Inhalt
Unter dem Deckmantel einer sog. „Low-Carbon-Strategie“ drängen jetzt Frankreich und Tschechien als nationale Speerspitzen der Atomindustrie, den "Anteil von zwei Dritteln kohlenstoffarmer Stromproduktion bis 2020" im Abschlussdokument des Energie-Gipfels festzuschreiben.
Die Konsequenz einer solchen Regelung wäre, dass die Mitgliedsstaaten, Atomstrom gleichberechtigt zu den Erneuerbaren Energien für ihre Klimaschutzziele einrechnen könnten. Damit würden die Ausbauziele der Erneuerbaren aufgeweicht und die Atomkonzerne könnten zusätzliche Subventionen aus EU-Töpfen einheimsen.
Der Vorschlag der französischen und tschechischen Regierungen liest sich wie folgt: "Der Europäische Rat begrüßt die Ausarbeitung einer kohlenstoffarmen Energiestrategie für 2050, die den Rahmen für die längerfristige Maßnahmen im Energiebereich und anderen verwandten Branchen steckt. Das Erreichen des Ziels einer Verringerung der Treibhausgasemissionen um 80-95% bis 2050 erfordert eine Revolution der Energie-Systeme, die jetzt beginnen muss. Der Festsetzung konkreter Zwischenstufen zur Erreichung des 2050 Ziel kommt dabei eine wichtige Rolle zu; beachtenswert ist in diesem Zusammenhang die Feststellung der Kommission, dass ein 2/3 Anteil der Stromerzeugung bis 2020 kohlenstoffarm sein soll. Der Europäische Rat wird die Entwicklungen regelmäßig verfolgen."
Gleichzeitig behauptet RWE-Chef Großmann, dass die Deutsche Industrie in größter Gefahr sei und fordert als Gastautor im Handelsblatt erneut eine europaweite Harmonisierung der Energiepolitiken. Er meint damit natürlich die Abschaffung des deutschen Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG).
Mit blumigen Forderungen und Zitaten von Stresemann fordert der Atom-Boss in dem Artikel die „Trimmung“ des EEGs. Als wissenschaftliche Grundlage für seine Forderungen zieht Großmann dabei eine Studie des EWI-Instituts heran. Dass sowohl das EWI im Allgemeinen als auch die Studie im Besonderen von ihm selbst mitfinanziert wurden bzw. werden, verschweigt Großmann.
Welche Industrie er genau in Gefahr sieht, wird schnell klar, die seinige; die Atomindustrie. Bei dem starken Ausbau der Erneuerbaren vor allem in Deutschland sowie den wachsenden nationalen und internationalen Klimaschutzanforderungen bleibt kein Platz mehr für die veraltete Atomkraft. Lediglich ein Zurückdrängen der Erneuerbaren durch einen Angriff auf das erfolgreiche und vielfach kopierte Erneuerbaren-Energien-Gesetz kann die Zukunft der Atomenergie noch absichern.
Obwohl Oettinger seine Harmonisierungsvorhaben, auch auf Druck der Grünen, erst einmal ruhen lässt, üben die Herren von RWE und Co weiter heftig Druck auf die Politik aus.
Konzerngewinne steigen mit Ölpreis
Der Ölpreis hat die Marke von 100 Dollar überstiegen. Damit ist der Ölpreis innerhalb eines Jahres um 20 Dollar gestiegen und ist noch teurer als im Januar 2008. 2008 war das Jahr mit den bisher höchsten Ölpreisen, in der Spitze bei 145 Dollar/Barrel Mit dem steigenden Ölpreis steigen gleichzeitig auch wieder die Konzerngewinne der Ölriesen. So konnte Shell seinen Gewinn 2010 um 61 Prozent auf 18,6 Milliarden Dollar erhöhen. Die Konkurrenz von Exxon Mobil steigerte sich von 57 Prozent auf 30,5 Milliarden Dollar.
Dass das globale Ölfördermaximum (Peak Oil) erreicht ist, kommunizieren die Ölkonzerne dabei verständlicherweise nicht. Sie haben kein Interesse daran, die Verknappung der Ressourcen und damit die Einschränkung ihrer Daseinsberechtigung zuzugeben, dafür verdienen sie einfach zu gut an der Ölpreissteigerung infolge der Verknappung.
Leidtragende sind die Gesellschaften dieser Erde, zuerst die Einkommensschwachen, die bald nicht mehr wissen, wie sie die Autofahrten zur Arbeit und ihre warme Wohnung finanzieren sollen, bald auch die Wirtschaft, die unter hohen Ölpreisen zunehmend unter Druck gerät und zunehmend auch der Mittelstand, der sich immer weniger Erdölprodukte leisten kann.
Die Gefahr die von Peak Oil ausgeht, hat auch die Bundeswehr in einer Studie aus dem letzten Jahr zusammengefasst. Die Ölkonzerne treiben mit ihrem Gewinnstreben die Gesellschaften immer schneller in den Ruin; doch weite Teile der Gesellschaft bis hin zur Bundesregierung wollen von Peak Oil immer noch nichts hören.
Bundesregierung planlos bei Strategie zur Stärkung der PV-Industrie
Auf meine Frage an die Bundesregierung welche Strategie das Bundeswirtschaftsministerium zur Stärkung der heimischen Photovoltaik-Industrie verfolgt und welche zusätzlichen Maßnahmen im Rahmen dieser Strategie geplant seien, weist die Bundesregierung die Verantwortung von sich und zeigt mit dem Finger auf die Photovoltaikindustrie. Die bisherigen Maßnahmen von Schwarz-Gelb seien nach eigenen Angaben ausreichend. Handlungsbedarf sieht Brüderle hier nicht.
Anstelle Milliarden von Euro in die Erforschung der Kernfusion zu stecken, sollte sich das Wirtschaftsministerium ein Beispiel an der erfolgreichen chinesischen Industriestrategie für die Photovoltaik nehmen.
Lubmin niX da!
Der Ort Lubmin (ca. 15km Luftlinie östlich von Greifswald) ist in erster Linie als Urlaubsziel an der Ostsee bekannt. Vergessen wird häufig, dass Lubmin auch Standort eines Zwischenlagers für atomare Abfälle ist. Ursprünglich gebaut um Atommüll aus der ehemaligen DDR aufzunehmen, wird das Lager mittlerweile auch für den Müll aus dem Westen genutzt. 70.000 Tonnen hochradioaktiven Giftmülls aus den Forschungszentren Karlsruhe und dem französischem Cadarache sollen alleine aus dem Jahr 2010 sowie in diesem Jahr im staatlichen Zwischenlager eingelagert werden.
Am 16. und 17. Februar 2011 wird erneut ein Castor-Transport mit hochradioaktivem Atommüll, diesmal aus der stillgelegten Wiederaufbereitungsanlage Karlsruhe, ins Zwischenlager Nord nach Lubmin fahren. Wir rufen deshalb zur Mobilisierung auf!
Alle Infos zum Castor-Transport am 16. und 17. Februar sowie zur Auftaktdemo in Greifswald am 12. Februar gibt es unter: http://lubmin-nixda.de/
Berlin, den 04.02.2011
Ihr Hans-Josef Fell MdB
Sprecher für Energie der Bundestagsfraktion Bündnis 90/ Die Grünen
Quellen und weitere Infos: Studie der Bundeswehr: http://tinyurl.com/6kpc324 In einer Folie habe ich die Höhe der Konzerngewinne mit dem steigenden Ölpreis verglichen: http://tinyurl.com/5wm3le7 Link zur Antwort auf die mündliche Frage: http://tinyurl.com/65dtxg3 Link zum Artikel aus dem Photovoltaikmagazin: http://tinyurl.com/6hqcau3