Die Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (ABM) in den westdeutschen Bundesländern, das "Jump"-Programm zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit sowie die Personal-Service-Agenturen der Arbeitsämter sollten sofort abgeschafft werden, sagte Herzog am Freitag in Berlin. In Ostdeutschland würden die ABM noch acht bis zehn Jahre weitergeführt. Jeweils um die Hälfte gestrichen werden sollen nach den Vorstellungen der CDU-Kommission ferner die Mittel für die berufliche Weiterbildung sowie für Mobilitäts- und Wiedereingliederungshilfen.
Das Arbeitslosengeld soll im ersten Monat um 25 Prozent gekürzt werden, maximal bis zur Sozialhilfegrenze. Die Bezugsdauer will die Herzog-Kommission auf 12 bis 18 Monate begrenzen, sieht allerdings eine lange Übergangszeit für ältere Arbeitnehmer vor. Wie lang dieser Zeitraum genau sein soll, konnte Herzog noch nicht sagen. Der Alt-Bundespräsident räumte zudem ein, dass die Einspar-Rechnungen nicht mehr stimmten, sobald sich eine Ausgangsgröße - etwa die Arbeitslosenzahl - ändert.
Arbeitslosengeld
- DIW für Befristung des Arbeitslosengeldes
- Arbeitslosengeld-II-Formulare verstoßen gegen Datenschutz
- Kabinett beschloss Ost-West-Angleichung des Arbeitslosengeldes
- Mutterschutz muss beim Arbeitslosengeld berücksichtigt werden
- Bundessozialgericht stärkt "Patchwork"-Familien
- Etwas länger Arbeitslosengeld für Ältere
- Streit über Wohnkosten von Arbeitslosengeld-II-Empfängern
Am 09-05-2003
Langzeitarbeitslosigkeit
Lange Anspruchsdauern beim Arbeitslosengeld und die im Prinzip zeitlich unbefristet gewährte Arbeitslosenhilfe sind wesentliche Faktoren für die hohe Langzeitarbeitslosigkeit in Deutschland. Dies ist das empirische Ergebnis, das im aktuellen Wochenbericht 25/2003 des DIW Berlin vorgestellt wird. Die Arbeitslosenunterstützung setze in der derzeitigen Form auch Anreize zur Beendigung von Beschäftigungsverhältnissen und sollte mit zunehmender Arbeitslosigkeitsdauer merklich reduziert werden, so das Institut. Bei einer ausreichend bemessenen Übergangsfrist zur Wahrung des Vertrauensschutzes hält das DIW auch eine generelle Beschränkung der Anspruchsdauer beim Arbeitslosengeld auf maximal 12 Monate vertretbar.
In Deutschland gebe es beim Arbeitslosengeld ausgeprägte Mitnahmeeffekte, so die Kritik. Die Wahrscheinlichkeit, die Arbeitslosigkeit zu beenden, steige unmittelbar nach dem Auslaufen des Leistungsanspruchs deutlich an. Bestehe im Anschluss an das Arbeitslosengeld ein Anspruch auf Arbeitslosenhilfe, sei dies hingegen mit einer deutlich höheren Wahrscheinlichkeit verbunden, in der Arbeitslosigkeit zu verbleiben. Gerade bei den Männern trägt dies zur Langzeitarbeitslosigkeit bei.
Falls kein Anspruch auf Arbeitslosengeld oder -hilfe besteht, seien nach sechs Monaten Arbeitslosigkeit noch 43,5% der Männer in der mittleren Altersgruppe arbeitslos. Bestehe dagegen ein Leistungsanspruch auf Arbeitslosenunterstützung, erhöhe sich dieser Wert auf 66%.
Die jährliche Zugangsrate in die Arbeitslosigkeit betrage bei den Männern in der jüngeren Altersgruppe etwa 7%, für die Frauen nur etwas über 2%. Dieser Unterschied sei vor allem auf die wesentlich höhere Abgangsrate aus Beschäftigung in Nichterwerbstätigkeit bei jüngeren Frauen zurückzuführen.
Am 18-06-2003
Schwer verständlich
Aus Sicht des Datenschutzes sind die Antragsformulare zum neuen Arbeitslosengeld II (ALG II) teilweise unzulässig. Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Peter Schaar, äußerte am Dienstag in Bonn erhebliche Bedenken gegen die seit Montag von der Bundesagentur für Arbeit (BA) versendeten Formulare. Insbesondere das Zusatzblatt 2, in dem es um die Einkommenserklärung und die Verdienstbescheinigung geht, sei "mit dem Sozialgeheimnis nicht vereinbar", betonte Schaar. Während Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) die Formulare als "hervorragend" und "weniger bürokratisch als alles, was Sozialhilfeempfänger bisher ausfüllen mussten" verteidigt, befürchtet der Sozialverband Deutschland (SoVD), dass viele Arbeitslose im Januar kein Arbeitslosengeld II bekommen werden, weil sie mit dem Ausfüllen der Antragsformulare überfordert seien.
Die Verwendung des amtlichen Vordrucks führe dazu, dass der Arbeitgeber eines Angehörigen Kenntnis von geschützten Daten des Mitarbeiters und des Antragstellers erlangt, die nicht für ihn bestimmt sind, so der oberste Datenschützer. Da keine gesetzliche Pflicht für Angehörige erkennbar sei, den BA-Vordruck zu verwenden, könne der Verdienst auch auf andere Art und Weise, etwa durch einen neutralen Gehaltsnachweis, bescheinigt werden, fügte der Datenschutzbeauftragte hinzu.
Schaar forderte, die Bundesanstalt müsse "dringend öffentlich auf diese datenschutzgerechte Möglichkeit des Verdienstnachweises hinweisen und auch ihr Beratungspersonal entsprechend informieren".
Die Bundesagentur für Arbeit (BA) hatte am Montag damit begonnen, die Formulare an rund 2,2 Millionen Bezieher von Arbeitslosenhilfe zu versenden. Auf 16 Seiten müssen die Betroffenen detaillierte Angaben über Einkommen, Vermögen, Wohn- und Familienverhältnisse machen. Bis Mitte September will die BA alle Anträge verschickt haben. Anfang 2005 werden im Zuge der Arbeitsmarktreform "Hartz IV" die Arbeitslosen- und Sozialhilfe auf dem Niveau der Sozialhilfe zusammengeführt.
Clement verteidigte die umfangreichen Fragebögen mit dem Hinweis, wer Ansprüche erhebe, müsse auch Voraussetzungen erfüllen. Zudem dauere es lediglich "eine halbe bis dreiviertel Stunde", um diese auszufüllen. "Wer nicht zurecht kommt, soll mich anrufen", sagte Clement. Es gebe aber auch Callcenter.
Zu einer gänzlich anderen Auffassung gelangt SvD-Präsident Adolf Bauer. Er gehe davon aus, dass viele Menschen "den Fragebogen nur unvollständig abgeben können - mit allen Konsequenzen für die Auszahlung". Die Antragsformulare kritisierte er als "abschreckenden Perfektionismus". Ohne fremde Hilfe könnten die Bögen nicht ausgefüllt werden. Diese werde in den Arbeitsagenturen aber nicht in ausreichender Zahl leistbar sein. Das "Hartz IV"-Gesetz sei schlampig gemacht. Bei der Umsetzung träten Lücken auf, die zu Lasten der Betroffenen gingen. "Die Menschen sind zu Recht zornig", sagte der Sozialverbandspräsident.
Am 20-07-2004
Kurz vor der Wahl
Kurz vor der Bundestagswahl hat das Bundeskabinett eine Angleichung der bislang zwischen Ost- und Westdeutschland unterschiedlichen Regelsätze beim Arbeitslosengeld II (ALG II) beschlossen. Wie der stellvertretende Regierungssprecher Hans Langguth am Mittwoch in Berlin mitteilte, war der entsprechende Kabinettsbeschluss am Vortag im so genannten Umlaufverfahren zu Stande gekommen. Danach soll die monatliche Regelleistung ab Anfang 2006 im gesamten Bundesgebiet einheitlich 345 Euro betragen. Die entsprechende Gesetzesänderung bedarf allerdings der Zustimmung des Unions-dominierten Bundesrates.
Langguth warnte, regional unterschiedlich hohe Regelsätze, wie sie in der Union gefordert würden, führten "zu Rechtszersplitterung, größeren Ungleichgewichten und zu mehr Bürokratie". Eben dies wolle die Bundesregierung nicht, fügte Langguth hinzu. Mit dem Beschluss setze das Kabinett die vom Ombudsrat Ende Juli "zu Recht geforderte Anpassung um".
Am 31-08-2005
Bundesverfassungsgericht
Mutterschutz-Zeiten durften bei der Berechnung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld in den Jahren von 1998 bis 2002 nicht außen vor bleiben. Das hat das Bundesverfassungsgericht entschieden. Die entsprechende Regelung des Sozialgesetzbuches für diese vier Jahre wurde nachträglich für verfassungswidrig erklärt. Es verstoße gegen den "Schutz- und Fürsorgeanspruch der Mutter", die Mutterschutz-Zeiten bei der Berechnung der Anwartschaftszeit in der Arbeitslosenversicherung nicht zu berücksichtigen.
Der Gesetzgeber müsse nun bis 31. März 2007 für den betroffenen Zeitraum eine verfassungsgemäße Regelung treffen, betonten die Karlsruher Richter in dem am Dienstag veröffentlichten Beschluss.
Noch nicht rechts- oder bestandskräftig abgeschlossene Gerichts- und Verwaltungsverfahren müssen demnach ausgesetzt werden. Bestandskräftige Verwaltungsentscheidungen blieben von der vorliegenden Entscheidung zwar unberührt. Allerdings könne der Gesetzgeber die Wirkung seiner geforderten Regelung auch auf bereits bestandskräftige Bescheide erstrecken. Verpflichtet sei er hierzu aber nicht.
Die Karlsruher Richter rügten die Benachteiligung von Müttern. Wenn der Gesetzgeber Frauen für Zeiten vor oder nach der Geburt die Beschäftigung untersage, müsse er die damit verbundenen "sozialrechtlichen Nachteile soweit wie möglich ausgleichen". Sonst bliebe der mit dem Arbeitsverbot angestrebte "Schutz von Mutter und Kind unvollständig". Das Verfassungsgericht entschied auf eine Vorlage des Bundessozialgerichts hin.
Seit 1. Januar 2003 hat sich die Rechtslage geändert. Mit dem Gesetz zur Reform der arbeitsmarktpolitischen Instrumente ("Job-AQTIV-Gesetz") wurde der Arbeitslosenversicherungs-Schutz der Mütter verbessert. Mutterschutz-Zeiten werden seitdem bei der Berechnung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld einbezogen.
(AZ: 1 BvL 10/01 - Beschluss vom 28. März 2006)
Am 11-04-2006
Arbeitslosengeld
Das Bundessozialgericht (BSG) hat die Rechte sogenannter Patchwork-Familien gestärkt. Nach einem am 17. Oktober verkündeten Urteil darf die Arbeitsagentur nicht automatisch eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld verhängen, wenn Mütter oder Väter den Job kündigen, um mit ihren Kindern zu einem neuen Partner zu ziehen. "Die Begründung einer ernsthaften und auf Dauer angelegten Erziehungsgemeinschaft kann einen wichtigen Grund für die Kündigung bilden", sagte BSG-Vizepräsidentin Ruth Wetzel-Steinwedel. Bislang galt das nur, wenn leibliche Eltern einen gemeinsamen Haushalt einrichten wollten (Az.: 11a/7a AL 52/06 R).
In allen Fällen sei jedoch Bedingung, dass die Gründung der Erziehungsgemeinschaft dem Kindeswohl diene, erklärte der Senat. Das Zusammenziehen müsse eine "bessere Unterbringung, Verpflegung oder Betreuung der Kinder" zur Folge haben. Auch der Zeitpunkt der Kündigung sei davon abhängig zu machen - etwa zu Beginn eines neuen Schuljahrs.
Geklagt hatte eine Frau, die mit ihrer 14-jährigen Tochter zu ihrem Verlobten ins Ruhrgebiet ziehen wollte und deshalb ihre Arbeit als Verkäuferin in Heidenheim aufgegeben hatte. Die Arbeitsagentur zahlte ihr daraufhin in den ersten zwölf Wochen nach der Kündigung kein Arbeitslosengeld. Es sei eine Sperrzeit eingetreten, weil die Klägerin ihr Beschäftigungsverhältnis selbst beendet habe.
Das Bundesgericht widersprach dieser Auffassung, verwies die Klage aber trotzdem zurück an die Vorinstanz. Das nordrhein-westfälische Landessozialgericht in Essen habe noch nicht ausreichend geprüft, ob der Umzug wirklich dem Wohl des Kindes gedient habe und damit als wichtiger Kündigungsgrund anzuerkennen sei.
Am 18-10-2007
Voraussetzung sind Vorversicherungszeiten
Ältere Arbeitslose sollen künftig länger Arbeitslosengeld I beziehen. Die Koalitionsspitzen einigten sich in der Nacht zum 13. November im Berliner Kanzleramt darauf, dass die Betroffenen unter bestimmten Voraussetzungen über einen Zeitraum von "bis zu" zwei Jahren ALG I erhalten. Darüber hinaus wird laut Beschluss der Beitragssatz zur Arbeitslosenversicherung zum 1. Januar 2008 von derzeit 4,2 auf 3,3 Prozent gesenkt. Der Koalitionsvereinbarung zufolge sollen 50-Jährige 15 Monate, 55-Jährige 18 Monate und 58-Jährige 24 Monate lang Arbeitslosengeld I bekommen. Voraussetzung sind Vorversicherungszeiten von 30, 36 beziehungsweise 48 Monaten innerhalb der letzten fünf Jahre.
Derzeit bekommen Arbeitslose ALG I nur 12 Monate, über 55-Jährige 18 Monate. Die SPD wollte ursprünglich bereits Arbeitslosen ab 45 Jahren länger Arbeitslosengeld I zukommen lassen.
Nach Unions-Angaben erfolgt die Finanzierung kostenneutral. So verursache die Verlängerung keine Mehrkosten bei der Bundesagentur für Arbeit. Einen Teil der Gegenfinanzierung trage der Bund. Er transferiere jene Gelder an die BA, die er spare, weil er weniger Arbeitslosengeld II zahlen müsse. Auch sollen Mittel aus dem sogenannten Eingliederungstopf der BA verwendet werden.
Über die Senkung des Beitragssatzes zur Arbeitslosenversicherung entscheidet der Bundestag am 16. November. Den Beschluss zum Arbeitslosengeld I will die Koalition zeitgleich als Entschließungsantrag ins Parlament einbringen. Hier sind noch Details der Gegenfinanzierung mit der BA zu klären.
Der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Volker Beck, kritisierte, bei der Verlängerung der Bezugsdauer für Ältere werde verschwiegen, dass eine Finanzierung unter anderem durch Änderungen bei den Vorversicherungszeiten zu Benachteiligungen für Bauarbeiter, Frauen und Jüngere führen könne.
Am 13-11-2007
Reduzierung des Bundesanteils
Es könnte die Würde der Arbeitslosengeld-II-Empfänger tangieren, dieser regelmäßig öffentlich ausgetragene Streit über Wohn- und Heizkosten. So gibt es zwischen Bund und Ländern erneut Streit um die Wohnkosten von Arbeitslosengeld-II-Empfängern. Trotz der Einwände der Bundesländer beschloss der Bundestag am 15. November in Berlin eine Reduzierung des Bundesanteils an den Kosten für Unterkunft und Heizung, die den kommunalen Trägern im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitssuchende entstehen. Für den Gesetzentwurf der schwarz-roten Regierungskoalition, mit dem die Bundesbeteiligung für die einzelnen Länder neu festgelegt wird, stimmten Union und SPD, die Opposition lehnte die Vorlage ab.
Um die angestrebte jährliche Entlastung der Kommunen in Höhe von 2,5 Milliarden Euro zu erreichen, war die Bundesbeteiligung für 2007 auf durchschnittlich 31,8 Prozent festgelegt worden. Im kommenden Jahr soll sie nach dem jetzt beschlossenen Gesetz durchschnittlich 29,2 Prozent der Leistungen der Kommunen für Unterkunft und Heizung für das Jahr 2008 betragen. Begründet wird dies mit dem Rückgang der Zahl der Bedarfsgemeinschaften, der entsprechend der gesetzlichen Anpassungsformel zur Reduzierung des Bundesanteils führt.
Das Gesetz bedarf allerdings noch der Zustimmung des Bundesrates, der sich voraussichtlich am 20. Dezember mit der Vorlage befassen wird. Die Länderkammer hatte in der vergangenen Woche gefordert, dass sich diese Anpassungsformel nicht mehr an der Zahl der Bedarfsgemeinschaften orientieren soll, sondern an den tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung, die im Vergleichszeitraum gestiegen seien. Einen Grund dafür sieht die Länderkammer darin, dass seit Mitte 2006 Betroffene unter 25 Jahren nur im Ausnahmefall in eigene Wohnungen ziehen dürfen und in Folge die durchschnittliche Personenzahl in einer Bedarfsgemeinschaft von 1,8 auf 1,9 gestiegen sei.
In der Debatte sagte der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesarbeitsministerium, Gerd Andres (SPD), der Bund stehe zu seiner Zusage, die Kommunen insgesamt um 2,5 Milliarden Euro jährlich zu entlasten. Für die Höhe der Bundesbeteiligung 2008 sei die gesetzliche Anpassungsformel maßgeblich, auf die sich Bundestag und Bundesrat im vergangenen Jahr geeinigt hätten.
Da sich die durchschnittliche Zahl der Bedarfsgemeinschaften um 3,7 Prozent verringert habe, sinke die Bundesbeteiligung 2008 auf durchschnittlich 29,2 Prozent, erläuterte Andres. Er verstehe daher die Forderung des Bundesrates nach einer Änderung der Anpassungsformel nicht, da die geltende Regelung bis 2010 gelten sollte.
Am 15-11-2007