Catastroika ist hart und furchterregend. Catastroika ist ein Virus, der alle Länder befällt, die in die Falle der Kreditgeber gingen und gezwungen wurden, dem Weg der massiven Privatisierung zu folgen. Catastroika ist die logische Fortsetzung der Schuldenkrise. Als am Anfang des Jahres 1989 der tschechische Historiker und Forschungsdirektor des Ceri mit der Vorbereitung eines Berichtes über den Stand der letzten Wirtschaftsreformen in der Sowjetunion Michail Gorbatschows vorbereitete, war er so entsetzt über dieses „letzte Röcheln“ eines sterbenden Imperiums, dass ihm kein anderer Begriff einfiel, als diese Kombination von Perestroika und Katastrophe. Während dann unter Jelzin Russland dann das größte und erfolgloseste Privatisierungsexperiment in der Geschichte der Menschheit einführte, bekam dieser Begriff eine andere Bedeutung. Catastroika wurde das Synonym für die komplette Zerstörung eines Landes durch Marktkräfte, dem Verkauf von Staatseigentum und der Verarmung der Bürger.
Maßeinheiten der Catastroika sind Arbeitslosigkeit, soziale Verarmung, Verringerung der Lebenserwartung, wie auch die Bildung einer neuen Liga von Oligarchen, die die Macht über ein Land übernehmen. Längst ist Catastroika kein allein russischer Begriff mehr. Der Virus Catastroika greift in Griechenland um sich, in Spanien, Irland, Portugal, Italien, im ganzen Europa, in der gesamten frühindustiralisierten westlichen Welt. Nicht nur im wiedervereinigten Deutschland verursacht er Arbeitslosigkeit, Kinderarmut, Bildungsnotstand, Versorgungslücken, Diskriminierung, Protektionismus, einen neuen romantischen Merkantilismus und reicht bis hin zur rechten Gewalt.
Griechenland, zur Zeit am schlimmsten von diesem Virus befallen und nach sozialistischer Ansicht, die „letzte sowjetische Republik Europas“ verdeutlicht in tragischer Weise, wie wichtig Prävention ist. Die Nest der Krankheit Schuldenkrise innerhalb der gesamten europäischen Peripherie wurde nicht rechtzeitig erkannt. Dennoch, ist Catastroika nicht ein Virus, der nur die Länder infiziert, die ihr Wirtschaftssystem radikal ändern (siehe Russland) oder Länder, deren Wirtschaft unter Okkupation leidet. Die erfolglosesten Privatisierungsbeispiele wurden wahrscheinlich in finanziellen Supermächten eingeleitet, die theoretisch die finanzielle Macht hatten, um die negativen Folgen zu kontrollieren.
Catastroika-Beispiele findet man in Großbritannien nach der Ära Thatcher, wo Menschen ums Leben gekommen sind, in Unfällen des privatisierten Bahnnetzes. Solche Beispiele kann man auch in der privatisierten und liberalisierten holländischen Post finden, wo tausende von Arbeitsstellen gestrichen wurden und wo der Postbote zwei oder drei Mal pro Tag kommt. Man kann sie sogar in Kalifornien finden, wo die Bewohner nach der Deregulierung des Energiemarkts ohne Elektrizität belassen wurden.
Aber die Konsequenzen waren härter und sogar furchterregender in Ländern, die in die Falle der ausländischen Kreditgeber gingen und gezwungen wurden dem Weg der massiven Privatisierung zu folgen. Der Verkauf des Staatseigentums, der in Griechenland folgen wird, hat mehrmals unter ähnlichen Verhältnissen stattgefunden. Dieselben Leute, die den Verkauf des Staatseigentums in lateinamerikanischen Ländern unternommen haben, haben jetzt Ihre Büros in europäischen Ländern und die meisten befinden sich seit Monaten in Athen.
Die Vorgehensweise ist immer die gleiche. Und es ist erstaunlich, wie sich ein so simples Agieren als Komplex und Kompliziert selbst vermarktet: Am Anfang, greift die Regierung, in Zusammenarbeit mit den Massenmedien, die Staatsbeamte an, die als Verantwortliche für die finanzielle Schwierigkeiten des Landes präsentiert werden. Der Mythos eines öffentlichen Sektors mit zu vielen Beamten basiert sehr oft auf manipulierte Daten von Organisationen, die von der aktuellen Regierung unterstützt werden und die Regierung unterstützen. Gleichzeitig werden bestimmte öffentliche Organisationen absichtlich nicht unterstützt, um die Bürger mit ihrer Inkompetenz zur Verzweiflung zu bringen. Der Prozess wird mit dem Verkauf sogar der profitabelsten öffentlichen Organisationen für einen Bruchteil des eigentlichen Wertes vervollständigt.
Mehr zum Film unter: www.catastroika.com
Uwe Koch
Siehe auch:
BERLINALE: Kino als Chance begreifen