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Politik - Bildung und Schule heute

Kinder: Die Bildungspolitik braucht eine Schule mit Zukunft

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Die Zukunft unserer Kinder ist auch die Zukunft der Gesellschaft. Bildung unser höchstes Gut! Bildung ist besonders in Wahlkampfzeiten ein empfindliches Reizwort. Angeblich gibt es – mit Ausnahme des wirtschaftlichen Wachstums – nichts Wichtigeres für die Zukunft und das Wohl unseres Landes. Fragt man Eltern, Erzieher, Lehrer oder Wirtschaftsvertreter, stimmen alle mit vor Hoffnung schimmernden Augen in diese Lobeshymne mit ein. Aber warum institutionalisieren wir dann Methoden und zwingen unsere zukünftigen Lehrer in Studienformen, die bei ihnen selbst und in der Konsequenz auch bei den Kindern in ihrer Obhut echte Bildung verhindert? Warum ist der Bildungs- und Kulturetat der erste, bei dem der Rotstift angesetzt wird, wenn die Neuverschuldung zur Finanzierung von Banken und Pleitestaaten einmal mehr aus dem Ruder läuft?


In der Praxis bietet sich immer wieder das gewohnte Bild: eine angehende Lehrerin, die mit sehr reduzierter Fähigkeit zur Empathie versucht einen Stoff durchzuziehen, von dem weder die sehr bemühten Schüler, noch sie selbst weiß, welchen Zweck dieser erfüllt. Dass in einem solchen Kontext keine Begeisterung, Faszination oder eine andere wichtige Voraussetzung für Motivation entstehen kann, versteht sich von selbst. Es ist eine Schande, dass den jungen Menschen mit dieser unbeholfenen Methodik Lebenszeit gestohlen und die Chance auf echtes Wachstum vorenthalten wird.

Die Referendarin ist sich natürlich in keiner Weise bewusst, was sie da anrichtet und hat ganz sicher die besten Absichten. Aber das allein reicht nicht. In einer Rückmeldungs- (neudeutsch: Feedback-) Runde waren auch die Schüler äußerst bemüht, positive Rückmeldungen zu geben. Sie kennen es eben nicht anders. Dass Schule eine sinnlose Pflichtveranstaltung ist, scheint für sie ein Naturgesetzt zu sein.

Dabei ist eine Alternative in keiner Weise schwierig. Das Zauberwort heißt: Partizipation. Die Schüler sind die absoluten Experten in Fragen Bildung. Sie wissen am besten, wie sie gut lernen und welche Inhalte für sie interessant sind. Es gibt Konzepte, die hier ansetzen und versuchen, die Schüler einzubinden und ihre sehr viel altersgerechte Form der Wissensvermittlung einzubeziehen. Mit Erfolg. Von diesen nach wie vor sehr seltenen Ausnahmefällen abgesehen, wird die wertvolle Wissensquelle „Schüler als Lernexperte“ in unserem so genannten Bildungssystem bestenfalls ignoriert. Im Normalfall werden Schüler vor allem bevormundet. Wer, wenn nicht die Erwachsenen, soll denn wissen, wie das Leben richtig funktioniert?

Aber was sind das für Erwachsene? Sind sie reflektiert? …integriert? Haben sie selbst eine hinterfragte Vorstellung davon, was sie aus welchem Grund tun? Nun - selten, sehr selten.

Das Problem beginnt in der Ausbildung dieser Erwachsenen, die ihrerseits durch ein nicht minder sinnloses Schulleben gegangen sind und wesentliche Kompetenzen nicht ausbilden durften. An der Universität wird dann noch der letzte Funke Interesse an einer persönlichen Weiterbildung, sofern vorhanden, unter einem Haufen unreflektierter Wissenschaftlichkeit vergraben. Studenten dürfen nicht denken und persönliche Erfahrungen einbringen. Vielleicht gerade weil sie so wertvoll wären und auch aus Schülern wieder denkende und kreative Menschen machten. Stattdessen werden sie systematisch dazu gezwungen, Gedanken anderer wiederzukäuen, sich um Objektivität zu bemühen und Professionalität zu entwickeln. Wobei Professionalität hier vor allem emotionale Distanz zu Stoff und Schülern bedeutet. Für Denken und Fühlen ist da kein Platz.

Wer braucht das schon in einer Gesellschaft, die vor allem auf Konsum und blinde Anpassung ausgerichtet ist? Bildung ist nur in dem Maße erwünscht, in dem sie diesen beiden Prinzipien förderlich ist. Wenn Menschen beginnen zu denken und begreifen, sich hierdurch sogar Kritik an den etablierten Strukturen regt, dann wird es gefährlich. Wie sonst ist es zu erklären, dass es nach den Entwicklungen der 1970er Jahre eine systematische Rückentwicklung der Individualität gab? Eine Entwicklung, die in dem 1974 erschienenen Bericht des Club of Rome mit dem Titel „mankind at the turning point“ gipfelte und wirklich Menschen zum Umdenken anregte, darf um Himmels Willen nicht mehr eintreten. Wo kämen wir da hin, wenn stichhaltige Argumente und evidente Fakten dafür sorgten, dass sich wirklich etwas zum Positiven hin veränderte? Nein, nein – da hört der Spaß auf! Unsere Wirtschaft ist von der Verblendung und Verdummung der Massen so abhängig, wie ein Alkoholiker von der Flasche. Und die Rechnung scheint aufzugehen. Seither hat die Protestkultur besonders in dem Exportweltmeister-Land Deutschland merklich nachgelassen – von ein paar Unbelehrbaren abgesehen.

Dass bei dieser systematischen “Entbildung“ die Innovationsfähigkeit nachlässt, wird achselzuckend in Kauf genommen. Obwohl gleichzeitig die Angst vor Abhängigkeit von ausländischen Fachkräften zunimmt – zumindest bei Vertretern, wie Sarrazin und Konsorten. Aber im Gegenzug wird alles dafür getan, dass sich in Deutschland die Bedingungen nicht verbessern, sondern verschlechtern (vom Standpunkt echter Bildung aus betrachtet). Angefangen bei Bachelor-Studiengängen, die Studenten zu völlig sinnlosen Fleißarbeiten zwingen, bis hin zum Zentralabitur, das ein Manifest des Versuches ist, Menschen, die faktisch sehr verschieden sind, gleich und messbar machen zu wollen.

Dabei warnen anerkannte Experten wie Gerald Hüther davor, dass dieses Schulsystem nicht nur Bildung verhindert, sondern auch erhebliche Schäden in der Hirnentwicklung verursachen. Dass solche Warnungen von den Verantwortlichen beharrlich ignoriert werden – gerade weil sie keinerlei Kompetenzen in ihrem Bereich haben – zeigt, dass es sich bei diesen Entwicklungen nicht um ein Versehen handelt.

Dass es sich lohnt, sich in diesem System anzupassen, zeigen die zunehmenden Aufdeckungen von Plagiatsfällen und deren Konsequenzen. Silvana Koch-Mehrin wurde nach ihrer Plagiatsaffäre auf EU-Ebene befördert. Karl Theodor zu Guttenberg wurde nach der seinen ein wahrer Rockstar. Zwar an vielen Ecken attackiert, aber dafür inzwischen zum EU-Berater für Internetfragen gewonnen, setzt er den mit seinem nach der Affäre erschienenen Buch seine Erfolgsgeschichte fort.

Es ist demnach lukrativ, die Interessen anderer zu vertreten. Das zeigt auch ein rhetorisches Genie, wie Günther Oettinger, der mit seiner Brillanz und seiner fachlichen Kompetenz immer wieder zu beeindrucken weiß. Solchen Menschen wird der Aufstieg ermöglicht. Von denen, die hieraus den maximalen Nutzen ziehen. Wozu sich also beschweren. Die, die auf dieser Strecke scheitern, würde ohnehin nur das Gewohnte stören. Dieses System funktioniert einfach zu gut und bringt diejenigen hervor, die sich am effizientesten instrumentalisieren lassen. Oder sollte es Gründe für eine Kehrtwende geben?

Eines steht fest. Mit solchen Menschen an entscheidenden Positionen, wird es keine Entwicklung in Richtung Nachhaltigkeit und kultureller Erneuerung geben. Eine solche Entwicklung braucht Menschen, die in unserem heutigen Bildungssystem in der Regel durchs Raster fallen, oder solche, die es schaffen aufzuwachen und die Missstände – gerade bei sich selbst – zu erkennen. Erkennen und Verändern sind zwei der Imperative des 21. Jahrhunderts.

Es wird Zeit, Initiative zu zeigen und andere Wege möglich zu machen. Ansonsten wird Bildung bald eine dieser Mythen aus vergangenen Zeiten sein, die sich dann die Menschen in Museen ansehen können. Vorzugsweise als Video mit knalligen Bildern inszeniert, um es auch der steigenden Anzahl (funktionaler) Analphabeten zugänglich machen zu können.

Eva-Maria

Bild: Bildungsdreieck Wikipedia

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