Europäische Städte und Gemeinden zeigen in Berlin ihr Engagement für Ökologische Landwirtschaft und Ernährung
Der Präsident des Deutschen Städtetages, Nürnbergs Oberbürgermeister Ulrich Maly, fächerte auf, welche Möglichkeiten die Kommunen dabei haben: die Verpflegung in Kantinen öffentlicher Einrichtungen wie Schulen, Krankenhäuser oder Behörden, die Gestaltung städtischen Grüns, die Bewirtschaftung der Trinkwasser-Einzugsgebiete und nicht zuletzt Angebote für die Ernährungsbildung. Viele Projekte geht die Verwaltung dieser traditionsreichen Stadt zusammen mit den Bio-Bauern der Umgebung an – auch auf dem berühmten Nürnberger Christkindlesmarkt kommen bereits ein Drittel der Lebensmittel aus ökologischer Erzeugung.
In Kopenhagen stammen gar zwei Drittel der Mahlzeiten in öffentlichen Kantinen aus ökologischem Landbau. Gemessen an den Steigerungsraten ist das Ziel, 100% Bio zu erreichen, nicht mehr weit entfernt. Der Präsident der dänischen Bio-Bewegung, Per Kølster betonte, Voraussetzung für diesen Erfolg sei die Bewusstseinsbildung bei den Bürgern – gleichermaßen bei Kindern und Eltern, bei Politikern und Beamten. Diesen Weg habe die dänische Hauptstadt vor 15 Jahren begonnen. In allen Bereichen wolle man auf Nachhaltigkeit setzen und spätestens bis 2030 eine CO2-neutrale Stadt sein.
Auch der Oberbürgermeister von Turin, Pierro Fassino, war auf Einladung des BÖLW nach Berlin gekommen. Der Präsident des italienischen Städte- und Gemeindetages will das Thema Ernährung zum zentralen Anliegen der EXPO 2015 in Mailand und Turin machen. Auch er engagiert sich für den Ausbau der Ökologischen Landwirtschaft durch die Nachfragemacht einer Großstadt und ihrer Bürger.
Aus einem gänzlich anderen Umfeld, aber von der gleichen Leidenschaft für eine nachhaltige Landwirtschaft und Ernährung motiviert, präsentierte sich der Bürgermeister von Correns in der französischen Provence, Michaël Latz. Schon seit 20 Jahren produzieren die Bauern des 900-Einwohner-Dorfes ihren Wein, Oliven, Getreide und Aromapflanzen fast ausschließlich nach Bio-Richtlinien. Und selbstverständlich ist auch die Ernährung in Schule und Kindergarten schon längst umgestellt. Correns Erfolgsrezept: die Einwohner des Dorfes selbst haben die Projekte entwickelt, die außer der Ernährung auch andere Nachhaltigkeitsfelder, wie die Energiegewinnung betreffen.
Was ganz Europa bewegt, das steht auch für Estland, dem diesjährige Partnerland der IGW ganz oben auf der Agenda. Reet Kokovkin ist als Koordinatorin der lokalen Aktionsgruppen auf der Ostseeinsel Hiiumaa dafür zuständig, Landwirte und Verbraucher zusammenzubringen. Ökologisch erzeugte Verpflegung wird durch diese Initiative im ganzen Land zunehmend zu einem zentralen Thema. Auch Frau Kokovkin machte noch einmal deutlich, welch zentrale Bedeutung die gesellschaftliche Diskussion für den Wandel auf den Feldern, in den Ställen und in den Kantinen hat: „Kinder müssen ihre Eltern drängen, die Lebensmittel zu verwenden, die von den Bio-Bauernhöfen stammen, die sie besucht haben. Dann ändert sich etwas!“
Am Nachmittag des Tages der Ökologischen Landwirtschaft setzten sich die Experten aus Stadtverwaltungen und Zivilgesellschaft in Workshops zusammen, um die einzelnen Felder kommunalen Engagements für Ökologische Landwirtschaft vertieft zu beackern. Das Resultat wird der BÖLW in den nächsten Wochen in einem Tagungsband zusammenfassen und veröffentlichen.