DIE Internet-Zeitung
"Marode" - Gabriel lehnt Verstaatlichung der Energienetze ab

Sigmar Gabriel "erneuerbare energie" und Alternativen

Am

Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) hat sich gegen eine Verstaatlichung der Energienetze ausgesprochen. "In der Europäischen Union wird es keinen geben, der einer Verstaatlichung der Netze zustimmt", sagte Gabriel am Donnerstagabend in der ZDF-Sendung "Maybrit Illner". Die Erfahrung sei, "dass der Staat das noch viel schlechter kann, dass er nicht investiert, dass die Netze im Ergebnis marode sind", so das für staatliches Handeln verantwortliche Regierungsmitglied. "Gucken sie sich die deutschen Straßen an, dann wissen Sie, was passiert, wenn der Staat Eigentümer der Infrastruktur ist."


Der Minister bezeichnete es jedoch als "absolut richtig, dass die EU-Kommission uns endlich dazu zwingt, Netze und Betrieb stärker zu trennen". Die großen Energiekonzerne verweigerten anderen mit Vorwänden den Zugang. "Damit muss Schluss sein", meint Gabriel.

Am 23-03-2007

Gabriel lehnt RWE-Antrag zur Strommengenübertragung auf Biblis A ab

Hilfsantrag noch offen

Der Energiekonzern RWE ist mit dem Wunsch nach einer Laufzeitverlängerung für das hessische Atomkraftwerk Biblis A vorerst gescheitert. Einen Antrag, Strommengen des stillgelegten Atomkraftwerks Mülheim-Kärlich auf Biblis A zu übertragen, lehnte Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) am 18. Mai ab. Ein vom Bundesumweltministerium erarbeiteter Entscheidungsentwurf von Anfang März sei RWE zur Anhörung übersandt worden. "Nach Prüfung einer Stellungnahme der Rechtsanwälte des Konzerns hat das Bundesumweltministerium jetzt einen Ablehnungsbescheid erlassen", teilte das Ministerium mit. Für den Fall einer Ablehnung habe RWE hilfsweise beantragt, Strommengen vom Atomkraftwerk Emsland in Lingen auf Biblis A zu übertragen. Über diesen Hilfsantrag werde gesondert entschieden.

"Nach dem Atomgesetz dürfen Strommengen von Mülheim-Kärlich nicht auf das Atomkraftwerk Biblis A übertragen werden. Der Hauptantrag von RWE widerspricht auch der Vereinbarung, die die Energieversorgungsunternehmen am 14. Juni 2000 mit der Bundesregierung abgeschlossenen haben", sagte Gabriel zur Begründung.

Das Bundesumweltministerium, in dem zahlreiche gut bezahlte Juristen tätig sind, hat zur Stützung seiner Rechtsauffassung ein Gutachten bei dem Staats- und Verwaltungsrechtler Professor Joachim Wieland von der Universität Frankfurt am Main in Auftrag gegeben. Professor Wieland habe "detailliert begründet", was aus einer Fußnote des Atomgesetzes offenbar eindeutig hervorgeht.

So sei nach Paragraf 7 Absatz 1d des Atomgesetzes eine Übertragung der RWE für das Atomkraftwerk Mülheim-Kärlich zugewiesenen Strommenge lediglich auf die in der Fußnote der Anlage 3 aufgeführten Atomkraftwerke Emsland, Neckarwestheim 2, Isar 2, Gundremmingen B und C sowie bis zu einer Elektrizitätsmenge von 21,45 Terawattstunden (TWh) auf Biblis B gestattet.

RWE hat die aktuelle Entscheidung des Bundesumweltministeriums nicht erst abgewartet, sondern bereits am 26. April 2007 beim Verwaltungsgerichtshof Kassel Klage gegen das Bundesumweltministerium eingereicht. Nach Angaben des Ministeriums prüft der Hessische Verwaltungsgerichtshof derzeit eine Verweisung des Rechtsstreits an das für den Sitz des Bundesumweltministeriums in Bonn zuständige Verwaltungsgericht Köln.

Professor Wieland und Ministerium: Keine Strommengenübertragung auf ältere Atomkraftwerke bei schlechterem Sicherheitsniveau

Professor Wieland bestätigte auch an einem anderen Punkt die Rechtsauffassung seines Auftraggebers. Nach Angaben des Ministeriums darf das Ministerium demnach einer Übertragung von einem jüngeren auf ein älteres Atomkraftwerk "nur dann zustimmen, wenn die beabsichtigte betriebswirtschaftliche Optimierung nicht zu Lasten der Sicherheit geht". Das Bundesumweltministerium müsse bei solchen Anträgen nach Paragraf 7 Absatz 1b Satz 2 Atomgesetz "eine eigene vergleichende Sicherheitsanalyse vornehmen und sei hierbei nicht an Bewertungen der Landesbehörden gebunden".

Auf dieser rechtlichen Basis soll nun der Hilfsantrag zur Übertragung von Strommengen vom Atomkraftwerk Emsland auf Biblis A im Bundesumweltministerium weiter geprüft werden. Das vergleichsweise junge Atomkraftwerk Emsland der so genannten "Konvoi-Baureihe" verfügt nach allgemeiner Einschätzung von Reaktorsicherheitsexperten über ein deutlich höheres Sicherheitsniveau als die Altanlage Biblis A.

Am 18-05-2007

Gabriel wirft Atomkraftbetreibern Taktiererei vor

Klage gegen RWE angekündigt

Im Streit um Laufzeiten für ältere Kernkraftwerke wirft Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) den Atomkraftwerks-Betreibern Taktiererei vor. Die Betreiber hätten ausschließlich Anträge auf Laufzeitübertragung von jüngeren auf ältere Meiler beantragt, sagte Gabriel am 4. Dezember in Berlin. Damit versuchten sie über den Wahltermin 2009 zu kommen, ohne einen der Altmeiler zu schließen. Die Betreiber setzten darauf, dass eine neue Bundestagsmehrheit in der kommenden Legislaturperiode das Atomgesetz ändere. Zugleich lehnten die Betreiber es ab, jüngere und ältere Kraftwerke bezüglich der Sicherheit miteinander zu vergleichen, rügte der Minister.

Gabriel verwies auf eine Aussage des neuen RWE-Vorstandschefs Jürgen Großmann. Der hatte gesagt, der das Atomkraftwerk Biblis könne so gefahren werden, "dass wir mit den Restlaufzeiten über die nächste Bundestagswahl kommen". Danach gebe es "vielleicht ein anderes Denken in Bevölkerung und Regierung".

Erst am Montag hatte die atomkritische Organisation Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkriegs (IPPNW) eine Klage beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof auf Stilllegung des über 30 Jahre alten Meilers angekündigt, da der Betrieb von Biblis B aufgrund zahlreicher Sicherheitsdefizite nicht mehr verantwortbar sei.

Am 04-12-2007

Klimaschutz durch Kernkraft laut Gabriel nicht machbar

Militärische Nutzung

Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) sieht in der Kernkraftnutzung kein großes Potenzial für den Klimaschutz. Atomstrom könne nur vier Prozentpunkte zur Kohlendioxidminderung beitragen, sagte Gabriel der "Passauer Neuen Presse". Nötig seien aber 40 Prozentpunkte. Zudem warnte er davor, die Atomtechnik als "Königsweg" anzupreisen. "Das hören im Zweifelsfall auch energiehungrige, aber politisch wenig berechenbare Entwicklungs- und Schwellenländer. Die Grenze zwischen der rein zivilen und der militärischen Nutzung der Atomtechnik zu ziehen, ist sehr schwer", sagte Gabriel.

Der Umweltminister sprach sich erneut für neue Kohlekraftwerke aus. Wegen der ab 2013 schärfer werdenden Regeln des Emissionshandels lohne sich ihr Betrieb mittelfristig aber nur dann, wenn sie das produzierte Kohlendioxid abscheiden könnten oder über die besonders energieeffiziente Kraft-Wärme-Kopplung verfügten, bei der Strom und Wärme produziert wird.

Bei den von den Energiekonzernen geplanten großen Kohlekraftwerken werden meist nur Wirkungsgrade von etwa 46 Prozent erreicht. Von der Effizienz echter Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen, beispielsweise auch auf Basis erneuerbaren Energien, ist dieser Wirkungsrad weit entfernt: Die dezentralen Kleinanlagen erreichen Wirkungsgrade von teilweise über 90 Prozent. Umweltschützer betrachten es vor diesem Hintergrund als grobe Täuschung der Öffentlichkeit, den Großkraftwerken das Attribut "hocheffizient" anzuhaften.

Am 05-12-2007

Gabriel wirft Betreibern schwerwiegende Versäumnisse und Verstöße vor

Atommüll-Lager Asse

Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) wirft den Betreibern des Atomlagers Asse in Niedersachsen - dem niedersächsischen Landesbergamt und der Helmholtz-Gesellschaft München (HMGU) - schwerwiegende Versäumnisse und Verstöße gegen Vorschriften vor. Weder die Betreiber noch das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) als bergrechtliche Genehmigungs- und Aufsichtsbehörde hätten das Verfahren nach atomrechtlichen Maßstäben geführt, sagte Gabriel am Dienstag (2. September) in Berlin bei der Vorstellung des vom niedersächsischen Umweltministerium vorgelegten Statusberichts Asse. "Die Befürchtungen zum Zustand der Asse wurden bestätigt, außerdem wurden schwerwiegende Mängel im bisherigen Umgang festgestellt." Laut Gabriel ist nicht auszuschließen, dass in der Asse vor Jahrzehnten auch hoch-radioaktive Stoffe eingelagert wurden. Die Anlieferungsbedingungen würden erst seit 1970/71 aufgezeichnet. Für die Jahre davor "haben wir keine Gewissheit und können uns nicht der Auffassung anschließen, dass auf keinen Fall hoch-radioaktive Stoffe eingelagert wurden". Der TÜV hatte zuvor in einem Gutachten das Gegenteil behauptet.

Dem Statusbericht des Landes Niedersachsen zufolge sind die Betreiber seit langer Zeit ungenehmigt mit radioaktiven Stoffen umgegangen. Der Umgang mit radioaktiven Abfällen im Betrieb sei nicht sachgemäß gewesen. Zudem seien Dokumentationsstandards bei Strahlenschutzanweisungen nicht eingehalten worden. Es sei auch nicht gänzlich auszuschließen, dass weitere Abfälle auftauchten, die bisher nicht bekannt seien.

Die Betreiber hätten zudem keine ausreichende Fachkunde im Atom- und Strahlenschutzrecht. Durch Baumaßnahmen würden sie neue Risiken schaffen und Maßnahmen ohne ausreichende Kenntnis über Rückwirkungen auf die Störfallsicherheit und Langzeitsicherheit treffen. So führe die Verfüllung von Kammern dazu, dass irreversibel unkontrollierte neue Wegsamkeiten für Laugenzutritte auftreten könnten.

Gabriel nannte es außerdem einen unglaublichen Vorgang, dass die Undichtigkeiten des Bergwerks nicht erst 1988 bekanntgeworden seien, wie der Betreiber behauptet habe, sondern bereits vor 1967. Die Atommüll-Fässer seien damals in feuchten Kammern eingelagert worden, wie die Befragung von Mitarbeitern ergeben habe. "Es gab nie ein sicheres Endlager Asse, sondern es wurden bewusst Informationen zu Laugenzutritten unterdrückt", sagte Gabriel.

Er nannte den Statusbericht weiter den "psychologischen Gau für die Endlagerdebatte in Deutschland". Die Folgen der Versäumnisse in Asse würden nun bei der Bevölkerung bei jedweder Diskussion über Endlager negative Reaktionen hervorrufen.

Am 02-09-2008

Gabriel bemängelt Nutzung hoch angereicherten Urans in Garching

TU München

Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) hat die Verzögerung beim Einsatz von risikoärmeren Uran im Forschungsreaktor Garching bei München kritisiert. Am Rande eines Informationsbesuchs am Dienstag in Garching bemängelte er, dass das Forschungszentrum der Technischen Universität diese Auflage für die Verlängerung eines für alle Kraftwerke erforderlichen Brennstoffvertrages nicht erfüllt habe. So sollte bis 2010 das im Forschungsreaktor genutzte, grundsätzlich waffenfähige und gefährliche hoch angereicherte Uran durch niedrig angereichertes Uran ersetzt werden.

Der wissenschaftliche Direktor des Forschungsreaktors, Winfried Petry, behauptete, dies habe sich in der Realisierung als problematisch erwiesen. Daher könne der Termin nicht eingehalten werden. Petry nannte 2016 oder 2018 als mögliches Datum. Er sagte, es bedürfe mehr Forschungszeit.

Am 09-09-2008

Gabriel warnt in Atomstreit vor Verletzung des Koalitionsvertrages

"Moderator"

Im Streit um den Atomausstieg werden die Töne in der großen Koalition schärfer. Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) warnte am Freitag (26. September) in Berlin das Bundeswirtschaftsministerium vor einer Verletzung des schwarz-roten Koalitionsvertrages. Er reagierte damit auf einen Bericht der "Financial Times Deutschland", wonach Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) einen Moderator aus der Industrie einsetzen will, um einen neuen Konsens mit den vier großen Stromkonzernen auszuhandeln.

Der Moderator soll dem Blatt zufolge unter anderem ausloten, ob es eine Möglichkeit gibt, die vier deutschen Stromnetze der Unternehmen E.ON, RWE, EnBW und Vattenfall zu einer Netzgesellschaft zusammenzulegen.

Die Aufgaben des Beauftragten seien aber "nicht begrenzt auf die Frage der Netz AG", zitierte die Zeitung das Wirtschaftsministerium. Er solle offenbar auch ein Abkommen über die Verlängerung der Laufzeiten der deutschen Kernkraftwerke und Gegenleistungen der Betreiber aushandeln, heißt es in dem Bericht weiter.

Gabriel erklärte dazu, er erwarte, dass sich die Aktivitäten des Bundeswirtschaftsministeriums in der Energiepolitik "auf dem Boden der Koalitionsvereinbarung und des geltenden Rechts bewegen". Dies gelte auch für die mögliche Aufgabenbeschreibung eines Moderators in Sachen Stromnetze. "Eine Verknüpfung der Frage des Stromnetzes mit der Debatte um Laufzeitverlängerungen wäre ein klarer Verstoß gegen die Koalitionsvereinbarung, den die SPD auf keinen Fall hinnehmen wird", betonte der Ressortchef.

Wer diese beiden Fragen miteinander verknüpfe, baue unnötige Blockaden auf und sorge dafür, dass "drängende Themen wie die Zukunft der Stromnetze nicht vernünftig angegangen werden können", fügte Gabriel hinzu.

Am 26-09-2008

Gabriel und Jentzsch auf der Suche nach einem sicheren Atommüll-Endlager

"Entsorgungskommission (ESK)"

Vor über 40 Jahren protestierten die Anwohner im niedersächsischen Remlingen gegen die Einlagerung von Atommüll im Salzbergwerk "Asse II". Vergebens: 130.000 Fässer mit radioaktivem Müll wurden eingelagert. Heute fordern die Einwohner die Rückholung des Atommülls und verlangen die politische Weichenstellung für einen verantwortungsbewussten Umgang mit atomarem Abfall in Deutschland. Bei den Fragen der nuklearen Entsorgung setzt das Bundesumweltministerium nun auf den Sachverstand von unabhängigen Experten aus dem In- und Ausland. Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) berief jetzt bei der konstituierenden Sitzung Professor Gerhard Jentzsch von der Friedrich-Schiller-Universität Jena in die neue Entsorgungskommission (ESK) des Ministeriums. "Es ist die große Chance, meine wissenschaftliche Tätigkeit gesellschaftsrelevante Früchte tragen zu lassen", kommentierte der Jenaer Experte seine Berufung.

Der 61-jährige Lehrstuhlinhaber für Angewandte Geophysik beschäftigt sich seit mehr als 18 Jahren mit der Standortsicherheit von Kernkraftwerken und Nuklearanlagen und beriet Anfang der 1990er Jahre bereits das niedersächsische Umweltministerium. Ab 1999 arbeitete er im Arbeitskreis Auswahlverfahren Endlagerstandort (AkEnd) des Bundesumweltministeriums mit, in dem Kriterien für die Suche nach einem Endlagerstandort für radioaktiven Abfall aufgestellt wurden. Der Arbeitskreis bestand vier Jahre lang.

Nun soll die elfköpfige ESK das Bundesministerium in allen Angelegenheiten der Entsorgung nuklearen Abfalls beraten. Sie tritt damit neben die bereits seit Jahren bestehende Reaktorsicherheitskommission (RSK) und die Strahlenschutzkommission (SSK). Insbesondere die Behandlung und Zwischenlagerung radioaktiver Abfälle und bestrahlter Brennelemente, die Stilllegung kerntechnischer Einrichtungen und die Endlagerung aller Arten von radioaktiven Abfällen sind die Themen der ESK.

"Eine der ersten Handlungen der Kommission wird voraussichtlich die Bildung einer Ad-hoc-Gruppe sein, die sich mit der 'Asse' auseinandersetzt", so Jentzsch. Dringend notwendig sei eine Besichtigung des ehemaligen Salzbergwerks durch die Experten. Doch das übergeordnete Ziel der ESK, so der Geophysiker, sei nach wie vor, ein Endlager in Deutschland zu finden, in dem radioaktiver Müll sicher aufgehoben ist.

Am 07-10-2008

Laut Gabriel noch keine Lösung für Entsorgungsfrage in Sicht

Vertrauen

Für die Entsorgung hoch-radioaktiver Abfälle zeichnet sich nach Ansicht von Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) bislang keine Lösung ab. Gleichwohl dürfte die Endlagerung "nicht unseren Nachkommen überlassen" werden, sagte er am Donnerstagabend (30. Oktober) bei der Eröffnung eines Fach-Symposiums in Berlin. Bei der dreitägigen Veranstaltung des Umweltministeriums diskutieren rund 300 Fachleute aus dem In- und Ausland über Voraussetzungen für eine sichere Endlagerung. Er sei "der festen Überzeugung, dass in der festgefahrenen Situation, in der wir uns jetzt befinden, insbesondere Veranstaltungen wie diese einen Beitrag leisten können, in der Sache weiterzukommen", sagte Gabriel. Der Minister sprach sich erneut für ein "ergebnisoffenes und transparentes Suchverfahren" für ein Endlager aus. Dabei solle der Salzstock Gorleben mit anderen Standorten verglichen werden. Ein anderer Standort solle allerdings nur dann ausgewählt und erkundet werden, "wenn er deutliche Sicherheitsvorteile gegenüber Gorleben verspricht". Der Salzstock im niedersächsischen Kreis Lüchow-Dannenberg wird bereits seit Ende der 1970er Jahre auf seine Eignung untersucht, seit 2000 sind die Arbeiten aber unterbrochen.

Der Standortvergleich müsse nach internationalem Maßstab erfolgen, sagte Gabriel. Wichtig sei jetzt, "dass ein offener Dialog zwischen der Politik, der Wissenschaft und der interessierten Öffentlichkeit zustande kommt". Entgegen ursprünglichen Plänen konnte sich die große Koalition in dieser Legislaturperiode nicht mehr auf ein Verfahren zur Endlagersuche einigen.

Das Bundeskabinett wird nach Angaben von Gabriel am kommenden Mittwoch endgültig den Betreiberwechsel für das umstrittene Atommülllager Asse beschließen. Zum 1. Januar werde das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) die Verantwortung für die Asse übernehmen, sagte Gabriel. Das Umwelt- und das Forschungsministerium hatten sich bereits im September grundsätzlich darauf verständigt, dass der bisherige Asse-Betreiber Helmholtz Zentrum München vom BfS abgelöst werden solle.

Der Kabinettsbeschluss habe sich verzögert, "weil wir sicherstellen wollten, dass das BfS die materiellen und technischen Voraussetzungen für den Betrieb der Asse erhält", sagte Gabriel. Hauptaufgabe des BfS werde "die sichere Schließung" des Atommülllagers Asse sein. In dem ehemaligen Salzbergwerk im Kreis Wolfenbüttel lagern den Angaben zufolge rund 125.000 Fässer mit schwach- und mittelradioaktivem Atommüll.

Vor dem Tagungshaus im Stadtteil Wilmersdorf demonstrierten Umweltschützer gegen ein Endlager in Gorleben und für einen zügigen Ausstieg aus der Atomenergie. Die Suche nach einem Standort dürfe erst beginnen, wenn kein weiterer Atommüll mehr erzeugt werde, hieß es. Die teilweise mit weißen Overalls bekleideten und geschminkten Demonstranten errichteten auf dem Bürgersteig einen symbolischen Bohrturm und ließen Luftballons steigen.

Auch Altner will Vertrauen in ein atomares Endlager

Ebenso wie der Minister hält auch der Mitbegründer des Freiburger Öko-Institutes, Günter Altner, bei der Atomendlagersuche einen Vergleich zwischen mehreren Standorten und geologischen Formationen für unabdingbar. "Tut man das nicht, setzt man die alte Schlamperei fort", sagte er am Freitag auf der Fachtagung. Vertrauen könne nur dann wieder hergestellt werden, wenn die Fixierung auf Gorleben aufgehoben werde.

Die Debatte um die Atomkraftnutzung und Endlagerung radioaktiver Abfälle ist nach seiner Ansicht deshalb so aufgeheizt, "weil die betroffene Bevölkerung übergangen wurde". Mit der Atomenergie sei der Gesellschaft "ein großtechnisches System übergestülpt" worden, gegen das sie von Anfang an Sturm gelaufen sei, sagte Altner.

Am 31-10-2008

Umweltminister Gabriel soll Risikovorsorge gewährleisten

Kinderkrebs um Atomkraftwerke

Die atomkritische Ärzteorganisation IPPNW hat Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) am Mittwoch (3. Dezember) rund 1000 Unterschriften zu den Ergebnissen der Studie "Kinderkrebs um Atomkraftwerke" zugesendet. Die Unterzeichner fordern den Minister auf, die erforderlichen Konsequenzen zu ziehen und die gebotene Risikovorsorge zu gewährleisten. Die Studie habe erwiesen, dass Kinder um so häufiger an Krebs erkranken, je näher sie an einem Atomkraftwerk wohnen. "Der eindeutig bewiesene negative Abstandstrend hat aus unserer Sicht seine Ursache in den radioaktiven Emissionen der Atomkraftwerke im Normalbetrieb", sagte der IPPNW-Kinderarzt Winfrid Eisenberg.

Nach Auffassung der Ärzteorganisation gibt es mehrere Erklärungsansätze der - laut Gabriel - um den Faktor 1000 "zu niedrigen" Emissionen als Verursacher der erhöhten Krebs- und Leukämierate um Atomkraftwerke.

Zum einen monieren die Ärzte, dass die Emissionsmessungen, die in der Regel von den Betreibern selbst durchgeführt werden, von den zuständigen Behörden nur gelegentlich kontrolliert werden. Außerdem würden bei den Messungen routinemäßig nicht die Beta- und Alpha-Strahler erfasst, "obwohl diese nach Inkorporation als Leukämieauslöser viel entscheidender sind als die Gammastrahler".

Zum anderen kritisiert die IPPNW, dass die Emissionsgrenzwerte so ausgelegt seien, dass ein gesunder Erwachsener sie vertragen könne. Kinder und Ungeborene seien aber "um ein Vielfaches strahlensensibler".

Die Atomkritiker fordern daher, die Grenzwerte der "erlaubten" Emissionen nicht an Erwachsenen, sondern an der Strahlenempfindlichkeit eines Embryos zu orientieren. Darüber hinaus müssten Atomaufsichts-Behörden nicht nur Gammastrahler, sondern auch Alpha- und Betastrahler an allen Atomanlagen "lückenlos messen".

Weiterhin fordert die Ärzteorganisation eine Beweislastumkehr. Nicht die Eltern der erkrankten Kinder müssten die Krankheitsursache nachweisen, sondern die Verantwortlichen für das jeweils in Betracht kommende Atomkraftwerk "ihre Unschuld zweifelsfrei beweisen".

Schwangere und Eltern von Säuglingen und Kleinkindern, die in der Nähe eines Atomkraftwerks wohnen, sollten außerdem "in verständlicher Weise über das erhöhte Risiko aufgeklärt werden", verlangen die Ärzte. "Darüber hinaus sind Laufzeitverlängerungen der Atomkraftwerke unter allen Umständen auszuschließen."

Am 03-12-2008

Gabriel will Energiekonzerne bei Asse-Sanierung finanziell in die Pflicht nehmen

Keine Bergung der Bergung nur der mittelradioaktiven Abfälle

Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) will die Energiekonzerne bei der Sanierung des Atommülllagers Asse stärker in die Pflicht nehmen. Die Atomwirtschaft solle sich finanziell daran beteiligen, sagte Gabriel am Freitag (20. Februar) in Remlingen. Gleichzeitig schloss er erstmals eine Option für die Stilllegung des maroden Atommülllagers aus. Die Bergung nur der mittelradioaktiven Abfälle sei "nicht mehr Gegenstand der weiteren Untersuchungen", erklärte Gabriel. Für die Langzeitsicherheit des Bergwerks stelle der mittelradioaktive Müll "das geringere Problem dar".

Gabriel sagte, dass es für eine finanzielle Beteiligung der Stromwirtschaft an den Stilllegungskosten derzeit keine rechtliche Handhabe gebe. In der nächsten Legislaturperiode wolle die SPD aber eine "Brennstoffsteuer" für Uran einführen. Bislang ist der Kernbrennstoff für Atomkraftwerke von der Steuer befreit, was Atomkraftgegner seit Jahren als ungerechtfertigte Subvention kritisieren.

Für die Sanierung der Asse sind bislang rund 850 Millionen Euro veranschlagt. Fachleute bezweifeln aber, dass die Summe ausreicht.

Kotting-Uhl hält Ankündigung einer Uran-Steuer für unglaubwürdig

Die umweltpolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Sylvia Kotting-Uhl, bezeichnete Gabriels Äußerungen als widersprüchlich. Erst Ende Januar habe er mit der SPD das Atomrecht so geändert, dass die Atomkraftwerks-Betreiber aus der Zahlungspflicht entlassen worden seien. Nun fordere er wieder ihre Kostenbeteiligung. "Wir sind gespannt, wie er seine Drohung einer Uran-Steuer in die Tat umsetzen will", sagte Kotting-Uhl.

Bis auf die Rückholung der mittelradioaktiven Abfälle würden alle anderen Varianten für eine Stilllegung der Asse weiter verfolgt, sagte Gabriel. Dazu zähle die Bergung aller oder nur der schwach radioaktiven Abfälle ebenso wie ihre Umlagerung innerhalb des Bergwerks. Auch die Verfüllung der unterirdischen Anlagen mit Feststoffen oder die vom früheren Betreiber Helmholtz Zentrum geplante Flutung gelten Gabriel zufolge weiterhin als Optionen. Er erwarte aber, dass das Bundesamt für Strahlenschutz als Betreiber bis zum Jahresende 2009 ein Konzept für die Schließung vorlege, sagte Gabriel. Er betonte: "In jedem Fall gilt Gründlichkeit vor Schnelligkeit".

Atomkraftgegner kritisierten den Verzicht auf die Rückholung der mittelaktiven Abfälle. Sie machten vom Volumen her nur ein Prozent des eingelagerten Mülls aus, bedeuteten für die nächsten 200 bis 300 Jahre aber "mindestens 45 Prozent des radioaktiven Inventars", sagte der Asse-Experte der Umweltorganisation Greenpeace, Christoph von Lieven. "Im Interesse der kurz- und langfristigen Sicherheit muss der Müll 'raus", betonte Lieven.

Im Hinblick auf die jüngst bekanntgewordenen Krebsfälle ehemaliger Asse-Beschäftigter sagte Gabriel, die Frage, ob radioaktive Strahlung im Bergwerk die Krankheiten ausgelöst habe, sei "nicht in kurzer Zeit zu klären". Dass Strahlenschutzbestimmungen verletzt worden seien, könne nicht ausgeschlossen werden. "In der Asse ist versucht worden, billige Entsorgung zu organisieren", sagte Gabriel. "Und der Staat hat mitgemacht."

Am 20-02-2009

Atomforum bezeichnet Gabriels Kernbrennstoff-Steuer als "Wahlkampfmanöver"

Atomforum

Das Deutsche Atomforum hat offenbar keine Interesse daran, dass die SPD bei der kommenden Bundestagswahl gut abschneidet. So kritisiert der Lobbyverband der Atomindustrie die von Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) erhobene Forderung nach einer Steuer für Kernbrennstoffe für Atomkraftwerke "als pures Wahlkampfmanöver". Die von Gabriel vorgeschlagene Besteuerung der Erzeugung von Kernenergie widerspreche der Vereinbarung zwischen den Energieversorgern und der rot-grünen Bundesregierung zum Atomausstieg aus dem Jahr 2000, wonach die Bundesregierung die Kernenergie nicht steuerlich "diskriminieren" werde. Atomkraftgegner werfen demgegenüber den Atomkraftwerksbetreibern "Wortbruch" und Aufkündigung des "Atomkonsensvertrages" vor, seit diese sich nicht mehr an die im Jahr 2000 vereinbarten Reststrommengen halten wollen und statt dessen den Weiterbetrieb der für die Konzerne lukrativen Atomkraftwerke verlangen.

"Bundesumweltminister Gabriel verquirlt die Sanierungskosten für das Atommülllager Asse II mit den Zertifikatspreisen für CO2-Emissionen und einer Kernbrennstoffsteuer", moniert das Deutsche Atomforum.

Die Energieversorgungsunternehmen würden ihrer Verantwortung für die von ihnen produzierten radioaktiven Abfälle sowohl hinsichtlich der Handhabungen als auch der Finanzierung gerecht. "Genauso selbstverständlich sollte die öffentliche Hand ihre Verantwortung wahrnehmen und vertragliche Regelungen respektieren." Öffentliche Einrichtungen, die für die Probleme in der Schachtanlage Asse II verantwortlich seien, müssten dafür einstehen. "In diesem Zusammenhang die Energieversorger zu diskreditieren, ist unangemessen", schreibt das Atomforum in einer Mitteilung. Die Atomkonzerne seien "für die Missstände, die zum Sanierungsbedarf in der Schachtanlage Asse führten, nicht verantwortlich".

Gabriel hatte - wahlkampfwirksam - eine Besteuerung des Kernbrennstoff Uran gefordert, der bislang von der Steuer befreit ist. Die meisten anderen Energierohstoffe unterliegen hingegen der Besteuerung. Die bekannteste ist die Mineralölsteuer. Atomkraftgegner fordern seit langem, dass "das Privileg" der Steuerbefreiung für Uran fallen müsste.

Am 11-03-2009

Gabriel fordert Atommüll-Endlagersuche nach Schweizer Vorbild

Gönner für Gorleben

Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) fordert in Deutschland ein Suchverfahren für einen Atommüll-Endlagerstandort nach Schweizer Vorbild. Das Nachbarland "macht vor, wie man in einem transparenten, an wissenschaftlichen Kriterien orientierten und ergebnisoffenen Suchverfahren den bestmöglichen Standort" finden könne, sagte Gabriel am Mittwoch in Berlin. "Angesichts der politischen Blockaden bei uns in Deutschland können wir von der Schweiz viel lernen", fügte er hinzu.

Gabriel äußerte die Hoffnung, dass das Auswahlverfahren im Nachbarland "auch bei uns ein Umdenken in Gang bringt". Zuvor hatte Gabriels Schweizer Amtskollege, Bundesrat Moritz Leuenberger, vor dem Umweltausschuss des Bundestages das schweizerische Verfahren erläutert.

Baden-Württembergs Umweltministerin Tanja Gönner (CDU) wies die Forderung Gabriels zurück. Es sei "kein Umdenken notwendig", und es gebe keinen Grund für ein erneutes Auswahlverfahren, sagte sie. In die Erkundung des - von Baden-Würremberg weit entfernt gelegenen - Salzstocks Gorleben seien bereits 1,3 Milliarden Euro investiert worden. Bisher gebe es "keine wissenschaftlichen Erkenntnisse, die Anlass geben würden, an der Eignung von Gorleben als Endlagerstandort zu zweifeln", behauptete Gönner. Das Verfahren in Gorleben sei "in fachlicher Hinsicht bezogen auf Sicherheit und Qualität dem in der Schweiz vergleichbar".

Die Schweiz hatte im November 2008 sechs potenziell geeignete Standortregionen benannt, von denen vier in unmittelbarer Nähe zur deutschen Grenze liegen. Dies stieß in den baden-württembergischen Grenzregionen auf Kritik. "Ich verstehe die Betroffenheit vor Ort", betonte Gabriel. "Aber ich begrüße es ausdrücklich, dass die Schweiz die Suche nach einem Endlager in einem Gesetzesverfahren geregelt hat, wie ich es mir auch für Deutschland wünsche." Die Schweiz habe Deutschland in dem laufenden Verfahren umfassende Beteiligungsrechte eingeräumt. Diese wolle er nun "mit Leben füllen", sagte der Minister.

Am 27-05-2009

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