Wiederum wird die Glaubwürdigkeit und Funktionsfähigkeit wichtiger Verfassungsorgane erschüttert. Das Urteil ist zudem ein weiteres Zeugnis dafür, dass auch alle anderen demokratischen Kontrollinstanzen ausfallen, wenn es um den Nachweis und die Ahndung kriminell handelnder Finanzmanager im Bunde mit hochrangigen Politikern geht. Denn nicht nur die Vorstände der Bankgesellschaft Berlin und deren Tochterbanken haben eklatant versagt, sondern auch die Aufsichtsgremien und vor allem die Aufsichtsräte mit ihren Vertretern aus Politik, Wirtschaft und dem Arbeitnehmerbereich. So ist es geradezu grotesk, dass die hauptverantwortlichen Aufsichtsräte der Bankgesellschaft Edzard Reuter (Vorsitzender) und die ehemalige Finanzsenatorin von Berlin Annette Fugmann- Heesing als Zeugen geladen wurden und "natürlich" alle Erinnerungen an die Vorgänge in der Bankgesellschaft verloren hatten oder jede Schuld der Angeklagten zurückwiesen. Was wird von Zeugen eigentlich erwartet, die selbst hohe Schuld tragen und sich bei Bestätigung der kriminellen Handlungen schwer belasten würden?
Aber nicht nur die staatliche Bankenaufsicht hat versagt, sondern auch alle Wirtschaftsprüfungsinstanzen und die Politik. Sie haben sich den ökonomischen Interessen der Spekulanten und Finanzjongleure gebeugt und die Vertuschungen der Banker und Profiteure geduldet. Dass die Justiz auch wegen ungenügender Rechtsgrundlagen das Handtuch geworfen hat, ist ein weiteres trauriges Kapitel in unserem Rechtsstaat. Richtig ist, dass der Finanzsektor die einzige Wirtschaftsbranche ist, die fast ungeregelt Spekulationen und Manipulationen zulässt, was ja mit aller Deutlichkeit durch die Finanzkrise offengelegt wurde. So wird das Bankenskandal- Landowsky- Urteil zu einem weiteren Freifahrschein für zahlreiche Angeklagte in anderen Untreueprozessen und zudem für künftiges kriminelles Handeln im Finanzsektor, wenn nicht endlich grundlegende wirksame Kontrollen eingebaut werden.
In Berlin müssen die Bürger und Steuerzahler dafür mit 5,6 bis 9,8 Milliarden Euro bluten. In der Bundesrepublik müssen die Bürger für mehrere hundert Milliarden Euro haften und erhebliche Einsparungen dringend erforderlicher öffentlicher Ausgaben für Bildung, Arbeit, Soziales, Jugendförderung, Wissenschaft, Kunst und Kultur hinnehmen. Nicht der "Wutbürger" oder der "Mutbürger", der gegen solche Zustände aufbegehrt ist unser Problem, sondern diejenigen, die ganz lautlos die Demokratie mit der Finanzaxt zerschlagen.
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Unterzeichner:
Prof. Dr. Gerhard Bauer (Germanist, Hochschullehrer), Dr. Joachim Borner (Geschäftsführer), Guenter Brinker (Manager), Dr. Kristin Brinker (Sozialwissenschaftlerin), Prof. Dr. Günter Bühler (Hochschullehrer), Prof. Dr. Albrecht Dehnhard (Verfassungsrechtler), Prof. Dr. Georges Fülgraff (ehem. Professor für Public Health, Staatssekretär a.D.), Prof. Dr. Wolfgang Geßner (Senior Manager), Karen Greve (ehem. MdA, Physiotherapeutin), Prof. Dr. Peter Grottian (Professor für Politische Wissenschaften), Prof. Dr. Ferdinand Hucho (em. Professor für Biochemie), Günter Jeschonnek (Regisseur, Geschäftsführer), Gudrun Joschonnek (Angestellte), Prof. Dr. Klaus Kisber (em. Professor für Wirtschaftwissenschaften), Prof. Dr. Rolf Kreibich (Wissenschaftl. Direktor, Mitglied des Weltzukunftsrats), Dr. Renate Kreibich-Fischer (Psychologin, Künstlerin), Olaf Lemke (Restaurator), Percy MacLean (Richter), Prof. Dr. Jürgen Marten (Rechtsanwalt), Dr. Anke Martiny (Kulturwissenschaftlerin, ehem. MdB), Karl Heinz Otto (Architekt), Pia Paust-Lassen (ehm. MdA, Wissenschaftlerin), Stefan Richter (Geschäftsführer), Lea Rosh (Journalistin, Publizistin), Dr. Lothar Schwartz (Projektentwickler), Ingeborg Siller (Physiotherapeutin, Lehrerin), Dr. Matthias Teller (Innovationsmanager), Monica Wapnewski (Künstlerin)