DIE Internet-Zeitung

Artikel Seite 149
"In der Klimadiskussion kommt das Fahrrad nicht vor"

Nationaler Radverkehrsplan gescheitert

Nach Auffassung des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) wird der Radverkehr in Deutschland unterbewertet "und muss deutlich stärker als bisher von der Politik gefördert werden". Anlässlich der Mitte Juni in München stattfindenden Fahrradkonferenz Velo-city kritisiert der Fahrrad-Club, dass der Anteil des Radverkehrs am Gesamtverkehrsaufkommen seit mehreren Jahren bei neun Prozent stagniere. Dabei habe der 2002 beschlossene Nationale Radverkehrsplan (NRVP) zu einer deutlichen Stärkung des Radverkehrs in Deutschland führen und seinen Anteil bis 2012 verdoppeln sollen.

Direkte Demokratie in Mülheim

Bürgerbegehren gegen weitere Privatisierung erfolgreich

"Soll die Stadt Mülheim es in Zukunft unterlassen, in Bereichen der Daseinsvorsorge Gesellschaftsanteile, Gebäude und/oder deren Betreibung an nicht gemeinnützige Private zu übertragen?" Bürgerinnen und Bürger von Mülheim wollten, dass diese Frage der Bevölkerung zur direkten Abstimmung vorgelegt wird. Dieses Ziel haben sie nun mit Hilfe eines von knapp 8000 Menschen unterstützten Bürgerbegehrens erreicht - außer der Rat der Stadt beschließt nun seinerseits, auf weitere Privatisierungen zu verzichten. Bestehen die kommunalen Volksvertreter hingegen auf ihrer bisherigen Politik, dann kann die Bevölkerung innerhalb von drei Monaten selbst entscheiden.

G8-Gipfel

Bello fordert Rückbesinnung auf die nationalen Ökonomien

Vor dem G8-Gipfel in Heiligendamm hat der Träger des Alternativen Nobelpreises, der philippinische Soziologe Walden Bello, eine Rückbesinnung auf die nationalen Ökonomien gefordert. Bello sagte, die Globalisierung stecke in einer tiefen Krise und befinde sich auf dem Rückzug. "Das Versprechen dieses Projekts lautete: Es werde weniger Ungleichheit, weniger Armut, dafür aber mehr Wohlstand geben. Geschehen ist das Gegenteil. Die Welt befindet sich in einem schlechteren Zustand als zuvor." Die Globalisierung werde heute besonders mit dem Klimawandel und der Erderwärmung in Verbindung gebracht. Ein entschiedenes Umdenken sei nötig. Die Wirtschaft müsse sich wieder stärker auf ihr jeweiliges nationales Umfeld fokussieren.

Körperverletzungen

Gewalt am Rande der Großdemonstration vor G8-Gipfel

Wenige Tage vor Beginn des G8-Gipfels in Heiligendamm ist es am Wochenende zu schweren Ausschreitungen zwischen militanten Globalisierungskritikern und der Polizei gekommen. Bei den gewalttätigen Auseinandersetzungen am Rande der internationalen Großdemonstration von G8-Gegnern am 2. Juni in Rostock wurden viele Menschen verletzt. Auf Seiten der Demonstranten wurden laut Demonstrationsleitung mindestens 520 Personen verletzt, darunter 20 schwer. Polizeiangaben zufolge wurden 433 Einsatzkräfte verletzt, 30 davon schwer.

"Existenz-Zerstörung"

Bauern-Proteste gegen Agro-Business und Gentechnik der G8

Einen Tag nach der Großdemonstration protestierten Bauern aus mehreren Ländern am Sonntag, den 3. Juni in Rostock gegen die Agrarpolitik der G8-Staat. Bauern aus Nepal, Nicaragua, der Türkei, Kanada, Palästina und vielen anderen Ländern liefen an der Spitze der Demonstration. Paul Nicholson, Landwirt aus dem spanischen Baskenland und Europakoordinator der weltweiten Kleinbauernorganisation "Via Campesina" sagt, "wir sind nach Rostock gekommen, weil die G8 politische und wirtschaftliche Entscheidungen trifft, die das Leben der Bauern weltweit bestimmen". Diese Politik zerstöre die Existenz von Millionen Kleinbauern jährlich.

Huren und Tafelrunden

Vorwürfe gegen Leipziger Politiker und den Generalstaatsanwalt

In der Affäre um angebliche Verbindungen sächsischer Politiker und Justizbeamter zum organisierten Verbrechen und ins Rotlichtmilieu sind am Wochenende zahlreiche neue Details bekannt geworden. So sind offenbar zwei bundesweit bekannte Leipziger Politiker belastet, die sich mehrfach Prostituierte ins Haus geholt haben sollen. Zudem soll es bei regelmäßigen Treffen von hochrangigen Leipziger Stadtbediensteten und Immobilienunternehmern zu rechtswidrige Geschäftsabsprachen gekommen sein. Auch Generalstaatsanwalt Jörg S. wird belastet. Ihm wird Strafvereitelung im Amt vorgeworfen. Er wies die Vorwürfe zurück.

Marine, Dresdner Bank & Deutsches Reich

Heiligendamm wird offenbar Fall für Jewish Claims Conference

Die Geschichte des G8-Tagungsortes Heiligendamm beschäftigt die Jewish Claims Conference. Wie die "Welt am Sonntag" berichtete, prüft die Organisation, ob es Ansprüche aus dem Erbe eines jüdischen Vorbesitzers des Ostseebades gibt. Seit Donnerstag lägen dazu umfangreiche Akten bei der Claims Conference in Frankfurt am Main.

G8-Kritik

NPD-Anhänger zogen durchs Brandenburger Tor

Nach dem Verbot einer NPD-Demonstration in Schwerin gegen den G8-Gipfel sind Anhänger der rechten Partei am 2. Juni nach Berlin und in weitere Bundesländer ausgewichen. Wie ein Polizeisprecher in der Hauptstadt sagte, zogen am Vormittag etwa 100 Angehörige der rechten Szene bei einer unangemeldeten Demonstration durch das Brandenburger Tor. Laut Polizei zogen die Neonazis mit Plakaten und NPD-Fahnen durchs Brandenburger Tor. Dabei riefen sie Parolen gegen den G8-Gipfel im Ostseebad Heiligendamm. Dem Sprecher zufolge konnten die etwa zehn anwesenden Polizisten einen Durchmarsch nicht verhindern.

"Militarisierung der Innen- und Außenpolitik"

Globalisierungsgegner besetzen Teile des "Bombodroms"

Einige hundert Globalisierungsgegner haben am 1. Juni in der Kyritz-Ruppiner Heide gegen den "Bombodrom" genannten geplanten Bombenabwurfplatz demonstriert und einen Teil des Areals für besetzt erklärt. Am Nachmittag zogen mehrere hundert Demonstranten in das von der Bundeswehr gesperrte Gelände an der Landesgrenze zwischen Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern. Ulrike Laubenthal von der veranstaltenden Organisation "No War - No G8" sagte: "Wir bleiben heute Nacht hier". Die Proteste richteten sich gegen eine "Militarisierung der Innen- und Außenpolitik" sowie gegen die Politik der G8, deren Staats- und Regierungschefs sich in der kommenden Woche in Heiligendamm treffen. Der Inspekteur der Luftwaffe, Klaus Peter Stieglitz, hatte unlängst deutlich gemacht, dass der Bombenabwurfplatz der Bundeswehr als Übungsgelände für Auslandseinsätze dienen soll.

"Eine Reifenlänge voraus"

Polizei stellt wegen G8-Gipfel Kinderfahrräder sicher

Die Polizei möchte offenbar die Mobilität von Gegnern des G8-Gipfels erschweren. So beschwerten sich Gipfelkritiker am Freitag über die Beschlagnahmung ihrer Fahrräder. Auf dem Weg in die Camps seien Fahrzeuge durchsucht und vor allem ältere Räder eingezogen, da sie nicht eindeutig ihren Besitzern zugeordnet werden konnten. Die Polizei habe die Aktion mit dem "begründeten Verdacht, dass bundesweit gestohlene Fahrräder nach Heiligendamm verbracht werden sollen", erklärt. Selbst Kinderfahrräder seien konfisziert worden, sagte eine Sprecherin der Camp AG.

4,5 Milliarden Euro

Innenminister unterzeichnen Abkommen zu digitalem Polizeifunk

Nach jahrelangem Vorlauf wurde nun der bundesweite Aufbau eines abhörsicheren Digitalfunknetzes der Polizei beschlossen. Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) und seine Länder-Kollegen unterzeichneten am Freitag in Berlin ein Verwaltungsabkommen zum Start des digitalen Sprech- und Datenfunksystem für alle Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS). Die Bundesanstalt für den BOS-Digitalfunk kann auf dieser Basis mit dem Aufbau des neuen Netzes beginnen, mit dem die analoge Funktechnik ersetzt werden soll. Für den Rüstungskonzern EADS und den Elektroriesen Siemens lockt ein milliardenschweres Geschäft.

Sport

Politiker uneins über den richtigen Weg gegen Doping

Die Regierungsparteien diskutieren über die geeigneten Mittel im "Kampf" gegen Doping. Bayerns Justizministerin Beate Merk (CSU) kritisierte am 31. Mai die Pläne der Bundesregierung zur Verschärfung des Anti-Doping-Gesetzes als zu lasch. Dagegen lehnte Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) die Einführung eines Straftatbestandes Sportbetrug ab. Der Vorsitzende des Sportausschusses im Bundestag, Peter Danckert (SPD), forderte Haftstrafen für gedopte Sportler.

Gipfel

Der Student Benno Ohnesorg wurde vor 40 Jahren Opfer einer Polizeikugel

Ein Polizist tötete am 2. Juni 1967 in West-Berlin den Studenten Benno Ohnesorg, der an einer Demonstration gegen den Staatsbesuch von Schah Rezah Pahlewi in West-Berlin teilnahm. Schlagartig eskalierte die schwelende studentische Protestbewegung, die bald fast alle Universitätsstädte erfasste. Die Grundlage für die nachfolgende Bewegung der "68er" wurde gelegt. Später erinnerte die "Bewegung 2. Juni" mit ihrem Namen an den Todestag Ohnesorgs.

"Nur wenige gegensätzliche Positionen"

Bremer SPD und Grüne beginnen Koalitionsverhandlungen

Zweieinhalb Wochen nach der Bremer Bürgerschaftswahl haben SPD und Grüne am Mittwoch ihre Koalitionsverhandlungen begonnen. Bürgermeister Jens Böhrnsen (SPD) sagte zum Auftakt: "Wir sind sehr zuversichtlich, dass wir ein gutes Ergebnis erreichen". Beide Parteien hätten Rückenwind von ihren jeweiligen Parteitagen erhalten. Böhrnsen betonte: "Wir sind entschlossen, uns schnell und gut zu verstehen." Es gebe zwischen beiden Partnern nur wenige gegensätzliche Positionen.

UN-Resolution zum Kosovo

G8-Außenminister diskutieren über die Zukunft anderer Länder

Die G8-Außenminister waren am Mittwoch in Potsdam zusammengekommen, um die außen- und sicherheitspolitischen Abschlusserklärungen für den Weltwirtschaftsgipfel in Heiligendamm in einer Woche vorzubereiten. Im Mittelpunkt standen dabei das iranische Atomprogramm, die vom Westen gewünschte Abspaltung des Kosovo von Serbien, der Konflikt im Sudan, wo der Westen eine Zusammenlegung der Einsätze von UNO und Afrikanischer Union wünscht, sowie die Lage im Nahen Osten. Am Abend berät dazu auch das Nahost-Quartett in Berlin. Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) dringt auf eine UN-Resolution zum Kosovo, offenbar mit dem Ziel, die serbische Provinz gegen den erklärten Willen Serbiens von diesem Land abzuspalten. Es könnte zu einem neuen Krieg auf dem Balkan kommen.

"Durchkriechschutz"

Heiligendamm für G8-Gipfel abgesperrt

Der Sicherheitszaun um Heiligendamm ist geschlossen. Eine Woche vor Beginn des G8-Gipfels sperrte die Polizei am Morgen des 30. Mai die Durchgangsstellen an Straßen und Wegen rund um das Seebad. Heiligendamm sei damit für Besucher und für den Durchgangsverkehr abgeriegelt, sagte eine Polizeisprecherin. Der Sicherheitsbereich ist den Teilnehmern des Weltwirtschaftsgipfels vorbehalten, die ab dem Wochenende im Kempinski Grand Hotel erwartet werden. Dafür reisten nach Pfingsten die letzten regulären Hotelgäste ab.

Welthungerhilfe & Bundeswehr

Diskussion über zivil-militärische Zusammenarbeit

Die Bundeswehr und die von der Gattin des deutschen Innenministers, Ingeborg Schäuble, geleitete Welthungerhilfe arbeiten im Rahmen der "zivil-militärische Zusammenarbeit" in mehreren, von westlichen Truppen besetzten Ländern eng zusammen. Das Hauptproblem für die Welthungerhilfe besteht offenbar inzwischen darin, dass sich ihre "Entwicklungshelfer" durch die Zusammenarbeit mit westlichen Militärs zunehmend Gefahren ausgesetzt sehen. Zudem sprach die Organisation der Bundeswehr gewisse Kompetenzen ab. So setzt sich der Deutsche Bundeswehrverband gegen die Kritik der Welthungerhilfe zur Wehr, deutschen Soldaten fehle es an entwicklungspolitischem Sachverstand. Die Welthungerhilfe forderte von den "Interventionsstaaten" in bewaffneten Konflikten wie Afghanistan zudem, sie sollten Hilfsorganisationen nicht "instrumentalisieren".

"Unmittelbare Gefahr"

DGB fordert Regulierung von Hedge-Fonds

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) fordert eine Regulierung von Hedge-Fonds und Private-Equity-Gesellschaften. Von ihnen gehe unmittelbare Gefahr für Arbeitsplätze aus, sagte Sommer am 30. Mai in Berlin. Bei den Private-Equity-Firmen will der DGB vor allem das "Ausschlachten" von Firmen verhindern. Hiervon sei rund jedes vierte Unternehmen betroffen, in dem solche Gesellschaften engagiert seien. Nötig seien daher etwa gesetzliche Beschränkungen bei der Kreditfinanzierung von Unternehmenskäufen, bei kreditfinanzierten Sonderausschüttungen sowie Einschränkungen bei steuerlichen Verlustrechnungen. Denkbar sei auch, die Stimmrechte an die Haltedauer der Aktien zu knüpfen, um Unternehmen vor aggressiven Investorenstrategien zu schützen.

G8-Gipfel

Gericht stoppt Demoverbot am Flugplatz Rostock-Laage

Das Verwaltungsgericht Schwerin hat das strikte Demonstrationsverbot jetzt auch für den Bereich des Flugplatzes Rostock-Laage gelockert. Die Richter setzten die Beschränkungen der Polizei für mehrere Kundgebungen im näheren Umfeld des Airports unter Auflagen teilweise außer Vollzug. Die Organisatoren müssten dafür Sorge tragen, dass unter anderem Zufahrtswege und der Zugang zu den Sicherheitstoren des Flugplatzes nicht behindert würden, sagte ein Gerichtssprecher. Dadurch könne die Bewegungsfreiheit der Sicherheitskräfte hinreichend sichergestellt und eine Blockade des Flughafens ausgeschlossen werden. Die Organisatoren der Protestaktionen begrüßten die Entscheidung. Jetzt könne am 6. Juni den acht mächtigsten Staatchefs direkt am Flugplatz laut verkündet werden, dass sie nicht willkommen seien, sagte eine Sprecherin der Gipfelkritiker.

Elektronische Gesundheitskarte

Bundesärztekammer soll sich an Beschlusslage des Ärztetages halten

Die Ärzteorganisation IPPNW befürchtet offenbar, dass die Bundesärztekammer einen Beschluss des Deutschen Ärztetages vom 18. Mai in Münster zur elektronischen Gesundheitskarte nicht konsequent umsetzen könnte. So hätten die Delegierten des Ärztetages einen Resolutionsantrag des Vorstandes der Bundesärztekammer explizit abgelehnt, der eine weitere "konstruktive Mitarbeit" beinhaltet hätte. Die Delegierten hätten sich vielmehr "mit eindeutiger Mehrheit gegen die von Politik und Wirtschaft geplante elektronische Gesundheitskarte (eGK) ausgesprochen". Sie beschlossen die Ablehnung der elektronischen Gesundheitskarte "in der bisher vorgestellten Form" und forderten zudem die Einrichtung eines Tagesordnungspunktes auf dem nächsten Ärztetag, um die "Einflüsse der Telematik auf unsere ärztliche Berufstätigkeit" zu behandeln. Trotz dieser klaren Beschlusslage hätte die Bundesärztekammer noch am gleichen Tag der Presse gegenüber eine davon abweichende Umsetzung angekündigt.