Religionsverfassungsrechtler widerspricht Kardinal Lehmann
Der Münsteraner Professor für Öffentliches Recht, Christian Walter, hat dem Vorsitzenden der katholischen deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Lehmann, widersprochen, dass sich aus der deutschen Verfassungstradition und Geschichte ein Vorrang für die christlichen Kirchen ergebe. Lehmann hatte in einer Rede in Karlsruhe gesagt, Neutralität des Staates dürfe nicht als "unreflektierte Toleranz" verstanden werden, sondern müsse angesichts der tiefen Wurzeln des Christentums auch in der europäischen Rechtskultur im Falle der Kirchen "fördernd und wohlwollend" sein. Das Modell der Körperschaft des öffentlichen Rechts sei zuerst für die Kirchen geschaffen worden.
Bundesregierung widerspricht Kritik an EU-Verfassung
Die EU-Verfassung ist durch das "Nein" der Franzosen und Niederländer förmlich gescheitert. Dennoch braucht Europa nach Auffassung der deutschen Bundesregierung "einen Fahrplan, wie der Verfassungsprozess weiter gehen kann". Wegen der anhaltenden Widerstände in den Bevölkerungen und anlässlich des EU-Gipfels setzt sich die Bundesregierung jetzt mit der Kritik an der EU-Verfassung auseinander. Weder gebe es ein Demokratiedefizit noch sei Deutschland unterrepräsentiert, meint die Regierung. Außerdem werde die EU keineswegs zu einer "aggressiven Militärmacht". Und durch die EU-Verfassung werde auch die soziale Marktwirtschaft nicht abgeschafft.
Bundestag beschließt Regeln für künftigen Emissionshandel
Energieversorger und Industrieunternehmen müssen ihren CO2-Ausstoß künftig möglicherweise stärker reduzieren. Dies beschloss der Bundestag am 22. Juni in Berlin mit dem Gesetz zum Emissionshandel in den Jahren 2008 bis 2012. In namentlicher Abstimmung votierten 360 Abgeordnete für den Koalitionsentwurf. 180 Parlamentarier stimmten dagegen, darunter auch 29 Unions- und 15 SPD-Abgeordnete. 5 Unions- und 1 SPD-Parlamentarier enthielten sich. Dem Gesetz zufolge beträgt die zulässige Gesamtemissionsmenge von 2008 an 453,1 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr - rund 57 Millionen Tonnen pro Jahr weniger als in der ersten Handelsperiode von 2005 bis 2007.
Bundestagsausschuss billigt Fregattenbeschaffung
Trotz der scharfen Kritik des Bundesrechnungshofes hat der Haushaltsauschuss des Bundestages hat am 21. Juni die Beschaffung von vier Fregatten gebilligt. Wie das Verteidigungsministerium mitteilte, wurde der Vertag zu Konstruktion, Bau und Lieferung von vier Kriegsschiffe der Klasse 125 billigend zur Kenntnis genommen. Die Schiffe sollen von Thyssen Krupp und der Friedrich Lürssen Werft unter Beteiligung der Peene-Werft gebaut und ab Mitte des kommenden Jahrzehnts geliefert werden. Nach Medienberichten liegen die Kosten bei rund 2,3 Milliarden Euro. Der Bundesrechnungshof hatte die vorgesehenen Vertragsbedingungen als "zu industriefreundlich" kritisiert.
Rechtsstreit um Buch über den Tod Uwe Barschels
Der Tod des früheren schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten Uwe Barschel (CDU) beschäftigt weiter die Justiz. Innerhalb der Staatsanwaltschaft des nördlichsten Bundeslandes ist ein Rechtsstreit darüber entbrannt, ob der ehemalige Chefermittler und jetzige Leiter der Lübecker Staatsanwaltschaft, Heinrich Wille, ein Buch über den Tod des Politikers veröffentlichen darf.
Kritik an "Tornado"-Tiefflügen und Panzereinsatz beim G8-Gipfel
Die Kritik am G8-Einsatz der Bundeswehr hält auch Wochen nach dem Gipfeltreffen der Staatschefs in Heiligendamm an. Zum Unverständnis über die "Tornado"-Aufklärungsflüge kommt nun auch Unmut wegen der bekannt gewordenen Mission der Spähpanzer vom Typ "Fennek" hinzu. Während im Tiefflug Camps der Gipfelgegner und mögliche Barrikaden auf den Straßen ausspioniert worden sein sollen, haben die Panzer offenbar ein Genmaisfeld bewacht und anreisende Gipfelteilnehmer auf der Autobahn unter die Lupe genommen. Innen- und Verteidigungsausschuss konnten nach Ansicht von SPD, FDP und Linken hier bislang kein Licht ins Dunkel bringen.
Bundestag billigt Verlängerung des Bundeswehr-Einsatzes im Kosovo
Die deutsche Beteiligung am internationalen Kosovo-Einsatz (KFOR) wird um ein weiteres Jahr verlängert. Einen entsprechenden Antrag der Bundesregierung billigte der Bundestag am 21. Juni in Berlin mit den Stimmen von CDU, CSU, SPD, FDP und Grünen. In der Debatte betonte Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU), die Verlängerung des Bundeswehr-Mandats sei für notwendig für die Stabilität und friedliche Entwicklung im Kosovo. Dessen Perspektive hänge davon ab, dass die Status-Frage "positiv gelöst wird". Dabei sei der Vorschlag des UN-Sondergesandten Martti Ahtisaari, der die Unabhängigkeit des Kosovo unter internationaler Aufsicht vorsieht, eine "gute Grundlage".
Verbindungen zwischen sächsischer Korruptionsaffäre und Berliner Bankenskandal
In der Affäre um Korruption und organisierte Kriminalität in Sachsen gibt es offenbar auch Verbindungen zum Berliner Bankenskandal. In Ermittlungsakten wird konkret auf die Verbindung einer Hauptfigur der sächsischen Vorgänge zur früheren Aubis-Gruppe hingewiesen. Danach hatten Verantwortliche des Berliner Plattenbauunternehmens lange Kontakte mit dem Rechtsabteilungsleiter der Leipziger Wohnungs- und Baugesellschaft (LWB), Manfred Klockzin. Aubis hatte Mitte der 1990er Jahre von der LWB Tausende Plattenbauwohnungen gekauft. In der Affäre geht es auch um Angriffe auf Journalisten, Mord, einen Mordanschlag, einen zweifelhaften Selbstmord und einen spurlos verschwundenen Immobilienmakler.
Ex-Rüstungsstaatssekretär Pfahls plaudert über Rüstungslobbyist Schreiber
Ex-Rüstungsstaatssekretär Holger-Ludwig Pfahls hat sich in der Neuauflage des Steuerhinterziehungsprozesses gegen Max Strauß ausführlich zu seiner Beziehung zum Rüstungslobbyisten Karlheinz Schreiber geäußert. Der 64-jährige Kronzeuge der Anklage, der von Schreiber in den Jahren 1990 bis 1992 rund 1,9 Millionen Euro Schmiergeld erhalten hatte, bezeichnete den Waffenhändler am 20. Juni vor dem Landgericht Augsburg als "Landsknechttypen", der Probleme habe klein erscheinen lassen. Schreiber habe ein großes Talent, auf jemanden zuzugehen und Vertrauen zu schaffen. Pfahls, der die Annahme des Bestechungsgeldes heute als "großen Fehler und Unfug" sieht, sagte weiter, als er sich von Schreiber habe lösen wollen, habe dieser ihm klar gesagt: "Du kannst dich nicht zurückziehen, Du bist in der Geschichte drin, Du bist mit im Boot." Schreiber sei jemand, der andere jederzeit "vernichten" würde, behauptete der Ex-Staatssekretär.
Anklage gegen angeblichen "Kofferbomber"
Knapp ein Jahr nach den angeblich gescheiterten "Kofferbombenanschlägen" auf zwei Regionalzüge hat die Bundesanwaltschaft Anklage gegen den Hauptverdächtigen erhoben. Dem 22-jährigen Libanesen Youssef el-Hajdib aus Kiel wird versuchter vielfacher Mord vorgeworfen, wie die Bundesanwaltschaft am 20. Juni in Karlsruhe mitteilte. Er soll am 31. Juli 2006 in Köln gemeinsam mit dem im Libanon angeklagten Jihad Hamad zwei Bombenanschläge auf Regionalzüge versucht haben. Die Bundesanwaltschaft spricht neuerdings von "Bombentrolleys".
Wirtschaftsforscher für Nanotechnologie
Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) sieht große Wachstumspotentiale in der Nanotechnologie. Deutschland habe auf diesem Wachstumsmarkt eine starke Ausgangsposition, müsse aber die wirtschaftliche Verwertung dieser Technologien intensivieren, meinen die Wirtschaftsforscher. Im Vergleich mit den USA und Ostasien erfolge die Nutzung der Ergebnisse der Grundlagenforschung bis zur Marktreife einschließlich der Massenanfertigung in Deutschland noch zu zögerlich. Je eher diese Umsetzung gelinge, umso größer würden die Wachstums- und Beschäftigungseffekte für die deutsche Wirtschaft sein. Zu möglichen negativen Auswirkungen der Nanotechnologie auf die Gesundheit äußern sich die Wirtschaftsforscher nicht.
Gericht weist erste Klagen gegen Studiengebühren in Baden-Württemberg zurück
Die Studiengebühren in Baden-Württemberg sind nach einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts Freiburg rechtmäßig. Das Gericht wies am 20 Juni drei Klagen von Studenten gegen ihre Gebührenbescheide zurück. Die Richter konnten in den einzelnen Fällen keine Verstöße gegen das geltende Landes- und Bundesrecht feststellen. Rechtskräftig ist das Urteil noch nicht. Es wurde Berufung zugelassen.
Bundesregierung einigt sich auf Regelungen im Niedriglohnbereich
Gutverdienende Spitzenpolitiker von Union und SPD haben sich am 19. Juni auf Regelungen für den Niedriglohnbereich geeinigt. So sollen beispielsweise Friseure in Ostdeutschland für 3 Euro pro Stunde arbeiten. Wachleute dürfen im Bundesschnitt mit wenigstens 5 Euro rechnen, in Brandenburg mit 4,56 Euro. Mit den gefundenen Regelungen könne man Lohndumping verhindern, meint Bundeskanzlerin Angela Merkel. Anstelle eines flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohnes möchte die Regierungskoalition jene Wirtschaftszweige in das Arbeitnehmer-Entsendegesetz aufnehmen, in denen der tarifvertragliche Organisationsgrad mindestens 50 Prozent beträgt. Laut Bundesarbeitsminister Franz Müntefering (SPD) kommen dafür das Bewachungsgewerbe, die Entsorgungswirtschaft, die Zeitarbeit und die Postdienste in Frage. Damit gelten die Tarifverträge mit ihren Niedriglöhnen auch für die nicht tarifgebundenen Arbeitgeber. Die Fleischverarbeitenden Industrie, die Land- und Forstwirtschaft und der Erwerbsgartenbau sollen nicht in das Entsendegesetz aufgenommen werden.
Pflegebeitrag soll um 0,25 Prozentpunkte steigen
Der Beitrag zur gesetzlichen Pflegeversicherung soll zum 1. Juli 2008 um 0,25 Prozentpunkte auf 1,95 Prozent des Bruttoeinkommens steigen. Im Gegenzug soll der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung zum 1. Januar um 0,3 Prozentpunkte sinken. Darauf verständigten sich die Spitzen der Koalition am 19. Juni. Mit den Mehreinnahmen sollen unter anderem Demenzkranke in die Pflegeversicherung aufgenommen und Verbesserungen für Pflegende bezahlt werden, teilte SPD-Chef Kurt Beck mit. Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) sprach von einem "Riesenschritt". Der Links-Abgeordnete Ilja Seifert sagte, selbst wenn das zusätzliche Geld komplett an die etwa eine Million Demenzkranken ginge, erhielten sie nur 200 Euro pro Monat. "Eine kontinuierliche Betreuung ist dafür nicht zu haben. Pflegebedürftigkeit wird auch nach dieser Beitragserhöhung viele Menschen in Existenznot und Sozialhilfebedürftigkeit treiben." Schon heute müssten Heimbewohner durchschnittlich 40 Prozent der Heimkosten selbst tragen, "in der häuslichen Krankenpflege helfen sich immer mehr Familien mit ungelernten und illegal beschäftigten Pflegekräften".
Rechnungshof kritisiert geplante Anschaffung neuer Kriegsschiffe
Die Marine "jubelt" über die geplante Anschaffung von vier neuen Fregatten vom Typ "F 125". Der Bundesrechnungshof (BRH), der in finanziellen Angelegenheiten der Regierung auf die Finger schaut, hat dagegen schweres Geschütz gegen die milliardenteure Beschaffung aufgefahren. Er kritisiert die Bundeswehr, mit einer "schlampigen Vertragsvorlage" am 21. Juni in die entscheidende Beratung des Haushaltsausschusses des Bundestages zu gehen. Die Fregatten sollen die Steuerzahler 2,3 Milliarden Euro kosten. Sie sollen einmal die "F 122er" ablösen und vor allem im Rahmen der neuen weltweiten Aufgaben der Deutschen Marine eingesetzt werden.
Rot-Grün in Bremen plant Sparmaßnahmen
Die rot-grüne Koalition in Bremen will den Sparkurs für das hoch verschuldete Bundesland konsequent weiterführen. "Wir sind keine Ausgabenkoalition", sagte Bürgermeister Jens Böhrnsen (SPD) am Montag bei der Vorstellung des Koalitionsvertrags mit den Grünen. Es sei vereinbart worden, dass in der nächsten Legislaturperiode weniger ausgegeben werde als bisher. Damit folge Bremen den eigenen Angaben in der in Karlsruhe eingereichten Klage auf Sanierungshilfen des Bundes.
Atom-Zwischenlager Unterweser erhielt Betriebsgenehmigung für 40 Jahre
Das vom Energieriesen E.On betriebene Atomkraftwerk Unterweser in Esenshamm gehört zu den ältesten in Deutschland betriebenen Druckwasserreaktoren. Der Sicherheitsstandard der 1979 in Betrieb genommenen Anlage entspricht in etwa der von Altmeilern wie Biblis A, Biblis B und Neckarwestheim-1. Für das Atomkraftwerk Unterweser ist am 18. Juni das bundesweit letzte Standort-Zwischenlager in Betrieb genommen worden. Es ist für 80 Behälterstellplätze ausgelegt. Nach Angaben des Umweltministeriums in Hannover erhielt das atomare Zwischenlager eine Betriebsgenehmigung für 40 Jahre. Viele Anwohner befürchten, dass das Zwischenlager zu einem faktischen Endlager für den Atommüll werden könnte.
Kein Giftmüll aus Australien nach Nordrhein-Westfalen
Ein lange diskutierter Giftmülltransport von Australien nach Nordrhein-Westfalen findet offenbar nicht statt. Das Düsseldorfer Umweltministerium lehnte einen Antrag der australischen Regierung auf Verbrennung von mit hochgiftigem Hexachlorbenzol verunreinigten Abfällen in NRW ab. Der Antrag stehe in Widerspruch zum Baseler Abkommen, das den Transport gefährlicher Abfälle regelt, sagte Umweltminister Eckhard Uhlenberg (CDU) am 15. Juni in Düsseldorf. Seiner Darstellung nach gab die australische Regierung als Grund für die Verbringung der Abfälle den Widerstand ihrer Bevölkerung gegen eine Verbrennung im eigenen Land an. Eine solche Begründung reiche nicht aus.
Generalbundesanwältin lehnt Ermittlungen zu sächsischer Korruptionsaffäre ab
Generalbundesanwältin Monika Harms lehnt Ermittlungen ihrer Behörde zur sächsischen Korruptionsaffäre weiterhin ab. Ein Sprecher der Karlsruher Behörde teilte am 15. Juni mit, auch bei zwei weiteren, am 6. Juni eingegangenen "Zusammenstellungen" des Landesverfassungsschutzes über Erkenntnisse aus dem Bereich der Organisierten Kriminalität könne die Strafverfolgung nicht übernommen werden.
Attac sieht parlamentarischen Klärungsbedarf nach G8
Das globalisierungskritische Netzwerk Attac fordert eine intensive parlamentarische Aufklärung unter anderem des Vorgehens der Polizei während der G8-Proteste. Gefragt seien die Abgeordneten sowohl des Bundestages als auch der Landtages von Mecklenburg-Vorpommern, sagte Werner Rätz vom Attac-Koordinierungskreis am 15. Juni in Frankfurt am Main. Erforderlich sei vermutlich die Einrichtung von parlamentarischen Untersuchungsausschüssen.