DIE Internet-Zeitung

Artikel Seite 139
Volkszählung & Melderegister

Schaar gegen Einzelprüfung von Adressdaten

Nach Auffassung des Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Peter Schaar, wäre eine Verwendung von Volkszählungsdaten zur Melderegisterkorrektur verfassungswidrig. Der Bundesrat hat sich in seiner Sitzung am 12. Oktober 2007 dafür entschieden, zu dem vom Bundestag beschlossenen Zensusvorbereitungsgesetz 2011 den Vermittlungsausschuss einzuschalten. Es geht dem Bundesrat um die Möglichkeit einer Einzelüberprüfung von Meldedaten bei Unstimmigkeiten der zusammengeführten Registerdaten. Dies lehnt Schaar entschieden ab, weil das Bundesverfassungsgericht eine Trennung und gegenseitige Abschottung von Statistik und Verwaltung für unabdingbar halte.

Bundesbesoldungsgesetz

Karlsruhe billigt gekürzte Beamtenbezüge für Versorgungsrücklage

Die Kürzung von Beamtenbezügen und Pensionen zum Aufbau einer Versorgungsrücklage ist mit dem Grundgesetz vereinbar. Das hat das Bundesverfassungsgericht in einem am 16. Oktober veröffentlichten Beschluss entschieden. Die Karlsruher Richter verwarfen die Verfassungsbeschwerden von sechs Beamten und Pensionären. Die Kürzungen seien "sachlich gerechtfertigt". Mit der Versorgungsrücklage sollen die öffentlichen Haushalte der kommenden Jahre entlastet und künftige Beamtenpensionen finanziell abgesichert werden.

Guerillakrieg im Sudan | Anklage wegen angeblicher Gründung einer "terroristischen Vereinigung im Ausland

Terror 2007-2009

Die Bundesanwaltschaft hat am 19. September 2007 beim Staatsschutzsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts Anklage gegen den jordanischen Staatsangehörigen Thaer A. erhoben. Dem 33 Jahre alten Angeschuldigten wird in der zwischenzeitlich zugestellten Anklageschrift zur Last gelegt, zwischen Anfang Juni und Anfang Juli 2006 zusammen mit vier weiteren Personen eine "terroristische Vereinigung" im Ausland gegründet zu haben. Ziel der Vereinigung sollte sein, im Sudan eine Front gegen die "Kreuzritter" aufzubauen und den Jihad gemäß einer Aufforderung von Usama bin Laden durch Begehung schwerster Straftaten in die Tat umzusetzen, teilte die Bundesanwaltschaft am 16. Oktober mit. "Hierzu sollte im Sudan ein Trainingslager eingerichtet werden, um dort Freiwillige für den Jihad auszubilden und so auf einen von der Vereinigung erwarteten Guerillakrieg vorbereitet zu sein."

Agrar-Monokulturen in Entwicklungsländern

Köhler warnt vor Bioenergie-Kulturen auf Kosten der Ernährungslage

Bundespräsident Horst Köhler warnt vor neuen Agrar-Monokulturen in Entwicklungsländern auf Kosten der dortigen Ernährungslage. Monokulturen zur Herstellung von Biotreibstoff seien ohnehin keine adäquate Antwort auf das Problem des Klimawandels, sagte Köhler zum Welternährungstag am 16. Oktober in Rom. Dies gelte aber vor allem dann, wenn damit die Wasserprobleme in den Entwicklungsregionen noch zunähmen oder die Preise für Grundnahrungsmittel wie Mais oder Weizen enorm stiegen. Köhler mahnte laut Redemanuskript: "Bioenergie darf nicht zulasten von Ernährungssicherheit gehen."

Harsche Kritik an von der Leyen

Gescheiterter Vorstoß für jugendliche Testkäufer

Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) muss nach ihrem gescheiterten Vorstoß für jugendliche Testkäufer harsche Kritik vom Koalitionspartner SPD einstecken. SPD-Generalsekretär Hubertus Heil kritisierte am 15. Okober nach einer Schaltkonferenz des SPD-Präsidiums, Leyen habe "nicht sauber gearbeitet". Die Ministerin sei nicht in der Lage gewesen, einen "durchdachten Vorschlag" vorzulegen, sagte Heil. Das Familienministerium rückte inzwischen von dem Vorschlag ab, Jugendliche als Testkäufer von Alkohol, Tabak oder Gewaltfilmen zur Aufdeckung illegaler Praktiken einzusetzen. Die "emotionale Debatte" habe deutlich gemacht, dass Leyen diese Idee "nicht durchpeitschen" werde, sagte die Sprecherin des Familienministeriums, Iris Bethge. Nun solle im November an einem Runden Tisch eine Lösung gefunden werden.

Offener Vollzug

Drohender Jobverlust muss bei Strafvollzug berücksichtigt werden

Die Justiz muss bei der Entscheidung über einen offenen oder geschlossenen Strafvollzug die Resozialisierungsinteressen eines Verurteilten von vornherein ausreichend berücksichtigen. Darauf verwies das Bundesverfassungsgericht in einem am 15. Oktober in Karlsruhe veröffentlichten Beschluss. Drohe etwa der Verlust eines Arbeitsplatzes, sei es geboten, diesem Umstand schon im Vollstreckungsverfahren Rechnung zu tragen, also vor Antritt der Strafe.

OB Klingebiel Schirmherr der Proteste

Mehrere tausend Menschen demonstrieren gegen Atommüll-Endlager Konrad

Mehrere tausend Menschen haben am 13. Oktober in Salzgitter gegen das geplante Atommüll-Endlager Schacht Konrad demonstriert. In den Schacht Konrad soll schwach- und mittelradioaktiver Atommüll eingelagert werden. Bereits am Vormittag hatten sich an der Zufahrt zur Schachtanlage die ersten Traktoren, Autos und Radfahrer postiert. Gemeinsam mit dem Treckerkonvoi zogen die Demonstranten am Mittag am Bundesamt für Strahlenschutz vorbei zum Rathausplatz, wo die Abschlusskundgebung stattfand. Zu der Demonstration hatte das Bündnis Salzgitter gegen Konrad aufgerufen. Der Oberbürgermeister von Salzgitter, Frank Klingebiel (CDU), war Schirmherr der Protestveranstaltung.

Kritik von Regenwald-Schützern

Al Gore und UN-Weltklimarat erhalten Friedensnobelpreis

Der Friedensnobelpreis geht in diesem Jahr an den US-Politiker Al Gore und den UN-Weltklimarat (IPCC). Damit werde ihr Einsatz geehrt, "das Wissen um den menschengemachten Klimawandel" zu erweitern und zu verbreiten, teilte das Nobelpreiskomitee am 12. Oktober in Oslo mit. Gore war Vizepräsident unter dem früheren US-Präsidenten Bill Clinton. Im Jahr 2000 verlor er als Kandidat der US-Demokraten die Präsidentschaftswahl knapp gegen George W. Bush. Während viele Umweltorganisationen spontan jubelten, kritisierte die Organisation Rettet den Regenwald die Entscheidung des Nobelpreiskomitees, Al Gore auszuzeichnen.

Register & Stichproben

Länderkammer stoppt Vorbereitungsgesetz zur Volkszählung 2011 wegen Kosten

Der Bundesrat hat wegen der für die Länder anfallenden Kosten das Gesetz zur Vorbereitung der 2011 geplanten Volkszählung vorläufig gestoppt. Die Länderkammer rief am 12. Oktober in Berlin den Vermittlungsausschuss zu dem Bundestagsbeschluss an, mit dem die gesetzliche Grundlage für die Vorbereitung der Zählung geschaffen werden soll. Die Volkszählung 2011 soll nach dem Willen der Bundesregierung nach einem neuen, registergestützten System erfolgen, bei dem nicht mehr die gesamte Bevölkerung befragt wird. Stattdessen soll sowohl auf Melderegister und Daten der Bundesagentur für Arbeit sowie der Vermessungs- und Finanzbehörden als auch der für Grundsteuer, Grundbücher und Liegenschaftskataster zuständigen Länderstellen zurückgegriffen werden. Zusätzlich sollen rund 17,5 Millionen Gebäude- und Wohneigentümer sowie zehn Prozent der Bevölkerung stichprobenartig befragt werden.

"Fachpolitiker mundtot gemacht"

Höhere Steuern für Biokraftstoffe

Die deutsche Bundesregierung ist für erneuerbare Energien, möglicherweise aber nur dann, wenn große Energiekonzerne das Geschäft damit machen. Der Linksabgeordnete Hans-Kurt Hill kritisiert die Entscheidung der Bundesregierung, die Steuer auf Biokraftstoffe erheblich anzuheben. "Mit der rücksichtslosen Besteuerung von reinem Biosprit macht Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) eine ganze Branche platt. Er opfert zehntausende Arbeitsplätze, um kurzfristig Kasse zu machen, und setzt öffentliche Fördergelder in Millionenhöhe in den Sand", kritisiert Hill. "Es ist schon bemerkenswert, wie sich die große Zahl der Fachpolitiker aus der Regierungskoalition, die dieses Vorgehen kritisieren, hat mundtot machen lassen."

Abwägung Leben gegen Leben

Regierungskoalition verhindert Missbilligung für Jung im Bun

Die Regierungskoalitionen verhinderten am 11. Oktober im Bundestag eine Missbilligung des Parlaments für Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU). Die FDP hatte diese wegen wiederholter Äußerungen von Jung, ein von Terroristen gekapertes Zivilflugzeug notfalls durch die Bundeswehr abschießen zu lassen, beantragt. Daran sah die Opposition einen Verstoß gegen die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts. Die Oppostion stimmte für die Missbilligung des Verteidigungsminsters.

Ohne Grundrechtecharta

Lob und Kritik für Entwurf des neuen EU-Reformvertrags

Der Entwurf des neuen EU-Reformvertrags stößt im Bundestag auf breite Zustimmung. Vertreter fast aller Fraktionen lobten am 11. Oktober zugleich das Engagement der Bundesregierung, die wichtigsten Neuerungen der - an Volksabstimmungen - gescheiterten EU-Verfassung in einen neuen Grundlagenvertrag zu überführen. Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sagte, es sei gelungen, in dem von Experten erarbeiteten Vertragsentwurf die Verfassungs-"Substanz" zu retten. Die Bevölkerungen in Frankreich und in den Niederlanden hatten mehrheitlich gegen diese Substanz votiert. Der Europaexperte der Linksfraktion, Dieter Dehm, kritisierte, das hinter verschlossenen Türen erarbeitetes Ergebnis werde zu weniger Transparenz für den Bürger, einer weiteren Militarisierung der Europäischen Union, einer Ausweitung des marktradikalen Neoliberalismus und einer Reduzierung sozialer Standards in Europa führen.

IPPNW widerspricht

Außen-Ausschuss empfiehlt Zustimmung zum neuen Afghanistan-Mandat

Der Auswärtige Ausschuss des Bundestages hat am 10. Oktober mit großer Mehrheit eine Zustimmung des Parlaments zum neuen Afghanistan-Mandat der Bundeswehr empfohlen. Lediglich die Abgeordneten der Linksfraktion votierten dagegen, teilte die Bundestagsverwaltung mit. Mit dem Votum des bei der Beratung federführenden Ausschusses wurde die letzte parlamentarische Hürde vor der für den 12. Oktober geplanten namentlichen Abstimmung über den Regierungsantrag genommen, der einen Einsatz von bis zu 3500 Soldaten bis Oktober kommenden Jahres vorsieht. Die dafür notwendigen Ausgaben werden mit rund 487 Millionen Euro veranschlagt.

"Raffgier selbstsüchtiger Manager"

Aktienoptionen für Manager in der Kritik

"Möglicher Insiderskandal bei EADS. Frankreich hat ein neues Schimpfwort: 'stock options'", so die "Wirtschaftswoche". Seit dem vermuteten Insiderskandal beim Luft-und Raumfahrtkonzern EADS gälten Aktienoptionen in der Bevölkerung "als Inbegriff der Raffgier selbstsüchtiger Manager". Die französische Regierung wolle nun die Vergabe von Aktienoptionen eindämmen. Auch in der deutschen Wirtschaft stießen die millionenschweren Aktienoptionsprogramme bei börsennotierten Unternehmen auf Kritik. "Aktienoptionen bergen die große Gefahr, Insider in Versuchung zu führen", sagte der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Ludwig Georg Braun laut Wirtschaftswoche. "Sollte etwas an den Vorgängen beim Luftfahrt- und Rüstungskonzern EADS dran sein, wäre das „ein Trauerspiel für die Wirtschaft."

"Aus für kleine Bahnhöfe"

Tiefensee wehrt sich gegen angeblichen Kahlschlag bei der Bahn in der Fläche

Seit der "Bahnreform" in den 1990er Jahren tobt ein Streit darüber, ob die Bundesregierung gemeinsam mit der Industrie einen Kahlschlag der Bahn in der Fläche plant oder nicht. Tausende Streckenkilometer wurden seitdem stillgelegt und Güterverkehrsstellen geschlossen, obwohl ein Aufschwung für die Bahn versprochen worden war. Doch die Bahn setzt vor allem auf die Hauptverkehrsachsen. Am 9. Oktober sah sich Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee genötigt, Presseberichte über die mögliche Schließung kleiner Bahnhöfe zu dementieren. "Es ist hanebüchen, einem Bundesverkehrsminister zu unterstellen, dass er in einem Bundesland etwa 50 Prozent aller Bahnhöfe schließen möchte", sagte Tiefensee am Rande der Verkehrsministerkonferenz in Merseburg. Das Gegenteil sei der Fall.

"Verbindliche Papiereinsparquoten"

Umweltschützer fordern 50 Prozent weniger Papierverbrauch

Umwelt- und Verbraucherschutzverbände forderten die Bundesregierung am 9. Oktober auf, Maßnahmen einzuleiten, um den Papierverbrauch in Deutschland um 50 Prozent zu senken. Bundes- und Landesregierungen aber auch kommunale Entscheidungsträger müssten mit gutem Beispiel vorangehen und sich für "konsequentes Papiersparen" einsetzen. Gleichzeitig sollte in allen Behörden und öffentlichen Einrichtungen die Pflicht zum Einsatz von Recyclingpapier mit dem Blauen Engel bestehen.

Ämtertrennung nach Personaldebatte

Ute Vogt gibt Fraktionsvorsitz im Stuttgarter Landtag ab

Die SPD-Politikerin Ute Vogt gibt Anfang 2008 das Amt der SPD-Fraktionschefin im baden-württembergischen Landtag ab. Vogt kündigte am Dienstag in Stuttgart an, bei der Neuwahl des Fraktionsvorstandes nicht mehr zu kandidieren. Sie zog damit die Konsequenzen aus der Auseinandersetzung um ihre "Führungsqualitäten". Den Posten der SPD-Landesvorsitzenden wird die 42-Jährige aber behalten. In diesem Amt war sie erst Ende September auf einem Parteitag mit 77 Prozent Zustimmung bestätigt worden.

Trotz UN-Sozialpakt

Oberverwaltungsgericht NRW billigt Studiengebühren

Mit einem Grundsatzurteil hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) in Münster die Studiengebühren in Nordrhein-Westfalen (NRW) für rechtmäßig erklärt. Das Studienbeitrags- und Hochschulabgabengesetz berechtige die Universitäten zur Erhebung von Studienbeiträgen, teilte das Gericht am 9. Oktober in Münster mit. Höherrangiges Recht stehe dieser Regelung nicht entgegen. Während die schwarz-gelbe Landesregierung das Urteil begrüßte, formulierten SPD, Grüne und Studentenvertreter erneut deutliche Kritik an den Uni-Gebühren.

Bundesärztekammer

Regierung will angeblich jede fünfte Klinik schließen lassen

Die Bundesärztekammer wirft der Bundesregierung vor, die akute Notlage der deutschen Kliniken absichtlich in Kauf zu nehmen. In der "Neuen Osnabrücker Zeitung" hielt Ärztepräsident Jörg-Dietrich Hoppe der Politik vor, sie wolle die Krankenhauslandschaft bewusst ausdünnen. Das SPD-geführte Bundesgesundheitsministerium und SPD-Gesundheitsexperten im Bundestag hätten das Ziel, jede fünfte Klinik nicht überleben zu lassen. "CDU und CSU lassen sie innerhalb der Koalition gewähren", klagte Hoppe.

Genmanipulierte Mäuse

Kritik an Medizin-Nobelpreis

Der Bundesverband Menschen für Tierrechte kritisiert die Vergabe des diesjährigen Nobelpreises für Medizin an drei Wissenschaftler, die ein Verfahren zur gezielten Genmanipulation von Mäusen entwickelt haben. Damit werde eine auf die Erbanlagen fixierte Medizin ausgezeichnet, die den Blick für den Menschen als ganzheitliches Wesen verliere. Die Tierschützer monieren, dass seit Jahren die Versuche mit genmanipulierten Mäusen ansteigen. Von 2000 bis 2005 habe ihre Zahl um über das Doppelte zugenommen. Ob dies kranken Menschen helfe, sei aber "äußerst fragwürdig".