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Schutz oder Bombardierung der Bevölkerung? Bundeskabinett beschloss "Tornado"-Einsatz in Afghanistan

Bundeswehr in Afghanistan eine Rückschau

Am

"Wir sind die Guten". Dieser Werbeslogan eines Unternehmens könnte auch die Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung kennzeichnen. Das Bundeskabinett hat am Mittwoch den Einsatz von Tornado-Aufklärungsflugzeugen beschlossen und der Verteidigungsminister erklärte, die Flugzeuge dienten dem Schutz der ISAF-Soldaten, der Zivilbevölkerung und des Wiederaufbauteams. Die Friedensbewegung und einige Politiker hingegen meinen, die "Aufklärung" durch die Tornados diene der Zielbestimmung für nachfolgende Bombardierungen, wobei sowohl Soldaten als auch Zivilisten von den Bomben getroffen werden würden. Die "Bild"-Zeitung und "Spiegel Online" sind offenbar der Auffassung, dass man nicht länger mit humanitärem Geschwätz um den heißen Brei herumreden solle. "Sind wir jetzt im Krieg?" titelte Bild. Und Spiegel Online sekundierte: "Wer Krieg führt, soll auch Krieg sagen". Der Krieg in Afghanistan wurde vor Jahren auch deswegen begonnen, weil man den Menschen in Afghanistan, insbesondere den Frauen und Mädchen, die Demokratie bringen wollte. Deutschland macht vor, wie die Demokratie funktioniert: Trotz der Ablehnung des Tornado-Einsatzes durch 77 Prozent der Bevölkerung, wurde eben dies von den Ministerinnen und Ministern der deutschen Bundesregierung beschlossen.


Das Bundeskabinett hat am 7. Februar beschlossen, Aufklärungsmaschinen des Typs "Tornado" sowie bis zu 500 weitere Soldaten nach Afghanistan zu entsenden. Derzeit sind 2900 Bundeswehr-Soldaten in Afghanistan im Einsatz. Das letzte Wort zu diesem Einsatz haben die Abgeordneten des Deutschen Bundestages.

Die Flugzeuge und das Personal am Boden sollen im nordafghanischen Mazar-e-Sharif stationiert werden und nach Angaben des des Bundesverteidigungsministeriums "eine wichtige Fähigkeitslücke der NATO-Truppe ISAF (International Security Assistance Force) schließen". Ausgestattet mit optischen und Infrarot-Kamerasystemen könnten sie Tag und Nacht eingesetzt werden. Die Bilder der RECCE-Tornados sollen nach der Landung am Boden ausgewertet werden.

Bis Mitte April sollen in Mazar-E-Sharif stets sechs Tornados einsatzbereit sein. Das Mandat wäre vorläufig bis zum 13. Oktober befristet. Die Kosten des Einsatzes liegen den Angaben zufolge bei rund 35 Millionen Euro. Voraussichtlich im März wird sich der Bundestag mit dem Antrag der Bundesregierung beschäftigen. Verteidigungsminister Jung warb für eine breite Zustimmung der Parlamentarier und versprach: "Es wird sicherer durch diesen Einsatz - auch für unsere Soldaten."

Jung: Aufklärung ist kein Kampfeinsatz

Verteidigungsminister Franz Josef Jung und der Generalinspekteur der Bundeswehr, General Wolfgang Schneiderhan, begründeten auf einer Pressekonferenz in Berlin den geplanten Einsatz: "Aufklärung bedeutet einen zusätzlichen Schutz. Aufklärung ist kein Kampfeinsatz", sagte Jung.

Der Einsatz der Maschinen erhöhe die Sicherheit aller ISAF-Soldaten, der Wiederaufbauhelfer und der afghanischen Bevölkerung im ganzen Land. Jung unterstrich zugleich den vernetzten sicherheitspolitischen Ansatz für das Land: "Ohne Sicherheit kein Wiederaufbau. Und ohne Wiederaufbau keine Sicherheit."

General Schneiderhan: Militante oppositionelle Kräfte

Der ranghöchste Soldat der Bundeswehr, General Schneiderhan, sagte, angesichts der Größe Afghanistans würde ein Einsatz der Tornados der "Verfeinerung und Verbesserung des Lagebildes" dienen und die Bewegungsfreiheit "militanter oppositioneller Kräfte" einschränken. Den Besatzungen der Maschinen, die zum Aufklärungsgeschwader 51 im schleswig-holsteinischen Jagel gehören, attestierte Schneiderhan eine ausgezeichnete Ausbildung und einen hohen Bereitschaftsstand.

Schneiderhan räumte ein, dass die "Tornados" Ziel von tragbaren Abwehrraketen werden könnten. Die Piloten seien aber gut ausgebildet und könnten darauf mit Warnempfängern, Täuschsendern und Bordkanonen reagieren. "Ich halte dieses Risiko für verantwortbar", sagte der General, der im Gegensatz zu den Piloten und der Bevölkerung vor Ort das Risiko persönlich nicht tragen muss.

Strutynski: Regierung von allen guten Geistern verlassen

Der Sprecher des Bundesausschusses Friedensratschlag, Peter Strutynski, sagte, dass für April oder Mai eine neue Militäroffensive der US-Streitkräfte und ihrer Verbündeten in Südafghanistan angekündigt worden sei, "in deren Dienst die deutschen Maschinen stehen würden".

Der Tornadoeinsatz sei längst nicht so harmlos, wie er von amtlicher Seite dargestellt werde. "Es handelt sich keineswegs nur darum, den alliierten Truppen zu einer besseren 'Aufklärung' im Süden Afghanistans zu verhelfen", meint Strutynski. "Vielmehr dient der Einsatz dazu, die Zielfindung der NATO bei ihren Bombenangriffen auf vermeintliche Taliban-Stützpunkte zu verbessern. Der Krieg wird dadurch ausgeweitet, auch zivile Ziele werden in noch größerem Umfang ins Visier genommen, noch mehr Menschen werden in Afghanistan sterben, Häuser und Dörfer dem Erdboden gleich gemacht." Die Bundeswehr werde in noch mehr Kämpfe verstrickt.

"Die Bundesregierung ist nicht nur von allen guten Geistern, sondern auch von der großen Mehrheit der Bevölkerung verlassen", so Strutynski. Nach einer gestern veröffentlichten Forsa-Umfrage im Auftrag der friedenspolitischen Organisation IPPNW seien mehr als drei Viertel der Bundesbürger (77 Prozent) dagegen, dass die Bundesregierung Tornados in den Afghanistan-Kriegsschauplatz schicke. Lediglich 21 Prozent sprächen sich dafür aus. "Selbst die Anhänger der Regierungsparteien sind zu über zwei Dritteln gegen den Tornadoeinsatz."

Strutynski: Keine demokratische Legitimation

Die Bundesregierung habe wieder einmal unter Beweis gestellt, dass ihr die "Bündnissolidarität" mit den USA wichtiger sei "als die demokratische Legitimation ihrer Politik bei Souverän, dem Volk". Noch im September letzten Jahren sei anlässlich der Verlängerung des ISAF-Mandats des Bundestags versprochen worden, dass die Bundeswehr nicht in die Kämpfe im Süden Afghanistans eingreifen würde. "Gewiss wurde mit diesem Versprechen der eine oder die andere Abgeordnete geködert, dem ISAF-Mandat zuzustimmen", vermutet Strutynski.

Der Bundesausschuss Friedensratschlag ruft die Friedensbewegung dazu auf, die Zeit bis zur endgültigen Abstimmung im Deutschen Bundestag "zu nutzen, um überall im Land über die tiefe Verstrickung der Bundeswehr in den Afghanistankrieg aufzuklären". Der Samstag vor der Bundestagsabstimmung, der 3. März, solle ein bundesweiter Aktionstag gegen die Ausweitung des Krieges werden. Zuvor würden die Bundestagsabgeordneten mit Briefen und e-mails "bombardiert", um sie zur friedenspolitischen Vernunft zu bringen und im Bundestag "nicht schon wieder den Mehrheitswillen der Bevölkerung mit Füßen zu treten".

Die FDP prüft und fordert "Einfluss auf die Kampfführung"

Die oppositionelle FDP-Bundestagsfraktion will die Vorlage der Bundesregierung "unvoreingenommen prüfen". Die Bundesregierung sollte aber zunächst "ehrlicher informieren", fordern die stellvertretenden Vorsitzenden der Fraktion Birgit Homburger und Werner Hoyer.

"Entgegen den wiederholten Aussagen von Verteidigungsminister Jung schließen die deutschen Recce-Tornados keine Fähigkeitslücke der NATO in Afghanistan, sondern sie ersetzen lediglich britische Harrier, die bisher die Luftaufklärung wahrnehmen und zukünftig andere Aufgaben in Afghanistan übernehmen", meinen die Abgeordneten.

Die Bundesregierung bleibe die Antwort auf die Frage schuldig, ob nicht auch andere NATO-Partner "diese Aufklärungsrolle in gleicher Qualität" hätten übernehmen können. Darüber hinaus erwartet die FDP eindeutige Auskunft darüber, welchen Einfluss die Bundesregierung auf die ISAF-Operationsplanung bei möglichen Einsätzen deutscher Recce-Tornados in Afghanistan hat. "Wenn die Bundeswehr Aufklärungsmaterial liefert dann muss damit auch ein Einfluss auf die Kampfführung verbunden sein", verlangen die Politiker.

Partei- und Fraktionschef Guido Westerwelle sagte am Mittwoch in München, es müsse sichergestellt werden, dass keine deutschen Truppen im Süden Afghanistans eingesetzt würden. Westerwelle sprach von der "absolut realen" Gefahr einer "Rutschbahn", an deren Ende ein Truppeneinsatz im Süden des Landes stehe.

Roth: Die Bundesregierung muss auf die Operationsführung Einfluss nehmen können

Die grüne Bundesvorsitzende Claudia Roth findet das Agieren der Bundesregierung der Form wie dem Inhalt nach inakzeptabel. Auf der Grundlage von "unvollständigen, intransparenten und offenbar interessegeleiteten Informationen" sei keine verantwortliche Entscheidung des Parlaments möglich.

"Es ist eine direkte Missachtung des Parlaments, wenn die Presse schneller informiert wird als die Parlamentarier, die hier entscheiden müssen", kritisiert Roth. "Keine klare Aussage der Bundesregierung gibt es bisher auf die Frage, wofür die Tornados konkret benötigt werden. Wenn offensichtlich Bilder von Taliban-Stellungen gemacht und auch an Nato-Partner weitergeben werden sollen, bleibt unklar, ob die Bundeswehr dann einen Einfluss auf die weitere Verwendung dieser Informationen hat.

Die Bundesregierung müsse jetzt unmissverständlich sagen, welchem Zweck der Tornado-Einsatz dienen solle. Die Bundesregierung müsse "auf Operationsführung und Verwendung der Aufklärungsergebnisse Einfluss nehmen können und darf hier keinen Blankoscheck ausstellen. Wir unterstützen auch die militärische Komponente bei der Absicherung des Wiederaufbaus - so wie bisher beim ISAF-Einsatz deutscher Soldaten - aber keinen 'Krieg gegen den Terrorismus', wie er im Rahmen von OEF geführt wird", so Roth. "Dieser erscheint immer mehr als ein Krieg gegen die Paschtunen und die Zivilbevölkerung, der kontraproduktiv ist, weil er Spannungen verschärft statt sie abzubauen."

Lafontaine: Übermittlung von Zieldaten für NATO-Bombardements

Linksfraktionschef Oskar Lafontaine sagte, die Bundesregierung verwickele Deutschland direkt in den Krieg in Afghanistan. Dieser Kurs torpediere alle Bemühungen um einen friedlichen Wiederaufbau in Afghanistan, gefährde das Leben deutscher Soldaten und hole den Terror ins Land. "Erneut handelt die Bundesregierung damit im Widerspruch zur übergroßen Mehrheit des Volkes."

Die Entwicklungen in Afghanistan zeigten jeden Tag, dass die NATO-Strategie der militärischen Eskalation zum Scheitern verurteilt sei und nur die zivilen Opferzahlen in die Höhe treibe, so Lafontaine. "Der Tornado-Einsatz mit der Übermittlung von Zieldaten für NATO-Bombardements trägt unmittelbar zu einer Kriegführung bei, die viele unschuldige, zivile Opfer fordert und damit völkerrechtswidrig ist." Die Bundeswehr dürfe sich nicht an einer neuen militärischen Offensive im Frühjahr beteiligen.

"Die von der Opposition durchgesetzte erneute Befassung des Bundestages muss deshalb dazu führen, dass es kein neues Mandat für diese unmittelbare deutsche Kriegsbeteiligung gibt", fordert der ehemalige SPD-Vorsitzende. "Die Mitglieder der obersten Volksvertretung sollten dem Mehrheitswillen der Deutschen Geltung verschaffen."

Wimmer: Die sogenannten Restriktionen dienen nur der Täuschung der Öffentlichkeit

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Willy Wimmer lehnt den Einsatz von "Tornado"-Aufklärungsjets der Bundeswehr in Afghanistan ab. Die Einschränkungen bei der Datenübergabe sollten nur über den wahren Charakter des Einsatzes täuschen, sagte der frühere Parlamentarische Staatssekretär im Verteidigungsministerium "Spiegel Online".

"Wenn die Tornados einmal in Afghanistan sind, dann ist diese Entscheidung des Kabinetts das Papier nicht wert, auf dem sie gedruckt ist", so Wimmer. "Die so genannten Restriktionen dienen doch nur dazu, die Öffentlichkeit über den wahren Charakter dieses Einsatzes zu täuschen. Ich bin überzeugt, dass wir auf Dauer unweigerlich in die Kämpfe im Süden mit hineingezogen werden."

Die "unterschiedslose Kriegsführung" der Angelsachsen auch gegen Zivilisten ist nach Auffassung von Wimmer "ein eklatanter Verstoß gegen das Kriegsvölkerrecht". Das wüssten alle Beteiligten, vor allem in der Bundeswehr, die sich damit beschäftigten. "Die Weitergabe von Daten für Operationen, bei denen Zivilisten getötet würden, wäre strafrechtlich als Beihilfe zu bewerten."

Wimmer verweist auf einen deutschen General, der sich erst kürzlich entsetzt über die Operation Medusa geäußert habe, bei der in Afghanistan "Hunderte Tote zu beklagen waren - darunter viele Zivilisten".

Kolbow: Natürlich werden die Aufklärungs-Ergebnisse auch zur Bekämpfung der Taliban genutzt

Der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Walter Kolbow, sagte, der geplante Einsatz von Tornado-Aufklärungsflugzeugen stehe im Einklang mit der bisher verfolgten ISAF-Strategie in Afghanistan. "Bereits bei der Verlängerung des ISAF-Mandates im September 2006 war die Ausdehnung des Einsatzgebietes auf das ganze Land absehbar", so der SPD-Politiker. "Besonders im Süden und Osten des Landes sehen sich die Truppen unserer Verbündeten seitdem mit zunehmendem Widerstand der Taliban konfrontiert. Auch Deutschland ist für den Erfolg der Gesamtmission mit verantwortlich."

Eine verbesserte Aufklärung diene "auch dem Schutz eigener Kräfte, deutscher Entwicklungshelfer, Soldaten und nicht zuletzt auch der afghanischen Bevölkerung", so Kolbow. "Natürlich werden die Ergebnisse auch zur Bekämpfung der Taliban durch die ISAF genutzt." Aber dies seien die Kräfte, welche die Lage in Afghanistan destabilisierten und die Autorität der afghanischen Regierung unterminierten. "Diese bewaffneten oppositionellen Kräfte dürfen nicht die Oberhand gewinnen; dies zu verhindern ist auch Aufgabe der ISAF-Mission."

Das Kommando Spezialkräfte soll in Afghanistan offensiv Krieg führen

"Truppe der Exekutive"

Der Europaabgeordnete Tobias Pflüger (Linksfraktion), ein langjähriger Kritiker der im baden-württembergischen Calw stationierten Kommando Spezialkräfte (KSK), stattet der Bundeswehr-Elitetruppe am kommenden Montag einen Besuch ab. Aus diesem Anlass erneuert der Parlamentarier seine Kritik am "reinen Kampfauftrag" des KSK. Die KSK Soldaten seien explizit für "High-Intensity-Warfare" ausgebildet. Die zur Division Spezielle Operationen (DSO) zugehörige KSK-Truppe sei "schon mehrfach auch ohne Parlamentsbeschluss zum Beispiel in Bosnien und im Kosovo eingesetzt" worden.

Seit November 2001 sei sie immer wieder auch in Afghanistan im Kriegseinsatz. Dort beteilige sie sich an der "Operation Enduring Freedom" (OEF) und somit an einer offensiven Kriegsführung. Laut Pflüger haben die Truppen des Westens eine neue Großoffensive gegen die gestürzten Taliban begonnen: "Die OEF-Koalitionstruppen haben in Afghanistan eine Offensive mit 11.000 Soldaten gestartet."

Formal stütze sich die Bundesregierung bei Einsatz des KSK in Afghanistan auf den am 16. November 2001 nach den Anschlägen vom 11. September gefassten Bundestagsbeschluss, deutsche Soldaten inklusive von bis zu 100 Spezialkräften im "Krieg gegen den Terror" einzusetzen. "Die Öffentlichkeit wird über diese Einsätze nicht informiert, selbst die normalen Bundestagsabgeordneten werden weder vor, noch während, noch nach den Einsätzen konsultiert oder informiert", so Pflüger.

Das Verteidigungsministerium gebe keinerlei Informationen über den Charakter und den Umfang der Einsätze an die Öffentlichkeit. Völlig ungeklärt bleibe zum Beispiel die Frage, wer "die Aktionen der KSK" kontrolliere. "Ebenfalls unklar ist bis heute auch die Frage, was Soldaten des KSK mit Gefangenen machen, die sie bei ihrem 'Krieg gegen den Terrorismus' gemacht haben", so Pflüger.

"Das KSK ist de facto eine Truppe der Exekutive", meint der Parlamentarier unter Anspielung auf den notorischen Verweis auf die Bundeswehr als "Parlamentsarmee". Seit Mai 2005 sei bekannt, "dass KSK-Kommandos bei ihrem letzten Einsatz im Südosten Afghanistans in begrenztem Umfang über direkte Kampfhandlungen sogar selbst entschieden haben. Die viel beschworene Parlamentsarmee ist in Sachen KSK außer Kraft gesetzt."

Vor Ort in Afghanistan werde im übrigen von der Bevölkerung eine Unterscheidung zwischen den ISAF-"Stabilisierungstruppen" und den Soldaten, die im Rahmen der "Operation Enduring Freedom" (OEF) gemeinsam mit dem KSK "offensiv Krieg führen", immer weniger wahrgenommen. Auch die vermehrten Anschläge auf Bundeswehrsoldaten in Afghanistan zeigten, dass nicht zwischen OEF und ISAF unterschieden wird.

Verteidigungsminister Franz-Josef Jung habe Planungen bestätigt, wonach der Oberbefehl von OEF und ISAF zusammengelegt werden solle. "Die OEF-Koalitionstruppen Truppen haben in Afghanistan eine Offensive mit 11.000 Soldaten gestartet", so Pflüger und fragt: "Ist das KSK daran beteiligt?"

Statt immer tiefer in die afghanischen Sumpf zu geraten, müsse jetzt endlich ein verantwortungsvolles Ausstiegsszenario debattiert werden, meint Pflüger. Bei seinem Truppenbesuch in Calw wird er dazu kaum Gelegenheit haben.

Am 14. Jul. 2006 unter: welt-online

Linke geben Grünen Mitschuld am Krieg in Afghanistan

"Nachtangriffe auf afghanische Siedlungen"

Der verteidigungspolitischer Sprecher der Linksfraktion, Paul Schäfer, warf den Grünen eine "falsche Empörung über den Kriegsverlauf in Afghanistan" vor. "NATO-Truppen fliegen Nachtangriffe auf afghanische Siedlungen und nehmen erhebliche zivile Kollateralschäden in Kauf", so Schäfer. Die ISAF-Mission werde "mehr und mehr zu einem Kampfeinsatz; sie ist immer weniger von einem Anti-Terrorkrieg zu unterscheiden. Die bislang stabile Interventions-Koalition aus CDU-CSU-FDP-SPD-Grüne muss endlich die Konsequenzen aus der katastrophalen NATO Afghanistanpolitik ziehen und das tun, was Die Linke seit langem fordert: Die sofortige Beendigung der Afghanistaneinsätze im Bundestag unterstützen." Der "plötzlichen Betroffenheit" einiger aus der "Koalition der Ja-Sager" müssten nun Taten folgen. Dies betreffe vor allem "die selbsternannten Aufklärer aus den Reihen der Grünen".

Man müsse den Einsatz in Afghanistan überdenken, "hallt es heute aus den Reihen der Grünen. "Haben sie sich vorher nicht richtig informiert?", fragt Schäfer. Der Links-Politiker wirft den Grünen vor, sie würden in der Öffentlichkeit "ihre Mitverantwortung für die Entwicklung in Afghanistan" ausblenden. "Die rot-grüne Bundesregierung hat 2001 die Weichen gestellt für die deutsche Beteiligung am Krieg gegen den Terrorismus", so Schäfer. Der letzte bekannte Einsatz von Kommando Spezialkräften erfolgte unter Rot-Grün. Murat Kurnaz wurde mit Wissen der rot-grünen Regierung in Guantanamo festgehalten."

Im Umgang mit Spezialkräften und der "Eigendynamik von Militäreinsätzen" sei weder für Regierungstreue noch für Blauäugigkeit oder Naivität Platz. Notwendig sei stattdessen eine kritische Aufarbeitung und "konsequente Ablehnung des Afghanistan-Einsatzes".

Am 27. Okt. 2006 unter: welt-online

Kampfeinsatz deutscher Bodentruppen in Afghanistan möglich

"Normalität" des Krieges

Schritt für Schritt wird die deutsche Öffentlichkeit an immer "robustere" Kriegseinsätze herangeführt. Vorbei ist offenbar die Zeit, als man die Bevölkerung noch mit humanitären Gründen zur Kriegsbeteiligung motivieren musste. Offenbar ist die Bevölkerung aus Sicht vieler Politiker nun weitgehend reif, Krieg wieder als Normalität zu akzeptieren. Der stellvertretende Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Deutschen Bundestages, Hans-Ulrich Klose (SPD), schließt, wie er dem "Tagesspiegel" mitteilte, eine Entsendung kämpfender Bodentruppen der Bundeswehr nach Afghanistan nicht aus. Deutschland sei noch nicht vollständig in der Normalität angekommen, so Klose zur Debatte um den geplanten Tornado-Einsatz in Afghanistan. Es werde der Tag kommen, "an dem wir Kampftruppen losschicken und das auch so formulieren müssen. Dann wird es sich nämlich um Bodentruppen handeln."

Einen solchen Kampfeinsatz könne man auf Dauer "auch für Afghanistan jedenfalls nicht ausschließen", so Klose. Der Westen müsse bei der militärischen Absicherung der Staatsbildung in Afghanistan einen langen Atem haben. Er halte zehn Jahre für eine realistische Perspektive. Die NATO dürfe in Afghanistan nicht scheitern.

Den vom Kabinett beschlossenen Einsatz der Tornados bezeichnete Klose als "Kampfunterstützung". Die bei den Aufklärungsflügen gewonnenen Erkenntnisse würden "natürlich" in das Gesamtlagebild einmünden "und dann auch für den Anti-Terror-Krieg genutzt werden". Dies formuliere die Bundesregierung in ihrem Antrag an den Bundestag aber deshalb nicht klar, "damit es im Parlament nicht noch mehr Gegenstimmen gibt als bei der Gesundheitsreform".

Am 09. Feb. 2007 unter: welt-online

Bundeswehr-Tornado soll bei Notlandemanöver verunglückt sein

Afghanistan-Krieg

Die Bruchlandung eines Tornado-Aufklärungsflugzeuges Ende April im afghanischen Masar-i-Sharif ist nach einem Zeitungsbericht angeblich auf einen Pilotenfehler zurückzuführen. Der Pilot habe ein waghalsiges, in Deutschland verbotenes Landemanöver geübt, schrieb die "Bild"-Zeitung. Der Flugzeugführer habe hoch über der Landebahn die Triebwerke auf Leerlauf geschaltet, um bei der Landung nicht von einer wärmegesteuerten "Stinger"-Rakete der Taliban getroffen werden zu können.

Das Flugzeug habe sich deshalb in steilem Gleitflug der Landepiste genähert, schrieb die Zeitung. Es sei dann aber mit fast vierfacher Erdbeschleunigung auf die Rollbahn aufgeschlagen. Dabei sei das Bugrad abgebrochen und der Tornado sei auf dem Rumpf weiter gerutscht. Die Besatzung kam mit dem Schrecken davon.

Zunächst sei vermutet worden, dass eine Bodenwelle auf der Piste oder ein Materialfehler die Bruchlandung verursacht habe, schrieb das Blatt. Das Flugzeug ist einer der sechs Aufklärungs-Tornados aus dem Aufklärungsgeschwader 51 "Immelmann" in Jagel bei Schleswig, die Anfang April nach Afghanistan verlegt wurden.

Am 31. Mai. 2007 unter: welt-online

Afghanistan - Bundeswehr bildet angeblich "Kindersoldaten" aus

Afghanistan

Nach Darstellung des Links-Abgeordneten Paul Schäfer bildet die Bundeswehr in Afghanistan "offenbar" Kindersoldaten aus. Dies geschehe, obwohl sich sowohl Deutschland als auch Afghanistan mit Beitritt zum UN-Fakultativprotokoll von 2000 verpflichtet hätten, keine Minderjährigen an Kampfhandlungen teilnehmen zu lassen. Dass sich die Bundeswehr "ohne eine Spur von schlechtem Gewissen oder gar Unrechtsbewusstsein" auf ihrer Homepage mit der Waffen- und Gefechtsausbildung sechzehnjähriger Afghanen brüste und leichthin erkläre, "in nicht allzu ferner Zukunft" würden diese "an vorderster Front stehen" offenbart nach Auffassung von Schäfer "auf drastische Art die Verrohung, die die Kriegsteilnahme bereits jetzt über die Truppe gebracht hat." Wie die österreichische Zeitung "Der Standard" berichtet, bestätigte ein Sprecher des Einsatzführungskommandos in Potsdam am 26. Februar, dass die deutsche Bundeswehr in Afghanistan an der militärischen Ausbildung Minderjähriger beteiligt ist. Die deutschen Soldaten nähmen die Ausbildung aber nicht selbst vor.

Im Zusammenhang mit dem Text auf der Bundeswehr-Website war laut "Standard" von der Ausbildung der afghanischen Streitkräfte durch die Bundeswehr die Rede: "So ist die Altersspanne breit. Der Jüngste ist gerade 16 Jahre alt, die Älteren bereits Mitte Dreißig", hieß es offenbar in dem Bericht. "Die älteren Soldaten sind vor allem ruhiger und beherrschter als ihre jungen Kameraden", wurde ein deutscher Offizier zitiert.

Mit dem Training afghanischer Kindersoldaten reiße die Bundeswehr "eine der wenigen verbliebenen moralischen Hürden im Afghanistankrieg ein", so Schäfer, verteidigungspolitischer Sprecher der Linksfraktion.

Der Abgeordnete forderte die Bundesregierung auf, "unverzüglich die militärische Ausbildung Minderjähriger einzustellen und die Bundeswehr aus Afghanistan abzuziehen".

Am 28. Feb. 2008 unter: welt-online

Ärzteorganisation wendet sich gegen Truppenaufstockung für Afghanistan

Abzug der Bundeswehr gefordert

Die Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges (IPPNW) lehnen die von der Bundesregierung geplante Aufstockung des Bundeswehrkontingents in Afghanistan ab. Die Organisation reagierte damit auf die von Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) vor dem NATO-Verteidigungsrat in Brüssel angekündigte Aufstockung des Bundeswehr-Kontingents. Die IPPNW fordert einen "Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan" und einen "Ausstieg aus dem Krieg".

Die Bundesregierung solle jegliche Ausweitung des militärischen Engagements in dem Land unterlassen, fordert die Friedensorganisation.

Bezugspunkt bei einem Ausstiegskonzept dürfe nicht nur "die gegenwärtige US-gestützte Regierung Afghanistans" sein. Vielmehr müsse auch die afghanische Zivilgesellschaft intensiv einbezogen werden.

Die IPPNW kündigte an, sich im Bündnis mit anderen Organisationen der deutschen und internationalen Friedensbewegung an den Aktionen und Demonstrationen im kommenden Herbst gegen die Mandatsverlängerung des Bundeswehreinsatzes in Afghanistan rege zu beteiligen.

Am 13. Jun. 2008 unter: welt-online

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