Bundesregierung will Marine-Einsätze gegen Piraten
Der "internationale Kampf gegen Terrorismus" hat möglicherweise langsam ausgedient, um Bundeswehr-Einsätze im Ausland zu legitimieren. Die Bundesregierung sondiert jetzt Möglichkeiten der deutschen Marine im "Kampf gegen die internationale Piraterie". Die Koalitionsspitzen vereinbarten dazu Gespräche zwischen Verteidigungsministerium und Auswärtigen Amt, wie Regierungssprecher Ulrich Wilhelm am Freitag (13. Juni) in Berlin sagte. Schon 1992 definierte die Bundesregierung die "Aufrechterhaltung des freien Welthandels und des ungehinderten Zugangs zu Märkten und Rohstoffen in aller Welt" in den damaligen Verteidigungspolitischen Richtlinien als Aufgabe der Bundeswehr.
"Die Koalition muss ihr endloses Palaver beenden"
Die große Mehrheit der Bürger wünscht im Gegensatz zu Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) eine Rückkehr zur alten Pendlerpauschale. Dem neuen ZDF-Politbarometer vom Freitag (13. Juni) zufolge sind 85 Prozent dafür, dass die Kosten für den Weg zur Arbeit wieder ab dem ersten Kilometer steuerlich berücksichtigt werden. Gegen diese Forderung sind nur 12 Prozent. Außerdem räumten 51 Prozent Steuersenkungen den Vorrang vor der Haushaltskonsolidierung (43 Prozent) ein. "Die Koalition muss ihr endloses Palaver beenden und die Pendler vor dem Hintergrund der gestiegenen Spritpreise sofort entlasten", forderte vor diesem Hintergrund Links-Fraktionschef Oskar Lafontaine.
Gabriel lehnt Laufzeitverlängerung für Neckarwestheim-1 ab
Block 1 des baden-württembergischen Atomkraftwerks Neckarwestheim muss möglicherweise Ende 2009 endgültig abgeschaltet werden. Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) lehnte am Donnerstag (12. Juni) die vom Kraftwerksbetreiber EnBW beantragte Laufzeitverlängerung für den 32 Jahre alten Reaktor "aus Sicherheitsgründen" ab. Ziel des Energiekonzerns war eine Verlängerung der Laufzeit von Neckarwestheim-1 bis 2017. Das Ministerium erteilte nun dem Antrag der EnBW, Strommengen von dem jüngsten deutschen Atomreaktor Neckarwestheim-2 auf den zweitältesten, sich in Betrieb befindenden Reaktor Neckarwestheim-1 zu übertragen, eine Absage. Dies sei "nicht zulässig". Block-1 verfüge über "weniger Sicherheitsreserven" als der modernere Block 2, der zu den so genannten "Konvoi-Anlagen" zählt. Zur Sicherstellung der Energieversorgung und zum Klimaschutz sei ein längerer Betrieb von Neckarwestheim-1 nicht erforderlich.
Fingerabdrücke im Ausweis auf freiwilliger Basis
Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) ist offensichtlich mit seinem Vorhaben zum Teil gescheitert, Fingerabdrücke in jedem neuen Personalausweis speichern zu lassen. Die "Neue Osnabrücker Zeitung" berichtete am Donnerstag (12. Juni) unter Berufung auf Innenexperten von SPD und Union, Fingerabdrücke sollten nur auf Wunsch im Personalausweis gespeichert werden. Eine Speicherpflicht werde es nicht geben. Der innenpolitische Sprecher der Unions-Fraktion, Hans-Peter Uhl (CSU), sagte der Zeitung: "Es läuft darauf hinaus, dass der Bürger selbst entscheiden kann, ob er seine Fingerabdrücke abgibt oder nicht." Schäuble und Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) hätten sich auf dieses Optionsmodell verständigt. Die Opposition sprach von einem merkwürdigen Kompromiss.
Studiengebühren in Hessen sind rechtens - abweichendes Votum von fünf Richtern
Der jahrelange Streit über die Zulässigkeit von Studiengebühren in Hessen ist zumindest juristisch beendet. Das Verfassungsgericht des Landes, der Staatsgerichtshof, entschied am Mittwoch (11. Juni), dass die zum vergangenen Herbst eingeführten Beiträge in Höhe von 500 Euro pro Semester mit der Landesverfassung vereinbar sind. Das Votum der elf Richter fiel allerdings denkbar knapp aus - fünf vertraten eine andere Meinung. Gegner der Studiengebühren sprachen von politischem "Druck" auf das Gericht. SPD, Grüne und Linke wollen in der kommenden Woche das Gesetz zur Abschaffung der hessischen Studiengebühren endgültig beschließen.
Linke kritisieren Versicherungskonzerne wegen Zweiklassenmedizin
Die Pläne der privaten Krankenversicherungskonzerne Allianz, Axa und Ergo stoßen bei der nordrhein-westfälischen Linken auf heftige Kritik. Deren gesundheitspolitischer Sprecher, Andrej Hunko, meint, eine per Kopfpauschale finanzierte "minimale Basisversorgung für die Masse der Versicherten" und ein darauf aufbauendes "System von Zusatzversicherungen" würde die Zweiklassenmedizin in Deutschland zementieren.
Harsche Kritik an US-Präsident Bush
Der Abschiedsbesuch von US-Präsident George W. Bush in Deutschland ist von massiver Kritik begleitet worden. Sozialdemokraten und Friedensbewegung beanstandeten vor allem den Irak-Krieg der USA sowie die immensen Rüstungsausgaben der Vereinigten Staaten. Laut jüngsten SIPRI-Jahresbericht gehen mit 547 Milliarden US-Dollar etwa 45 Prozent der weltweiten Rüstungsausgaben auf das Konto der USA. Bush traf am Abend des 10. Juni zu dem voraussichtlich letzten Besuch seiner Amtszeit in Deutschland ein. In Meseberg wurde er von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) willkommen geheißen.
1,34 Billionen Dollar für Rüstung
Die Rüstungsausgaben sind im vergangenen Jahr weltweit erneut gestiegen. Insgesamt beliefen sich die Ausgaben 2007 für Rüstungsprojekte auf rund 1,34 Billionen Dollar, teilte das Stockholmer Friedensforschungsinstitut SIPRI am Montag (9. Juni) mit. Dies sei gegenüber dem Vorjahr eine Steigerung von sechs Prozent. Auf der Rangliste der Staaten mit den höchsten Rüstungsausgaben liegt Deutschland den Angaben nach mit 36,9 Milliarden Dollar auf Platz sechs. Die USA führen die Liste mit 547 Milliarden Dollar - fast die Hälfte aller Ausgaben - an.
Bundestag beschließt Gesetze zu Kraft-Wärme-Kopplung und erneuerbaren Energien
Der Bundestag verabschiedete am 6. Juni insgesamt vier Gesetze zur Kraft-Wärme-Kopplung, zum Erneuerbaren Energienrecht und zur Marktöffnung des Messwesens bei Strom und Gas. Offizielles Ziel ist es, die Treibhausgasemissionen bis 2020 "deutlich" zu senken. Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) ist die gleichzeitige Erzeugung von Strom und Wärme in einem kleineren Kraftwerk, das mit fossilen Brennstoffen oder auch mit Biomasse befeuert wird. In namentlicher Abstimmung entschieden die Abgeordneten, dass der Anteil erneuerbarer Energien im Strombereich bis zum Jahr 2020 geringfügig auf 25 bis 30 Prozent erhöht werden soll. Derzeit liegt er bereits bei 18 Prozent. Auch bei der Energieversorgung von Gebäuden soll ihr Anteil steigen. Der Anteil der Stromerzeugung aus Kraft-Wärme-Kopplung soll bis 2020 auf etwa 25 Prozent verdoppelt werden. Dazu sollen Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen und Wärmenetze mit jährlich bis zu 750 Millionen Euro gefördert werden.
Verteidigung im "Atomschmuggel"-Prozess stellt Befangenheitsantrag
Mit Anträgen der Verteidigung ist am 6. Juni vor dem Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart der Prozess gegen einen Ingenieur wegen des Verdachts der Beteiligung am libyschen Atomprogramm fortgesetzt worden. In einem Befangenheitsantrag forderten die Anwälte des 65-jährigen Angeklagten, einen Sachverständigen von dem Verfahren auszuschließen. Dieser habe "evident unwahre" Behauptungen zur Nutzung von Uran aufgestellt. Seine Unparteilichkeit stehe in Frage.
Hessischer Landtag muss erneut über Studiengebührengesetz abstimmen
Der hessische Landtag muss erneut über die von SPD und Grünen auf den Weg gebrachte Abschaffung der Studiengebühren beschließen. Der Ältestenrat des Parlaments verständigte sich dazu am 5. Juni auf eine Sondersitzung des Landtags am 17. Juni. Der geschäftsführende Ministerpräsident Roland Koch (CDU) hatte sich zuvor geweigert, das mit den Stimmen von SPD, Grünen und Linkspartei am 3. Juni bereits beschlossene Gesetz zur Gebührenabschaffung zu unterzeichnen.
Handystörsender in baden-württembergischen Gefängnissen beschlossen
In Baden-Württemberg können Gefängnisse künftig mit Mobilfunk-Störsendern ausgestattet werden, um Handytelefonate von Gefangenen unmöglich zu machen. Der Landtag in Stuttgart beschloss am 5. Juni ein entsprechendes Gesetz. Justizminister Ulrich Goll (FDP) will mit der Neuerung kriminelle Geschäfte hinter Gittern sowie Fluchten und Absprachen verhindern. Mit den Störsendern werde ein Handy im Strafvollzug "schlagartig nutzlos", sagte der Politiker.
Vorläufige Bewertungen des Zwischenfalls im Atomkraftwerk Krsko
Nach dem Zwischenfall im slowenischen Atomkraftwerk Krsko haben Experten die frühzeitige Entwarnung durch die EU-Kommission und Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) kritisiert. Die Umweltorganisation Greenpeace warf Gabriel vor, den Zwischenfall in seinen ersten Stellungnahmen heruntergespielt zu haben. Greenpeace-Atomexperte Thomas Breuer sagte am 5. Juni, die Entwarnung deutscher Behörden finde er erstaunlich, "weil erst eine sehr kurze Zeit seit dem Störfall vergangen ist". Man dürfe nicht vergessen, "dass immerhin ein Alarm ausgelöst wurde, den es so in Europa noch nie gegeben hat." Auch nach Auffassung der atomkritischen Ärzteorganisation IPPNW zeigt die Meldung an die EU-Kommission, "dass die Slowenen den Vorfall zumindest zwischenzeitlich als extrem gefährlich eingeschätzt haben müssen".
Regierung will Zusatzprämie für ausbildungsunwillige Unternehmen
Mit einem bis Ende 2010 befristeten Ausbildungsbonus will die Bundesregierung die Firmen bewegen, rund 100.000 zusätzliche Lehrstellen für benachteiligte Jugendliche zu schaffen. Ein entsprechendes Gesetz beschloss der Bundestag am 5. Juni in Berlin gegen die Stimmen der Opposition. Diese kritisierte den Bonus als ungerecht, da damit bisher ausbildungsunwillige Unternehmen eine Zusatzprämie erhielten. Derzeit sind den Angaben zufolge 385.000 Jugendlichen länger als ein Jahr auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz.
"Regeln" für Industrieberater in der Bundesverwaltung
Beim Einsatz externer Berater in der Bundesverwaltung soll es nach fraktionsübergreifendem Willen künftig mehr Transparenz geben. Nach Angaben der Bundestagspressestelle beschloss der Haushaltsausschuss am 4. Juni auf Antrag der Koalitionsfraktionen von Union und SPD sowie der FDP und der Grünen gegen die Stimmen der Linksfraktion, dass die Regierung dabei "weitere Eckpunkte" beachten muss. So sollen nicht nur die Mitarbeiter von Unternehmen und Verbänden erfasst werden, sondern auch "Beschäftigte von Zuwendungsempfängern und Institutionen im Mehrheitsbesitz des Bundes sowie unentgeltliche Berater".
Kritik am "Friedensgutachten 2008"
Teile des diesjährigen Friedensgutachtens der fünf großen Friedensforschungsinstitute sind in den Reihen der Friedensbewegung auf Kritik gestoßen. Lühr Henken und Peter Strutynski vom Bundesausschuss Friedensratschlag werfen den Instituten vor, die Beteiligung Deutschlands und der Europäischen Union an Militarisierung, Rüstung und Krieg auszublenden: "Wer die Verantwortung für die Militarisierung der Weltpolitik der US-Regierung unter George W. Bush anlastet und die Europäische Union dabei weitgehend ungeschoren lässt, beschreibt nur die halbe Wahrheit", so Henken und Strutynski. Tatsächlich aber seien die EU-Staaten hoch gerüstet, der EU-Reformvertrag schreibe Aufrüstung vor, die Bundesrepublik Deutschland steigere ihre Verteidigungsausgaben, die EU baue ihre Streitkräfte zu Interventionsarmeen um. Zustimmend zum diesjährigen Friedensgutachten äußern sich Henken und Strutynski nur hinsichtlich der darin enthaltenen Abrüstungsforderungen.
Landtag beschließt mit rot-rot-grüner Mehrheit Abschaffung der Studiengebühren
In Hessen ist das Studium an Universitäten und Fachhochschulen ab Herbst wieder gebührenfrei. Mit den Stimmen von SPD, Grünen und Linksfraktion und gegen das Votum von CDU und FDP beschloss der Landtag am 3. Juni in Wiesbaden, die erst zum vergangenen Wintersemester eingeführten Beiträge wieder abzuschaffen. Neben den allgemeinen Gebühren in Höhe von 500 Euro pro Semester setzte Die Linke Landtagsmehrheit auch das Aus der Gebühren für ein Zweitstudium und für eine überlange Studiendauer durch. SPD und Grüne betonten, mit der Abschaffung der Gebühren ein zentrales Versprechen aus dem Landtagswahlkampf einzulösen. Beide Parteien wie auch die Linke halten die Studienbeiträge für unsozial und verfassungswidrig.
Kabinett verabschiedet BKA-Gesetz
Das Bundeskriminalamt (BKA) soll weitreichende polizeiliche Befugnisse erhalten - zur Abwehr terroristischer Gefahren, wie es offiziell zur Begründung heißt. Im April hatten sich Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) und Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) auf einen Gesetzentwurf geeinigt, der dem BKA Kompetenzen zur Terrorabwehr überträgt und unter anderem die Videoüberwachung von Wohnungen und die Online-Durchsuchung privater Computer ermöglichen soll.
Hauptmann der Bundeswehr muss sich wegen obszöner Aufnahmerituale verantworten
Wegen obszöner Aufnahmerituale bei einem Fallschirmjägerbataillon muss sich ein Hauptmann der Bundeswehr ab 5. Juni vor dem Amtsgericht Zweibrücken verantworten. Bei dem Angeklagten handelt es sich um den ehemaligen Chef der dritten Kompanie des in Zweibrücken stationierten Bataillons der Saarland-Brigade. Ihm wird im Zusammenhang mit der sogenannten Dörrobst-Affäre eine Pflichtverletzung als Vorgesetzter vorgeworfen. So soll er den Verdacht einer Straftat nicht gemeldet oder untersucht haben.
Dresdens suspendierter OB Roßberg zu Bewährungsstrafe verurteilt
Dresdens suspendierter Oberbürgermeister Ingolf Roßberg (FDP) ist am 4. Juni wegen Beihilfe zum Bankrott zu einer Bewährungsstrafe von sieben Monaten verurteilt worden. Damit blieb das Landgericht Dresden deutlich unter dem im September 2006 verhängten Strafmaß aus erster Instanz. Damals war Roßberg von einer anderen Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts wegen Untreue und Beihilfe zum Bankrott zu 14 Monaten auf Bewährung verurteilt worden.