DIE Internet-Zeitung
Christliche Reisegruppe wünscht:

Frieden für alle in Israel und Palästina lebenden Menschen

Am

Frieden für IsraelVom 18. Bis 30. April besuchte eine Gruppe von 18 Personen aus Braunschweig und Umgebung auf Initiative von Pfarrer Eckehard Binder vorwiegend christliche Einrichtungen in Palästina und Israel. Es war die 12. Reise von Pfarrer Binder. Viele Teilnehmer waren schon öfter mitgefahren. Für mich, der vor allem an den friedenspolitischen Aspekten der Reise interessiert war, war es der erste Besuch in diesem Land. Auf unserer Reise trafen wir auf engagierte Christen, Juden und Muslime, die uns Einblick in ihr Leben und die aktuelle politische Situation in Palästina und Israel gaben. (Foto: Schülerinnen in Talitha Kumi in Beit Jala)


In der ersten Woche wohnten wir im christlichen, einfach gehaltenen Gästehaus des evangelischen Bildungszentrums Talitha Kumi am Rand des Ortes Beit Jala, der in den Bergen zwischen Jerusalem und Bethlehem gelegen ist. Weil unsere Unterkunft etwa 950 m hoch gelegen war, war es recht kühl, was man in Palästina/Israel nicht unbedingt erwartet. In unserer zweiten Unterkunft (fünf Tage) in Israel, dem katholischen Pilgerhaus in Tabgha am See Genezareth, der 200m unter dem Meeresspiegel liegt, erlebten wir Sommer- und Badewetter und einen gehobenen Komfort. Wir besichtigten viele geschichtlich und biblisch interessante Stätten in Palästina und Israel, in der ersten Woche besonders Bethlehem und Jerusalem, Beit Sahour und das Tote Meer. Neben den vielen informativen Programmpunkten blieb Zeit für den Erholungsaspekt der Reise in Form von Bademöglichkeit im Toten Meer und im See Genezareth, Wanderungen durch die blühende Natur oder Zeit zur Besinnung.

Wir waren auch bei dem palästinensischen Krippenschnitzer „Odeh“ in Beit Sahour eingeladen und dem Klosterweingut in Cremisan. Das Klosterweingut ist zur Zeit vom Bau der Mauer bedroht, die seinen wichtigen Zugang zu Bethlehem abschneiden wird. Olivenöl, -holzschnitzereien und -seife sowie Weine sind Produkte, die eine hohe Qualität haben und vor allem für die Palästinenser wichtige Einnahmequellen darstellen.

Reuven Moskovitz, der bekannte israelische Pazifist, der schon mehrfach in Braunschweig war

Am Rande der Altstadt von Jerusalem erlebten wir den Juden Reuven Moskovitz, der das Buch „Der lange Weg zum Frieden“ geschrieben hat. Er sprach über sein Entsetzen über die politische Entwicklung in Israel/Palästina nach dem zweiten Weltkrieg und spielte ergreifend für uns auf seiner Mundharmonika.

Die Israelin Connie Hackbarth vom AIC (Alternative Information Center) vertrat die Meinung, dass die israelische Regierung mit ihrer zionistischen Einstellung eine rassistische Hochkultur betreibe, die von der Bevölkerung zunehmend kritisch betrachte werde. Z. B. werde der in der Bevölkerung bisher als Privileg angesehene Militärdienst nur noch von 60 % angetreten, die Palästinenser dürfen/müssen nicht teilnehmen. Viele junge Leute wollen inzwischen die besten Jahre ihres Lebens nicht mehr in der Armee verbringen. Die militanten Siedler seien aber begeisterte Soldaten (und versuchen mit vielen Angriffen, die Palästinenser zu verdrängen). Etwa 7 % der Bevölkerung läsen die kritisch eingestellte Zeitung Haaretz. 70 % der israelischen Bevölkerung wären gegen die Errichtung weiterer Siedlungen. Bei der Wohnortswahl spiele der Kostenfaktor für die Siedler eine wichtigere Rolle als die ideologische Einstellung. Denn die Wohnungen der Siedlungen sind hochsubventioniert. Leider bestärkt und unterstützt die israelische Regierung die für die Palästinenser belastende Siedlungspolitik. Es gebe eine BDS-Bewegung (Boykott, Desinvestition und Sanktionen), in der sich auch Juden gegen die Besetzung engagieren. Insbesondere der akademische und kulturelle Boykott würde Israel empfindlich treffen.

Wir trafen uns im gehobenen Hotel „Abrahams Herberge“, das unter christlicher Leitung steht, mit dem Verwaltungsleiter Mohammed, einem Moslem. Er sagte, im Zentrum Abrahams Tent (unter christlicher Leitung) gebe es noch 120 Kinder. Die „Boys group” in der dazugehörenden Schule sei stark verkleinert worden, die verbleibenden acht Kinder würden möglicherweise auf der Straße landen. Abrahams Herberge sollte die Jungenschule und das Jungenzeltlager finanzieren. Leider reichten die Einkünfte dafür nicht, wenn sich auch das Haus selbst gut trage. Es gebe insgesamt 2 % Christen (ein anderer sagte 1,4 %), schrumpfend wegen häufigem Wegzug, da sie dafür bessere Möglichkeiten hätten als die Moslems. 1942 war sein Vater 21 und landete in einem “refugee camp“ in der Westbank. Z. Zt. gebe es 5 Millionen Palästinenser in Palästina, außerhalb davon 6 Millionen. (Bei anderen wurde von 6 Millionen Palästinensern in Palästina gesprochen.) In dem Gebiet von Bethlehem gebe es 22 Siedlungen Israels, alle illegal. Es gebe nur zweimal im Monat Wasser für die Palästinenser, während die Juden immer Wasser bekämen, weshalb die Palästinenser alle Wassertanks hätten. Die Juden seien der Meinung, das ganze Land sei nur für Juden, das Land müsse aber für alle da sein. 200 palästinensische Gefangene seien schon seit der Zeit vor den Oslo-Verhandlungen politische Gefangene. Er war deshalb ziemlich depressiv. Wenn die Projekte blieben, wäre er auch bereit, zu bleiben. Er trägt sich mit dem Gedanken, nach Chile auszuwandern.

Der Direktor des AIC, Nasser Ibrahim, den wir in Beit Sahour trafen, kritisierte die Behandlung der Palästinenser. Durch den ungebremsten Siedlungsbau und die zu zwei Drittel fertige, illegal errichtete Mauer, die fertig ca. 750 km lang sein werde, werde das palästinensische Gebiet in viele kleine Einheiten zerlegt. Die von den Israelis eingerichteten A-, B- und C-Zonen schränkten die Bewegungsfreiheit der Palästinenser erheblich ein. Nach den Zielen des Oslo-Prozesses sollten die palästinensischen Gebiete alle zu A-Zonen mit (theoretischer) palästinensischer Selbstständigkeit erklärt werden; stattdessen bestünde die Westbank zu 60 % aus vollständig unter israelischer Kontrolle stehenden C-Zonen. So würden z. B. Fahrten ins Krankenhaus, Besuche, Schul- und Arbeitswege erheblich erschwert.

Rania Salsaa, eine Palästinenserin vom Internationalen Begegnungszentrum Diyar in Bethlehem

Die Palästinenserin Rania Salsaa vom Internationalen Begegnungszentrum Diyar in Bethlehem stellte folgende Lösungsvorschläge vor: eine Zwei-Staaten-Lösung, eine Ein-Staaten-Lösung, eine Föderation, eine Konföderation oder eine Schweizer Kantonslösung.

Pfarrer Eckehard Binder und Daoud Nassar

Der Palästinenser Daoud Nassar von dem vorwiegend für Jugendliche gedachten Friedensprojekt Tent of Nations vertrat die Meinung, dass die Palästinenser aus ihrer Opferrolle herauskommen müssten und mit Hartnäckigkeit, Phantasie und Kreativität ihre Interessen vertreten sollten. Er hat als einer der letzten Palästinenser eine Hügelkuppe gegen die immensen Angriffe der Siedler unter hohen Gerichtskosten verteidigt.

Pfarrer Raed, der von Taybeh nach Jerusalem versetzt wurde.

Der katholische Pater Raed vom lateinischen Patriarchat Jerusalem in Taybeh sagte, wenn die Menschheit das Problem in Jerusalem lösen könne, könne sie auch alle anderen Friedensprobleme lösen. Er kämpfe voll Optimismus seinen internationalen Kampf und forderte, dass die Christenheit zu den Heiligen Stätten pilgern solle und weniger nach Lourdes, denn dort bekämen sie nur eine Erscheinung von Mutter Maria, bei ihnen aber die gesamte heilige Familie geboten.

Schwierige Lage des Tourismus

Uns als Reisegruppe hat es betroffen gemacht, dass die solide „Abrahams Herberge“ die begleitenden sozialen Einrichtungen nicht mehr finanziert bekommt. Die überwiegend auf dem Tourismus beruhende Finanzierung der Einrichtungen leidet unter der Unsicherheit der politischen Verhältnisse, die die Gäste aus dem Ausland abschreckt. Außerdem fühlen sich die christlichen Enklaven im Palästinensergebiet von der aggressiven Siedlungspolitik bedroht, die zunehmend auch vor ihnen nicht Halt macht. Viele sind deswegen schon ausgewandert.

Immer eine Reise wert: Jerusalem mit dem berühmten Felsendom

Immer eine Reise wert: Jerusalem mit dem berühmten Felsendom

Dabei haben wir keinerlei Behinderungen durch Unruhen erlebt und die Erfahrung gemacht, dass Reisen nach Palästina genauso sicher sind wie Reisen nach Israel. Die Christen Palästinas in Bethlehem, Beit Jala, Beit Sahour und Taybeh brauchen Unterstützung und Solidarität durch Besuche wie den unseren. Es sind zahlreiche Unterkünfte vorhanden, z. B. in Taybeh, Talitha Kumi, Abrahams Herberge und demnächst Bed-and-Breakfast-Unterkünfte in christlichen Familien. Pater Raed wünscht sich von uns und der Christenheit, dass wir palästinensische Waren kaufen, die zum Beispiel in Taybeh hergestellt werden, dass wir das Heilige Land besuchen, den heiligen Stätten und besonders die in Palästina. Jeder Christ solle zumindest einmal im Leben dorthin kommen. Alle unsere Gesprächspartner wünschen sich, dass die Besucher mit beiden Seiten, den Palästinensern und den Israelis sprechen, dabei besonders mit der israelischen und palästinensischen Friedensbewegung, zum Beispiel dem AIC. Das helfe ihrer Sache weiter.

Reisetipps für Israel und Palästina

Reise-Interessierten empfehlen wir, nach Veranstaltern und Mitfahrern zu suchen, die auch die palästinensische Seite genug berücksichtigen. Dazu wären Anfragen an Friedensgruppen und Kirchen sinnvoll. Kontakt z. B. über den AIC (alternativenews.org) oder über Olive Tours (toursinenglish.com), wo ein Israeli, Yahav Zohar, vom Komitee gegen Häuserzerstörungen mitarbeitet.

Überlegen Sie vorab:

  • Soll es eine Begegnungsreise werden oder auch Erholung?
  • Soll die kurze Zeit mit Begegnungen auf beiden Seiten verbracht werden?
  • Wollen Sie möglichst verschiedene Seiten hören? (etwa auch in Kiryat Tivon in Israel/Galiläa, vielleicht auch Siedler?)
  • Oder erst einmal eintauchen ins Land - oder beide Länder - und einen Eindruck gewinnen?
  • als einzelne Reisende oder in der Gruppe?
  • Quartier in Palästina oder in Israel?
  • in Hotels oder Gästehäusern mit Kontakten (wie Abrahamsherberge oder Talitha Kumi)
  • bei Privatleuten (z. B- Eltern von Talitha-Schüler/innen, neue Bed-and-Breakfeast-Angebote)

Wir wünschen uns für sie und uns, dass sich Palästina und Israel in ihrem Sinne weiterentwickeln. Außerdem möchten wir alle Interessierten zu Reisen in diese interessante, vielseitige und faszinierende Region ermuntern. Uns hat es gut gefallen.

Helmut Käss

Bericht über die 12. Solidaritätsreise von Pfarrer Eckehard Binder und seiner Reisegruppe nach Palästina und Israel

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