SPIEGEL ONLINE [2] titelte am 16.9.2013: "Es ist ein Report des Grauens: In ihrem Bericht an den Sicherheitsrat bestätigen die Uno-Inspektoren den Giftgaseinsatz in Syrien. Die Schuldfrage umgehen sie dezent. Doch die von ihnen gesammelten technischen Details lassen kaum Zweifel, dass das Assad-Regime verantwortlich ist", schreibt Marc Pitzke aus New York und ergänzt: "Die technischen Einzelheiten des Uno-Berichts machen deutlich, dass nur das Regime diesen großangelegten Chemiewaffenangriff unternommen haben kann", sagte Samantha Power, die Uno-Botschafterin der USA, nach der Sitzung. Darauf deuten nicht nur die aufgefundenen 'professionellen' Waffen hin - Raketen, wie sie das syrische Regime nutzt. 'Es gibt nun keinen Zweifel mehr, dass das Regime Chemiewaffen eingesetzt hat', sekundierte auch der britische Uno-Botschafter Sir Mark Lyall Grant. Der Bericht habe bestätigt: 'Das Regime war verantwortlich.' Ähnlich äußerte sich Frankreichs stellvertretender Uno-Botschafter Alexis Lamek."
Die Frankfurter Allgemeine Zeitung titelte bei "FAZ-Net" [3] am 16.9.2013: "Amerika: Nur Assad ist zu solch einem Angriff fähig" und führte aus: "In Syrien ist nach Einschätzung der UN-Inspekteure am 21. August Sarin-Gas eingesetzt worden. Für Amerika und Frankreich steht fest: Machthaber Assad hat das befohlen".
"Die Welt [4] brachte als Schlagzeile am 17.9.2013": "Westen macht Assad für Nervengas verantwortlich" und berichtete: "Der Chemiewaffen-Bericht nennt nicht den Schuldigen. Aber für die USA, Großbritannien und Frankreich gibt es keinen Zweifel, dass das Assad-Regime Sarin im Bürgerkrieg in Syrien eingesetzt hat".
Auf der Titelseite der Süddeutschen Zeitung vom 17.9.2013 schrieb Paul-Anton Krüger unter der Überschrift: "UN: In Syrien wurde Sarin eingesetzt": (...) "Der Bericht weist keiner der Seiten in dem Bürgerkrieg die Verantwortung für den Angriff zu, das ließ das Mandat auch nicht zu. Er liefert aber starke Indizien dafür, dass Truppen des Regimes von Präsident Baschar al-Assad die Urheber sind".
Auch wenn die Raketen vermutlich russischer Bauart sind und "aus Nordwesten" flogen wo "von der Regierung kontrollierte Gebiete" "in dieser Richtung liegen" (SZ, 17.9.2013): Nach intensiver Lektüre des Dokumentes - die ich allen Leserinnen und Lesern empfehlen möchte - konnte ich keinen einzigen Satz oder Abschnitt im UN-Dokument finden, der die Interpretation rechtfertigt, "dass Truppen des Regimes von Präsident Baschar al-Assad die Urheber sind".
Dass es auch noch sauber recherchierenden Journalismus in Deutschland gibt, zeigte schon am 9.9.2013(!) Andreas Zumach in der "Taz" [6], dessen Artikel die dem UN-Bericht sachgemäße Überschrift trug: "UN-Inspektoren bestätigen Sarin-Einsatz. Schuldfrage bleibt ungeklärt. Der UN-Bericht wird den Einsatz von Sarin oder verwandter Substanz bestätigen, aber keine Angaben über die Verursacher des Verbrechens machen".
UN-Generalsekretär Ban Ki Moon nannte den Einsatz von Sarin "ein Kriegsverbrechen". Paul-Anton Krüger schrieb dazu in der SZ (17.9.2013): "Die USA und Frankreichs Außenminister Laurent Fabius werteten den Bericht als Bestätigung für die Verantwortung Assads. Er stärke die Haltung derer, 'die gesagt haben, dass das Regime schuld ist', sagte Fabius. Der deutsche Außenminister Guido Westerwelle vermied hingegen Schuldzuweisungen, er sprach von einem 'zivilisatorischen Verbrechen', die Verantwortlichen müssten vom Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag ermittelt werden".
Die Wortwahl des UN-Generalsekretärs Ban Ki Moon ("Kriegsverbrechen") hat auch völkerrechtliche Bedeutung: Sie rechtfertigt die Einschaltung des Internationalen Strafgerichtshofes, nicht aber eine Bestrafung durch eine militärische Intervention. Nur die Wortwahl "Gefahr für den Weltfrieden" hätte eine solche nach sich ziehen können. Der UN-Generalsekretär versucht weiterhin mit seiner vermutlich sehr bewussten Wortwahl eine solche Militärintervention in Syrien zu verhindern.
Sollten die Regierungen der USA und Frankreichs doch noch Syrien bombardieren lassen, würden sie nach derzeitiger Faktenlage einen Völkerrechtsbruch begehen.
Clemens Ronnefeldt, Jg. 1960, arbeitet seit 1992 als Referent für Friedensfragen beim deutschen Zweig des Internationalen Versöhnungsbundes, dessen rund 100 000 Mitglieder sich in mehr als 40 Staaten engagieren. Der Verband hat Beraterstatus bei der UNO. Ronnefeldt hat seit 1990 Irak, Iran, Syrien, Libanon, Israel, Palästina und Ägypten bereist und dort Friedens- und Menschenrechtsgruppen besucht.
Besuchte Seiten / Quellenangaben: [1] www.un.org/disarmament/content/slideshow/ Secretary_General_Report_of_CW_Investigation.pdf [2] spiegel.de/politik/ausland/uno-inspekteure-bestaetigen-den-giftgaseinsatz-in-syrien-a-922606.html [3] faz.net/aktuell/politik/ausland/naher-osten/syrische-chemiewaffen-amerika-nur-assad-ist-zu-solch-einem-angriff-faehig-12576120.html [4] welt.de/politik/ausland/article120101827/Westen-macht-Assad-fuer-Nervengas-verantwortlich.html [5] newsticker.sueddeutsche.de/list/id/1494636 [6] taz.de/!123444/