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Brexit – Die wirtschaftlichen Folgen für deutsche Verbraucher

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Brexit – England ist raus. Wie wird es sich in der EU entwickeln. Die wirtschaftlichen Folgen für deutsche Verbraucher sind noch nicht abschätzbarIn einem Referendum hat das britische Volk am 23. Juni 2016 mehrheitlich beschlossen, dass es nicht mehr in der Europäischen Union sein will. 51,9 Prozent der Wahlberechtigten stimmten für den EU-Austritt, während 48,1 Prozent lieber auf eine Scheidung verzichten würden. Doch welche Folgen hat das Austritts-Votum für deutsche Verbraucher? Werden Flüge auf die Insel teurer? Steigen die Preise für Exportwaren aus dem Vereinigten Königreich?
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Wie hart ist der Brexit für deutsche Exportunternehmen?

Das Brexit-Votum hat viele deutsche Firmen in Aufruhr versetzt, denn Großbritannien gehört zu den wichtigsten Außenhandelsmärkten. Laut Statistischem Bundesamt betrug die Exportbilanz 2015 mehr als 30 Milliarden Euro. Über 2.500 deutsche Unternehmen betreiben Niederlassungen in Großbritannien und beschäftigen rund 400.000 Mitarbeiter. Eine von der Kreditversicherungsgruppe Euler Hermes in Auftrag gegebene Studie zeigt, dass deutsche Exportunternehmen durch einen EU-Austritt der Briten bis zum Jahr 2019 Verluste von rund 6,8 Milliarden Euro einstecken müssen.

Unter dem Brexit könnten insbesondere die Deutschen leiden, denn die Gemeinsamkeiten mit dem Vereinigten Königreich sind größer als mit kaum einem anderen Mitgliedsland – ob es um Steuern, Freihandel oder staatliche Zuschüsse geht. Auch wenn es zwischen Großbritannien und Deutschland nicht an Querelen mangelt, lobt die Bundesregierung das handlungsorientierte Vorgehen der Briten. Bei einem London-Besuch vor dem Volksentscheid antwortete Finanzminister Wolfgang Schäuble auf die Frage, welche Reaktionen in Deutschland auf einen EU-Austritt zu erwarten seien: „Wir würden weinen“. Die Briten stimmten dennoch für ein „Nein“ zur Europäischen Union.

Steigen die Preise für Flüge nach Großbritannien?

Viele Deutsche fragen sich nach dem Brexit-Ergebnis, ob die Preise für Flüge nach Großbritannien steigen. Ryanair-Chef Michael O’Leary erklärte, dass Großbritannien im Falle eines Brexit auch aus dem Luftverkehrsabkommen zwischen den USA und Europa ausgeschlossen werden könnte. Das würde unweigerlich zu höheren Preisen für Flugtickets führen. Auch die in der Nähe von London ansässige Airline Easyjet spricht sich für den Verbleib Großbritanniens in der EU aus. Der offene Luftverkehrsraum erlaubt es insbesondere Billigfluglinien, ihre Ticketpreise tief zu halten. Chief Executive Officer Andrew Swaffield von der britischen Fluglinie Monarch Airlines ist ebenfalls der Ansicht, dass die Fluggebühren bei einem Ausstieg Großbritanniens aus der Europäischen Union steigen und es weniger Flüge auf den Strecken zwischen dem Vereinten Königreich und den europäischen Mitgliedsstaaten geben werde.

Dass Touristen von attraktiven Ticketpreisen profitieren, ist vor allem deshalb möglich, weil es für Fluggesellschaften dank des Luftverkehrsabkommens weniger Hürden gibt. Seit seiner Schaffung in der 1990er-Jahren hat das Abkommen des Luftverkehrsbinnenmarktes in Europa zu einem starken Wachstum geführt und die Luftfahrtindustrie in hohem Maße verändert. Die Brexit-Gewinner halten es eher für unwahrscheinlich, dass Großbritannien aus dem EU-Luftverkehrsbinnenmarkt gedrängt wird. Schließlich käme den Briten eine große Bedeutung im Hinblick auf transatlantische Flugstrecken zu. Außerdem könnten auch nicht der Europäischen Union angehörige Länder wie die Schweiz oder Norwegen frei im offenen Luftraum Europa/USA fliegen. Fakt ist jedoch, dass die Briten nach dem Brexit nicht automatisch weiterhin dem Club des EU-Luftverkehrsbinnenmarktes angehören.

Müssen deutsche Verbraucher für britische Exportwaren mehr bezahlen?

Für die britische Automobilindustrie sind die EU-Länder der wichtigste Absatzmarkt. Genauso sieht es auch in vielen anderen britischen Wirtschaftszweigen aus. Allein 15 Prozent des Bruttoinlandsprodukts erwirtschaftet die Insel über den Außenhandel mit Dienstleistungen und Waren. Der Chef des britischen Gewerkschaftsbundes TUC hat vor dem EU-Referendum bereits davor gewarnt, dass die Preise für Exportgüter aus dem Vereinten Königreich anziehen, wenn es tatsächlich zu einem Brexit kommt.

Viele sind zwar davon überzeugt, dass die Handelsabkommen zwischen Europa und Großbritannien nach dem Austritt ähnlich aussehen wie die zwischen der EU und der Schweiz, dennoch müssen sich deutsche Verbraucher wohl mit dem Gedanken vertraut machen, schon bald mehr für britische Autos wie Mini und Jaguar oder Spirituosen wie schottischen Whisky bezahlen zu müssen. Rein theoretisch ist es möglich, dass Fahrzeuge aus Großbritannien angesichts fallender Wechselkurse für das britische Pfund kurzfristig günstiger werden, allerdings haben die Schwankungen an der Börse nur einen geringen Einfluss auf die Autopreise. Während der starken Wechselkurs-Schwankungen in den USA wurden amerikanische Fabrikate ja auch nicht billiger oder teurer für deutsche Autokäufer .

Was ändert sich für deutsche Arbeitnehmer in Großbritannien?

Etwa 2,2 Millionen Arbeitnehmer auf den britischen Inseln stammen aus dem europäischen Ausland. Bisher ermöglicht die Arbeitnehmerfreizügigkeit es Bürgern anderer Mitgliedsstaaten problemlos im Vereinigten Königreich zu wohnen und zu arbeiten. Jeder EU-Bürger kann demnach in jedem anderen Mitgliedstaat unter den gleichen Voraussetzungen wie die Staatsangehörigen einer Arbeitstätigkeit nachgehen. Bei einem Brexit ist es nicht sicher, ob dieses Privileg weiterhin Gültigkeit hat. Ein Ausscheiden Großbritanniens träfe insbesondere EU-Arbeitnehmer, die in der Hotellerie, in Restaurants und in Landwirtschaftsbetrieben beschäftigt sind. Auch für die in Deutschland arbeitenden Briten bedeutet der Brexit, dass sie drastische Beschränkungen in Bezug auf eine Arbeitsaufnahme hinnehmen müssten.

Diejenigen, die beabsichtigen, in Großbritannien zu arbeiten, müssen nach dem EU-Austritt deutlich größere Hürden meistern. Aller Voraussicht nach wird das Land nach dem Ausscheiden die EU-Freizügigkeitsregelungen nicht beibehalten oder Ausnahmen zulassen. Zudem ist noch nicht klar, ob Arbeitnehmer aus EU-Ländern ein Visum brauchen. Nach einer Verschärfung der Visa-Regeln im April 2017 wird es nicht nur für Arbeitnehmer problematisch, sondern ebenfalls für britische Unternehmen, die geeignete Arbeitskräfte rekrutieren wollen.

Die Universität Oxford hat einen Studie vorgelegt, nach der drei Viertel der Bewerber die Anforderungen an Kandidaten außerhalb der Staatengemeinschaft bereits jetzt nicht erfüllen. Nach Einführung neuer Visa-Vorschriften in Großbritannien könnten es sogar mehr als 80 Prozent sein. Nach Angaben der überregionalen Tageszeitung „Die Welt“ haben es Arbeitnehmer aus der Bundesrepublik bei der Jobsuche aufgrund ihres hohen Qualitätsniveaus eventuell ein wenig leichter als Arbeitskräfte aus anderen europäischen Ländern.

Was bedeutet der Brexit für Studierende?

Auch für EU-Bürger, die in Großbritannien studieren, stellt sich die Frage, ob sie ein Visum benötigen. An britischen Universitäten sind derzeit rund 125.000 EU-Studenten eingeschrieben. Viele der Hochschüler nutzen die Möglichkeit, sich im Rahmen des EU-Förderprogramms Erasmus für eine bestimmte Zeit in einem anderen EU-Staat ausbilden zu lassen. Nach einem Brexit könnte sich Großbritanniens Teilnahme an dem Austauschprogramm erledigt haben. Außerdem dürfte ein Studium auf der Insel teurer werden. Derzeit erheben die Universitäten im Vereinigten Königreich laut EU-Gesetzgebung für britische und deutsche Hochschüler sowie für Kommilitonen aus allen anderen EU-Ländern Studiengebühren in gleicher Höhe. Steigt Großbritannien aus der Europäischen Union aus, werden EU-Studenten wohl die deutlich höheren Gebühren für internationale Hochschüler bezahlen müssen.

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