein Desaster für die Demokratie".

Der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Ludwig Stiegler, hält das Verfahren für nicht gefährdet. Der Bundestag als einer der drei Betreiber werde den Antrag auch nicht zurückziehen, sagte der SPD-Politiker im Südwestrundfunk. Er fügte hinzu, der Schutz der V-Männer sei wichtiger als das Verfahren gegen die Rechtsextremisten. Das Verfassungsgericht werde deshalb nichts verlangen, was die Arbeit des Verfassungsschutzes gegen Rechts- und Linksradikalismus sowie Terrorismus unmöglich mache. Stiegler lehnte Forderungen der Opposition ab, entweder die Namen der V-Leute dem Verfassungsgericht zu nennen oder den Verbotsantrag gegen die NPD wieder zurückzuziehen.

Am 15-07-2002

Verbotsverfahren

Im NPD-Verbotsverfahren wird das Bundesverfassungsgericht den kompletten Schriftsatz von Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat zur V-Mann-Problematik der rechtsextremistischen Partei zuleiten. Die NPD könne dazu bis zum 30. August Stellung nehmen, teilte das Gericht am Mittwoch mit. Der Schriftsatz inklusive aller Anlagen im Umfang eines Aktenordners war am Dienstagabend beim Verfassungsgericht fristgerecht eingegangen. Der Schriftsatz allein war dem zuständigen Zweiten Senat bereits am Freitag per Fax vorab zur Kenntnis gegeben worden.

Das Verfassungsgericht hatte die drei Antragsteller um Auskünfte gebeten, nachdem im Januar aufgeflogen war, dass unter den in den Verbotsanträgen zitierten NPD-Funktionären auch Spitzel der Geheimdienste waren. Für den 8. Oktober ist bereits ein entsprechender Erörterungstermin des Gerichts anberaumt worden.

Dem 47-seitigen Schriftsatz zufolge hatten die Verfassungsschutzämter von Bund und Ländern weniger als 30 Informanten in den Vorständen der rechtsextremistischen NPD. Die drei Antragsteller für ein NPD-Verbot wollen damit belegen, dass die Geheimdienste keinen steuernden Einfluss auf die rechtsextreme Partei gehabt haben. Die V-Leute seien vielmehr zu passivem Verhalten angeleitet worden. Bund und Länder bieten dem Gericht zwar unter besonderen Vorsichtsmaßnahmen weitere Auskünfte über V-Männer an. Diese Informationen dürften aber weder der NPD noch der Öffentlichkeit bekannt werden, heißt es nach Medienberichten in dem Schriftsatz.

Am 31-07-2002

Bestätigt

Das nordrhein-westfälische Oberverwaltungsgericht hat eine von der NPD für Samstag geplante Demonstration gegen den Bau einer Synagoge in Bochum untersagt. Wie das Gericht am Dienstag in Münster mitteilte, hob es damit eine anderslautende Entscheidung des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen auf und bestätigte ein entsprechendes Verbot des Bochumer Polizeipräsidenten. Das Demonstrations-Motto "Keine Steuergelder für den Synagogenbau - für Meinungsfreiheit" ist nach Ansicht des Gerichts antisemitisch und eine Provokation für das friedliche Zusammenleben von Juden und Nicht-Juden in Deutschland.

Diese Provokationswirkung könne auch durch Auflagen nicht wesentlich verändert werden. Der "Verbotstatbestand" sei damit gegeben. Das Urteil des OVG kann nicht angefochten werden (Az: 1208/04).

Am 22-06-2004

Dokumentation

Bei den Wahlen in Brandenburg und Sachsen sind am Sonntag rechtsextreme Parteien in die Landtage in Potsdam und Dresden eingezogen. Bereits 14 Mal haben zuvor rechtsextreme beziehungsweise rechtsgerichtete Parteien in der Geschichte der Bundesrepublik mit Ergebnissen oberhalb der Fünf-Prozent-Hürde den Einzug in ein Landesparlament geschafft. Mehrere Male scheiterte zudem die DVU in Bremen zwar an der Fünf-Prozent-Hürde, erlangte aufgrund der Wahlkreisaufteilung mit Bremerhaven aber jeweils einen Sitz in der Bürgerschaft. Die meisten Stimmen erzielte 1998 die DVU mit 12,9 Prozent in Sachsen-Anhalt. Die Ergebnisse:

1966 - Bayern - NPD 7,4 Prozent

1966 - Hessen - NPD 7,9 Prozent

1967 - Bremen - NPD 8,8 Prozent

1967 - Schleswig-Holstein - NPD 5,8 Prozent

1967 - Niedersachsen - NPD 7,0 Prozent

1967 - Rheinland-Pfalz- NPD 6,9 Prozent

1968 - Baden-Württemberg - NPD 9,8 Prozent

1989 - Berlin - Republikaner 7,5Prozent

1991 - Bremen - DVU 6,2 Prozent

1992 - Baden-Württemberg - Republikaner 10,9 Prozent

1992 - Schleswig-Holstein - DVU 6,3 Prozent

1996 - Baden-Württemberg - Republikaner 9,1 Prozent

1998 - Sachsen-Anhalt - DVU 12,9 Prozent

1999 - Brandenburg - DVU 5,3 Prozent

Am 20-09-2004

Spontane Demonstrationen gegen NPD-Erfolg

Hunderte Menschen haben am Sonntagabend in Sachsen spontan gegen den Einzug der rechtsextremen NPD in den Dresdner Landtag demonstriert. Während die NPD in Sachsen 9,1 Prozent erreichte und die ebenfalls DVU in Brandenburg 6,1 Prozent, schnitten die Rechtsextremen unter Jugendlichen erheblich stärker ab. Nach den Wahltagsbefragungen von infratest dimap wählten in Sachsen 20 Prozent der Erstwähler rechtsextrem, in Brandenburg 15 Prozent. Der Parteienforscher Jürgen Falter warnte vor einem bundesweiten Erstarken rechtsextremer Parteien. Bundesweit liege das Potenzial für rechtsextreme Parteien bei 15 Prozent. Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Paul Spiegel, gab den großen Parteien deutlich die Schuld am rechten Wahlerfolg. Die Politik habe "die Zeichen des Protests im Osten zu lange ignoriert".

In Dresden hatten sich nach offiziellen Angaben 150 bis 200 Anhänger der linken Szene am Goldenen Reiter nahe des Landtagsgebäudes getroffen und waren dann - begleitet von Einsatzkräften der Polizei - über die Augustusbrücke zum Parlamentsgebäude gezogen. In Görlitz demonstrierten nach Polizeiangaben etwa 200 Bewohner der Stadt vor dem Rathaus gegen das Abschneiden der NPD bei der Landtagswahl. Sie war am Sonntag erstmals seit 1968 wieder in ein Landesparlament eingezogen. In Brandenburg wurde zum ersten Mal überhaupt eine rechtsextreme Partei wiedergewählt. Bisher waren die Rechten meist innerhalb kürzester Zeit völlig zerstritten gewesen und bei den nächsten Wahlen in der politischen Versenkung verschwunden. Bereits bei den Kommunalwahlen im Juni konnte die NPD in Sachsen in zahlreiche Kommunalparlamente einziehen und erhielt in einigen Gemeinden mehr als 20 Prozent der Stimmen.

Der Parteienforscher Jürgen Falter warnte am Sonntagabend in der ARD-Sendung "Sabine Christiansen": "Wenn es nicht irgendeine Form von Wirtschaftswunder Ost gibt, dann werden wir erleben, dass das Potenzial, das wir an Rechtsextremismus in unserer Gesellschaft haben, ausgeschöpft wird." Das Potenzial für rechtsextreme Parteien liege unter normalen Umständen bundesweit bei 15 Prozent, sagte der an der Universität Mainz lehrende Experte.

Auch der Berliner Politologe Hans Gerd Jaschke sprach in der MDR-Sendung "Fakt" von "bedenklichen Erosionstendenzen, die für die Demokratie als Ganzes bedenklich sind". Die These vom Protestwähler führe "in die Irre". Die rechten Parteien hätten ihr Potenzial bei weitem nicht ausgeschöpft.

Am 20-09-2004

Versammlungsbehörde

Die Berliner Versammlungsbehörde hat die für Samstag geplante NPD-Demonstration verboten. Das geänderte Motto der Veranstaltung, die sich gegen "islamische Zentren in der Stadt" richten solle, sei von dem Grundrecht auf freie Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit nicht gedeckt, betonte am Freitag eine Sprecherin der Senatsinnenverwaltung. "Mit den jetzt vorgenommenen Veränderungen der Versammlung hat die NPD den Bereich des rechtlich Zulässigen verlassen", meint Innensenator Ehrhart Körting (SPD).

Wer sich volksverhetzende Themen zu eigen mache, dürfe in Berlin nicht demonstrieren, fügte er hinzu. Gegen die Demonstration hatten linke Gruppierungen, Parteien und mehrere Berliner Bezirke Protestaktionen angekündigt.

Am 24-09-2004

Bundestagswahl

Die rechtsextremistischen Parteien NPD und DVU wollen zur Bundestagswahl 2006 ihre Kräfte bündeln. DVU-Chef Gerhard Frey und der NPD-Vorsitzende Udo Voigt bestätigten dem ARD-Hauptstadtstudio, dass sich beide auf eine gemeinsame Liste geeinigt hätten. "Bei der Bundestagswahl 2006 tritt die NPD mit Kandidaten von uns an und wohl auch mit dem Zusatz NPD/DVU, um das Bündnis zu verdeutlichen. Bei der nächsten Europawahl tritt dann die DVU an mit dem Zusatz DVU/NPD wegen des Bündnisses", sagte Frey in der ARD-Sendung "Tagesthemen mit Bericht aus Berlin".

Frey und Voigt wollen sich die Einigung in den kommenden Tagen von den Parteigremien billigen lassen. Frey will am Wochenende auf dem NPD-Parteitag im Leinefelde (Thüringen) für die gemeinsame Liste werben. Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Konrad Freiberg, befürchtet stärkere Auseinandersetzungen auf der Straße, "weil die Rechten jetzt geballter auftreten und sie dadurch Gegenreaktionen provozieren werden." Freiberg sprach in der "Leipziger Volkszeitung" von einem "Einschnitt" für die Parteienlandschaft in Deutschland. Es komme hier zur Bündelung der Organisationserfahrung der NPD mit den finanziellen Kapazitäten von Frey.

Freiberg warnte davor, die Rechtsradikalen als "vorübergehendes Moment" zu verharmlosen. Auch dürfe sich die demokratische Gesellschaft "nicht mit lauter Empörung zufrieden geben". Vielmehr müsse man sich mit den Thesen und Argumenten der Rechten auseinandersetzen. "Wir müssen uns alle miteinander eine einheitliche Verfahrensweise zulegen, bei allem Ekelgefühl gegen deren menschenverachtende Parolen", sagte Freiberg. Der Verfassungsschutzpräsident von Baden-Württemberg, Helmut Rannacher, sieht wegen des Bündnisses die rechtsextremistischen Republikaner in eine "Zerreißprobe kommen". Einerseits wolle deren Parteiführung nichts mit der NPD zu tun haben. Andererseits gebe es ein "Abgleiten" der Basis in Bündnisse mit der DVU, teilweise auchmit der NPD, sagte Rannacher den "Tagesthemen mit Bericht aus Berlin".

Am 29-10-2004

Rechtsextremismus

Ein Kandidat der rechtsextremen NPD für die kommende Landtagswahl in Schleswig-Holstein ist von einem Fernsehteam bei Gewalttaten gefilmt worden. Aufnahmen des NDR-Politmagazins "Panorama" und des NDR-Landesprogramms "Schleswig-Holstein Magazin" zeigen den Landtagskandidaten Ingo Stawitz beim Steinewerfen, wie der Sender am Donnerstag mitteilte. Der Vorfall habe sich ereignet, nachdem Teilnehmer einer Protestdemonstration gegen die NPD- Wahlkampfauftaktveranstaltung am 4. Dezember in Steinburg bei Itzehoe das NPD-Versammlungslokal mit Steinen beworfen hätten. Ausserdem sei auf den Bändern zu sehen wie Stefan Köster, ein weiteres NPD-Bundesvorstandsmitglied, auf eine am Boden liegende Frau eingetreten habe.

Nach den Steinwürfen auf das Versammlungslokal hätten Stawitz und das NPD-Bundesvorstandsmitglied Manfred Börm die Steinwürfe erwidert. Obwohl die Demonstranten nach den Würfen geflohen seien, hätten NPD-Funktionäre sie verfolgt und verprügelt. Dabei sei auch gefilmt worden, wie Stefan Köster, ein weiteres NPD-Bundesvorstandsmitglied, auf eine am Boden liegende Frau eingetreten habe, teilte der NDR weiter mit.

Nach Senderangaben sagte der Einsatzleiter der Polizei, Uwe Kleinig, in "Panorama", die Gewalt der Rechtsextremen sei "deutlich stärker" gewesen als die der linken Gegendemonstranten, von denen es "keine Gegenwehr" gegeben habe. Als einer der Rechten mit einem Stuhl auf einen bereits verletzt am Boden liegenden Demonstranten habe einschlagen wollen, habe ein anwesender Zivilbeamter der Polizei zwei "Signalschüsse" abfeuern müssen.

An der Gewalt beteiligten sich nach NDR-Angaben neben den Genannten weitere Rechtsextreme. Die Staatsanwaltschaft Itzehoe ermittle gegen sie wegen gefährlicher Körperverletzung.

Laut Sender tritt die NPD zur Landtagswahl am 20. Februar auch mit vorbestraften Kandidaten an. Auf Listenplatz sechs stehe Peter von Born, mehrfach vorbestraft unter anderem wegen Körperverletzung. Als Direktkandidat im Wahlkreis Lauenburg Nord sei Heino Förster aufgestellt, 1993 zu vier Jahren Gefängnis verurteilt wegen versuchten Mordes an Asylbewerbern.

Am 06-01-2005

Bundestagswahl 2006

Die rechtsextremen Parteien NPD und DVU haben ein auf fünf Jahre angelegtes Wahlbündnis vereinbart. DVU-Chef Gerhard Frey und der NPD-Vorsitzende Udo Voigt unterzeichneten am Samstag in München einen "Deutschland-Pakt", dem die beiden Parteivorstände zustimmten. Wie die NPD mitteilte, verabredeten beide Parteien, bei den nächsten Bundestags-, Europa- und Landtagswahlen nicht gegeneinander anzutreten. 2009 wollen NPD und DVU über eine Fortschreibung der Vereinbarung um weitere fünf Jahre verhandeln.

Der Mitteilung zufolge kandidiert die NDP zur Bundestagswahl 2006. Dabei sollen auch 15 Kandidaten, die der DVU angehören, oder ihr nahestehen, aufgestellt werden. Die DVU kandidiert dagegen bei der Europawahl 2009. Hier wiederum sollen auch sechs oder sieben NPD-Vertreter kandidieren.

Für die kommenden Landtagswahlen vereinbarten beide Parteien folgendes: Die NPD kandidiert am 20. Februar für den Urnengang in Schleswig-Holstein und am 22. Mai in Nordrhein-Westfalen. Die DVU tritt in Sachsen-Anhalt (voraussichtlich im Frühjahr 2006), Bremen (voraussichtlich Frühjahr 2007), Hamburg (voraussichtlich Frühjahr 2008), Thüringen (voraussichtlich Frühjahr 2009) und in Brandenburg (voraussichtlich Herbst 2009) an. Bei allen anderen Landtagswahlen bis Ende 2009 wird die DVU auf eine Kandidatur verzichten, wenn sich die NPD den Wählern stellt.

Bei den Landtagswahlen in Sachsen-Anhalt, Berlin und Thüringen sowie bei der Wahl in einem weiteren bislang noch nicht genannten Bundesland soll die jeweils kandidierende Partei auch Vertreter des rechtsgerichteten Bündnispartners auf ihrer Liste zulassen.

Beide Parteien hatten Anfang Oktober 2004 eine Zusammenarbeit für die kommenden Wahlen angekündigt. Bislang unterhielt die NPD bereits Kooperationsvereinbarungen mit der DVU und meist in freien Kameradschaften organisierten parteiunabhängigen Neonazis.

Am 17-01-2005

Zeuge war Informant

Der ehemalige Verfassungsschutzpräsident Peter Frisch befürwortet einen neuen Anlauf für ein NPD-Verbotsverfahren. Der Eklat im sächsischen Landtag durch die NPD-Fraktion belege, dass ein neues Verfahren "erforderlich" sei, sagte Frisch am Montag im Deutschlandfunk. Der Staat müsse demonstrieren, dass er sich derartige extremistische Äußerungen "nicht gefallen lasse". Frisch betonte, dass nach seiner Auffassung "Anhaltspunkte für eine Volksverhetzung vorliegen". NPD-Abgeordnete hatten in einer Debatte im sächsischen Landtag am Freitag unter anderem von einem "Bomben-Holocaust" der Alliierten auf Dresden gesprochen.

Frisch sagte, es gebe nach seiner Ansicht durchaus Erfolgsaussichten für ein solches Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht. Das Gericht habe den Verbotsantrag damals "aus prozessualen Gründen" abgelehnt. Er halte die Entscheidung, die damals "von einer Minderheit" der Richter getroffen worden sei, für "falsch".

Das von Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat gegen die rechtsextreme NPD eingeleitete Verbotsverfahren war im März 2003 vom Bundesverfassungsgericht gestoppt worden, nachdem klar war, dass ein geladener Zeuge Informant des Verfassungsschutzes war und die Verbotsanträge teilweise mit dessen Äußerungen begründet wurden.

Am 24-01-2005

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