Moderne Kunst
Wo beginnt die Geschichte der Kunst? Wer waren die ersten Meister?
Namenlose Wandmaler, Urvorfahren gestalteten ihre Höhlen und hinterließen prächtige Zeugnisse über die Entwicklung der einzelnen Kulturen, ebenso wie gefundene Tongefäße, Waffen, Schmuck und Werkzeuge. Später schufen sie rätselhafte Steinalleen, erschlossen sich die Weberei und Schmiedekunst, bauten, töpferten und reisten über Land und Wasser. Und überall finden wir Kunst, ob in Verzierungen, Ornamenten, Bemalungen, Figuren oder erstaunlichen Bauwerken.
Antike
Die Kunst der Antike (altorientalisch ca 3500 v. Chr., 1200 v. Chr. - ca. 600 n. Chr.) bewahrte ihre Strahlkraft über die Jahrtausende und beeinflusste auch die Kunstentwicklung in Europa wesentlich. Renaissance und Klassizismus bedienten sich zum Beispiel der geometrischen Muster, des Mosaikes und der Reliefs. Die Gegenwartskunst knüpft munter an.
Gotik
Das Mittelalter ist geprägt durch Völkerwanderungen und Pest, Kriege und auch die zunehmende Vorherrschaft des Christentums. Neben der Einführung des Geldes, begünstigt durch das Aufleben von Städten und Handel, keimte die Epoche der Gotik (ca 1140-1550) auf. Es entstanden Burgen, Kathedralen (Beispiel: Notre Dame, Paris) und Klöster. Altarbilder und Glasmalerei entfalteten sich. Die Tafelmalerei (das Malen auf beweglichem und begrenztem Hintergrund) setzte sich durch und ermöglichte dem Künstler das Arbeiten in seiner eigenen Werkstatt. Grundierungen wurden mit der neu erfundenen lichtdurchscheinenden Ölfarbe überzogen. Biblische Themen, oft in Verbindung mit einem naturnahen Hintergrund - der allmählich den Goldgrund ablöste -und die Schaffung von Illusionen sind typische Bildmerkmale. Mimik und Gestik in der aufkeimenden Porträtmalerei wirken lebendig, treten plastisch hervor, modelliert durch zarte Farbabstufungen und die wundervolle Inszenierung von Licht und Schatten. Typische Vertreter waren unter anderem Giotto, Hieronymus Bosch, Simone Martini.
Renaissance
Die Renaissance (Wiedergeburt, ab 15.-16. Jahrhundert), entfloh den festen Strukturen des Mittelalters und griff auf antike Elemente zurück, gab dabei einer neuen Wertschätzung des Menschen Raum. Wirtschaft und Kultur wandelten sich. Es entwickelten sich Bergbau und Bankwesen, Manufakturen entstanden und mit ihnen die Lohnarbeit. Gekoppelt an den sich rasch verbreiteten Buchdruck repräsentierte sich eine Neuheit: Die Druckgrafik. Mit ihr bot sich die Möglichkeit der Vervielfältigung und sie blieb deutlich billiger als ein Gemälde (zum Beispiel: Dürer „Tanzendes Bauernpaar“, „Der Ständebaum“, Name unbekannt). Die Porträtgestaltung mauserte sich zu einer selbständigen Gattung.
Ob Leonardo da Vinci, Botticelli, Dürer, Holbein der Jüngere, Cranach der Ältere, Tizian, von Eyck oder Michel Angelo („David“), Raffael („Sixtinische Madonna“) - sie alle waren herausragende Vertreter. Bauten zeichneten sich durch perspektivische Klarheit, Leichtigkeit und Harmonie aus (zum Beispiel Palazzo Medici - Florenz, Schlösser der Loire). 1514 behauptete Kopernikus, die Erde sei nicht Mittelpunkt des Universums, Reformation und Gegenreformation erschüttern die Menschheit. Und die Kunst? Sie wandte sich einer Vergeistigung, einer Intellektualisierung zu. Ausgefallenes und Phantastisches verdrängten die klassischen Prinzipien.
Barock
Turbulent, leuchtend großformatig, prächtig und glorifizierend läutete der Barock (aus Italien kommend, um etwa 1575-1770) eine neue Ära ein. Kirche und Adel nutzen die Kunst als Mittel zur Repräsentation von Macht, Fülle und Verherrlichung. Nach dem 30jährigen Krieg entstanden Prunkschlösser, Kirchen und Adelshäuser (beispielsweise Dresdner Zwinger, Schloss Sanssouci, Staatsoper-Berlin). Fresken mit Heiligenlegenden und Landschaftsbildern schmückten die Decken. Theater und Maskenbälle würzten das ausschweifende Leben der Fürstenhäuser. In der Malerei steigerte sich der Illusionismus zu höchster Perfektion, Die Gemälde suggerieren beim Betrachter den Eindruck von Momentaufnahmen.
Mit ihrer enormen Tiefenwirkung und einer scheinbaren Räumlichkeit beeindrucken sie mit dem perfekten Spiel aus Licht und Schatten, ob bei Porträt, Landschaftsbild oder Stillleben. Zu bewundern ist dies sowohl bei Peter Paul Rubens „Selbstbildnis mit Frau“, Rembrandts „Die Anatomie des Dr. Tulp“, Goyas „Familienbild Karl IV“, Jan Vermeer van Delfts „Allegorie des Glaubens“, El Grecos „Apostel Petrus und Paulus“, Michelangelo de Caravaggios „Die sieben Werke der Barmherzigkeit“ als auch bei vielen anderen. Noch eleganter und üppiger fielen die Werke des Rokoko aus, einer Sonderform des Barock (zum Beispiel: Sebastiano Ricci „Anbetung der Heiligen Drei Könige“ oder „Die Kindheit des Ciro“).
Die Amoralität und bis ins Mark erschütternde Vergnügungssucht des Adels, und der Aufstand gegen napoleonische Fremdherrschaft bewirkten bei Goya - der einen Schlaganfall erlitten hatte - eine Abkehr vom bisherigen. So entstanden Bilder wie „Die Wasserträgerin“ oder gar „Die Erschießung der Aufständischen“. Er gilt damit als Wegbereiter der Modernen Kunst. Die Folgen des 30jährigen Krieges ließen ein politisch zersplittertes Deutschland und ein verarmtes Volk zurück.
Klassizismus und Romantik
Der Klassizismus (1770-1840) manifestierte sich mit seinen antiken und bürgerlichen Themen. Ausgehend vom Ideengut der Aufklärung und als Abwendung vom Barock mit seinen adligen und religiösen Motiven, traf der Klassizismus (Angelika Kaufmann, Jacques-Louis David, Tischbein, etc.) fast zeitgleich mit der Romantik (18. bis ins Ende des 19. Jahrhunderts) ein. In der architektonischen Linie, dem Historismus entstanden Bauten wie der Triumphbogen in Paris. Dem gegenüber stand der Wunsch nach Harmonie und Ruhe, einer puren Romantik, wie bei Caspar David Friedrichs „Mondaufgang am Meer“. Dichtende Zeitgenossen waren die Gebrüder Grimm.
Realismus
Mitte des 19. Jahrhunderts reifte eine neue Kunstepoche heran. Politisch motiviert, gegen Klassizismus und Romantik gerichtet, prangerte der Realismus soziale Missstände an. Harte Arbeit, Rauch, Lärm - eine ungeschönte Wirklichkeit spricht aus Courbets Gemälde „Der Steinklopfer“ oder Millets "Die Ährenleserinnen“, Repins „Wolgatreidler“, Menzels „Eisenwalzwerk“, Delacroixs „Die Freiheit für das Volk“, um nur einige Werke zu nennen.
Impressionismus
Aus Frankreich kommend eroberte in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts der Impressionismus (Eindruck) die Kunstwelt und löste schrittweise den Realismus ab. Die Freiluftmalerei, ermöglicht durch die Erfindung der Ölfarbe in Tuben, ließ die Künstler das Flirren von Licht und Atmosphäre einfangen. Der schöne Augenblick, lebensbejahend, luftig und heiter, in hellen, reinen und kräftigen Farben entfaltet seine Wirkung auf den Betrachter erst in einiger Entfernung. Kunstliebhaber überbieten sich, ob bei van Gogh („Selbstbildnis“, „Sonnenblumen“…) Cézanne („Badende“, „Berge in der Provence“…), Gauguin, Monet, Manet, Degas, Morisot, Pissarro, Sisley, Liebermann, Corinth, Sievogt, und verschiedene andere.
Expressionismus
Auf der Suche nach Erneuerung fand schließlich die abstrakte Malerei (gegenstandslos) zu ihrem Weg. Der Wunsch nach Individualität gepaart mit dem Verzicht auf Reales führte zum Bruch mit der Vergangenheit. Im Expressionismus wurde und wird verzerrt, vereinfacht und deformiert, schnörkellos und mit klaren Farben begegnen uns oft streng gegliederte Werke. Der Ausbruch des Ersten Weltkrieges mit seiner Zerstörung und Verwüstung einte das Entsetzen und beflügelte zu einer einzigartigen Vitalität. Künstlervereinigungen wie „Die Brücke“ oder „Der Blau Reiter“ beeinflussten nachhaltig Architektur und Kunst.
Abstrakte Malerei
Welch seltsames Phänomen erblickte da das Licht der Welt? Hundertfach erfindet sie sich neu, ohne dass ein Weg jemals komplett endet! So zählt der Fauvismus (=Farbfläche, Beispiel: Matisse) dazu, oder der Kubismus (=geometrisch, Beispiel: Picasso), der Futurismus(=Strahlen, Kraftlinien, Wellen, Beispiel: Balla), oder der Dadaismus (=Überspitzung, Satire, Grosz, Heartfield), der Surrealismus (=traumhaft, unwirklich, Beispiele: Ernst, Dali, Miro), ebenso der Verismus (=sozialkritisch, sachlich, Dix, Schaad) … dazu.
Ein Engagement für humanistische Ideale prägten die Arbeiten von Käthe Kollwitz „Die Weber“, Otto Nagel „Der Jubilar“, Hans Grundig „Das Tausendjährige Reich“(Triptychon). Kandinsky, Kirchner, Kokoschka, Beckmann, Klee, Marc, Macke, Malewitsch dürfen in dieser Aufzählung keinesfalls fehlen. Architektonisch beeinflussten der Jugendstil (=geschwungene Linien, florale Elemente) und der Bauhausstil (=zweckmäßig, klar, Beispiel: Stahlrohrmöbel) diese Zeit. Unendlich viele auch gegensätzliche Richtungen überdauerten den Nationalsozialismus - trotz Verbot - und sind aus der Gegenwart nicht mehr wegzudenken. Aber die 60ziger Jahre brachten mit der authentischen und wirklichkeitsnahen Pop-Art (=Alltagskultur, Werbung, Idole…) auch eine neue Gegenständlichkeit hervor, beispielsweise in Andy Warhol.
Ein Mix , der bis heute anhält, besteht aus verschiedenen Materialien, Happenings, der Aktionskunst, aus Video-Art, technologischer Kunst, Land-Art (=Landschaftskunst), OP-Art (=geometrisch flimmernd), Minimal-Art (=reduziert, klar und logisch), Concept-Art (=Trickfilme, Computerspiele), Body-Art (=Körper ist Medium und Kunstobjekt, Performance auch mit Verletzungen). Neue Wilde (=Neoexpressionismus), Fluxus (=fließend, angelehnt an Dadaismus) und Comics zählen dazu. Weiter wären da ebenso die Konzeptmalerei (=analytische Malerei, Konzept und Idee sind vordergründig – wie bei Buren), Informel (Gegenpol zur geometrischen Abstraktion), Magischer Realismus (=Verschmelzung von Wirklichkeit und Träumen, beispielsweise bei Sedlacek), Phantastischer Realismus (=Kosmische und mythische Visionen, vergleichsweise bei Hundertwasser), Sozialistischer Realismus (=Arbeitsleben und sozialistischer Alltag, Beispiel: Sitte). Vertreter gibt es unzählige. Keith Haring, de Kooning, Morris, Balthus, Tübke, Klein, Debuffet, Soulages, Tápies, Currin, Heinwein, und noch weiter. Beuys, ein führender Aktionskünstler brachte den Wunsch nach Einheit von Kunst und Leben auf den Punkt: „Jeder Mensch ist ein Künstler.“
Werden weitere Werke in der Zukunft fanatische Sammler finden? Besitzt diese Kunst in ihrer Breite eine ähnliche Nachhaltigkeit? Steigert sich ihr Wert oder verliert sich die Masse der Exponate im Vergessen, macht Platz für eine neue Epoche? Wie könnte diese aussehen? Wird sie düster sein, finster und schwer, getragen von der Angst eines drohenden und selbstverschuldeten Weltuntergangs? Oder resignierend grau, trist, weinerlich und traurig? Liegt die Zukunft in einer optimistischen, koketten glücksüberschäumenden und strahlenden Vision, einer tiefen Gegenständlichkeit, bei gleichzeitiger Abstraktion? Erleben wir ein begehbares Gemälde oder eine Bewegung hinter dem Bild?
Eines ist gewiss - kein Leben kommt ohne Kunst aus! (rs)