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LSG Essen stoppt gegenläufige Praxis der Krankenkassen

Arbeitsrecht: Krankengeld auch nach Krankschreibung am letzten Arbeitstag

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Gekündigte oder befristet beschäftigte Arbeitnehmer, die am letzten Tag ihres Arbeitsverhältnisses krankgeschrieben werden, sollen nicht mehr in ein soziales Loch fallen. Die Krankenkasse muss Krankengeld bezahlen, heißt es in einem am Mittwoch, 14.09.2011, schriftlich veröffentlichten Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Nordrhein-Westfalen in Essen (AZ: L 16 KR 73/10).


Die Klägerin arbeitete in einer Arztpraxis im Rheinland. Ihr Arbeitsverhältnis lief Ende September 2009 aus. Am 30.09.2009, ihrem letzten Arbeitstag, wurde sie bis zum 10.10.2009 und danach mit mehreren Folgebescheinigungen krankgeschrieben.

Nach den gesetzlichen Regelungen zahlen die Krankenkassen Krankengeld ab dem Folgetag nach der ersten Krankschreibung. Das Krankengeld ruht während der Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber. Geht mit dem Arbeitsverhältnis auch das bestehende Versicherungsverhältnis zu Ende, muss die Kasse einen zuvor begründeten Krankengeldanspruch aber weiterführen und ab Beginn der Arbeitslosigkeit Krankengeld zahlen.

Im Streitfall verweigerte das Arbeitsamt wegen der Arbeitsunfähigkeit das Arbeitslosengeld. Die Krankenkasse wollte aber auch kein Krankengeld bezahlen. Der Anspruch hätte erst am 01.10.2009 begonnen, ein Arbeits- und damit Versicherungsverhältnis habe an diesem Tag aber nicht mehr bestanden, argumentierte sie. Dabei orientierte sich die Kasse an einer gemeinsamen Auslegung des Gesetzes durch ihre Spitzenverbände.

Mit dieser Praxis machte das LSG nun Schluss. Der Anspruch auf Krankengeld dürfe nicht vom Zufall abhängen, ob die Krankschreibung nun einen Tag hin oder her erfolgt. Denn wäre die Arbeitnehmerin einen Tag früher krankgeschrieben worden, wäre noch während des Arbeitsverhältnisses ein Anspruch auf Krankengeld entstanden, den die Kasse dann auch während der Arbeitslosigkeit hätte fortführen müssen. Hätte die Praxis-Mitarbeiterin sich am 01.10.2009 arbeitslos gemeldet und erst danach krankschreiben lassen, hätte sie ebenfalls Anspruch auf Krankengeld gehabt, weil der Bezug von Arbeitslosengeld mit einer Pflichtversicherung bei der Krankenkasse verbunden ist.

Solch „ungereimte Ergebnisse“ seien auch mit dem Gesetz nicht vereinbar, so das LSG in seinem Urteil vom 14.07.2011 weiter. Dies gehe davon aus dass das Versicherungsverhältnis „fortbesteht“, solange eine während des Arbeitsverhältnisses begonnene Krankheit andauert.

Wegen grundsätzlicher Bedeutung des Streits ließ das LSG die Revision zum Bundessozialgericht in Kassel zu.

RA Thorsten Blaufelder

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