Nachhaltigkeit
Bedürfnisgerechte Produktion von Lebensmitteln
Neben solidarische Landwirtschaft gibt es noch weitere Bezeichnungen wie „Freihof“, „Solidarhof“ oder „Landwirtschaftsgemeinschaftshof“. Jedoch handelt es sich immer um die gleiche Idee: Man möchte weg vom anonymen, globalisierten Lebensmittelmarkt hin zu einer Gemeinschaft, die gesunde, ökologisch, lokal und bedürfnisgerecht Nahrungsmittel produziert und konsumiert. Und das alles so fair wie möglich. Innerhalb dieser Solidargemeinschaften entsprechen die Preise im wesentlichen den Herstellungskosten und werden unter den Konsumierenden nochmals solidarisch nach Selbsteinschätzung aufgeteilt. Meistens liegen die Preise dann ungefähr 30 Prozent unter denen des Biohandels.
Gegen industrielle Zersörung des Bodens
Jeder dieser Höfe ist anders. Es gibt größere mit ca. 170 ha Land, auf dem etwas mehr als 30 Menschen arbeiten und kleinere mit nicht einmal 7 ha, mit drei festangestellten Arbeitnehmern sowie Aushilfen. Manche Höfe erwirtschaften gute Erträge, andere stehen in fast regelmäßigen Abständen vor der Insolvenz. Doch eines eint sie: Die solidarische Ökonomie, eine Selbstorganisation gegen Massentierzucht, Monokultur und alles, womit die globalen Lebensmittelkonzerne unsere Erde zerstören.
Eine wirtschaftliche Chance für kleine Höfe
Auch der ökonomische Trend ist klar auszumachen. In Deutschland schrumpft die Zahl der Höfe weiter. Gleichzeitig erwirtschaften einige Großbetriebe eine immer größer werdenden Anbaufläche. So war es auch im agrarpolitischen Bericht 2011 zu lesen. Es sind vor allem die kleinen Betriebe unter einhundert ha Anbaufläche, die dem wirtschaftlichen Druck nicht mehr gewachsen sind. Überall machen sich stattdessen reine Kartoffelacker, Maisfelder und auch Viehweiden breit, die die Belastungsgrenzen des Bodens überschreiten. So stellt sich unweigerlich die Frage, ob es eine Möglichkeit neben dem vom Weltmarkt diktierten Wachstumszwang gibt. Wie können wir als Konsumenten und auch als Landwirte eine bäuerliche und ökologisch gesunde Landwirtschaft erreichen, die den natürlichen Ansprüchen des Bodens und des Menschen, vielleicht sogar des Tieres, gerecht wird?
Keine fragwürdigen Bedingungen
Um hier einen Weg zu einer Lösung zu zeigen, findet die solidarische Landwirtschaft weltweit immer mehr Anhänger. Immer mehr private Haushalte schließen sich mit einem landwirtschaftlichen Betrieb zusammen, verpflichten sich regelmäßig einen festgelegten Betrag an den Hof zu zahlen und erhalten im Gegenzug von diesem Hof Erzeugnisse aus dem eigenen Anbau. Alle teilen sich die mit der Landwirtschaft verbundene Verantwortung, das Risiko, die Kosten und die Ernte. So kann der Landwirt sicher kalkulieren und ist nicht mehr gezwungen, immer mehr Ware unter fragwürdigen Bedingungen immer billiger zu produzieren.
Gesicherte Existenz durch reale Netzwerke
Eine maßlose Überproduktion bleibt ebenso aus, wie ein übermäßiger Verderb der Ware, da die Zahl und die Bedürfnisse der Kunden vorab bekannt sind. Die Abnehmer erhalten frische, regionale und gesunde Lebensmittel ohne weite Transportwege.
Noch gibt es einige weiße Flecken in Deutschland, wo sich diese Idee noch nicht verbreitet hat. Und noch gibt es zu viele spezialisierte Höfe, denen es schwerfallen würde, auf solidarische Landwirtschaft umzustellen. Doch wenn in Zukunft noch mehr solcher Initiativen zu erwarten sind, können auch die Spezialisierungen in ein immer größer werdendes Netzwerk von Solidarhöfen eingebracht werden. Da die einzelnen Höfe jedoch klein sind, werden sich keine erneuten Monokulturen und Massentierhaltung daraus ergeben.
Denn auch eines ist den Landwirten bewusst: Reich werden sie nicht dabei, aber sie erhalten eine gesicherte Existenz. Das ist mehr, als was sie unter dem Druck der Lebensmittelkonzerne erreichen können.
Eine Liste solidarischer Höfe für Landwirte und Konsumenten auch in Ihrer Nähe finden Sie auf der Internetseite des Netzwerks „Solidarische Landwirtschaft“ (www.solidarische-landwirtschaft.org).
Uwe Koch