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Cyberchondrie und Hypochondrie

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Sobald ein neues Phänomen auftritt, hat es schon einen unverständlichen Namen. Cyberchondrie setzt sich aus den Worten Cyberspace und Hypochondrie zusammen. Hypochondrie heißt so viel wie unter den Rippen liegend, weil die meisten Hypochonder ihre Beschwerden gerne dort platzieren.


Überblick

Cyberchondrie

Im Zeitalter des Internets wird gerne nach bestimmten Krankheiten gegoogelt, bevor man einen Arzt kontaktiert. Dort sind die Symptome der Krankheiten nachzulesen, an denen man vermutlich leidet. Nun haben Symptome eine unangenehme Eigenschaft. Wenn man von ihnen erfährt, hat man sie auch schon!

Ich kann ein Lied davon singen, denn während meines Medizinstudiums habe ich keine Krankheit ausgelassen, von den Geschlechtskrankheiten einmal abgesehen. Kaum hatte ich in der Inneren Medizin von Herzerkrankungen gehört, kam ich wegen Stichen in der Brust keine Treppe mehr hoch. Nach der Vorlesung in Orthopädie schmerzten meine Knie derart, dass ich, wie gehabt, die Treppe nicht mehr bewältigen konnte. Mir grauste vor dem Fach Geburtshilfe, denn ich sah schon eine Mehrlingsscheinschwangerschaft auf mich zukommen, was für das Treppensteigen ebenfalls nichts Gutes bedeuten konnte.

Weltweit sitzen nun die Menschen vor ihrem PC und googeln Symptome, die sie noch, die Betonung liegt auf noch, nicht haben. Ärzten sind diese überinformierten Laien ein Graus und sie werden gleich in die Kategorie: Hypochonder eingeordnet. Viele von ihnen sind auf dem Friedhof zu finden, denn einen Patienten, der einem dauernd in die Diagnose quasselt, kann kein Arzt leiden, geschweige denn ernst nehmen.

Also Vorsicht! Beim Arzt die Klappe halten, auch wenn man meint, vieles besser zu wissen.

Gerne denke ich an meinen Schwiegervater zurück, der in meinem Auto auf mich warten musste und dem ein Buch über Selbsthilfegruppen in die Hände fiel. Als ich zurück kam, hatte er Alzheimer, Fibromyalgie und ähnliches. Außerdem fühlte er den unwiderstehlichen Drang Alkohol und Drogen zu sich nehmen zu müssen. Zum Glück kam ich so frühzeitig zurück, dass er noch nicht zu den Frauenkrankheiten vorgedrungen war. Im Nachhinein interessiert es mich natürlich, welches Frauenleiden er sich ausgesucht hätte.

Die menschliche Psyche bewirkt wundersame Heilungen und ebenso wundersame Erkrankungen. Einmal kam ein Lehrer, welcher Beruf auch sonst, zu mir in die Sprechstunde, der unter einem nächtlichen Vibrieren der Haarspitzen litt. Kein Scherz, ich schwöre! Ich empfahl ihm, nachts eine Mütze zu tragen, und er war geheilt!

Einem anderen Lehrer (!) war morgens im Spiegel aufgefallen, dass seine linke Schulter etwas tiefer saß als die rechte. Dieser Fall war schon schwieriger, da war Phantasie gefragt, wovon ich zum Glück reichlich besitze. Mit dem Rat, abendliche feuchte Umschläge in der linken Achselhöhle vorzunehmen, zog er zufrieden von dannen.

Nichts ist so stark wie der Placeboeffekt. Placebo heißt: Ich werde gefallen, nur so neben bei. Also, wenn man schon googeln will, sollte man Begriffe wie Glück, Hoffnung, Liebe und Wohlbefinden eingeben. Ich garantiere diese Dinge werden sich einstellen!

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