Überblick
- Griechenland - Wege aus der Kriese?
- Euro | Teuro | Griechenland - Prof. Dr. Hans-Joachim Selenz
- Der Euro – eine griechische Tragödie
- Nicole Gohlke: Nein zum Euro-Rettungsschirm
- Griechenland sanieren und den Euro retten
- Neun-Punkte-Programms zur Sanierung Griechenlands
- Griechenland - Bankensystems ist die akute Schwachstelle des Euro
- Nichts gelernt: Staatliche Hilfen ohne ökonomische Vernunft und demokratische Kontrolle
- Griechenlands Insolvenz
- Griechenland: Schuldenschnitt oder Rettungsschirm
- Subventionsschleuse Eurokrise?
- Medienmacht
- Das Spiel der Börsen und Banken
- Die Subventionsmaschine
- Fazit
- Europa: Euro | Griechenland - Wir sind in der Krise
- Es gibt keine Bad-Banks für zerstörte Natur
- Kein besseres Übel wählen
- Wir begründen unser Sterben
- Umweltschutz als Placebo
- Keine Natur - keine Freiheit
- Was kannst du für die Erde tun?
- Eurogruppe - Griechenland: Lösung der Schuldenkrise in weiter Ferne
Griechenland - Wege aus der Kriese?
Wo war eigentlich Griechenland bei der Frauen-WM? Wir sollten ihnen pro forma einen Pokal zukommen lassen, damit es wieder aufwärts geht. Die Haitianer haben ebenfalls einen sehr ungewöhnlichen Rettungsversuch für ihr Land unternommen. Sie inszenieren eine Voodoo- Woche. Dies ist kein Scherz, sondern Realität. Warten wir einfach ab, welch einen Effekt die Vertreibung der bösen Geister hat. Je nachdem können wir dann diese Methode bei der Euro-Rettung einsetzen.
In Baströcken hantieren dann die Finanzminister der Eurozone mit Totenschädeln, blutigen Hühnern und Trancetänzen herum. Die letzte dieser Methoden scheint bereits Einzug gehalten zu haben. Benebelt und irrsinnig taumeln die Akteure herum, angeführt von einem Mann im Rollstuhl.
Die Investmentbanker werden quasi ausgetrieben, indem die Verantwortlichen im Rausch versinken. Mich wundert nur, dass die katholische Kirche noch nicht auf den Plan getreten ist, hat doch Bene der XVI für jede Gemeinde einen eigenen Teufelsaustreiber gefordert. Auch dies ist leider kein Scherz!
Was im Großen angewendet wird, sollte doch auch im Kleinen funktionieren.
Zunächst einmal hole ich mir einen Teufelsaustreiber ins Haus, um jenen Teufel auszutreiben, der dafür sorgt, dass mein Haus ständig verdreckt, obwohl keiner aus meiner Familie dafür verantwortlich zu sein scheint. Nun könnte man sich auch auf die Physik berufen. Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik hat es besonders auf mich und meinen Haushalt abgesehen. Dann werde ich mich solange mit blutigen Hühnern bedecken, bis unsere Finanzen sich dadurch erholt haben.
Aktuelle Ergebnisse werde ich umgehend den europäischen Finanzministern zukommen lassen. Überhaupt werde ich Bene XVI . kontaktieren, wenn es sich heraus stellen sollte, dass Voodoo wirkungsvoller ist als Exorzismus.
Ich sehe es schon vor mir. Auf dem Petersplatz werden demnächst unschuldige Hühner ihr Leben lassen. Wiesenhof soll ja bereits Kontakt mit dem Vatikan aufgenommen haben. Weihrauch ist eine potente Droge und steht dem haitianischen Rum in nichts nach, was dazu führt, dass sich die einen dem Voodoo ergeben und die anderen ständig Teufel um sich sehen.
Delirium tremens heißt dieses Phänomen in Ärztekreisen. Entzugsbedingt sehen die Patienten Dinge, die gar nicht da sind!
In welchen holländischen Coffie-Shops erhält man eigentlich Weihrauch?!
Elke Beiderwellen
Euro | Teuro | Griechenland - Prof. Dr. Hans-Joachim Selenz
Der Euro – eine griechische Tragödie
Das Thema Euro beherrscht die Medien und die Börsen landauf, landab. Keine zehn Jahre nach ihrer Einführung befindet sich die neue Währung in Dauerturbulenzen. In zahlreichen Ländern der EU sind die Schulden außer Kontrolle. Die gemeinsam vereinbarten Regeln zur Stabilisierung des Euro wurden von fast allen Mitgliedern gebrochen. Mal mehr, mal weniger. Insbesondere im Süden der EU gab man die neue Währung bei niedrigen Zinsen mit vollen Händen aus. Mit Zahlen nahm man es dort eh nie so genau. Die Folgen sind, wie sich nun zeigt, jedoch weit dramatischer als zu Zeiten der Drachme, der Lira oder der Pesete. Griechenland wird, nicht unerwartet, als erstes Land von der Welle der aufgehäuften Schulden eingeholt. Ein durch Schlamperei und Misswirtschaft erzeugter Finanz-Tsunami droht die Griechen zu überrollen.
Die Regierung in Athen kann nicht mal mehr die Gehälter ihrer Staatsdiener berappen. Die Sparauflagen der EU reißen zudem die ohnehin schwache Wirtschaft in der Ägäis völlig aus der Bahn. Anderen Ländern geht es lediglich graduell besser. Denn für die neue Währung stehen alle EU-Staaten gleichermaßen ein. So hatte man sich die Euro-Zeit nicht vorgestellt. Eine Krisensitzung jagt derweil die andere. Die Politiker versuchen verzweifelt, die Gemeinschaftswährung zu retten. Doch das ist eine Sisyphos-Arbeit. Immer, wenn es scheint, man habe das Problem im Griff, kommt die nächste Welle. Jetzt tritt ein, was Finanz- experten wie Prof. Hankel schon vor 15 Jahren prophezeiten: Der Euro schmiert ab. Die Vision von einer Einheitswährung für alle EU-Staaten erweist sich zunehmend als Trugschluss, bzw. Tragödie.
Der Euro – eine griechische Tragödie
Es ist nicht leicht, das komplexe Problem des Euro-Umfeldes in ein Bild zu fassen. Am ehesten noch kann man die aktuelle Situation der EU mit einem Boot und seiner Mannschaft vergleichen. Präzise einem Ruderboot, das von 27 Ruderern - Volkswirtschaften - angetrieben wird. Und zwar von Athleten ebenso wie von Pyknikern. Auf Form und Fitness der Ruderer legte man nämlich weniger Wert als auf die schlichte Zahl. Das alles wäre noch einigermaßen überschaubar, wenn es auf dem Euro-Boot nicht auch noch 27 Kapitäne - Regierungen/Parlamente - gäbe. Mit den unter- schiedlichsten Vorstellungen vom Kurs und von der Geschwindigkeit. Nun wissen wir spätestens durch den FDP-Ex-Oberstrategen Guido Westerwelle, dass auf jedem Schiff, das dampft und segelt, und selbstverständlich auch auf jedem, das gerudert wird, nur einer das Sagen haben kann. Untiefen - Krisen - lauern schließlich überall. Denen entkommt man nur mit einem eindeutigen und klaren Kurs.
Erschwert wird die Lage noch durch die Tatsache, dass sich das EU-Boot in einem Rennen befindet. Einem Rennen mit anderen Booten - Staaten - weltweit. Die haben jedoch jeweils nur einen Kapitän. Das Boots-Rennen wird begleitet durch Wettbüros - Banken - die eine Menge Geld - Kredite - auf Sieg und Platz setzen. Natürlich wissen die schon lange, dass das EU-Boot eines Tages abschmiert - man ist ja nicht blöd. Ihr Wetteinsatz war indes von Anfang an sicher. Das garantieren die 27 Kapitäne. Mit öffentlichen Mitteln - Steuern. Ein Kampfgericht - Rating-Agen- turen - begutachtet das Rennen. Den Kurs der Boote und die Form der Besatzungen stets im Blick.
Das Problem des EU-Bootes besteht nun, schlicht und einfach, darin, sowohl die 27 Ruderer zu synchronisieren, als auch die 27 Kapitäne auf einen einheitlichen Kurs einzuschwören. Hankel und seine Kollegen hatten schon vor dem Stapellauf postuliert, eine Einheitswährung funktioniere nur auf einem Boot mit zentraler politischer Führung. Doch davon ist das EU-Boot meilenweit entfernt. Ein Boot gerät bekanntlich bereits ins Schlingern, wenn auch nur ein Ruderer aus dem Takt kommt, „einen Krebs fängt“. Um das zu verhindern braucht es einen Oberkapitän - EU-Zentralregierung/ EU-Parlament -, der das absolute Sagen hat. Die 27 Kapitäne müssten mithin alle Macht dem Ober- kapitän übertragen. Das will/kann derzeit keiner. Und so dümpelt das EU-Boot quasi steuerlos durch die aufgewühlte Finanzsee.
Angela Merkel und ihre 26 Kollegen sind in Seenot. Vorgänger Schröder hatte die siechen Griechen hastig ins Boot geholt. CDU-Übervater Kohl, der das EU-Boot einst zu Wasser ließ, gibt derweil schlaue Ratschläge. Doch guter Rat ist teuer - im wahrsten Sinne des Wortes. Soll man nun die Griechen rauswerfen? Müssen die Italiener raus, oder die Spanier? Soll man in ein Rettungsboot - Nord-Euro - umsteigen? Jede Entscheidung auf dem Euro-Boot hat dramatische Folgen. Damit ist auch das typische Grundmuster einer jeden klassischen griechischen Tragödie erfüllt: Egal, was der Held bzw. die Heldin auch immer tut, es ist immer verkehrt!
Peine, den 21. September 2011 gez.: Prof. Dr. Hans-Joachim Selenz
Am 21-09-2011
Nicole Gohlke: Nein zum Euro-Rettungsschirm
DIE LINKE im Bundestag
Zur heutigen Abstimmung über die Erweiterung des Europäischen Rettungsschirms im Deutschen Bundestag erklärt Nicole Gohlke, hochschulpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE: „Heute stimme ich gegen die Erweiterung des Euro-Rettungsschirms. Gerettet werden die Banken, nicht die Menschen. Die Banken können weiter zocken, den Menschen in Griechenland, Portugal und Irland werden Sozialleistungen und Löhne gekürzt. Die Europäische Kommission erzwingt über den Rettungsschirm auch die Privatisierung öffentlichen Eigentums in diesen Ländern. Gegen das Kürzungsdiktat bin ich nicht nur aus Solidarität mit den Menschen in den betroffenen Ländern, die oft ohnehin nur sehr niedrige Löhne und Sozialleistungen bekommen. Die Kürzungspolitik verschärft auch die Krise insgesamt. Außerdem löst sie einen neuen Dumping-Wettbewerb in Europa aus. Der Sozialabbau in den betroffenen Ländern droht wie ein Bumerang zu uns zurückkehren und auch bei uns Renten, Löhne usw. unter Kürzungsdruck setzen. Die öffentlichen Schulden sind Ergebnis einer Steuersenkungspolitik für die Reichen und der Rettungspakete für die Banken. Öffentlichen Schulden stehen gewaltige private Vermögen gegenüber, die sich in den Händen weniger konzentrieren. Die Schuldenkrise kann letztlich nur durch die Umverteilung von Reichtum gelöst werden. Die aktuelle Krise der Staatsfinanzen kommt nicht aus dem Nichts. Sie ist eine neue Phase der tiefen Weltwirtschaftskrise, die 2008 offen ausgebrochen ist. Sie ist Folge eines Wirtschaftssystems, das darauf basiert, dass das eingesetzte Kapital sich beständig vermehrt.
Der wachsende Kapitalstock stellt immer größere Profitansprüche an die Gesellschaft. Die Profitansprüche müssen aus der gesellschaftlichen Wertschöpfung bezahlt werden. Deshalb entsteht ein Konflikt zwischen den Profitansprüchen einerseits und den Löhnen und der Finanzierung öffentlicher Leistungen andererseits. Notwendig ist eine Demokratisierung der Wirtschaft, damit nicht mehr die Profitmaximierung, sondern das Allgemeinwohl Maßstab wirtschaftlicher Entscheidungen ist.“
Bild: Peter DerrfußAm 29-09-2011
Griechenland sanieren und den Euro retten
Sex, Drogen und jede Menge Geld
Investmentbanken und Brokerfirmen halten ihre Mitarbeiter mit Stripveranstaltungen, Prostituierten und Drogen bei Laune. Der Umsatz dieser Branche um die Wall Street wird auf zehn Milliarden Dollar im Jahr geschätzt, ein beträchtlicher Teil der „Wirtschaftsleistung“ von New York City. Geraint Anderson, der jahrelang zur Finanzwelt der Londoner City gehört hat, beschreibt auf mehr als 250 Seiten, wie die Geschäfte der Finanzwelt mit Sex, Drogen und Prostitution verwoben sind.
Jonathan Alpert – Psychiater in New York City, der viele Wall Street Mitarbeiter betreut – spricht von Gier als einer Krankheit. Der Anlageberater William Browder hat vielen seiner Kunden dabei geholfen, ihr Millionenvermögen in zwei bis drei Jahren zu verzehnfachen und dazu festgestellt: „Es gibt da so eine Chemikalie, die wird in deinem Magen freigesetzt, wenn du dein Geld verzehnfachst und sie verändert deine Identität.“
Andrew Lo, Direktor eines Laboratoriums am Massachusetts Institute of Technology, hat mit neurologischen Messungen nachgewiesen, dass übersteigerter Geldverdienst die gleichen Gehirnregionen anregt wie Kokain. Viel Geld ist eine Droge. Diese Drogenjunkies zwingen Europa gerade in die Knie:
- Die Griechenland von der „Troika“ der Europäischen Union, der Europäischen Zentralbank und dem Internationalen Währungsfonds aufgezwungenen Sparmaßnahmen wirken so, wie die dem deutschen Reichskanzler Brüning von den Siegermächten des ersten Weltkriegs aufgezwungen Sparmaßnahmen: sie führen zum Kollaps des Landes.
- Wenn Griechenland daraufhin aus der Eurozone ausgeschlossen wird, greifen „die Märkte“ das nächste Euroland an – bis, ja bis eines Tages auch Deutschland an der Reihe ist. So gelingt es der gegnerischen Kriegspartei, den Euro zu sprengen.
- Ein wieder in Kleinstaaten zerfallenes Euroland wird dann zur leichten Beute der Finanzalchemisten. Mit ihrem grün bedruckten Papier (Dollars) kaufen sie alles auf. Verzweifelte Mittelständler sind froh, wenn ihnen noch jemand etwas für ihr Lebenswerk bezahlt und Arbeitnehmer sind bereit, ihr Einkommen auf „Weltlohnniveau“ drücken zu lassen, wenn sie nur ihren Job behalten.
- Eurobonds wären von Anfang an die für Deutschland preiswerteste Lösung gewesen (im Gegensatz zu vergeblichen und wirkungslosen „Rettungsmaßnahmen“), offenbar fehlt aber der Wille, sie innenpolitisch durchzusetzen.
- Die Mainstream-Ökonomie ist blind für die Tatsache, dass Guthaben und Vermögen exponentiell steigen und deshalb in unserem Finanzsystem auch die Verschuldung exponentiell steigen muss.
Neun-Punkte-Programms zur Sanierung Griechenlands
Ein radikales Neun-Punkte-Programms zur Sanierung Griechenlands und zur Rettung des Euro – jenseits der Empfehlungen des heutigen Establishments:
- Griechenland wird für drei Jahre EU- Sonderwirtschaftszone.
- In dieser Zone wird der Hellas-Euro (H€) eingeführt: Banknoten sind identisch, haben aber nur griechische Schriftzeichen und sind mit einem Chip versehen. Griechische Guthaben (Bürger und juristische Personen) in der EU und alle Guthaben in Griechenland werden in Hellas-Euro umgeschrieben.
- Die EZB belastet Hellas-Euro-Guthaben mit einer monatlichen Gebühr in Höhe von 0,5% (die Gebühr nennen wir „Demurrage“). Die Chips der Hellas-Euro-Noten zeigen im Prüfgerät der Bank oder des Einzelhändlers den jeweils aktuellen Wert an.
- Die „Demurrage“ wird von den Geschäftsbanken eingezogen und von der Europäischen Zentralbank an den griechischen Staatshaushalt weitergeleitet.
- Der Hellas-Euro-Kapitalverkehr wird reguliert, Transfers aus der Eurozone heraus sind für die Dauer von drei Jahren genehmigungspflichtig.
- Die griechischen Staatsschulden werden für drei Jahre eingefroren und weder verzinst noch getilgt. Dem Land wird so ermöglicht, sich auf würdige Art zu sanieren. Das laufende Programm Griechenlands zur Privatisierung öffentlichen Eigentums wird für drei Jahre ausgesetzt.
- Griechenland verpflichtet sich zu einer tiefgreifenden Reform seiner öffentlichen Verwaltung und unterwirft sich dabei der Federführung der Europäischen Union und de Europäischen Zentralbank.
- Die „Demurrage“ wird den Geldumlauf verstetigen, den Konsum anregen und die wirtschaftliche Entwicklung in Griechenland fördern. Nach drei Jahren wird sich das Land stabilisiert haben und seine Verpflichtungen erfüllen können.
- Die historische Erfahrung mit ähnlich konstruierten Finanzordnungen spricht für den Erfolg dieses Programms. Anschließend kann es dann auf die gesamte Eurozone übertragen werden kann. Der Euro wird zu „Fließendem Geld“ und dann auch zur stabilsten Währung der Welt. Dann kann er den Dollar als Weltleitwährung ablösen.
Prof. Dr. Dr. Wolfgang Berger, www.lust-auf-neues-geld.de
Am 06-10-2011
Griechenland - Bankensystems ist die akute Schwachstelle des Euro
Staatliche Hilfen ohne ökonomische Vernunft
Kommissionspräsident Barroso hat heute im Europaparlament die Eckpunkte des Fahrplans für Stabilität und Wachstum der Kommission vorgestellt. Der Plan umfasst Hilfsmaßnahmen für Griechenland, Verstärkung des europäischen Rettungsschirms, Bankenrekapitalisierung, wirtschaftspolitische Maßnahmen für mehr Wachstum und bessere wirtschaftspolitische Steuerung. Er soll dazu beitragen, die wirtschaftliche Lage in Europa zu stabilisieren.
Nichts gelernt: Staatliche Hilfen ohne ökonomische Vernunft und demokratische Kontrolle
Zu den Eckpunkten des Bankenrekapitalisierungsplans erklärt Sven Giegold, Sprecher der Grünen/EFA im Ausschuss für Wirtschaft und Währung des Europarlaments:
"Die Unterkapitalisierung des europäischen Bankensystems ist die akute Schwachstelle des Euro. Sie macht die überfällige Umschuldung Griechenlands so risikoreich. Der Plan der EU-Kommission zur Rekapitalisierung ist daher überfällig. Es ist richtig, die Rekapitalisierung unter Koordination der Europäischen Bankenaufsicht (EBA) durchzuführen, eine vorsichtige Bewertung der Staatsanleihen vorzunehmen und die Eigenkapitalziele rasch zu erhöhen.
Völlig unakzeptabel ist jedoch, dass die EU-Kommission den zentralen Fehler der Bankenrettung 2008-2010 wiederholen will: Öffentliche Bankenhilfe soll ohne vorherige Haftung der bisherigen Eigentümer erfolgen. Durch die Vergabe von Krediten durch den EFSF oder vorrangige nationale Hilfen würde der Steuerzahler wiederum Risiken übernehmen, ohne auch an zukünftigen Gewinnen durch Übernahmen von Anteilen beteiligt zu werden. Dadurch verzichtet der Staat auf die Geschäftspolitik der Banken in der Krise den Einfluss zu nehmen, den jeder andere Investor verlangen würde. Die Präsenz von staatlich gestützten Banken in Steueroasen und mangelnde Kreditvergabe an die Realwirtschaft können so weitergehen. Hier auf eine klare europäische Vorgabe zu verzichten, macht wahrscheinlich, dass die Mitgliedsländer sich erneut für die Sozialisierung von Risiken ohne Übernahme von Verantwortung entscheiden werden.
Durch einen Mangel an europäischem Mut löst der Plan ein zentrales Problem nicht: Der Teufelskreis zwischen Banken- und Staatsverschuldungsrisiken bleibt bestehen. Die Finanzierung der Bankenrettung aus nationalen Budgets sowie dem ebenso national finanzierten EFSF würde die Solvenz der Staaten verschlechtern, sobald Banken rekapitalisiert werden. Je höher die von den Staaten übernommenen Bankenrisiken desto schlechter wird die Bewertung der Staatsanleihen. Das würde nur durch eine konsequent europäische Finanzierung der Bankenretttung überwunden. Damit wäre auch dem Wettbewerb der Nationalstaaten um die bankenfreundlichste Vorgehensweise ein Riegel vorgeschoben. Das Verbot der Auszahlung von Dividenden und Boni reicht hier nicht aus.
Klug ist dagegen der Vorschlag, Privatkapital durch Konversion von Schulden zu Eigenkapital zu mobilisieren. Allerdings muss hierfür eine sichere Rechtsgrundlage geschaffen werden."
Quellen:
Die Kommunikation der Kommission "A roadmap to stability and growth": http://ec.europa.eu/commission_2010-2014/president/news/speeches-statements/pdf/20111012communication_roadmap_en.pdf
Die Rede von Kommissionspräsident Barroso vor dem Europäischen Parlament am 12. Oktober 2011: http://europa.eu/rapid/pressReleasesAction.do?reference=SPEECH/11/657&format=HTML&aged=0&language=EN&guiLanguage=en
Sven Giegold MdEP www.sven-giegold.de twitter & facebook: Sven_Giegold
Am 12-10-2011
Griechenlands Insolvenz
So notwendig wie verschleppt
Von vielen Kommentatoren werden die Gefahren einer Insolvenz Griechenlands mit Austritt aus dem Euro beschworen. Richtig, Verluste bei vielen europäischen Banken sowie ein vorläufiger Zusammenbruch der griechischen Banken wären u.a. die Folge. Allerdings käme es nicht wie bei der Lehmann-Pleite zu einem „Schock“, wie manche orakeln. Die Finanzwelt ist mittlerweile auf dieses Szenario vorbereitet, ein Überraschungsmoment besteht nicht. Auch das Argument, Investoren würden damit das Vertrauen in weitere angeschlagene Staaten verlieren, ist verfehlt. Schon jetzt zeigen die Renditen von über 16% für 10-jährige portugiesische Staatsanleihen, dass Investoren nicht mit einer vollen Rückzahlung rechnen. Eine Insolvenz Griechenlands würde im Gegenteil das Vertrauen der Märkte erhöhen: eine wirtschaftlich nicht haltbare Position würde aufgegeben, und die EU kann wesentlich glaubwürdiger vertreten in der Lage zu sein, andere Wackelkandidaten wie Portugal und Irland zu stützen. Auch die Hoffnung auf eine Erholung Griechenlands würde steigen, wenn Griechenland über die Abwertung einer eigenen Währung einen großen Schritt Richtung internationaler Wettbewerbsfähigkeit erzielen könnte. Den aktuellen Schein, die EU wäre in der Lage, alle Euro-Krisenstaaten einschließlich Griechenland in jedem Falle zu stützen, glaubt schon heute kein Investor mehr: dies würde die finanzielle Leistungsfähigkeit der EU bei weitem überschreiten, und eine Lösung über die Notenpresse bedeutet langfristig Inflation – kein attraktives Szenario für Euro- Investments.
Gerade die bisherige Insolvenzverschleppung Griechenlands ohne ein finanzpolitisch tragfähiges und nachhaltiges Konzept macht Investoren skeptisch. Und die Troika und OECD-Berichte weisen auf Probleme hin, deren Lösung mehrere, wenn nicht sogar viele Dekaden dauern dürfte. Aufgrund der Ausgangslage in Griechenland - ineffiziente und korrupte Verwaltung, dysfunktionales Steuerwesen und weitreichend fehlende Bereitschaft zur Veränderung – wären jährliche Finanztransfers in zweistelliger Milliardenhöhe an Griechenland für lange Zeit notwendig. Diese sind politisch nicht darstellbar. Denn letztlich müssten die Geberländer, insbesondere Deutschland, hierfür Steuern erhöhen (Griechenland-Soli), Leistungen im eigenen Land beschneiden oder selbst weitere Kredite aufnehmen. Bisher gelingt die Unterstützung noch verdeckt, doch letztlich geht es um den Transfer europäischer Steuergelder nach Griechenland. Und der Zahltag kommt, an dem diese Transfers auf die nationalen Haushalte durchschlagen und dort auf wenig Akzeptanz bei der Bevölkerung treffen werden.
In der Tat: die mangelnde Bereitschaft der griechischen Bevölkerung, korrekt Steuern zu bezahlen, ist durchaus nachvollziehbar. Denn die vom Staat für die Steuern erbrachte Gegenleistung ist gering, und für so manche Leistung muss zusätzlich „geschmiert“ werden (inoffizielle Steuern, wenn man so will). Solange das Staatswesen in Griechenland nicht wesentlich reformiert wird, gibt es keinen guten Grund für Griechen – oder geschweige denn andere EU-Bürger – hohe Steuerlasten für eben diesen Staat zu übernehmen. Anders liegt die Situation für Länder wie Portugal oder Irland, in denen wesentliche Anstrengungen für eine Rückkehr zu solider Haushaltspolitik vorhanden sind. Dort ist eine zeitlich beschränkte Unterstützung durch Geberländer innerhalb Europas durch den Solidaritätsgedanken durchaus vermittelbar.
Für Griechenland bietet eine Insolvenz mit Euro-Austritt die einzige wirkliche Hoffnung: nur über eine Währungsabwertung ist eine schnelle und deutliche Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit realistisch möglich. Die als Alternative aktuell vorgebrachten Forderungen nach deutlichen Lohnsenkungen sind in einem demokratischen Land kaum durchsetzbar. Dies zeigt schon das Ringen um die Senkung des Mindestlohns – mit dem jetzigen Angebot der Parteichefs zur Senkung um 22% bleibt Griechenland immer noch knapp 19% über dem Mindestlohns Portugals. Des Weiteren bietet ein Euro-Austritt auch die Chance auf einen wirklichen Neuanfang, in dem die Bevölkerung sich aus den Klauen der Nomenklatura befreit und Veränderungen treibt. Eine von außen verordnete Katharsis eines ganzen Staates wird bei dem vorhandenen Ausmaß der Veränderungsnotwendigkeiten nicht funktionieren. Warum sollten hunderttausende Beamte Ihre seit Jahrzehnten gängige Praxis ändern? Warum sollten korrupte Beamte auf die gewohnte „Nebeneinnahmen“ verzichten?
Warum sollten von Führungspersonen Positionen plötzlich nicht mehr nach Eigennutzen, sondern nach Leistungsfähigkeit der Bewerber vergeben werden? Die Zusage Griechenlands, 2011 30.000 Beamtenstellen abzubauen, wurde von den für die Ausführung zuständigen Ministerien schlicht ignoriert, die geforderten Namenslisten nicht erstellt. Stattdessen sollen nun 2012 nur halb so viele, also 15.000 Beamtenstellen abgebaut werden. Ein tatsächliches Erreichen des 2010 zugesagten Abbauziels von 150.000 Stellen bis 2015 ist damit praktisch ausgeschlossen. Auch dieser Tage werden nach zähen Verhandlungen wohl am Ende Versprechungen gemacht werden, um die nächsten EU-Zahlungen zu ermöglichen. Doch die Nachhaltigkeit dieser Zugeständnisse ist, wie die letzten beiden Jahre in Griechenland schon gezeigt haben, gering. Zu einer Insolvenz mit Euro-Austritt für Griechenland gibt es keine nachhaltig wirtschaftlich sinnvollen Alternativen. Für das Wohl der EU einschließlich Griechenlands sollte deshalb dieser Schnitt nicht weiter verschleppt werden.
Dr. Christian Suttner
Am 09-02-2012
Griechenland: Schuldenschnitt oder Rettungsschirm
Schuldenstaat Griechenland
Einige Wochen hat es gedauert, bis das nächste Rettungspaket in Richtung Griechenland auf den Weg gebracht wurde. Ein Rettungspaket, an strenge Regularien gekoppelt und dass die griechische Demokratie auf einen harten Prüfstand stellt. Die Regierungsdebatten werden seither von Krawallen mit Toten und Verletzten flankiert.
Subventionsschleuse Eurokrise?
Die Regularien für die Milliarden schweren Rettungspakete sahen vor allem eines vor: Sparmaßnahmen. Griechenland solle den Gürtel enger schnallen. So eng, dass das Lands nicht mehr atmen kann.
Nach vielen Debatten konnte sich die Regierung auf Maßnahmen zu deren Umsetzung einigen. Sehr zum Ärger der griechischen Bürger, die neben den Krawallen in vielen Bereichen streiken und von einer Demonstration zu nächsten schreiten. Aber was ist von der Strategie des Sparens zu halten? Und geht es wirklich nur darum, den Staat zu sanieren?
Medienmacht
Utz Claassen lässt in seinem jüngst erschienen Roman "Atomblut" einen seiner Protagonisten sagen: "Ich verstehe nicht, warum diese Leute es nicht ganz einfach mit der Wahrheit halten. Das wäre doch der eigentliche Auftrag der Medien in einem demokratischen System, oder etwa nicht? Informationsauftrag statt Meinungsmache. Wahrheit statt Auflage." Herrlich naiv. Die Medien erklären uns im Falle Griechenland einmal mehr, dass es sich vor allem um eine unfähige Regierung handelt, die nicht sparsam genug wirtschaftet, und einem Volk, das uneinsichtig ist.
Zusammen mit den Rating-Agenturen schaffen sie eine Realität, die der tatsächlichen nur oberflächlich gesehen entspricht. Sie zeigen das Bild aufgebrachter Bürger, Krawallmacher und Politiker, die an ihrer Hilflosigkeit zu scheitern scheinen. Was sie nicht zeigen ist, was hinter diesem Schuldendebakel steht.
Das Spiel der Börsen und Banken
Faktisch sind es vor allem die Banken, die aus der Situation Griechenlands Profit ziehen. Zunächst haben die Rating-Agenturen die Bonität Griechenlands massiv nach unten korrigiert. Staatsanleihen und Obligationen versprachen daraufhin Jahreszinsen von bis zu 7%. Viele besonders Kleinanleger haben gekauft und verloren. Denn bald war klar, dass diese Zinsen illusorisch und das Geld verzockt war. In dem Moment, in dem die Staatspapiere ihren Wert um bis zu 70% ihres Nominalwertes verloren hatten, konnten die Banken in großem Stil einsteigen und großzügige Kredite an Griechenland vergeben - selbstredend zu banküblichen Zinsen.
Die Situation hat sich hierdurch für Griechenland nur verschlechtert, das seither ein großen Teil seiner Gelder in Form von Zinsen an die Banken bezahlt - jedenfalls bis zum so genannten Schuldenschnitt. Die Schuldenschnitt soll dafür sorgen, die Schuldlast - falls nötig erzwungen - um 107 Milliarden Euro zu verringern. Die Schuldner sollen auf 53,5% ihrer Ansprüche an Athen verzichten. Die Zinsen für die griechischen Anleihen sollen bis 2015 bei 2%, danach stufenweise bei 3% und 4,3% liegen.
Dieser Schuldenschnitt klingt für viele wie ein großzügiges Zugeständnis an die geschundene Staatskasse Griechenlands. Dass aber die Banken und Großanleger bereits ein Vielfaches dieser Summe aus der Griechenland-Krise herausgezogen haben, wird gerne übersehen. Die Großanleger, zu denen selbstredend auch die Banken zählen, hatten in dem Moment Anleihen gekauft, in dem sie sich im totalen Sturzflug befanden, angeheizt durch die Berichterstattung und gejagt von einem Krisentag an der Börse durch den nächsten.
Dann wurde Dominique Strauss-Kahn fachmännisch und mit chirurgischer Präzision entfernt. An seiner öffentlichen Sezierung wird nach wie vor mit viel Eifer gearbeitet. Seine Position beim IWF nahm Christine Lagarde ein, die zuvor unter anderem Außenhandelsministerin und Ministerin für Wirtschaft und Finanzen war. Mit ihr wurde der Weg für den Euro-Rettungsschirm frei.
Ist es ein Zufall, dass einer der wichtigsten Stellen der globalen Hochfinanz eine Frau vorsitzt, die sich jahrelang für Rüstungsgeschäfte eingesetzt hat und hohe Ämter in der französischen Politik bekleidete?
Wenn man sich ansieht, was - abgesehen von horrenden Zinszahlungen und Profiten aus Kursschwankungsspekulationen - mit dem Geld der Eurorettung passiert, wirft das für den ein oder anderen vielleicht ein neues Licht auf das Thema.
Die Subventionsmaschine
Wie unter anderem bekannt wurde, hat allein die deutsche Rüstungsindustrie mehr als 1,7 Milliarden Euro für Waffenaufträge platzieren können. Auch Frankreichs Industrie gehört zu den ganz großen Akteuren in diesem Spiel. Da wird der Eifer von Bundeskanzlerin Merkel und Präsident Sarkozy auf einmal aus einer anderen Perspektive plausibel. Beide sollen den damals noch amtierenden Premier Giorgos Papandreou Ende Oktober am Rande eines Gipfeltreffens darauf aufmerksam gemacht haben, bestehende Rüstungsaufträge zu erfüllen und neue abzuschließen. Papandreous Umfeld dementiert dies entschieden, wie auch die Bundesregierung: »Meldungen, Bundeskanzlerin Merkel und Präsident Sarkozy hätten Griechenland jüngst zu neuen Rüstungsgeschäften gedrängt, entbehren jeder Grundlage«, zitiert Die Zeit einen Sprecher, der dies im Januar 2012 per E-Mail mitteilte.
Im Klartext heißt das, dass auf der einen Seite großzügig Milliarden an Steuergeldern für Griechenland bereitgestellt werden, die dann über Rüstungsexporte in den Kassen der Rüstungskonzerne fließen. Nebenbei werden die Machtverhältnisse in dieser Region stabilisiert. Immerhin hat Griechenland, gemessen an der Einwohnerzahl, die zweitgrößte Armee der Welt, direkt hinter den USA.
Die Eurorettung ist demnach eine weitere Maßnahme, um immer mehr Steuergelder indirekt in die Kassen der Schwerindustrie und Großwirtschaft zu lenken.
Fazit
Dass das griechische Volk auf die Straße geht, da sich ihre individuelle Situation durch diese Art von Staatenrettung zum Teil dramatisch verschlechtert, ist mehr als verständlich. Hier wie an anderen Stellen wird das Recht des Einzelnen empfindlich mit Füßen getreten. Was immer deutlicher und immer hässlicher zutage tritt ist die Tatsache, dass besonders in Regierungskreisen niemand ein wirkliches Interesse an Demokratie und Frieden hat. Selbst Rettungsaktionen entpuppen sich nur als indirekte Subvention. Wir sind gut beraten uns die Situation in Griechenland und Spanien sehr genau anzusehen. Noch geht es den deutschen Bürgen zu großen Teilen sehr gut. Zu gut, um einen Anlass für ein wirkliches Aufbegehren zu haben.
Noch betäubt das allabendliche Fernsehprogramm mit Dschungel-Camp und Germanys next Topmodel, unterbrochen nur von Shopping-Exzessen, gut genug, um größeres Empören zu verhindern. Aber wird das so bleiben?
Am 28-02-2012
Europa: Euro | Griechenland - Wir sind in der Krise
Ökokratie - Wir wählen die Falschen
Viele Menschen haben längst erkannt, dass dieses „Weiter so“ kein Szenario der Freiheit ist, sondern eines des Zwangs: Jede einzelne Tonne Kohlendioxid und jede ausgestorbene Pflanzenart rauben uns Entwicklungschancen. Unsere ökologische aber auch wirtschaftliche und politischen Bewegungsfreiheit wird beim Business as usual immer enger. Es ist wie bei der Schuldenkrise. Nur dass man dort die Möglichkeit hätte, seine Schulden einfach nicht mehr zu begleichen. Unsere bisherige Bewirtschaftung der Welt zwingt uns dagegen, Ideen zur Sicherung des allgemeinen Überlebens zu entwickeln. Hier könnte der Verzicht, politisch zu gestalten auch bedeuten, dies als neuen Begriff für Freiheit zu deuten. Nämlich Freiheit von den Zwängen fossiler Energien, fossilen und ökologischen Schulden, von nationalen und internationalen Konflikten und auch Freiheit der Menschen, die irgendwo anders leben oder noch geboren werden sollen. Der Verzicht, politisch zu gestalten ist kein Verzicht auf Politik, sondern Verzicht auf Zwänge, die ein „immer weiter“ fordern und uns in enge Gefängnisse sperren.
Es gibt keine Bad-Banks für zerstörte Natur
An der Schuldenkrise sieht man sehr deutlich, welchen Kraftaufwand ein Umschwenken bedeutet. Man sieht aber auch, wie schwer es ist, Lösungen zu erarbeiten, wenn der Schaden erst einmal so groß ist und man selbst in dieser kleinen Gefängniszelle hockt, aus der man nun politische Entscheidungen zu treffen hat.Wenn es durch die Schuldenkrise zu einer Bankrotterklärung Griechenlands kommt, so stehen wir zudem vor einer ökonomischen und ökologischen Bankrotterklärung der Welt.
Da helfen die schönsten Nachhaltigkeitserklärungen nichts, wenn die Klimakrise durchschlägt. Es gibt keine Bad-Banks für verpestete Luft oder erwärmte Meere.Und es gibt auch keine ökologische Weltbank, die mit Krediten für frisches Naturkapital aushelfen kann. Wenn wir glauben, dass es nur einer guten Kombination von Ökologie und Ökonomie bedürfe, die mit gewohnten politischen Mitteln durchgesetzt werden müsste, bringen uns die sich daraus entstehenden Expertisen und Konsenssuchen einfach nur um. Statt eines verzweifelten wird es dann ein zertifiziertes Dahinsiechen sein. Warum wählen wir dann noch? Brauchen wir Regierungen und Konzernmanager, um denen die Schuld für unsere Misere in die Schuhe schieben zu können?
Kein besseres Übel wählen
An Griechenland ist zu erkennen, wie sich eine Gesellschaft unter Druck radikalisiert. Die Wirtschaftspolitik und die Finanzpolitik waren dort alles andere als nachhaltig. Doch wie können wir uns über Griechenland aufregen, wenn uns doch eine viel größere Katastrophe droht?
Es findet ein globaler Raubbau an den Grundlagen des Lebens statt. Es ist nicht nur der Verlust wertvollen Ackerbodens, nicht nur die Gefährdung der Wasserreserven, das Schwinden einer Artenvielfalt, die es nur noch in Fernsehdokumentationen zu bewundern gibt und auch nicht allein der fortschreitende Klimawandel. Die systemrelevanten Variablen unseres Lebens sind in uns – in unserem Denken, Verstehen und den daraus folgenden Handlungen. Da hilft keine Wahl eines besseren Übels. Der Konsens zwischen einem besseren und einem schlechteren Übel führt nie zu etwas Gutem. Die Treppe kann nur bergab gehen. Parteien- und Staatenpolitik legitimiert hier nur das Schlechte.
Wir begründen unser Sterben
Die Zweifel an der Zukunftsfähigkeit unserer Demokratien wird immer lauter. Demokratie und Umweltschutz scheinen sich weniger zu ergänzen oder zu bedingen, wie wir es uns erhofft hatten. Gerade dort, wo entwickelte demokratische Strukturen herrschen, ist sind Ressourcenverbrauch und umweltschädigender Lebensstil die stärksten Zeugen falschen Handelns, dass nur auf ebenso falschem Denken und Verstehen beruhen kann. Wir denken und verstehen uns ins Grab. Und auf jedem Grabstein wird stehen: „Sie hatten eine Begründung“.
Umweltschutz als Placebo
Doch wäre so etwas wie eine Ökodiktatur besser? Demokratien sind viel flexibler und innovativer bei technischen und sozialen Erfindungen, als autoritäre Systeme. Natürlich nehmen autoritäre Systeme ihren Bürgern die Luft zum Atmen, doch das macht Demokratien nicht verantwortlicher oder umweltschonender. Kaum ein Politiker in Demokratien wagt es, Konsumenten und Wähler mit unbequemen Wahrheiten zu konfrontieren. Die Ökonomie jedoch herrscht in alle Lebensbereiche und wird fast kritiklos akzeptiert. Es sein denn, man hat sich von diesem System distanziert, geht nicht mehr zur Wahl und sucht alternative Wege zu Selbstversorgung. Damit ist jedoch nicht jedem geholfen. Heute kommt eine Bedrohung auf uns zu, die von einem Zuviel an ökonomischer Freiheit genährt wurde und noch wird. Die Verschmelzung von Demokratie und Wirtschaftssystem. Einher geht eine Vernichtung ökologischer Ressourcen, die nicht zukunftsfähig ist. Die Demokratie soll heute eine lebenswerte Zukunft sichern, die ihr Partner, eine kaum gezügelte Wirtschaft, gleichzeitig ruiniert. Für einen kurzen Moment – und das ist unsere heutige Zeit – ist dieses Einhergehen von Ruin und Flickschusterei ein lukratives Geschäft. Man könnte gut darin leben, wenn es nicht tödlich wäre. Auch eine Ökodiktatur brächte hier keine Lösung. Umweltschonend zu leben und dies zukunftsweisend und nachhaltig, kann nicht von oben diktiert werden. Im Denken und Verstehen ändert sich da nichts und somit wäre jede Handlung wie ein Placebo.
Keine Natur - keine Freiheit
Und doch müssen wir bedenken, dass unsere Regierungsform sehr flexibel ist. Sie hat das allgemeine Wahlrecht eingeführt, den Rechtsstaat, die Grundrechte und aus der karitativen Fürsorge entstand einmal ein Sozialstaat. Nun wäre der nächste Schritt fällig: Die Erkenntnis, dass zum nackten Überleben die bisherigen Spielregeln nicht ausreichen. Wir müssen uns eingestehen, dass die Natur uns klare physikalische Grenzen setzt. Somit wäre eine Kombination aus Demokratie und Ökologie – eine Ökokratie – denkbar. Die Sicherung natürlicher Lebensgrundlagen müsste dann genau so ernst genommen werden, wie ein globales Währungs- oder Tauschsystem entwickelt werden müsste; kein Euro, sondern ein Globo. Über allem stünde dann eine Art Weltfinanzbehörde, denen alle Staaten der Welt einen Teil ihrer Souveränität abgeben müssten. Die Staaten selbst hätten sich dann in einen Konsens mit dieser Öko-Weltbank zu fügen, dabei aber ihren Bürgern die Freiheit zu geben, in Gemeinschaften nach ökologischen Gesichtspunkten zu handeln. In solchen kleinen Gemeinschaften fördert das gemeinsame Handeln ein gemeinsames Umdenken.
Was kannst du für die Erde tun?
Während die Staaten nach ihrem ökologischen Handeln von der Öko-Weltbank subventioniert werden, oder bei Verstößen Subventionen verlieren können, müssen die bürgerlichen Gemeinschaften der Staaten an diesen Subventionen partizipieren. Ist das Undenkbar? Keineswegs, denn in der Finanzwelt geschieht so etwas bereits, wie man an Griechenland und bald noch mehr Staaten und Wirtschaftssystemen erkennt. Der negative Weg wird uns bereits gezeigt. Jetzt fehlt noch der Weg der Belohnung.
Wäre so eine Ökokratie dann nicht undemokratisch und würde sie nicht Menschen in ihrer Bewegungs- und Entscheidungsfreiheit einschränken? Nun, da wäre sie nicht anders, als jede Demokratie. Demokratie kann ohne Einschränkung nicht leben. Doch was würde innerhalb dieser Gemeinschaften geschehen, wenn sich ein verantwortungsvoller Umgang mit natürlichen Ressourcen auch im Denken durchgesetzt hätte und ein in diesen Gruppen wirklich nachhaltiges Handeln einhergehen würde? Würde das nicht sehr viel mehr Freiheit bedeuten und das ohne diesen totalitären Ansatz eines besseren Menschen per Gesetz?
Selbstbeschränkung ist notwendig und Demokratien dürfen sich nicht dadurch legitimieren, die Zukunftschancen für morgen schon heute zu verbauen. Es ist nun einmal eine große Gefahr, die auf uns zurollt. Und diese Gefahr lässt sich nicht mit Nacktscannern, Abhöraktionen oder Hausdurchsuchungen abweisen, die heute schon viel mehr die Freiheit einschränken, als eine ökologische Nachhaltigkeit es je tun wird. Nur – und das ist die Frage, die sich jeder stellen muss: Wem oder was kann ich dafür eine Wählerstimme geben? John F. Kennedy sagte in seiner berühten Antrittsrede:
„Frag nicht, was dein Land für dich tun kann, sondern frage, was du für dein Land tun kannst“.
Heute müsste man sagen: „Frage, was du für die Erde tun kannst“. Denken, verstehen und handeln ist da vielleicht besser, als alle Verantwortung mit dem Wahlzettel in die Urne zu werfen.
Uwe Koch
Am 04-06-2012
Eurogruppe - Griechenland: Lösung der Schuldenkrise in weiter Ferne
Hilfsgelder freigegeben
Die Finanzminister der Eurogruppe haben vergangene Nacht die Auszahlung weiterer Hilfsgelder für Griechenland beschlossen. Dazu erklären Rebecca Harms und Dany Cohn-Bendit, Ko-Vorsitzende der Fraktion die Grünen /EFA im Europäischen Parlament:
"Endlich haben die die Finanzminister der Eurogruppe die Auszahlung der nächsten Tranche der Hilfsgelder für Griechenland beschlossen, doch damit ist die langfristige Schuldentragfähigkeit Griechenlands bei weitem nicht gesichert.
Seit Beginn der Krise handeln die Euro-Regierungen zu zögerlich und zu spät, und haben nach wie vor keine durchhaltbare Lösung für Griechenlands Haushalts- und Schuldenproblem vorgelegt. Durch ihre Zögerlichkeit und Unentschlossenheit nach den harten politischen Entscheidungen in Griechenland destabilisieren die Regierungen der Eurozone die griechische Regierung und sie entmutigen gerade die griechischen Bürgerinnen und Bürger, die einen proeuropäischen Aufbruch und Veränderung wollen. Die aktuelle Schuldenlast ist für das Land nicht tragbar, Griechenland braucht für den Schuldenabbau mehr Flexibilität, sowohl was die Fristen als auch was die Struktur der griechischen Schulden anbelangt.
Sogar der IWF hat eingesehen, dass die fortgesetzte pro-zyklische Sparpolitik kontraproduktiv war und das Land tiefer in die Rezession getrieben und die Ungleichheit massiv verschärft hat. Das Sozial- und Gesundheitssystem des Landes kollabiert - es gibt keinen Spielraum für weitere Sparmaßnahmen. Ein EU-Programm für eine nachhaltige Erholung der Wirtschaft und der Beschäftigung muss ohne Verzögerung auf den Weg gebracht werden."
Sven Giegold, wirtschafts- und finanzpolitischer Sprecher der Grünene/EFA im europäischen Parlament, erklärt:
"Die Diskussionen über eine nachhaltige Lösung für Griechenlands Schuldenproblem müssen mit Maßnahmen zur Erhöhung der Steuereinnahmen verbunden werden. Die EU-Regierungen müssen eine gerechte Beteiligung der privaten Vermögen in Griechenland und Europa an den Kosten der Krise sicherstellen. Das kann nicht von einem Land allein gemacht werden. Die Steuerhinterziehung muss endlich entschlossen bekämpft werden und mit den Steueroasen muss härter verhandelt werden. Wir brauchen auch eine EU-weite gemeinsame konsolidierte Bemessungsgrundlage mit Mindeststeuersätzen so wie auch weitreichende Maßnahmen, um Steuervermeidung und Steuerflucht zu bekämpfen.
Der EU- Gipfel im Dezember muss sich endlich diesen drängenden Problemen widmen. Die nationalen Parlamente sollten auf einem europäischen Steuerpakt bestehen, um eine gerechte Lastenverteilung der Krisenfolgen zu garantieren."
Am 27-11-2012