DIE Internet-Zeitung
Erklärung

SPD-Abgeordnete lehnen Bundeswehreinsatz in Mazedonien ab

Am

27 Bundestagsabgeordnete der SPD-Fraktion wollen lehnen einen Bundeswehreinsatz in Mazedonien ab. Wir dokumentieren die Erklärung der Abgeordneten Harald Friese, Klaus Barthel (Starnberg), Dr. Peter Danckert, Peter Dreßen, Marga Elser, Renate Gradistanac, Wolfgang Grotthaus, Christel Humme, Karin Kortmann, Ute Kumpf, Christine Lehder, Christa Lörcher, Götz-Peter Lohmann (Neubrandenburg), Dr. Christine Lucyga, Dieter Maaß (Herne), Adi Ostertag, Renate Rennebach, Dr. Edelbert Richter, Bernd Reuter, René Röspel, Gudrun Roos, Thomas Sauer, Fritz Schösser, Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk, Rüdiger Veit, Klaus Wiesehügel und Waltraud Wolff (Wolmirstedt).


Erklärung nach § 31 GO (Stand vom 31.07.2001)

Aus folgenden Gründen lehnen wir den Antrag der Bundesregierung, Bundeswehrsoldaten im Auftrag der NATO nach Mazedonien zu entsenden, ab:

Deutsche Außenpolitik muß Friedenspolitik sein. Die Entsendung von Soldaten nach Mazedonien wird diesem Ziel nicht gerecht. Die Gründe für eine solche Entscheidung beruhen auf dem Irrtum, daß ethnische Konflikte mit militärischen Mitteln gelöst werden können. Dahinter steht der Primat von politisch-militärischem Sicherheitsdenken. Ziel muß aber eine politische Lösung des Mazedonien-Konfliktes ohne militärische Eskalation sein.

Als Konfliktschlichter ist die NATO ungeeignet. Sie besitzt in Mazedonien kein Vertrauen, da sie die kosovo-albanische UCK unterstützte, deren Entwaffnung nicht durchsetzte und trotz KFOR-Präsenz den Waffeneinsatz der UCK in Serbien und Mazedonien nicht verhinderte.

Der geplante NATO-Einsatz ist widersprüchlich. Wenn die UCK bereit ist, freiwillig ihre Waffen abzugeben, bedarf es nicht der NATO, die Waffen einzusammeln. Wird jedoch die NATO gebraucht, dann nicht für den begrenzten Zweck des Waffeneinsammelns und über eine Dauer von 30 Tagen hinaus.

Die internationale Politik darf nicht in eine Gewaltfalle laufen, die Parallelen zur Eskalation im Kosovo aufweist. Es steht zu befürchten, daß sich der Auftrag für eine NATO-Eingreiftruppe nicht auf das Einsammeln von Waffen beschränken läßt, sondern die aktive Verhinderung der Wiederaufnahme von Kampfhandlungen einschließt. Dafür reichen aber 3000 Soldaten nicht aus.

Wir befürchten, daß eine erneute massive Militärintervention der NATO auf dem Balkan, deren Verlauf und Ergebnis nicht vorhersehbar ist, eine weitere Destabilisierung der Region bewirkt.

Bisher wurde nicht in Frage gestellt, daß der Kosovo-Krieg ein einmaliges Ereignis war, das sich nicht wiederholen dürfe. Wir befürchten, daß sich bei einer Zustimmung zur Entsendung weiterer Soldaten ein solcher Krieg wiederholt.

Wir sind der Auffassung, daß ein erneuter Alleingang der NATO die Autorität der UN beschädigt und deren Anspruch auf weltweite Friedenssicherung aushöhlt. Ziel deutscher Außenpolitik muß es aber sein, die Autorität der UN und deren Friedenssicherungsfunktion zu erhalten und zu stärken.

Wir haben grundsätzliche Zweifel an der Überlegenheit eines militärischen Instrumentariums gegenüber dem politischen Instrumentarium zur Krisenbewältigung und Konfliktlösung.

Wir sind der festen Überzeugung, daß der Konflikt in Mazedonien nur mit friedlichen Mitteln unter Einbeziehung der UN und der OSZE gelöst werden kann. Dazu müssen UN und OSZE den Auftrag erhalten sowie die entsprechenden Mittel zur Verfügung gestellt werden, die zu einer friedlichen Lösung des Konflikts notwendig sind. Außenpolitik als Friedenspolitik hat für uns Vorrang vor dem Einsatz militärischer Mittel.

Die Einwirkungsmöglichkeiten auf beide Konfliktparteien unterhalb der Ebene physischen Zwangs sind noch längst nicht ausgeschöpft. Der notleidende Kleinstaat Mazedonien ist auf ökonomische Hilfe von außen angewiesen und kann zu einer Minoritätenpolitik, die internationalen Standards entspricht, mittels einer Kombination von Anreizen und Druck bewegt werden. Die militanten albanischen Kräfte haben ihre materielle Basis im Einflußbereich der internationalen Gemeinschaft: im Kosovo, in Albanien und in einzelnen Diaspora-Ländern. Dort die Alimentierung des Bürgerkriegs wirksam zu unterbrechen, ist eine bisher höchst unzureichend genutzte Option.

Erforderlich ist deshalb ein langfristig angelegtes politisches und wirtschaftliches Konzept, um der Region eine Perspektive für Frieden, Freiheit und Wohlstand zu geben. Ein richtiger Ansatz ist der von der EU entwickelte Stabilitätspakt für den Balkan. Dieser Stabilitätspakt ist fortzuentwickeln.

Alle sollen wissen, für wen Abgeordnete arbeiten

Thierse-Vorschlag

Die Abgeordneten sollen nach dem Wunsch von Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) künftig alle Nebeneinkünfte offen legen. Bislang habe sich das Parlament nicht auf eine weitgehende Veröffentlichungspflicht verständigen können, bedauerte Thierse am Donnerstag in Berlin anlässlich der Präsentation des Buches "Die stille Macht. Lobbyismus in Deutschland". Gegen den "Bedeutungsverlust des Politischen, der auch das Parlament trifft", und die daraus resultierende Politikverdrossenheit vieler Menschen sei Transparenz "das einzig wirksame Mittel". Eine größere Offenheit über ihre Tätigkeit und ihre Auftraggeber verlangte Thierse auch von den Lobbyisten selbst. "Lobbying darf nicht hinter verschlossenen Türen stattfinden", sagte Thierse. Der Bundestagspräsident verwahrte sich jedoch gegen Darstellungen, wonach die Legislative durch die Zunahme von Lobbygruppen einen schleichenden Bedeutungsverlust erleide. Abgeordnete seien bei komplexen Themen auf Sachverstand von außen angewiesen. Allerdings dürfe "für Argumente kein Geld fließen".

Bislang veröffentlicht nur ein verschwindend geringer Teil der Parlamentarier Nebeneinkünfte etwa aus einer Mitgliedschaft in Aufsichtsräten. Zu ihnen gehört der SPD-Abgeordnete Ulrich Kelber, der jedes Jahr seine aktuelle Steuererklärung ins Internet stellt. Er präsentiere sich als "gläserner Abgeordneter", weil jeder Bürger "ein Anrecht" auf einen transparenten Volksvertreter habe, betont Kelber auf seiner Homepage.

Die Zahl der auf der so genannten Lobbyliste des Bundestages registrierten Verbände hat in diesem Jahr mit 1781 eine Rekordmarke erreicht. Damit kommen offiziell auf jeden der 603 Bundestagsabgeordneten annähernd drei Verbände. Die offizielle Registrierung ist für Verbände deshalb von Bedeutung, weil ihre Vertreter nur dann von den Bundestagsausschüssen zu Gesetzesvorhaben angehört werden dürfen, also direkt auf Reformvorhaben einwirken können. Allerdings rechnen Experten damit, dass sich in Berlin mindestens drei Mal so viele Lobbygruppen um Gehör bei Parlamentariern und Ministerialbeamten bemühen.

Am 18-12-2003

Landtagspräsident verklagt SPD-Abgeordnete in VW-Gehaltsaffäre

Nebentätigkeiten

Der niedersächsische Landtagspräsident Jürgen Gansäuer (CDU) hat in der VW-Gehaltsaffäre Klagen gegen die beiden zu Rückzahlungen aufgeforderten SPD-Abgeordneten erhoben. Damit sollen vor dem Verwaltungsgericht Braunschweig die Abführungsansprüche den Landes gegen die Parlamentarier Ingolf Viereck und Hans-Hermann Wendhausen wegen "gesetzlich verbotener Zuwendungen seitens des VW-Konzerns" durchgesetzt werden, teilte der Landtag am Dienstag in Hannover mit. Die Abgeordneten hatten sich bislang den Zahlungen verweigert. Wendhausen soll rund 423.000 Euro und Viereck rund 343.500 zurückzahlen. Entsprechende Forderungen hatte Gansäuer im April, gestützt auf das niedersächsische Abgeordnetengesetz, geltend gemacht. Den beiden Parlamentariern war vorgeworfen worden, von Volkswagen über Jahre ein zweites Gehalt bezogen zu haben, ohne dafür eine entsprechende Nebentätigkeit geleistet zu haben.

Der Klageschrift sind nach Angaben des Parlaments zwei ausführliche Rechtsgutachten des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes des Landtages beigefügt. Darin würden die Verfassungsmäßigkeit der Rechtsgrundlage und die juristischen Fragen zur Rechtsanwendung in den beiden zu entscheidenden Fällen eingehend behandelt, hieß es.

Wendhausen und Viereck hatten bis Dienstag Zeit, dem Landtagspräsidenten ihren Entschluss mitzuteilen, ob sie die geforderten Zahlungen leisten. Der Anwalt der beiden Abgeordneten hatte bereits in der vergangenen Woche angekündigt, dass seine Mandanten nicht zahlen würden und das auch begründen könnten. Aus Sicht des Anwalts birgt ein mögliches Gerichtsverfahren "eine Unzahl von juristischen Tretminen".

Am 31-05-2005

Aktion zur ersten Lesung der Regelung der Nebeneinkünfte von Abgeordneten

"Lasst den Lobbyisten die Luft raus!"

Mit einer Aktion vor dem Bundestag haben das Online-Netzwerk Campact, Attac, der BUND und Mehr Demokratie alle Fraktionen des Bundestages aufgefordert, dem rot-grünen Gesetzentwurf für mehr Transparenz bei den Nebeneinkünften von Abgeordneten zuzustimmen. Dieser wird heute in erster Lesung beraten. Unter dem Motto "Nebeneinkünfte veröffentlichen - Lasst den Lobbyisten die Luft raus!" ließen die Aktivisten vor dem Bundestag eine sechs Meter hohe, einen Lobbyisten darstellende Figur in sich zusammen sinken. "Lobbyisten gehören nicht auf Abgeordnetenstühle", so Christoph Bautz, Pressesprecher von Campact. "Mit umfassenden Transparenzregeln müssen die Wähler ihnen das Handwerk legen." Die Bürger würden schon seit sechs Monaten auf Konsequenzen aus den Skandalen vom Jahresanfang warten.

Unterstützt wird die Aktion auch von 600 Online-Aktivisten: Diese forderten in einem Offenen Brief die Fraktions-vorsitzenden Angela Merkel (Union) und Wolfgang Gerhardt (FDP) auf, "der verschärften Veröffentlichungspflicht keine Steine in den Weg zu legen, sondern ihr zuzustimmen." Vor den Neuwahlen blieben noch zwei Wochen Zeit, sagte Bautz: "Wenn das Gesetz jetzt weiter verzögert wird, ist es tot. Das müssen wir verhindern."

Die Organisationen begrüßen den vorliegenden Gesetzentwurf als Schritt in die richtige Richtung, auch wenn er nicht alle ihre Forderungen erfüllt. So bemängeln sie, dass das Gesetz nur drei Einkommensstufen vorsieht. Auch sei die Freigrenze von 1.000 Euro zu hoch. "Durch dieses Gesetz könnten die Menschen wenigstens ungefähr sehen, wer sich von wem bezahlen lässt - und entsprechend reagieren", sagte Attac-Sprecher Malte Kreutzfeldt. "Damit wäre ein erster Schritt getan, weitere müssen folgen."

"Jetzt gilt es, das Gesetz sicher durch den Bundestag zu bekommen", so Norbert Franck vom BUND. Gerade bei Energie- und Umweltgesetzen sei der Einfluss von Industrielobbyisten enorm. Besonders vor einer Bundestagswahl sei entschiedenes Handeln der Politik in Sachen Transparenz wichtig, meint auch Christian Posselt von Mehr Demokratie: "Die Parlamentarier sollten alles tun, verloren gegangenes Vertrauen der Bürger zurückzugewinnen."

Am 17-06-2005

SPD-Abgeordnete müssen VW-Gelder zurückzahlen

Einfluss bzw, Interessenskollision

Erstmals in der bundesdeutschen Parlamentsgeschichte sind Abgeordnete zur Rückzahlung unrechtmäßig erhaltener Leistungen verurteilt worden. Das Verwaltungsgericht Braunschweig entschied am Mittwoch, dass die niedersächsischen SPD-Landtagsabgeordneten und ehemaligen VW-Mitarbeiter Ingolf Viereck und Hans-Hermann Wendhausen insgesamt rund 766.000 Euro an das Land zahlen müssen. Der Anwalt der Abgeordneten, Peter Rabe, kündigte gegen das Urteil Berufung an. Landtagspräsident Jürgen Gansäuer (CDU) hatte unter Berufung auf das niedersächsische Abgeordnetengesetz im Mai Klage gegen Viereck und Wendhausen erhoben. Der Autokonzern Volkswagen soll die Parlamentarier über Jahre hinweg bezahlt haben, ohne dafür Gegenleistungen erhalten zu haben. Der Vorsitzende der Kammer, Christian Büschen, betonte in der Urteilsbegründung, die Rechtsvorschriften des niedersächsischen Abgeordnetengesetzes seien verfassungsgemäß. Die Verhandlung habe die Auffassung des Klägers nicht widerlegen können.

Zwar gehe die Kammer davon aus, dass der VW-Konzern keinen Einfluss auf die parlamentarische Tätigkeit der beiden VW-Mitarbeiter genommen habe. Darauf sei es aber bei der Urteilsfindung nicht angekommen. Vielmehr habe die gesetzliche Vermutung einer Interessenskollision nicht widerlegt werden können. Büschen räumte ein, mit dem Fall juristisches Neuland zu betreten.

Rabe betonte nach der Verhandlung, das Urteil des Verwaltungsgerichts werde eine "Präzedenzwirkung" für den Parlamentarismus entfalten. Es werde den Druck auf die Abgeordneten erhöhen, Nebentätigkeiten abzusichern. Man stehe "am Beginn eines Instanzenzuges, der Parlamentsgeschichte prägen wird", sagte Rabe. Er räumte ein, von einem solchen Urteil "überrascht" worden zu sein. Seine Mandanten hätten die Entscheidung "fassungslos" aufgenommen.

Der frühere VW-Personalvorstand Martin Posth hatte in der Verhandlung als Zeuge die im Unternehmen geltenden Regelungen für Abgeordnete erläutert. Diese inzwischen geänderte Richtlinie sei 1990 mit dem Ziel geschaffen worden, Mitarbeiter zu motivieren, in die Politik zu gehen. Damit sollte mehr unternehmerischer Sachverstand in die Volksvertretungen eingebracht werden. Eine Gegenleistung habe VW dafür nicht erwartet, behauptete Posth.

Anwalt Rabe sagte, das Unternehmen Volkswagen habe in keinem Fall Einfluss auf seine Mandanten genommen. Die beiden Abgeordneten hätten umfangreiche Fortbildungsmaßnahmen absolviert.

Am 16-11-2005

Nebenverdienste von Abgeordneten werden zum Teil veröffentlicht

Nach Skandalen

In einem Schreiben vom 30. Dezember 2005 forderte Bundestagspräsident Norbert Lammert die Abgeordneten des Deutschen Bundestages offenbar dazu auf, innerhalb von drei Monaten ihre Nebenverdienste bei ihm anzumelden. Diese Angaben sollen "zum Teil" veröffentlicht werden. Anlass der neuen Verhaltensregeln waren Skandale um Großkonzerne wie RWE, Siemens, Volkswagen und die Dresdner Bank, die Bundestagsabgeordneten Gehälter und sonstige Vergünstigen gewährt hatten. Der alte Bundestag hatte am 18. Oktober vergangenen Jahres neue Verhaltensregeln zu Nebentätigkeiten von Abgeordneten erlassen. Ziel war es, größere Transparenz bei möglichen Interessenkonflikten von Parlamentariern herzustellen. Das Gesetz wurde mit Gegenstimmen aus der Unions-Fraktion und bei Enthaltung der gesamten FDP-Fraktion verabschiedet.

Diesem Gesetz wurden vom neuen Bundestag zwei wichtige Bestimmungen hinzugefügt: Sollte ein Abgeordneter Mitbesitzer einer Firma sein, so ist er nicht verpflichtet, Einkünfte anzugeben, wenn er selbst nicht an der entsprechenden Vertragsschließung und -ausführung beteiligt war. Für Rechtsanwälte gibt es eine ähnliche Bestimmung bei Kanzleimandanten, "wenn die Vertretung nicht persönlich übernommen wird".

Parteispenden

Seit dem Flick-Parteispenden-Skandal der 1980er Jahre sind die Parteien dazu verpflichtet, Großspenden aus der Wirtschaft offen zu legen. Obwohl die Partei-Spendenberichte öffentlich zugänglich und transparent sind, interessiert sich praktisch niemand dafür.

Noch im August 2005 erhielt vor allem die CDU von der Wirtschaft nennenswerte Geldbeträge - vermutlich um den Wahlkampf finanzieren zu können. Nach Informationen des Deutschen Bundestages spendete die Deutsche Bank am 10. August 300.000 Euro an die CDU. Von der DaimlerChrysler AG kamen am gleichen Tag 150.000 Euro. Der Versicherungsriese Allianz spendete am 8. und am 12. August insgesamt 60.001 Euro. Hinzu kamen am 19. August 200.000 Euro vom Verband der Metall- und Elektroindustrie Baden-Württemberg (Südwestmetall). Insgesamt flossen also in der Hochphase des vergangenen Bundestagswahlkampfes gut 800.000 Euro an die CDU.

Die Allianz bedachte auch CSU, SPD, FDP und Grüne im August 2005 mit jeweils 60.001 Euro. Die Linkspartei erhielt von dem Versicherungskonzern keine Gelder. Die SPD erhielt ebenso wie die CDU am 10. August 150.000 Euro von der DaimlerChrysler AG. Die SPD verbuchte in diesem Wahlkampfmonat also gut 200.000 Euro Großspenden aus der Wirtschaft.

Schon im Juni und im Juli 2005 verzeichneten CDU, CSU, FDP und SPD mehrere Großspenden. Die größte Finanzspritze kam vom Verband der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie, der 400.000 Euro an die CSU spendete. Hinter dem Verband steckt offenbar unter anderem der Elektromulti Siemens, dessen Aufsichtsratsvorsitzender sich im vergangenen Bundestagswahlkampf für die Atomenergie stark gemacht hatte. Die Porsche AG spendete jeweils 200.000 Euro an die CDU und die SPD. Der Energiekonzern E.ON, Deutschlands größter Atomkraftwerksbetreiber, überwies 150.000 Euro an die SPD, 100.000 Euro gingen an die CDU.

Der Chemie- und Pharmakonzern Altana spendete jeweils 125.000 Euro an die CDU im Bund und in Hessen. Das Bankhaus Sal. Oppenheim spendete 150.000 Euro an die FDP. Die Deutsche Bank übergab 200.000 Euro an die FDP, die Commerzbank 150.000 Euro an die CDU.

Auch in den Monaten zuvor wurden die Parteien von Großkonzernen bezahlt. Der Verband der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie spendete bereits im April 360.000 Euro an die CSU. Neben Siemens ist der Verband beispielsweise auch die Interessenvertretung der Automobilkonzerne BMW und Audi, des Elektrokonzerns Bosch und des zur DaimlerChrysler AG gehörenden Rüstungskonzerns EADS.

DaimlerChrysler überwies im April 2005 150.000 Euro an die CDU und noch einmal den gleichen Betrag an die SPD. Von der Deutschen Bank flossen im April 100.000 Euro an die CDU. Vom Kölner Bankhaus Sal. Oppenheim erhielt die CDU bereits im Februar 75.000 Euro.

Am 05-01-2006

Abgeordnete müssen Nebeneinkünfte offen legen

Patt im Bundesverfassungsgericht

Das Bundesverfassungsgericht tut sich vielfach schwer damit, wenn es um Entscheidungen über Parteien und andere einflussreiche Institutionen oder Personen geht. So auch beim Thema der Offenlegungspflichten für Bundestagsabgeordnete, ihre Nebeneinkünfte betreffend. Im achtköpfigen Zweiten Senat des Verfassungsgerichts bestand ein Patt von vier zu vier Richterstimmen. Im Ergebnis führt dies am am 4. Juli dazu, dass die Klage von neun Bundestagsabgeordneten gegen die verschärfte Transparenzregelung im Abgeordnetengesetz zurückgewiesen wurde. Die Bundestagsabgeordneten müssen ihre Nebeneinkünfte nun offenbar umfassend und detailliert offen legen. .. contents:: Inhalt

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Die vier Richter, die die Klagen für unbegründet hielten und damit letztlich die Entscheidung tragen, argumentierten mit der erforderlichen Unabhängigkeit der Abgeordneten und möglichen Interessenverflechtungen und wirtschaftliche Abhängigkeiten. So vertraten die Richterinnen und Richter Broß, Osterloh, Lübbe-Wolff und Gerhardt die Auffassung dass mit den Transparenzregelungen berufliche und sonstige Verpflichtungen des Abgeordneten neben dem Mandat und daraus zu erzielende Einkünfte den Wählern sichtbar gemacht werden sollten.

"Verdeckte Beeinflussung durch zahlende Interessenten"

Die Wähler sollten sich mit Hilfe von "Informationen über mögliche Interessenverflechtungen und wirtschaftliche Abhängigkeiten" ein besseres Urteil über die Wahrnehmung des Mandats durch den Abgeordneten auch im Hinblick auf dessen Unabhängigkeit bilden können. Diesbezügliche Kenntnis sei nicht nur für die Wahlentscheidung wichtig. ""Sie sichert auch die Fähigkeit des Deutschen Bundestages und seiner Mitglieder, unabhängig von verdeckter Beeinflussung durch zahlende Interessenten das Volk als Ganzes zu vertreten."

Das Volk habe Anspruch darauf zu wissen, von wem - und in welcher Größenordnung - seine Vertreter Geld oder geldwerte Leistungen entgegennehmen. Das Interesse des Abgeordneten, Informationen aus der Sphäre beruflicher Tätigkeiten vertraulich behandelt zu sehen, sei gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Erkennbarkeit möglicher Interessenverknüpfungen der Mitglieder des Deutschen Bundestages grundsätzlich nachrangig.

"Prangerwirkung"

Die vier unterlegenen Richter kritisierten, dass die Parlamentarier nun "ihre erzielten Einnahmen in weitem Umfang und ohne hinreichende rechtsstaatliche Sicherungen der Öffentlichkeit preisgeben" müssten. Dies sei mit der Freiheit des Mandats nicht vereinbar. Der Abgeordnete werde "zum gläsernen Menschen".

Die Richter Hassemer, Di Fabio, Mellinghoff und Landau sahen offenbar insbesondere ein Problem darin, dass exorbitant hohe Nebeneinkünfte von Abgeordneten beziehungsweise entsprechende Zahlungen von Unternehmen in der Öffentlichkeit auf Unterständnis stoßen könnte: Nach Auffassung der Richter könne bei der Würdigung der Eingriffsintensität nicht außer Acht bleiben, dass mit der "Offenlegung gerade auch von ungewichteten Tatsachen wie Bruttoeinkünften, die nicht im Kontext darstellbar sind, eine publizistische Prangerwirkung entstehen kann". Ohne nähere Erklärungen und Gewichtungen könnten "die bloßen Informationen über Mittelzuflüsse" in mehrfacher Hinsicht zu Fehlschlüssen verleiten.

Es könne letztlich der Eindruck eines "möglicherweise gewichtigen wirtschaftlichen Vorteils" vermittelt werden, "auch wenn lediglich die mit der Tätigkeit zusammenhängenden Kosten erstattet werden".n Bei Freiberuflern und Selbständigen sei das spezifische Problem, dass die Angabe lediglich der Brutto-Beträge ein unzutreffendes Bild erzeugen könne, wenn wegen hoher betrieblicher Kosten tatsächlich "kaum Gewinn" erzielt werde. In einem solchen Fall werde ein Abgeordneter praktisch genötigt, seine komplette Einkommensteuererklärung zu veröffentlichen, so die Richter, ohne sich allerdings über die Praxisrelevanz dieses Falls zu äußern.

Nach Auffassung der Richter Hassemer, Di Fabio, Mellinghoff und Landau ist eine Offenlegung grundsätzlich insoweit gerechtfertigt, als es um Informationen handelt, die auch tatsächlich dazu geeignet sind, "auf die Gefahr von Interessenverknüpfungen und Abhängigkeiten des Abgeordneten hinzuweisen". (AZ: 2 BvE 1/06 u. a. - Urteil vom 4. Juli 2007)

Verhaltenskodex

Nach dem seit Oktober 2005 geltenden neuen Verhaltenskodex müssen berufliche Tätigkeiten neben dem Abgeordnetenmandat samt den daraus bezogenen Einkünften dem Bundestagspräsidenten gemeldet werden, wenn sie 1000 Euro im Monat oder 10.000 Euro im Jahr überschreiten. Veröffentlicht werden sollen die einzelnen Nebeneinkünfte als Einordnung in drei Gruppen: 1000 bis 3500 Euro, 3500 bis 7000 Euro oder darüber.

Politiker planen bereits Einschränkungen bei der Offenlegung

Unmittelbar nach der Karlsruher Entscheidung wurde deutlich, dass die Politiker bereits nachträgliche Korrekturen an einzelnen Regelungen planen. Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) sprach von "einer politischen Debatte", in der auch die möglicherweise unbeabsichtigten Wirkungen einzelner Regelungen überprüft würden.

Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) signalisierte Gesprächsbereitschaft der SPD über kleinere Korrekturen bei der Offenlegung der Abgeordneten-Nebeneinkünfte. Falls tatsächlich bestimmte Berufsgruppen "einseitig benachteiligt" seien, sei er für ein "eventuelles Nachjustieren" bei den Detailregelungen offen.

Der stellvertretende Grünen-Fraktionschef im Bundestag, Hans-Christian Ströbele nannte die jetzt bestätigte Regelung "nur einen ersten Schritt in die richtige Richtung".

Der Geschäftsführer der FDP-Fraktion, Jörg van Essen, bedauerte das Urteil. Die Gefahr, dass der Bundestag zu einem Parlament von Gewerkschaftsfunktionären und Beamten werde, habe sich damit "dramatisch verstärkt".

Merz: Commerzbank, BASF, Deutsche Börse, Ernst & Young

Auch die unterlegenen Kläger wie der frühere Unions-Fraktionschef Friedrich Merz (CDU) bedauerten das Urteil. Der ehemalige Unionsfraktionsvorsitzende arbeitete im Mai 2006 als Anwalt für die Sozietät "Mayer, Brown, Rowe & Maw LLP". Parallel dazu saß er in in mehreren Aufsichtsräten, etwa bei der "Deutsche Börse AG", der "AXA Versicherung AG", der "Interseroh AG zur Verwertung von Sekundärrohstoffen" und der "ROCKWOOL Beteiligungs GmbH".

Bei der BASF AG Antwerpen war oder ist er Verwaltungsratsmitglied, bei der "AXA Konzern AG" Vorsitzender des Konzernbeirates. Normales Mitglied im Beirat war oder ist er bei der "Commerzbank AG", der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft "Ernst & Young AG", der "Möller & Förster KG" (Baumärkte - Baustoffe) sowie bei "Odewald & Compagnie" (Gesellschaft für Beteiligungen mbH).

Am 04-07-2007

Abgeordnete haben ein Problem mit Urteil zu Nebeneinkünften

"Handlungsbedarf"

Die Debatte zu den Nebeneinkünften der Bundestagsabgeordneten geht auch nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts weiter. Der CSU-Bundestagsabgeordnete Max Straubinger, der mit seiner Klage gegen die verschärfte Transparenzregelung im Abgeordnetengesetz gescheitert war, kritisierte der "Passauer Neuen Presse": "Praktikabel ist die Regelung nicht." Frühere Berufe vor der Abgeordnetentätigkeit und dann hinzu gekommene müssten unterschiedlich behandelt werden. Der Parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Uwe Küster, sagte: "Das Urteil war nur ein Sieg dritter Klasse. Rechtsfrieden erhalten wir damit nicht." Die Regelung müsse im Herbst noch einmal "entlang der Argumente der Verfassungsrichter" überarbeitet werden.

Bei der Beratung über die Klage war es unter den acht Richtern des Zweiten Senats in Karlsruhe zu einem Patt gekommen. Vier Verfassungsrichter wollten ihr stattgeben, vier sie zurückweisen. Damit wurde die Klage abgewiesen. Nach dem seit Oktober 2005 geltenden neuen Verhaltenskodex müssen berufliche Tätigkeiten neben dem Abgeordnetenmandat samt den daraus bezogenen Einkünften dem Bundestagspräsidenten gemeldet werden, wenn sie 1000 Euro im Monat oder 10.000 Euro im Jahr überschreiten.

Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) hat die Regelung erst nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts angewendet.

Der SPD-Bundestagsabgeordnete Peter Danckert forderte schnelle Korrekturen an den verschärften Verhaltensregeln für Abgeordnete. "Es gibt dringenden Handlungsbedarf", sagte er dem Berliner "Tagesspiegel". In seiner jetzigen Form verfehle das Abgeordnetengesetz seine eigentlichen Ziele. Aus den Pflichtangaben gehe weder hervor, ob das Abgeordnetenmandat im Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit von Parlamentariern stehe, noch ob Abgeordnete durch Nebentätigkeiten in der Ausübung ihres Mandats beeinträchtig würden.

Auch Danckert hatte vor dem Bundesverfassungsgericht als einer von neun Bundestagsabgeordneten vergeblich gegen die Pflicht zur Offenlegung von Nebeneinkünften geklagt.

Am 06-07-2007

Steuerfreie Abgeordnetenpauschale rechtens

Bundesfinanzhof weist Klagen ab

Die Steuerfreiheit der Abgeordnetenpauschale ist rechtlich nicht zu beanstanden. Der Bundesfinanzhof (BFH) in München wies am Donnerstag (2. Oktober) drei Klagen von Steuerzahlern ab und beendete damit einen rund achtjährigen Rechtsstreit. Die Kläger sahen durch die Abgeordnetenpauschale von rund 45.000 Euro pro Jahr den Gleichheitsgrundsatz in der Verfassung verletzt. Das höchste deutsche Finanzgericht sah davon ab, die Steuerfreiheit der Pauschale vom Bundesverfassungsgericht prüfen zu lassen. Der Bund der Steuerzahler forderte den Bundestag zu einer Neuregelung der Abgeordnetenbezüge auf. Mit der steuerfreien Kostenpauschale sollen Aufwendungen der Parlamentarier unter anderem für Büros oder eine Zweitwohnung abgedeckt werden. Der BFH bestätigte mit seinem Urteil die Entscheidungen der Vorinstanzen, wonach den Klägern die Pauschale nicht zusteht, da sie keine Abgeordneten seien. Die von Klägern gerügte Verfassungswidrigkeit der Abgeordnetenpauschale war nach Auffassung der Richter in den Streitfällen "nicht entscheidungserheblich".

Laut Gericht scheitert die Einbeziehung der Kläger in die steuerfreie Kostenpauschale bereits daran, dass andere Berufsgruppen mit Blick auf den Zweck der Pauschale nicht mit den Abgeordneten vergleichbar seien. Für den Fall, dass die Kostenpauschale "nicht realitätsgerecht" ausgestaltet sei, kommt deren Ausweitung nach Auffassung des BFH auf die Kläger erst recht nicht in Betracht. Der Gesetzgeber dürfte die Pauschale dann allenfalls auf die tatsächlich entstandenen mandatsbedingten Aufwendungen der Abgeordneten beschränken.

Der Bund der Steuerzahler verwies darauf, dass der BFH nicht darüber geurteilt habe, ob die Pauschale verfassungsrechtlichen Ansprüchen genüge. Es sei daher weiter offen, ob eine Neuregelung verfassungsrechtlich geboten sei. Gefordert sei nun der Bundestag. "Jetzt liegt es an den Abgeordneten, mit einer Neugestaltung der Abgeordnetenbezüge für Transparenz zu sorgen", sagte der Präsident des Steuerzahlerbundes, Karl Heinz Däke.

Als Vorbild wurde die Diätenreform in Nordrhein-Westfalen genannt. Dort erhalten die Abgeordneten seit 2005 nur noch einen voll zu besteuernden Betrag, aus dem sie sowohl die mandatsbedingten Aufwendungen als auch ihre Altersversorgung bestreiten. Die mandatsbedingten Aufwendungen könnten die Parlamentarier wie alle "normalen" Bürger in ihrer Steuererklärung geltend machen.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der Bundestags-Grünen, Volker Beck, begrüßte die Entscheidung des BFH und will an der bestehenden Regelung festhalten. Durch das Urteil werde das freie Mandat der Bundestagsabgeordneten gestärkt. Durch die Pauschale werde letztlich vermieden, "dass Verwaltungsbeamte den Abgeordneten bei der Ausübung ihres Mandates hineinreden", so Beck.

Am 02-10-2008

Abgeordnete werben für bessere Beratung bei Spätabtreibungen

Beratungsfrist

Abgeordnete des Bundestags haben für eine Verbesserung der ärztlichen Beratung bei Spätabtreibungen geworben. Über den Umgang mit solchen Schwangerschaftsabbrüchen wird seit Jahren gestritten. Im Bundestag standen am Mittwoch zwei konkurrierende Entwürfe für eine Neuregelung des Schwangerschaftskonfliktgesetzes zur Abstimmung. Als strittig erwies sich vor allem die Beratungsfrist. Unions-Fraktionsvize Ilse Falk (CDU) warb für eine dreitägige Mindestbedenkzeit bei Spätabtreibungen. "Geben wir doch den werdenden Eltern das Signal, in Ruhe über ihre Situation nachdenken zu können, um dann gut informiert und gut bedacht eine Entscheidung zu treffen, die ein ganzes Leben trägt", betonte Falk.

Die SPD-Abgeordnete Christel Humme sprach sich gegen eine solche gesetzlich verordnete Frist aus. "Wir müssen für unterschiedliche, schwere individuelle Schicksale eine entsprechend flexible gesetzliche Regelung vorlegen", sagte sie. Zusätzlicher Druck helfe in einer solchen Lage nicht.

Mit dem Begriff Spätabtreibungen bezeichnet man Abtreibungen ab der 23. Woche. Zu diesem Zeitpunkt gilt ein Ungeborenes normalerweise schon als lebensfähig. In Deutschland sind Abtreibungen innerhalb der ersten zwölf Schwangerschaftswochen nach vorhergehender Beratung straffrei. Aufgrund einer medizinischen Indikation sind Abbrüche aber auch zu einem späteren Zeitpunkt möglich, wenn die körperliche oder seelische Gesundheit der Schwangeren gefährdet ist.

Am 13-05-2009

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