Nachrichten Agenda 2010
- Verlängerte Bezugsdauer beim Arbeitslosengeld I beschlossen
- DNR sieht große Akzeptanz für Vorschläge der Grünen zur Agenda 2010
- Offener Brief des BUND an Grüne
- Die Änderungen bei Kündigungsschutz und Arbeitslosengeld
- SPD-Abweichler bleiben bei Kritik an Sozialkürzungen
- Clement rügt SPD-Programmentwurf als Phrasendrescherei
- Volkssolidarität für längeres Arbeitslosengeld I
- Anhaltende Proteste bei Montagsdemos setzen Bundesregierung unter Druck
- AKW-Gegner wollen Menschenkette um das AKW Grohnde bilden
- Bayerns DGB-Chef für Offenheit gegenüber Rot-Rot
- Engelen-Kefer fordert Korrekturen an der "Agenda 2010"
- Paritätischer Wohlfahrtsverband kritisiert "Agenda 2010"
- Köhler lobt "Agenda 2010"
- Erneute Kritik an unzureichendem Schutz der Atomkraftwerke gegen Terrorangriffen
- Sozialabbau kostet 100 000 Arbeitsplätze
- Schröder sieht keine Alternative zur Agenda 2010
- Umweltschützer kritisieren E.On wegen Atomkraftwerks-Pläne in Großbritannien
- Atomkraftwerke Brunsbüttel und Krümmel bleiben weiter vom Netz
- Samstag in Berlin: "Koalition gegen Angriff auf den Sozialstaat" demonstriert
- Beck für Weiterentwicklung der "Agenda 2010"
- Umweltschützer fordern Verzicht auf Atom-Endlager Gorleben
- Grüne sollen Agenda 2010 begrünen
- Die Bürger finden die Agenda 2010 sozial ungerecht
- Kuhn gibt Defizite der Agenda 2010 zu
- Keine Korrekturen an Agenda 2010, aber trotzdem sozialer
- Steinmeier fordert von SPD Ende der Debatten um "Agenda 2010"
Kritik übt Attac auch an der beispiellosen Kampagne gegen die Gewerkschaften, die mit dem Angriff auf die Sozialsysteme einhergeht. Peter Wahl: "Eine Schwächung der Gewerkschaften ist eine Schwächung der Demokratie. Sie trifft nicht nur die Gewerkschaften, sondern alle Kräfte, die sich für eine gerechte und solidarische Organisation unserer Gesellschaft einsetzen."
Sollten die geplanten Maßnahmen durchgepeitscht werden, würden sie nach Ansicht von Attac zudem keineswegs zu einem Aufschwung führen. Schließlich predigten die Vertreter des Neoliberalismus schon seit zehn Jahren die gleichen Dogmen: Lohnverzicht, Steuersenkungen für Unternehmen und Reiche, Sozialabbau. Doch dadurch sind keine Arbeitsplätze entstanden, sondern das Gegenteil ist eingetreten. Wahl: "Die Verwirklichung der 'Agenda 2010' würde die Nachfrage weiter schwächen und die Bundesrepublik noch schneller auf die schiefe Bahn einer Deflation abgleiten lassen."
Attac tritt ebenfalls für eine Modernisierung des Sozialstaates und für Reformen auf dem Arbeitsmarkt ein. Aber für Reformen, die die Lebensbedingungen der Menschen verbessern und die Lebensqualität erhöhen und nicht die Profite. Zum Einstieg gehören dazu unter anderem die Wiedereinführung der Vermögenssteuer, die Besteuerung von Konzernen nach ihrer tatsächlichen Leistungsfähigkeit, die Besteuerung von Devisentransaktionen (Tobin-Steuer), eine deutliche Verkürzung der Arbeitszeit sowie Investitionen der öffentlichen Hand in den ökologischen Umbau und die soziale Infrastruktur.
Am 29-04-2003
Verlängerte Bezugsdauer beim Arbeitslosengeld I beschlossen
Abstriche von Agenda 2010
Die Verlängerung der Bezugsdauer beim Arbeitslosengeld (ALG) I für Ältere ist unter Dach und Fach. Der Bundesrat stimmte am 15. Februar in Berlin einem entsprechenden Gesetzesbeschluss des Bundestages zu. Ältere Erwerbslose können demnach rückwirkend zum 1. Januar bis zu 24 Monate Arbeitslosengeld I erhalten. Bislang bekommen über 55-Jährige ALG I nur bis zu 18 Monate lang. Der Arbeitslosengeldbezug war 2004 im Zuge der Agenda 2010 gekürzt worden. Mit der Neuregelung wird ferner die seit Jahresbeginn drohende Zwangsverrentung Arbeitsloser über 58 Jahren verhindert. Langzeitarbeitslose müssen demnach erst ab 63 eine Altersrente mit Abschlägen in Kauf nehmen.
In der Debatte begrüßte SPD-Chef Kurt Beck die Neuregelung. Es sei nie Ziel der Reformpolitik der vergangenen Jahre gewesen, "soziale Unsicherheiten zu schaffen". Bei großen Reformen müsse immer geprüft werden, ob Auswirkungen "über das Gewünschte hinaus gehen", und gegebenenfalls entsprechende Änderungen vorgenommen werden. Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident warb zugleich für verstärkte Einstellungen älterer Menschen. Ziel müsse eine Beschäftigungsquote von 55 Prozent der Menschen ab 55 Jahren bis zum Jahr 2010 sein. Derzeit liege man bei 52 Prozent.
Nordrhein-Westfalens Regierungschef Jürgen Rüttgers (CDU) wertete die ALG-I-Verlängerung als "großen Fortschritt für den solidarischen Sozialstaat". Er plädierte zugleich dafür, die private Altersvorsorge zu stärken. Es sei nicht richtig, dass hierfür angespartes Vermögen im Fall von Arbeitslosigkeit bis auf 16.250 Euro aufgezehrt werden müsse. Deshalb sollten die Freibeträge zur Altersvorsorge bis zu einem Betrag von 700 Euro pro Lebensjahr für alle Anlageformen erhöht werden.
Am 15-02-2008
DNR sieht große Akzeptanz für Vorschläge der Grünen zur Agenda 2010
Agenda 2010
Der Deutsche Naturschutzring (DNR) unterstützt sehr nachdrücklich die aus den Reihen der Grünen Bundestagsfraktion gemachten Vorschläge zur Berücksichtigung ökologischer Anforderungen bei der Agenda 2010. Der Abbau ökologisch schädlicher Subventionen bei der Kohleproduktion und die Fortführung einer ökologischen Finanzreform mit dem Ziel, den Verbrauch an Öl, Gas und Kohle zu reduzieren seien ein wichtiger Beitrag für den Klimaschutz. Im Gesundheitsbereich könne der Ersatz krebserzeugender Chemikalien und anderer gesundheitsgefährdender Stoffe zu erheblichen Entlastungen beitragen. "Die Verbindung von sozialpolitischen, wirtschaftlichen und ökologischen Reformen wird in der Bevölkerung auf große Unterstützung stoßen", sagte DNR-Generalsekretär Helmut Röscheisen.
Sehr hilfreich seien auch Überlegungen zum Bürokratieabbau und die Einführung von Kennzeichnungspflichten, damit die Verbraucher zukünftig verstärkt auf umweltfreundliche Produkte zurückgreifen können. Nach Ansicht des DNR verbinden die Vorschläge der Grünen die beiden entscheidenden Reformvorhaben der Bundesregierung, die Nachhaltigkeitsstrategie und die Agenda 2010.
Am 09-05-2003
Offener Brief des BUND an Grüne
Agenda 2010
Der BUND richtet einen offenen Brief an die Delegierten des Sonderparteitags von Bündnis 90/Die Grünen, in dem er Änderungen an der Agenda 2010 fordert. ngo-online dokumentiert den offenen Brief im Wortlaut:
Liebe Bündnisgrüne,
vor Eurem Cottbuser Sonderparteitag am kommenden Wochenende, auf dem die Agenda 2010 - das Reformprogramm von SPD und Grünen für die nächsten Jahre - diskutiert und verabschiedet werden soll, wenden wir uns als Umweltorganisation an Euch:
Es muss weiter ureigene Aufgabe der Bündnisgrünen sein, die Aufgaben und ungenutzten Potentiale im Umweltbereich zu thematisieren und in praktische Politik umzusetzen. Dazu ist es unbedingt erforderlich, die wirtschaftlichen und sozialen Reformbemühungen mit der notwendigen ökologischen Erneuerung zu kombinieren. Deshalb unterstützen wir die Vorschläge von Teilen Eurer Partei, einen umfangreichen Katalog ökologischer Aspekte in die anstehenden Reformen zu integrieren.
Korrekturbedarf an der Agenda 2010 sehen wir vom BUND vor allem in der Verkehrs- und Agrarpolitik. Naturzerstörende und teure Kanal- und Autobahnprojekte müssen gestoppt, ökologisch kontraproduktive Subventionen wie die in die agrarische Überproduktion und in Massentieranlagen umgeschichtet werden. Der Ausbau der Bahn, Klimaschutzmaßnahmen, naturnaher Tourismus und eine umweltgerecht produzierende Landwirtschaft bieten gleichzeitig enorme Arbeitsplatzpotentiale. Auch die notwendige Weiterentwicklung der Ökosteuer schafft zusätzliche Arbeitsplätze und begrenzt den Ressourcenverbrauch.
In diesen und vielen weiteren Bereichen kann und muss Eure Partei ihren Einfluss auf die SPD nutzen, um die Agenda 2010 entscheidend "zu begrünen". Eine umweltpolitische Vorreiterrolle ist für Deutschland der beste Weg, alle Chancen auf dem wachsenden Weltmarkt für umweltverträgliche Produkte und Dienstleistungen zu nutzen. Bündnis 90/Die Grünen haben hierbei eine besondere Verantwortung, damit auch die SPD diese Aspekte stärker in ihre Parteipolitik aufnimmt.
Die ökologische Modernisierung der Industriegesellschaft kann und muss mit der Reform des Sozialstaates und des Finanzhaushaltes verbunden werden.
Bei diesen Bemühungen wünschen wir Euch Erfolg und ein gutes Gelingen Eures Sonderparteitages,
Dr. Angelika Zahrnt
Vorstandsvorsitzende des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND)
Am 10-06-2003
Die Änderungen bei Kündigungsschutz und Arbeitslosengeld
Agenda 2010
Der Bundestag hat am Freitag mehrere Arbeitsmarktreformen im Rahmen der "Agenda 2010" beschlossen. Die Änderungen betreffen den Kündigungsschutz und die Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes. Die Neuerungen im Überblick:
ARBEITSLOSENGELD: Die Anspruchsdauer auf Arbeitslosengeld wird grundsätzlich auf zwölf Monate begrenzt. Über 55-Jährige können künftig statt bis zu 24 nur noch bis maximal 18 Monate Arbeitslosengeld beziehen. Die Koalition will so weitere Anreize zur Arbeitsaufnahme schaffen und die Lohnnebenkosten senken.
KÜNDIGUNGSSCHUTZ: Für Handwerksbetriebe und kleine Gewerbetreibende sollen Neueinstellungen erleichtert werden. Sie sollen befristet Beschäftigte einstellen können, ohne dass dies auf den Schwellenwert von 5 Mitarbeitern pro Betrieb angerechnet wird. Die Regelung gilt zunächst bis Ende 2008.
Die SOZIALAUSWAHL wird auf die Kriterien Betriebszugehörigkeit, Lebensalter, Unterhaltspflichten und Schwerbehinderung des Arbeitnehmers beschränkt. Auch Leistungsträger, die für die wirtschaftliche Existenz des Betriebs wichtig sind, können aus der Sozialauswahl ausgenommen werden. Der bisherige soziale Schutz bei Krankheit bleibt erhalten.
Bei betriebsbedingten Kündigungen kann der Betroffene zwischen einer Weiterbeschäftigungsklage oder einer in der Höhe gesetzlich festgelegten Abfindung wählen.
Die mögliche BEFRISTUNG von Arbeitsverhältnissen wird für Existenzgründer auf vier Jahre verlängert.Für die gerichtliche Feststellung der Rechtsunwirksamkeit einer Kündigung wird eine EINHEITLICHE FRIST von drei Wochen eingeführt. Betroffene sollen damit nach einer Kündigung alsbald Klarheit darüber bekommen, ob das Arbeitsverhältnis fortbesteht oder aufgelöst wird.
Am 26-09-2003
SPD-Abweichler bleiben bei Kritik an Sozialkürzungen
Agenda 2010
Ungeachtet der Drohungen aus der Parteispitze halten mehrere SPD-Bundestagsabgeordnete offenbar an ihren Forderungen zu den geplanten Reformen fest. "Es dürfen nicht immer nur Sozialkürzungen übrig bleiben. Das ist kein vorwärts weisendes Programm", sagte Klaus Barthel der "Berliner Zeitung". Er hatte am Freitag gemeinsam mit weiteren fünf SPD-Abgeordneten gegen die Gesundheitsreform gestimmt. Es sei nötig, unnötige Schärfe herauszunehmen, forderte Barthel mit Blick auf die geplante Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe. Sie soll am 17. Oktober gemeinsam mit weiteren Kerngesetzen der Agenda 2010 im Bundestag verabschiedet werden.
Auch der SPD-Abgeordnete Horst Schmidbauer, der ebenfalls gegen die Gesundheitsreform gestimmt hatte, forderte Korrekturen an den anstehenden Gesetzen. "Man darf die sozialen Eingriffe nicht auf die Spitze treiben. Bei uns besteht großer Änderungsbedarf", sagte Schmidbauer. So dürfe es auf keinen Fall geschehen, dass Arbeitslose in Zukunft gezwungen würden, ihre Lebensversicherungen zu verkaufen.
Am 30-09-2003
Clement rügt SPD-Programmentwurf als Phrasendrescherei
"Agenda 2010"
Der frühere SPD-Vize Wolfgang Clement hat den Entwurf für ein neues Grundsatzprogramm seiner Partei als Phrasendrescherei kritisiert. "Es ist sprachlich eine Katastrophe, ein schreckliches Sammelsurium der politischen Phraseologie", sagte der Ex-Bundeswirtschaftsminister dem Magazin "Cicero". Der SPD könne damit kein "wirklicher Schritt nach vorn" gelingen.
Der entscheidende Grund dafür liegt nach Darstellung Clements in einem "schizophren wirkenden" Widerspruch: Während inzwischen "alle Welt" der früheren sozialdemokratischen Regierung Gerhard Schröders bescheinige, mit der "Agenda 2010" entscheidende Schritte zur Erneuerung unseres Landes getan und damit auch wichtige Voraussetzungen zum gegenwärtigen "kleinen deutschen Arbeitsmarktwunder" geschaffen zu haben, wolle dessen Partei genau davon nichts wissen", so Clement.
Clement sagte weiter, er habe Mühe gehabt, "nicht auf halber Lesestrecke wegzudämmern". Der Programmentwurf folge dem Motto: "Wir sind die Partei für jeden Hausgebrauch." Er könne die Lektüre beim besten Willen nicht empfehlen.
Am 24-07-2007
Volkssolidarität für längeres Arbeitslosengeld I
"Agenda 2010 korrigieren"
Die Volkssolidarität unterstützt Überlegungen, die Anspruchsdauer auf Arbeitslosengeld I für ältere Arbeitslose zu verlängern. "Der DGB-Vorschlag, sich dazu am Lebensalter der Arbeitslosen zu orientieren, bildet dafür eine gute Grundlage", meint der Bundesgeschäftsführer der Volkssolidarität, Bernd Niederland. "Wir halten es für richtig, einen falschen Schritt im Rahmen der Agenda 2010 zu korrigieren." Es dürfe aber nicht nur bei Ankündigungen bleiben.
Niederland kritisierte am 8. Oktober, dass die 2006 wirksam gewordene Kürzung der Anspruchsdauer für das Arbeitslosengeld I für viele Arbeitslose zu einem schnelleren Abstieg in den Bezug von Arbeitslosengeld II führe. "Für ältere Langzeitarbeitslose, die auf dem ersten Arbeitsmarkt kaum Chancen haben, ist das besonders hart. Wenn künftig durch die Anhebung der Altersgrenzen für den Rentenbezug der Renteneintritt später erfolgt, verlängert sich in vielen Fällen die Phase des Bezugs von Arbeitslosengeld II, das heißt ein Leben auf Armutsniveau." Diese Härte würde durch eine Anhebung der Anspruchsdauer auf Arbeitslosengeld I "abgemildert".
Eine Regelung, die eingezahlten Beiträge zum Maßstab für die Anspruchsdauer auf Arbeitslosengeld I zu machen, wird dagegen von der Volkssolidarität abgelehnt. "Wir wollen nicht, dass auf diese Weise junge Menschen bestraft werden, die kaum Gelegenheit hatten zu arbeiten und Ansprüche zu erwerben. Dies wäre eine neue Ungerechtigkeit", so Niederland. "Im Übrigen wäre zu fragen, ob Ostdeutsche dann zu Versicherten zweiter Klasse werden sollen, da sie erst ab 1990 Beiträge zur Arbeitslosenversicherung einzahlen."
Solange Arbeitslosigkeit ein gravierendes gesellschaftliches Problem bleibe, müsse "das Solidarsystem Arbeitslosenversicherung einen Schutz vor Armut gewährleisten".
Am 08-10-2007
Anhaltende Proteste bei Montagsdemos setzen Bundesregierung unter Druck
Agenda 2010 und Hartz
Die anhaltenden Montagsdemonstrationen zeigen nach Ansicht des globalisierungskritischen Netzwerks Attac Wirkung. Mit der Rücknahme der "Zahnpauschale" und den angekündigten Veränderungen bei der so genannten 58er-Regelung reagiere die Bundesregierung auf die wachsenden Proteste gegen den Sozial-Kahlschlag, sagte Peter Wahl vom Attac-Koordinierungskreis. Gestern hatten nach bisherigen Schätzungen erneut 120.000 bis 150.000 Menschen in mehr als 200 Städten demonstriert.
Bei der geplanten Zusatzversicherung für Zahnersatz sollten alle Versicherten unabhängig vom Einkommen einen Pauschalbetrag zahlen, während die die Arbeitgeber sich nicht mehr an der Finanzierung beteiligen sollten. Wahl: "Diese Regelung hätte eine so extreme Form der sozialen Ungerechtigkeit bedeutet, dass Rot-Grün wohl kalte Füße bekommen hat." Auch bei den älteren Arbeitslosen, denen entgegen früherer Zusicherungen die Bezüge massiv gekürzt werden sollten, deutet sich nach einer Meldung der Frankfurter Rundschau eine "Härtefallregelung" an.
"Die Reaktionen zeigen, dass die Regierung sehr nervös ist und dass Protest sich lohnt", sagte Peter Wahl. "Dennoch dürfen diese Zugeständnisse nicht darüber hinwegtäuschen, dass der harte Kern von Hartz IV bisher unangetastet bleibt." Darum werde sich Attac weiterhin an den Protesten beteiligen und für einen grundlegenden Richtungswechsel in der Politik streiten. Notwendig seien unter anderem eine gerechte Steuerpolitik, und ein bedingungsloses Grundeinkommen.
Am 31-08-2004
AKW-Gegner wollen Menschenkette um das AKW Grohnde bilden
Atomkraftwerke abschalten
Atomkraftgegner simulieren am Fukushima-Tag einen GAU im AKW Grohnde und markieren mit einer Menschenkette den 40-km-Katastrophen-Umkreis. Am 11. März 2011 geschah die Kernschmelze in Fukushima. Aus diesem Anlass wollen die in der Regionalkonferenz Grohnde zusammengeschlossenen Bürgerinitiativen und Umweltverbände am Samstag, dem 9. März 2013, anschaulich zeigen, welches Ausmaß eine ähnliche Katastrophe in Deutschland haben könnte. Sie fordern die Stilllegung aller noch laufenden Atomanlagen, darunter die des Atomkraftwerks Grohnde an der Weser bei Hameln. (Foto: Jens J. Korff, 2011)
Die Umweltschützer werden eine spektakuläre, etwa 350 km lange Aktions- und Menschenkette bilden, die im Abstand von 40–60 km das Atomkraftwerk Grohnde umschließt. Diese Kette verläuft durch Minden, Bad Oeynhausen, Herford, Bad Salzuflen, Lage, Detmold, Bad Driburg. Auf niedersächsischer Seite konzentrieren sich die geplanten Aktionen auf die Räume Göttingen, Hildesheim, Hannover und Stadthagen. Im Internet sind Details unter dem Stichwort Grohnde-Kampagne zu finden.
Die Bielefelder Antiatominitiative "Bielefeld steigt aus" hat viele Unterstützerinnen und Unterstützer gewonnen, darunter BUND, IPPNW, Attac, Naturfreundejugend und Theaterlabor. Die BielefelderInnen wollen am nächstgelegenen Streckenpunkt, dem Gradierwerk in Bad Salzuflen, demonstrieren. Die atomkritischen Ärzte der IPPNW werden dort ein Dekontaminationszelt errichten und darstellen, warum auch sie bei einem Super-GAU in Grohnde nicht wirklich helfen könnten.
Die Knebel-Chöre wollen auftreten und singen; Kinder und Erwachsene können "Strahlenmemory" spielen und viel lernen über die Gefährlichkeit der Strahlung. Weitere Aktionen sind u.a. eine Notküche, Flashmobs mit Plakaten, Notgepäck, Jodtabletten und Flatterband, um die Grenze des gedachten Sperrgebiets zu markieren.
Angelika Claußen (IPPNW) erklärt: "Wir stellen uns vor: Im Atomkraftwerk Grohnde findet eine Kernschmelze wie in Fukushima statt. Über viele Tage wird Radioaktivität freigesetzt, so viel wie in Fukushima. Das Bundesamt für Strahlenschutz hat festgestellt, dass in einem solchen Fall noch in 170 km Entfernung katastrophale Folgen auftreten. Die letzte Katastrophen-Schutzübung im November hat aber nur zwei Landkreise einbezogen."
Strahlung und Atomkraftwerke sind, so die Atomkraftgegner, auch unter einer rot-grünen Bundesregierung gefährlich. Deshalb fordern sie die Stilllegung des AKW Grohnde und aller anderen Atomanlagen in Deutschland.
Am 26-02-2013
Bayerns DGB-Chef für Offenheit gegenüber Rot-Rot
"Beck hat Agenda-2010-Truppe den Marsch geblasen"
Der bayerische DGB-Vorsitzende und frühere SPD-Bundestagsabgeordnete Fritz Schösser wirbt für Offenheit gegenüber rot-roten Regierungsbündnissen. Schösser sagte: "Wenn die Wahlergebnisse eine Mehrheit links von der Mitte ergeben, dann muss man sich über alle Ressentiments hinweg zusammenraufen." Er lobte zugleich, SPD-Chef Kurt Beck habe "der Agenda-2010-Truppe in der SPD den Marsch geblasen".
Laut Schösser stehen die Themen Mindestlohn, Rente mit 67, flexible Arbeitsübergänge und "gute Arbeit" in diesem Jahr im Mittelpunkt der bayerischen Gewerkschaftskundgebungen zum 1. Mai. "Darüber hinaus werden wir die Anforderungen der Arbeitnehmer an die Parteien zur Landtagswahl in den Vordergrund stellen."
Neben der Forderung nach einem Mindestlohn werde auch die Chancengleichheit von Kindern eine große Rolle spielen. Zu den Hauptforderungen an die bayerische Staatsregierung sowie an die Bundesregierung zählt der Gewerkschafts-Chef mehr Kindergrippen und Kindergärten und bessere Schulen. "Die soziale Herkunft, eine zu frühe Auslese und zu wenig Förderung bei Migrationskindern dürfen nicht länger über die Zukunft unserer Kinder entscheiden", meint Schösser.
Die Gewerkschaften treten außerdem auch für die Wahrung des Versammlungsrechts ein. "Die Gesetzesinitiative der bayerischen Staatsregierung lehnen wir ab". so Schösser.
Auch in diesem Jahre möchte der DGB offenbar eine kritische Distanz zu den Parteien halten. Wir haben "kein Verhältnis" zur SPD, sagte Schösser, und auch zu sonst keiner Partei. "Das bleibt auch so. Auch künftig bleibt: Der 1. Mai ist der proklamatorische Tag der Gewerkschaften und nicht der Tag für Entschuldigungen von Politikern für verfehlte politische Entscheidungen. Auch in diesem Jahr werden die Hauptredner aus dem Bereich der Arbeitnehmerorganisationen kommen und überall, wie in den vergangenen Jahren, werden wir Politikern die Möglichkeit geben, als Grußredner zu den Teilnehmern zu sprechen."
"Kurt Beck verdient meinen politischen Respekt", sagte Schösser, der einst für die SPD im Bundestag saß. "Er hat der Agenda-2010-Truppe in der SPD den Marsch geblasen und neue Akzente in der Sozial-, Arbeitsmarkt- und Wirtschaftspolitik gesetzt." Schösser hatte vor einem Jahr einen Parteiaustritt aus der SPD für den Fall, dass die SPD auf ihrem "neoliberalen Kurs" bleibe, nicht ausgeschlossen. "Die Hoffnung stirbt zuletzt", sagte Schösser nun. Im Übrigen sei die landespolitische Ebene der SPD nicht zu tadeln. "Ich finde da überwiegend Gemeinsamkeiten."
Die Frage nach einem rot-roten Regierungsbündnis stelle sich wohl in Bayern nicht, so Schösser. "und für die Bundestagswahl erst im Herbst 2009. Aber eines muss klar sein: Wenn die Wahlergebnisse eine Mehrheit links von der Mitte ergeben, dann muss man sich über alle Ressentiments hinweg zusammenraufen."
Am 28-04-2008
Engelen-Kefer fordert Korrekturen an der "Agenda 2010"
Befristung von Leiharbeit
SPD-Vorstandsmitglied Ursula Engelen-Kefer fordert die Koalition auf, weitere Reformen der "Agenda 2010" zurückzunehmen. Vor allem in der Arbeitsmarkt- und Rentenpolitik gehe es darum, "Fehlentwicklungen abzustellen", sagte die Sozialpolitikerin, die bis 2006 Vizechefin des Deutschen Gewerkschaftsbundes war, der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung". So solle Leiharbeiter befristet werden, und nach einer gewissen Zeit müssten Leiharbeiter den gleichen Lohn wie die Stammbelegschaft bekommen. Die "explosionsartige Zunahme" von Minijobs und der sogenannten Aufstocker beim Arbeitslosengeld II müsse schnell beendet werden, forderte die Sozialdemokratin.
Bei den Rentenanpassungen sollte dauerhaft auf den "Riester-Faktor" verzichtet werden, mit dem eigentlich fällige Rentenerhöhungen gekürzt werden.
"Dringend gehandelt" werden muss nach Meinung von Engelen-Kefer bei der Zeitarbeit. "Etwa ein Viertel derjenigen Arbeitnehmer, die trotz einer vollen Erwerbstätigkeit in die Armutsfalle geraten sind, sind Leiharbeiter", sagte sie.
Die Union sei aufgefordert, "ihre unerträgliche Miesmacherei" zu beenden und der Aufnahme der Leiharbeit mit Mindestlöhnen in das Entsendegesetz zu zustimmen.
Am 02-04-2008
Paritätischer Wohlfahrtsverband kritisiert "Agenda 2010"
"Die Armut ist rasant gestiegen"
Der Paritätische Wohlfahrtsverband hat die "Agenda 2010" heftig kritisiert. Die Gesetze hätten Deutschland sozial tief gespalten, sagte Hauptgeschäftsführer Ulrich Schneider am 14. März im Deutschlandradio Kultur. Die Mittelschicht breche weg und gleichzeitig vergrößere sich die Kluft zwischen Arm und Reich erheblich. Die Armut sei rasant gestiegen. "Die Hartz-Gesetze haben den Weg nach unten freigemacht", so Schneider. In Deutschland gebe es nun die "working poor", eine Schicht, die arbeite, aber trotzdem nicht über die Runden komme.
Zudem habe der Wegfall jeglicher Zumutbarkeitsregelungen für Lohnersatzleistungen Dumpinglöhnen Vorschub geleistet. "Das alles hat ein Ausmaß erreicht, wie wir uns das vor fünf Jahren nie hätten träumen lassen", sagte er.
Die Agenda sei von Anfang an unsozial gewesen, meint Schneider, der zugleich Korrekturen forderte. Bei "Hartz IV" müssten Regelsätze für soziale Transferleistungen eingeführt werden, von denen Menschen wirklich leben könnten. Für Menschen, die älter seien und somit wenig Chancen auf dem ersten Arbeitsmarkt hätten, bräuchte es zudem einen öffentlich finanzierten Beschäftigungssektor.
Am 14-03-2008
Köhler lobt "Agenda 2010"
Einkommensverteilung ungleicher
Bundespräsident Horst Köhler hat die Arbeitsmarktreformen der "Agenda 2010" ausdrücklich gelobt. "Die Reformpolitik der letzen zehn Jahre und insbesondere der Agenda 2010 haben dazu beigetragen, unsere Wachstumsbasis zu stärken", sagte Köhler am 5. November in Berlin anlässlich der Verleihung des "IZA-Prize in Labour Economics" an den US-Ökonomen Richard B. Freeman.
Die Politik und die Sozialpartner seien weiter gefragt, die positive Entwicklung am Arbeitsmarkt zu befördern. Als Beispiele nannte Köhler laut vorab verbeitetem Redemanuskript die Integration schwer vermittelbarer Langzeitarbeitsloser und die "Herausforderungen des demographischen Wandels".
Zu den Zukunftsaufgaben gehöre "auch die Frage, wie man einem Auseinanderdriften unserer Gesellschaft entgegenwirken kann. Die Einkommensverteilung in Deutschland ist in den vergangenen Jahren ungleicher geworden", sagte der Bundespräsident und forderte erneut, entschiedener als bisher über Möglichkeiten einer stärkeren Ertrags- und Kapitalbeteiligung von Arbeitnehmern nachzudenken.
Am 05-11-2007
Erneute Kritik an unzureichendem Schutz der Atomkraftwerke gegen Terrorangriffen
"Gefahr Innentäter"
Die Atomkraftwerke in Deutschland sind nach Darstellung der Umweltorganisation BUND nur unzureichend gegen Terroranschläge gesichert. Potenziellen Attentätern werde es viel zu leicht gemacht, Sicherheitslücken auszunutzen, rügte der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger am Freitag (5. September) in Berlin. Den Stand der Vorsorgemaßnahmen habe der unabhängige Atomexperte Helmut Hirsch untersucht. Sein Fazit laute: "Atomkraftwerke sind durch Terror- und Sabotageakte weiterhin leicht angreifbar. Von außerhalb der Anlage können Attacken sowohl aus der Luft als auch vom Boden aus erfolgen. Ebenso ist ein Beschuss des Geländes oder der Gebäude mit Geschützen denkbar. Und eine besonders große Gefahr geht von möglichen Innentätern aus."
Zwar stünden an einigen AKWs inzwischen Vernebelungsanlagen. Diese böten jedoch keinen ausreichenden Schutz und erschwerten im Ernstfall den Rettungskräften ihre Arbeit. Ein anfliegendes Flugzeug könne zudem auch in einer Nebelwolke sicherheitsrelevante Anlagenteile treffen, gab Hirsch zu bedenken.
Hirsch sieht die Anlagen Biblis A, Brunsbüttel und Philippsburg 1 als besonders gefährdet an. Grund seien die schwachen Auslegungen der Wandstärken der Reaktorgebäude. Eine weitere Schwachstelle wiesen die Siedewasserreaktoren Brunsbüttel, Philippsburg 1, Isar 1 und Krümmel auf. Im oberen Teil des Reaktorgebäudes befinde sich das Brennelemente-Lagerbecken, das erheblich mehr langlebige radioaktive Stoffe enthalten könne als der Reaktor selbst.
Am 05-09-2008
Sozialabbau kostet 100 000 Arbeitsplätze
Konjunkturforscher gegen Agenda 2010
Die Reformagenda 2010 der Bundesregierung führt nach Schätzung des Konjunkturforschers Gustav Adolf Horn zum Verlust von 100 000 Arbeitsplätzen in diesem und im nächsten Jahr. Nach Horns Berechnungen schwächten die Einschränkungen in den sozialen Sicherungssystemen die Binnennachfrage.
Das Bruttoinlandsprodukt werde damit bis zu einem Prozentpunkt in diesem Jahr gesenkt, so das ARD-Magazin "Monitor" am Donnerstag. In 2004 seien es 0,2 Prozentpunkte. Dies entspreche einem Beschäftigungsverlust von knapp 100 000 Stellen bis Ende 2004. Die negativen Nachfragewirkungen überlagerten auch die positiven Effekte durch die Beitragssatzsenkungen, sagte Horn in der "Monitor"-Sendung. Horn leitet die Konjunkturabteilung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin.
SPD-Vorstandsmitglied Sigrid Skarpelis-Sperk sieht sich durch Horns Berechnungen in ihrer Kritik an der Agenda 2010 bestätigt. "Wenn die Reformen nachweislich ökonomisch unvernünftig sind, warum sollen dann soziale Rechte in Deutschland abgebaut werden", sagte die SPD-Politikerin dem ARD-Magazin. Skarpelis-Sperk gehört zu den zwölf Bundestagsabgeordneten, die das SPD-Mitgliederbegehren gegen die Reformpläne der Regierung initiiert haben.
Am 24-04-2003
Schröder sieht keine Alternative zur Agenda 2010
Kontinuität
In einem Gespräch mit der "Märkischen Oderzeitung" hat Bundeskanzler Gerhard Schröder auf "Erfolge der Bundesregierung beim Abbau der Jugendarbeitslosigkeit" hingewiesen. Die Bundesregierung werde bei der weiteren Umsetzung der Arbeitsmarktreformen künftig stärker auf die regionalen Besonderheiten insbesondere Ostdeutschlands eingehen. Der Bundeskanzler erläuterte jetzt, im Vorfeld der Wahlen, außerdem seine Ablehnung einer weiteren Erhöhung der Mehrwertsteuer. Sie sei nicht nur ökonomisch verfehlt, weil sie die beginnende Erholung der Binnennachfrage bremst, sondern auch zutiefst ungerecht, weil sie insbesondere die Menschen träfe, die den größten Teil ihres Einkommens für den täglichen Lebensbedarf ausgeben müssten, also zum Beispiel die Rentnerinnen und Rentner.
"Diese Menschen, wenn ich an Rentner oder Studenten denke, haben umgekehrt aber nichts von den damit verbundenen Versprechungen der Absenkung der Lohnnebenkosten", so Schröder. Auch die angekündigte Streichung der Zuschläge für Schichtarbeit, für Nachtarbeit und für Sonntagsarbeit hält er für unverantwortlich.
"Deshalb glaube ich, dass im Abbau von Subventionen der vertretbarste Weg liegt, um die Maßnahmen aus dem SPD-Wahlmanifest zu finanzieren", so der Kanzler, ohne zu sagen, ob er damit die Streichung von Subventionen für Unternehmen oder die Streichung der Eigenheimzulage meint, von der die Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen profitieren.
Auf die Frage, wo die versprochene Senkung der Arbeitslosigkeit von heute 4,7 Millionen auf 3,5 Millionen, die mit "Hartz IV" und "Agenda 2010" erreicht werden sollte, reagierte der Kanzler ausweichend: "Die Arbeitsmarktreformen können nicht über Nacht wirksam werden. Wir haben große Fortschritte beim Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit gemacht."
Bezogen auf die Zukunft sagte Schröder, man müsse vor allem dafür sorgen, etwas für die Menschen ab 55 und älter zu tun, weil es dort wenig Angebote gebe. In seiner Regierungserklärung vom 17. März 2005 hatte Schröder noch betont, dass der Kündigungsschutz für ältere Arbeitnehmer beseitigt worden ist und nunmehr "Hire and fire" möglich ist: "Für Personen ab 50 Jahren existiert so gut wie kein Kündigungsschutz, denn für die ersten zwei Jahre besteht die Möglichkeit, sie befristet einzustellen. Für Personen ab dem 52. Lebensjahr gibt es keine gesetzlichen Regelungen mehr in Bezug auf befristete Einstellung. Sie können also unabhängig von den Regelungen für befristete Arbeitsverhältnisse jederzeit eingestellt und entlassen werden, da ein Kündigungsschutz für diese Personengruppe nicht mehr existiert."
Der Kanzler sieht jedenfalls keine Alternative zu seiner Agenda 2010. Im Manifest der SPD für die Bundestagswahl gebe es lediglich "ein paar Ergänzungen, aber die vertrete ich". Ansonsten beschreibe das Manifest "eine Kontinuität zur Agenda 2010".
Deutsche Großkonzerne sind mit der rot-grünen Regierungspolitik offenbar sehr zufrieden. Nach den Neuwahlen wollen sie eine Fortsetzung "des eingeleiteten Reformkurses". "Deutschland befindet sich in einem Erneuerungsprozess, der konsequent und zügig fortgesetzt werden muss", sagte Siemens-Vorstandschef Klaus Kleinfeld im Mai der "Berliner Zeitung". Die von Bundeskanzler Schröder "eingeleiteten Schritte - insbesondere die Agenda 2010 und die Innovationsinitiative - zeigen in die richtige Richtung".
Am 28-07-2005
Umweltschützer kritisieren E.On wegen Atomkraftwerks-Pläne in Großbritannien
Konzern will Atomkraftwerke erst noch "entwickeln"
Anlässlich der Hauptversammlung des Energiekonzerns E.On am Mittwoch (6. Mai) in Essen hat der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) scharfe Kritik an der Energiepolitik des Energiekonzerns geäußert. Im Zentrum der Kritik stehen E.On-Pläne für einen Neubau von Atomkraftwerken in Großbritannien. Das Gemeinschaftsunternehmen von E.ON UK und RWE "npower" habe Ende April im Rahmen einer Auktion in Großbritannien den Zuschlag für Grundstücke in Wylfa und Oldbury erhalten. Beide Standorte gelten als mögliche Plätze für neue Atomkraftwerke in Großbritannien. RWE und E.ON wollen nach eigenen Angaben ihre Pläne vorantreiben, die Atomkraftwerke mit einer Kapazität von rund 6000 Megawatt seien aber erst noch "zu entwickeln". Das kann erfahrungsgemäß lange dauern.
Unternehmens-Ziel ist laut E.On "eine sichere, CO2-arme und effiziente Energieversorgung". Der BBU wirft dem Atomkonzern vor diesem Hintergrund "Augenwischerei" vor. "Zahlreiche Pannen und Störfälle in aller Welt haben wiederholt gezeigt, dass Atomkraftwerke und Atomanlagen nicht sicher betrieben werden können. An allen Stationen der atomaren Brennstoffspirale, bei Uranminen, Uranfabriken und Atomkraftwerken wird Radioaktivität freigesetzt. Außerdem gibt es weltweit keine Möglichkeit zur sicheren Lagerung von Atommüll," so BBU-Vorstandsmitglied Udo Buchholz.
Auch könne von die Atomenergie nicht als CO2-arme Energieform eingestuft werden. "Das Uran kommt nicht von alleine aus der Erde. Der enorme Energiebedarf beim Uranabbau wird mit klimafeindlichen Kohlekraftwerken gedeckt", so Buchholz.
Der BBU lehnt den geplanten Neubau von Atomkraftwerken "in Großbritannien und anderswo ab", möchte den britischen Widerstand unterstützen und fordert die sofortige Stilllegung aller Atomanlagen. Ebenso müsse die deutsche Urananreicherungsanlage (UAA) im westfälischen Gronau geschlossen werden, fordert Buchholz. "In Gronau wird Uran für den Einsatz in aller Welt vorbereitet." Neben RWE sei auch E.On "an dem Betrieb dieser Uranfabrik, in der auch Atommüll anfällt, beteiligt".
Auf Kritik stößt bei den Umweltschützern auch Kohlepoltik des Energieriesen. "Kohlekraftwerke emittieren über mehrere Jahrzehnte hinweg klimaschädliches Kohlendioxid. Mit ihrem enormen Ausstoß an Schadstoffen und Feinstäuben verseuchen Kohlekraftwerke zudem Boden, Luft und Wasser und gefährden die Gesundheit der Bevölkerung", so Buchholz.
Jetzt setze auch E.On "auf die gefährliche CCS-Technologie" (Carbon Capture and Storage), bei der Kohlendioxid in Zukunft abgeschieden, transportiert und endgelagert werden solle, um weiterhin an den Planungen für Kohlekraftwerke trotz des massiven CO2-Ausstoßes festhalten zu können. Die Endlagerung von Kohlendioxid im Untergrund berge aber "unabschätzbare Risiken für die Gesundheit der Bevölkerung und für die Trinkwasservorräte", meint Buchholz. "Sie ist für die Menschen der betroffenen Regionen nicht zu verantworten."
Gegen die Energiepolitik von E.On soll es bei der Hauptversammlung des Konzerns Proteste von Umweltgruppen und Anti-Atomkraftinitiativen geben, so von dem Umweltverband Urgewald, vom Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen und auch von Contratom, "einer norddeutschen Initiative, die sich besonders gegen die Atomkraftwerke Brunsbüttel und Krümmel in Schleswig-Holstein zur Wehr setzt".
Am 05-05-2009
Atomkraftwerke Brunsbüttel und Krümmel bleiben weiter vom Netz
Nach Kurzschluss und Trafobrand
Die Atomwirtschaft will offenbar ihre ältesten Kraftwerke über die nächste Bundestagswahl retten. So bleiben die Atomkraftwerke Krümmel und Brunsbüttel weiter auf unbestimmte Zeit vom Netz. "Die Anlagen werden von der Atomaufsicht erst wieder ans Netz gelassen, wenn der Betreiber Vattenfall alle anfahrrelevanten sicherheitstechnischen Probleme gelöst hat", sagte die schleswig-holsteinische Sozialministerin Gitta Trauernicht (SPD) am Dienstag (25. November) in Kiel als offizielle Begründung. Zuvor hatte die für die Atomaufsicht zuständige Ressortchefin das Landeskabinett über den aktuellen Stand der Arbeiten in beiden Kraftwerken informiert.
RWE-Chef Jürgen Großmann hatte im Fall Biblis indirekt zugegeben, dass der lange Anlagenstillstand politisch begründet ist, um die Anlage nicht vor der Bundestagswahl stilllegen zu müssen. Offiziell ist von wichtigen sicherheitstechnischen Reparaturen die Rede.
Die beiden Atommeiler Brunsbüttel und Krümmel sind seit einem Kurzschluss beziehungsweise Trafobrand seit Ende Juni 2007 abgeschaltet. Trauernicht sagte, ein konkreter Zeitpunkt für eine Wiederinbetriebnahme könne derzeit nicht benannt werden. "In beiden Anlagen sind zuvor noch umfangreiche Sanierungsarbeiten durchzuführen", sagte die Politikerin.
Nach Trauernichts Angaben hat der Betreiber mittlerweile zwar zahlreiche aus den Ereignissen vom Sommer 2007 resultierende Probleme behoben. So sei mittlerweile beispielsweise sichergestellt, dass keine Brandgase mehr von außen in das Schaltanlagengebäude des AKW Krümmel gelangen können, wie nach dem Trafobrand geschehen.
Allerdings dauerten die technisch aufwendigen Reparaturarbeiten an Rohrleitungsarmaturen in beiden Atommeilern nach Ministeriumsangaben "noch geraume Zeit" an. Zudem sind die notwendigen Sanierungen von Dübeln in Krümmel und Brunsbüttel noch nicht abgeschlossen.
In der Vergangenheit war die Atomindustrie stets bemüht, Anlagenstillstände so kurz wie möglich zu halten. Jetzt geht es darum, die Anlagenstillstände in die Länge zu ziehen. Die Atomaufsichten der Länder liefern für beide Strategien öffentlich Begründungen.
Am 25-11-2008
Samstag in Berlin: "Koalition gegen Angriff auf den Sozialstaat" demonstriert
Protest gegen Sozialabbau
Das globalisierungskritische Netzwerk Attac beteiligt sich an der Demonstration gegen die Agenda 2010, zu der ver.di und DGB am 17. Mai in Berlin aufrufen. "Um diesen Generalangriff auf den Sozialstaat zu stoppen, brauchen wir eine breite soziale Koalition", sagte Philipp Hersel vom bundesweiten Attac-Koordinierungskreis, der unter anderen neben Frank Bsirske (ver.di) und Ursula Engelen-Kefer (DGB) auf der Kundgebung sprechen wird. Die Demonstration beginnt am Samstag, 17. Mai, um "fünf vor zwölf" auf dem Potsdamer Platz; die Abschlusskundgebung wird gegen 14 Uhr am Alexanderplatz stattfinden.
Der Bund für Soziale Verteidigung, DFG-VK Berlin-Brandenburg, Gruppe No War, Rotdorn und die Kampagne gegen Wehrpflicht, Zwangsdienste und Militär rufen bereits um 11.00 Uhr am Berliner Verteidigungsministerium zu einer Kundgebung unter dem Motto: Abrüstung statt Sozialabbau auf. Nach der Kundgebung wird sich die Demonstration zum Potsdamer Platz bewegen, um sich als eigenständiger antimilitaristischer Block an der bundesweiten Großdemo von Ver.Di gegen Sozialabbau zu beteiligen.
Attac widmet sich in den nächsten Monaten verstärkt dem Kampf gegen die Zerschlagung der sozialen Sicherungssysteme, der oft mit den Zwängen der Globalisierung begründet wird. "Unter dem Vorwand des globalen Standortwettbewerbs haben die Politiker die öffentlichen Kassen systematisch zugunsten von Konzernen und Vermögenden geleert. Dafür sollen jetzt die sozial Schwachen büßen", kritisiert Hersel. "Wir sind uns absolut sicher, dass diese Politik von der Mehrheit der Gesellschaft abgelehnt wird, das muss nun aber auch sichtbar werden." Attac beteiligt sich daher auch an weiteren Protesten - etwa dem bundesweiten DBG-Aktionstag am 24. Mai und an regionalen Sozialbündnissen.
Beim G8-Gipfel, der vom 1. bis 3. Juni in Evian stattfindet, soll ebenfalls gegen die neoliberale Politik protestiert werden, die die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter öffnet. Attac lehnt den sozialen Kahlschlag ab und setzt als Maßnahmen gegen die leeren öffentlichen Kassen stattdessen auf eine Erhöhung der Beitragsbemessungsgrundlage für die Sozialversicherungen, höhere Steuern auf Gewinne und Vermögen und eine wirksamere Bekämpfung der Steuerflucht.
Am 16-05-2003
Beck für Weiterentwicklung der "Agenda 2010"
"Regierungsfähig"
SPD-Chef Kurt Beck rechnet mit einem "Parteitag des Aufbruchs" für die Sozialdemokraten. Seine Partei wolle "regierungsfähig" bleiben und zugleich geschlossen "Signale" für die Zukunft setzen, sagte Beck am Donnerstag vor einer Sitzung der SPD-Führungsgremien in der Hansestadt. Mit der Weiterentwicklung der "Agenda 2010" wolle die SPD ihre "soziale Ausrichtung" stärken. Dies sei keineswegs ein Linksruck. "Von einem Dammbruch kann nicht die Rede sein. Ich will und werde nicht rückwärts gehen", sagte der SPD-Chef, der sich am 26. Oktober auf dem Parteitag in Hamburg zur Wiederwahl stellt.
Beobachter rechnen mit einem sehr guten Ergebnis für Beck. Mit Spannung wird die Wahl der stellvertretenden Parteivorsitzenden erwartet. Es kandidieren erneut Finanzminister Peer Steinbrück sowie erstmals Außenminister Frank-Walter Steinmeier und die Wortführerin der "SPD-Linken", Andrea Nahles.
Ebenfalls am 26. Oktober soll das Neun-Punkte-Papier des Parteivorstands mitsamt der Forderung nach einer Verlängerung des Arbeitslosengelds I für ältere Arbeitnehmer verabschiedet werden. Hierzu hatte es vor dem Parteitag einen heftigen Streit zwischen Beck und Vizekanzler Franz Müntefering (SPD) gegeben.
Der Arbeitsminister erneuerte am 25. Oktober seinen Willen zu "Reformen". "Wir müssen jetzt weitermachen", meint der Vizekanzler.
Beck betonte: "Unsere Aufgabe ist es, die gesamte Breite des Spielfelds zu nutzen." Da stimme er mit Müntefering "völlig überein". "Das, was dazu in unserem Neun-Punkte-Papier steht, ist Position der SPD - nicht weniger, aber auch nicht mehr", sagte der SPD-Chef zu Forderungen, bei der "Hartz IV"-Reform auch die Regelsätze und Schonvermögen zu erhöhen. Auch Nahles sagte, bei der "Agenda 2010" sehe sie "keinen aktuellen weiteren Handlungsbedarf".
Der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen (AfA) in der SPD, Ottmar Schreiner, sagte: "Ich gehe davon aus, dass der Parteitag den Antrag zur Verlängerung des Arbeitslosengeldes I mit überwältigender Mehrheit zustimmt." Dies sei dann eine Verpflichtung für die SPD-Minister in der Regierung. Auch andere führende "SPD-Linke" forderten, Müntefering müsse den Parteitagsbeschluss zum ALG I trotz seiner gegenteiligen Auffassung eins zu eins umsetzen.
SPD-Fraktionschef Peter Struck kündigte derweil eine härtere Gangart seiner Partei in der großen Koalition an. "Wir werden die Auseinandersetzung in der Koalition vor allem bei den branchenspezifischen Mindestlöhnen führen. Wir werden die Union hier treiben", so Struck.
Am 25-10-2007
Umweltschützer fordern Verzicht auf Atom-Endlager Gorleben
"Schnelle Abschaltung der Atomkraftwerke"
Unmittelbar vor Beginn einer Konferenz zur Endlagerung radioaktiver Abfälle in Berlin haben Umweltschützer am Donnerstag (30. Oktober) den Verzicht auf den Standort Gorleben verlangt. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) begründete seine Absage an Gorleben mit den Pannen im Atommülllager Asse. Diese hätten gezeigt, dass die Lagerung von Atommüll im Salz nicht sicher sei, sagte der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger. Gorleben dürfe nicht deshalb zum Endlager werden, weil ein großer Teil des deutschen Atommülls dort bereits in einer oberirdischen Halle in Castor-Behältern lagere.
Weiger forderte eine schnelle Abschaltung der Atomkraftwerke und sagte, ein Endlagerstandort in Deutschland dürfe erst dann genehmigt werden, wenn der Atomausstieg vollzogen sei. Eine Endlagersuche, die dem Weiterbetrieb von Atomkraftwerken diene und so die Atommüllberge weiterwachsen lasse, sei "unverantwortlich".
Nach dem Ausstieg müsse die Suche nach einem Endlager "systematisch, nach wissenschaftlichen Kriterien und mit einer umfangreichen Öffentlichkeitsbeteiligung" neu gestartet werden.
Bei dem Endlager-Symposium in Berlin beraten von Donnerstagabend bis Samstag mehr als 300 Fachleute aus dem In- und Ausland bis Samstag über Voraussetzungen und Sicherheitsanforderungen bei einer Standortsuche.
Am 30-10-2008
Grüne sollen Agenda 2010 begrünen
Sonderparteitag
Vom Sonderparteitag von Bündnis 90/Die Grünen am kommenden Wochenende in Cottbus verlangt der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) die Aufnahme ökologischer Inhalte in die Agenda 2010. Es sei Aufgabe der Bündnisgrünen, ungenutzte Potentiale im Umweltschutz zu thematisieren und in praktisches Handeln umzusetzen. Änderungen seien insbesondere in den Bereichen Verkehr und Landwirschaft nötig.
In einem Offenen Brief an die Delegierten des Sonderparteitages fordert die BUND-Bundesvorsitzende Dr. Angelika Zahrnt, dass die Bündnisgrünen versuchen müssten, wirtschaftliche und soziale mit den notwendigen ökologischen Reformen zu kombinieren. Mehr Nachhaltigkeit in der Politik sei aber auch zentrale Aufgabe für jede andere Partei. Auf diesem Weg helfe nur eine Agenda, die alle Möglichkeiten für effizientes und umweltgerechtes Wirtschaften erschließe.
Korrekturbedarf sieht der BUND vor allem in der Verkehrs- und Agrarpolitik. Naturzerstörende und teure Kanal- und Autobahnprojekte müssten gestoppt, Subventionen u.a. in die agrarische Überproduktion und in Massentieranlagen umgeschichtet werden. Der Ausbau der Bahn, Klimaschutzmaßnahmen, naturnaher Tourismus und eine umweltgerecht produzierende Landwirtschaft böten enorme Arbeitsplatzpotentiale. Auch die notwendige Weiterentwicklung der Ökosteuer schaffe zusätzliche Arbeitsplätze und begrenze den Ressourcenverbrauch.
Eine Vorreiterrolle in der Umweltpolitik sei für Deutschlands der beste Weg, alle Chancen auf dem wachsenden Weltmarkt für umweltverträgliche Produkte und Dienstleistungen zu nutzen. Die Bündnisgrünen müssten "ihren Einfluss auf die SPD nutzen, um die Agenda 2010 entscheidend zu begrünen", sagte Zahrnt.
Am 10-06-2003
Die Bürger finden die Agenda 2010 sozial ungerecht
Umfrage
Nach einer Forsa-Umfrage im Auftrag des Hamburger Magazins "Stern" halten 64 Prozent der Bürger die Politik der Agenda für falsch und sogar 76 Prozent für sozial ungerecht. 60 Prozent sagen, die Reformen hätten ihnen persönlich eher Nachteile gebracht, Vorteile registrieren dagegen nur 3 Prozent. Besonders düster fällt die persönliche Bilanz der Rentner aus: 73 Prozent zählen sich zu den Reformopfern.
Des weiteren fand die Forsa- Umfrage heraus, dass die Deutschen auch der Opposition nicht mehr als der rot-grünen Koalition zutrauen: Nur 17 Prozent der Bürger meinen, dass es eine unionsgeführte Bundesregierung besser machen würde als die jetzige. 80 Prozent glauben das nicht, darunter auch 60 Prozent der Wähler von CDU und CSU.
Aufgrund dieser Reformpolitik firmierten sich mögliche Parteigründer unter dem Namen "Wahlalternative". Am Dienstag rechneten sie in einem per e-mail verbreiteten Papier scharf mit der Reformpolitik der SPD ab und kündigten an, den Protest gegen Sozialabbau in den Bundestag zu tragen. Unmittelbar vor dem SPD-Sonderparteitag will sich zudem die "Initiative Arbeit und soziale Gerechtigkeit", die vor allem von bayerischen Mitgliedern der IG Metall getragen wird, am Freitag in Nürnberg der Öffentlichkeit präsentieren. Gegen sechs der Initiatoren hatte die SPD-Spitze am Vortag Parteiausschlussverfahren eingeleitet.
Am 16-03-2004
Kuhn gibt Defizite der Agenda 2010 zu
Ungerecht
In der Debatte um die Sozialreformen der Bundesregierung hat nun ein führender Koalitionspolitiker ein massives Gerechtigkeitsdefizit zugegeben. "Die Gutverdiener werden nicht in dem Maße belastet wie der Durchschnitt", sagte der grüne Finanz- und Wirtschaftsexperte Fritz Kuhn der "Berliner Zeitung". Zwar unterstütze Kuhn ausdrücklich die rot-grünen Reformen, weil so neue Arbeitsplätze geschaffen werden könnten. Allerdings sei die Agenda 2010 nicht allen Bevölkerungsgruppen gegenüber gerecht.
"Wir haben in Deutschland in der Tat das Problem, dass wir Gutverdiener nur schwer heranziehen können", sagte Kuhn. Nach Ansicht des Grünen-Politikers würde eine von Parteilinken und Gewerkschaften immer wieder geforderte drastische Erhöhung von Steuern oder Abgaben für Reiche eine "gigantische Kapitalflucht" ins Ausland auslösen und somit weitgehend wirkungslos bleiben. Das Gerechtigkeitsproblem der Agenda 2010 müsse durch die zügige Einführung einer Bürgerversicherung ausgeglichen werden. Diese würde zu mehr Verteilungsgerechtigkeit beitragen. Kuhn mahnte eine schnelle Entscheidung für die Bürgerversicherung an.
Die PDS kritisierte die Äußerungen Kuhns scharf: Bei den sozial Schwachen, den Alten, den Kranken, den Arbeitslosen, den Alleinerziehenden, den Behinderten; bei all denen, die keine finanzstarke Lobby hätten, greife es sich leichter und ungenierter in die Taschen. Sich trotz dieser Erkenntnis hinter den sozialen Raubbau á la Agenda 2010 und Hartz zu stellen sei eine "Bankrotterklärung der Politik". Rot-grün fehle der Mut zur Gerechtigkeit. Ideen, wie Vermögensabgabe, Wertschöpfungsabgabe oder Ausbildungsumlagefinanzierung gebe es genug, wie man müsse sie nur umsetzen wollen.
Am 03-09-2003
Keine Korrekturen an Agenda 2010, aber trotzdem sozialer
ver.di-Chef
Führende Gewerkschafter beharren auf ihrer Kritik am rot-grünen Regierungskurs. "Wir werden weiter politisch einwirken, dass sich das soziale Klima ändert", sagte der DGB-Vorsitzende Michael Sommer nach einer Sitzung des DGB-Bundesvorstandes am Dienstag in Berlin. Der Chef der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, Frank Bsirske, kündigte dagegen an, ver.die wolle künftig keine Korrekturen an den bereits verabschiedeten Reformen mehr verlangen. Doch müsse Rot-Grün sein soziales Profil wieder schärfen. Die geplante Linkspartei lehnte Bsirske ab.
"Es nützt ja nichts, immer wieder danach zu rufen, wenn die Verantwortlichen sagen, sie hielten eisern daran fest", betonte das Grünen-Mitglied Bsirske. Es sei an der Zeit, "nach vorne" zu schauen, sagte er in einem am Dienstag vorab veröffentlichten Interview mit dem Magazin "Stern".
Die Bemühungen von SPD-Chef Franz Müntefering, das soziale Profil von Rot-Grün wieder zu schärfen, seien richtig. Bsirske fügte hinzu: "Die Themen hat er auch richtig benannt: Mindestlohn, kommunale Investitionen, Bürgerversicherung, Mindestbesteuerung von Unternehmensgewinnen, höhere Steuern auf große Erbschaften und mehr Ausgaben für Bildung." Wenn es gelinge, dies in den nächsten Monaten konkreter zu machen, sei man völlig einig mit der SPD.
Der ver.di-Chef wandte sich entschieden gegen die Gründung einer neuen Linkspartei, an der auch Funktionäre von ver.di und der IG Metall beteiligt sind. Die Auseinandersetzung müsse in den bestehenden Parteien geführt werden. Ver.di trage die Parteigründungsinitiative "in keiner Form" mit und rufe seine Mitglieder auf, "in den vorhandenen Parteien um den richtigen Kurs zu ringen".
IG-Metall-Chef Jürgen Peters sagte, "bestimmte Schieflagen" der rot-grünen Politik müssten korrigiert werden. Das könne aber nur zusammen mit den Regierungsparteien geschehen.
Am 06-07-2004
Steinmeier fordert von SPD Ende der Debatten um "Agenda 2010"
"Weniger arme Menschen"
SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier fordert von seiner Partei ein Ende der Debatten über die "Agenda 2010". "Diese Auseinandersetzung sollten wir ganz schnell beenden", sagte der kommissarische Parteivorsitzende, der für die rot-grüne Agenda 2010 selbst mitverantwortlich ist, der "Augsburger Allgemeinen". Steinmeier verteidigte die in der Zeit von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) beschlossenen Maßnahmen als "kluge und mutige Politik", die Erfolge gebracht habe. Es gebe 1,6 Millionen weniger Arbeitslose und weniger arme Menschen in Deutschland, behauptete Steinmeier.
"Das alles spricht für sich selbst und bleibt", sagte der SPD-Kanzlerkandidat. Ansonsten dürfte die Menschen nicht interessieren, welche Politik vor fünf Jahren richtig gewesen sei. Die Bürger fragten vielmehr nach den "richtigen Antworten für die Zukunft".
Diese wolle die SPD liefern: "Wir werden in den nächsten Wochen ein klares Profil für die Wahl im nächsten Jahr entwickeln", kündigte Steinmeier an. Er sei optimistisch, dass dann auch die Umfragewerte steigen.
Am 18-09-2008