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"Ein schwerer Unfall kann in jedem Atomreaktor geschehen - das ist, was Fukushima gelehrt hat. Selbst wenn die Notsysteme wie erwartet arbeiten, wie es in Fukushima zu Beginn der Katastrophe der Fall war, koennen auftretende Umstaende zu einer Kernschmelze oder anderen Szenarien mit Freisetzung des toedlichen radioaktiven Inventars fuehren", sagt Aktivist*in Hanna Poddig. "Wuerde das im Ostseeraum geschehen, dann wuerde das Meer noch staerker kontaminiert werden als es jetzt in Japan geschieht, denn der Austausch mit dem Atlantik ist minimal. Die Radioaktivitaet wuerde sich in der Ostsee konzentrieren. Anstatt neue Reaktoren und Laufzeitverlaengerungen voran zu treiben, muessen die in Betrieb befindlichen Anlagen sofort stillgelegt werden!"
In Fukushima fuehrte eine Serie von Explosionen zur Kernschmelze von drei Reaktorkernen und hohen Radioaktivitaetsfreisetzungen an Luft, Grundwasser und Pazifik und formte die bisher groesste Atomkatastrophe in einem Atomkraftwerk. Am 11. Maerz 14.47 Uhr lokaler japanische Ortszeit begann mit dem "Great East Japan Earthquake" das bis heute schlimmste nukleare Desaster der Geschichte. Alle Reaktoren des Fukushima Daiichi AKW waren in Reaktion auf die Naturkatastrophe abgeschaltet worden. Als einige Stunden spaeter hohe Tsunami-Wellen die Schutzwaelle des AKW trafen und ueberschlugen und Teile des Notsystems beschaedigten, waren die Reaktoren bereits vom Netz getrennt. Obwohl bis zu diesem Zeitpunkt die Sicherheitssysteme nahezu korrekt funktioniert hatten, ereignete sich in den folgenden Tagen eine dramatische Reihe von Explosionen. Gewaltige Mengen Radioaktivitaet wurden freigesetzt und fuehrten zum Ausschlagen nahezu aller Messstationen auf der Nordhalbkugel. Bis heute wissen weder die Behoerden noch der Betreiber im Detail wie der Unfall abgelaufen ist. Auch der Verbleib der geschmolzenen Reaktorkerne bleibt unklar.
Das oesterreichische Instrument "FlexRisk" zur Ermittlung der Auswirkungen schwerer Unfaelle in europaeischen Reaktoren veranschaulicht die Gefahren, die von den Reaktoren in Finnland, Schweden und Russland auf alle Nachbarlaender der Ostsee ausgehen. Es simuliert eine Vielzahl verschiedener Wetterbedingungen und unterschiedlicher Szenarien der Freisetzung radioaktiver Isotope nach einem schweren Unfall. Die FlexRisk-Karten zeigen radioaktive Dosen und Bedrohungen fuer europaeische Laender nach solch einer Katastrophe in einem der Reaktoren. Ein einfaches Internetformular erlaubt es Simulationen aufzustellen: http://flexrisk.boku.ac.at/en/evaluation.phtml#form
Eine zusaetzliche Gefahr geht von der Alterung der in Betrieb befindlichen Reaktoren aus. Wie die in der letzten Woche von Greenpeace veroeffentlichte Studie "Lifetime extension of ageing nuclear power plants: Entering a new era of risk" zeigt, fuehrt das hohe Alter der nuklearen Einrichtungen zu einer wachsenden Gefahr von Fehlern und Unfaellen. Drei Reaktoren im Wassereinzugsgebiet der Ostsee haben ihr urspruengliches technisch designtes Alter am 11. Maerz, dem dritten Jahrestag des Fukushima-Desasters, bereits ueberschritten. Zwei weitere Reaktoren befinden sich weniger als drei Jahre unterhalb ihres konzeptuellen Maximalalters. Ein Ostsee-Reaktor (Oskarskamn 1) ist mehr als 40 Jahre alt, fuenf weitere sind im Alter zwischen 35 und 40 Jahren. Verschiedene Reaktoren rund um die Ostsee erhielten bereits eine Genehmigung zur Laufzeitverlaengerung auf 50 oder 60 Jahre, waehrend teilweise aggressive Leistungssteigerungen vorgenommen wurden (z.B. im AKW Olkiluoto um 33), die das Unfallrisiko erhoehen. Weitere Details stellt die Greenpeace-Studie bereit: http://out-of-age.eu
"Ein Unfall in einer Atomanlage kann jederzeit stattfinden. Die Atomtechnologie ist nicht sicher, wie hunderte von Vorfaellen und Unfaellen, die jedes Jahr von den Betreibern gemeldet werden, zeigen. Trotz spezieller Trainings fuer das Personal dieser gefaehrlichen Anlagen, werden Fehler gemacht, die manchmal zu ernsten Situationen fuehren. Neben der hochgradig riskanten Technologie und der Bedrohung, die von Fehlverhalten der nuklearen Fachkraefte ausgeht, koennen auch unvorhersehbare Konstellationen auftreten, wie die Fukushima-Katastrophe deutlich gemacht hat. Die Reaktoren im Ostseeraum basieren auf seit Jahrzehnten veralteten Designs, die Alterung bringt zusaetzliche Gefahren fuer Menschen und Umwelt."
ATOMIC BALTIC
"ATOMIC BALTIC" ist ein Netzwerk/projekt von Anti-Atom-Gruppen und Aktivist*innen im Wassereinzugsgebiet der Ostsee, das auch Organisationen umfasst, die mit ihrem Wissen, Erfahrungen und Netzwerken aus Oesterreich und den Niederlanden Unterstuetzung leisten. Sein wichtigstes Ziel ist eine Staerkung von lokalen Anti-Atom-Kaempfen rund um die Ostsee durch das Zusammenbringen von Aktist*innen, das Starten neuer Initiativen und die Unterstuetzung von Kampagnen gegen die Atomwirtschaft. Das ATOMIC BALTIC Netzwerk/projekt stellt eine Plattform zum Austausch bereit, die Internettools, regelmaessige Skype-Konferenzen und zweimonatliche Arbeitstreffen umfasst. Detaillierte Informationen zum Netzwerk/projekt sowie Updates werden online bereitgestellt unter: http://AtomicBaltic.nuclear-heritage.net
Red: Die Aktivisten suchen noch die Umlute