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Das Vorhaben ging mit den Stimmen von Union, FDP und Grünen durch den Bundestag. Die SPD-Abgeordneten enthielten sich überwiegend. Die Linke stimmte dagegen. Den Verstoß der SPD, kurzfristige Spekulation durch die Einführung einer Finanztransaktionssteuer etwas zu erschweren und die Akteure auf den Finanzmärkten an den Folgekosten der Krisen zu beteiligten, stimmten Union und FDP nieder.
Schäuble: Alternativlos
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat die Milliardenhilfe als "alternativlos" bezeichnet. Mit dem Hilfspaket würden die gemeinsame europäische Währung und das europäische Projekt insgesamt verteidigt. Der Finanzminister begründete das Rettungspaket nur sehr pauschal mit einer "gemeinsamen Verantwortung für die Verteidigung unserer europäischen Währung", ohne offenzulegen, wer von den Milliardenhilfen profitiert.
Künast: Herausragende deutsche Interessen
Die einstige Schröder-Ministerin Renate Künast begründete in ihrer Rede die Zustimmung der Grünen zum Milliardenpaket so: "Es geht um Europa und damit automatisch um herausragende deutsche Interessen." Die Abgeordnete erläuterte in ihrer Rede auch, was sie unter deutschen Interessen versteht: "Das ist eben auch die Rettung von Griechenland, weil es den Euro und die EU vor Spekulationen rettet."
Für Künast sind die Milliarden, die indirekt den privaten Gläubigern Griechenlands zugute kommen, offenbar eine Maßnahme gegen Spekulanten: "Es geht bei der Abstimmung am Ende auch um Griechenland. Es geht darum, Europa gegen Abzockerei und gegen Spekulationen zu verteidigen", so Künast.
Die Grünen haben über die Bedeutung der Milliardenhilfe nachgedacht: "Wir haben uns überlegt: Was ist die Bedeutung des Euro und der Europäischen Union?", so Künast. Ihre Antwort: "Wir profitieren vom europäischen Binnenmarkt. Wir als Deutsche und alle miteinander profitieren vom Euro. Wir sind fest davon überzeugt, dass die Europäische Union quasi Gestalt gewordenes elementares Interesse Deutschlands ist."
Lötzsch: brutal, unsozial und erbarmungslos
Die Links-Abgeordneten Gesine Lötzsch sagte im Bundestag, dass sich in Griechenland eine konservative Regierung, deren politische Ausrichtung der Regierung "vergleichbar ist, die hier auf der Bank sitzt, in die Euro-Zone geschummelt" hat. Diese griechische Regierung "und eine Oberschicht" hätten "über ihre Verhältnisse gelebt, und jetzt müssen Arbeitnehmer und Rentner mit Einnahmeeinbrüchen von bis zu 30 Prozent die Suppe auslöffeln, die sie sich nicht eingebrockt haben."
Bundeskanzerlin Angela Merkel (CDU) habe in ihrer Rede von einem ehrgeizigen Programm gesprochen, so Lötzsch. "Ich sage Ihnen: Dieses Programm ist nicht ehrgeizig, es ist brutal, unsozial und erbarmungslos." Wer jetzt Solidarität mit Griechenland einklage, der spiele ein falsches Spiel. Es sei nicht solidarisch, wenn in Griechenland Tausende Lehrer entlassen werden, wenn ausgebildete Finanzbeamte gar nicht erst eingestellt werden und wenn Rentnern, deren Renten weit unter dem deutschen Niveau liegen, die Renten gekürzt werden. "Wer diesem Gesetz zustimmt, ist ausschließlich solidarisch mit den Banken, die griechische Staatsanleihen gekauft haben", so Lötzsch. "Er ist nicht solidarisch mit dem griechischen Volk und auch nicht solidarisch mit den anderen Völkern Europas.
Der IWF sei dafür bekannt, "dass er immer erst das Geld der Gläubiger rettet und dafür bereit ist, soziale Unruhen, Verletzte und sogar Tote in Kauf zu nehmen." Lötzsch: "Für wen machen Sie eigentlich Politik, Frau Merkel, für die Märkte oder für die Menschen? Sie lassen sich ständig von den Spekulanten hinters Licht führen und auf der Nase herumtanzen. Unterwürfig buhlen Sie um das Vertrauen der Märkte." Der globale Finanzmarkt ist nach Auffassung der Links-Abgeordneten "in Wirklichkeit ein globaler Schwarzmarkt. Die Bundesregierung tut nichts, aber auch gar nichts, außer schönen Worten, um diesen globalen Schwarzmarkt zu bekämpfen. Die Spekulanten, meine Damen und Herren, sind Taliban im Nadelstreifen. Und vor diesen Taliban müssen die Menschen in unserem Land geschützt werden", so Lötzsch.
Im Namen der Linksfraktion forderte sie ein Verbot von Spekulationsinstrumenten, ein Verbot von Hedgefonds, stärkere Kontrolle von Zweckgesellschaften sowie eine europäische Ratingagentur. Griechenland müsse zudem "auf Waffenimporte verzichten, und Deutschland muss darauf verzichten, Griechenland zu zwingen, deutsche Waffen zu importieren."
Rüstungsdeal
Es ist paradox: Deutschland verlangt von Griechenland, hart zu sparen, zugleich aber fordert die deutsche wie auch die französische Regierung, dass Verträge über Waffenkäufe zugunsten der eigenen Rüstungsindustrie nicht angetastet werden. In den letzten drei Monaten sind nach Angaben des Europaabgeordneten Daniel Cohn-Bendit (Grüne) Rüstungsgüter für mehrere Milliarden Euro an Griechenland verkauft worden. Die griechische Regierung habe gebeten, die Rüstungskäufe zu verschieben. Das aber hätten die deutsche Bundeskanzlerin und der französische Präsident abgelehnt, so Cohn-Bendit in einem Interview.
Berichten zufolge soll Bundeskanzlerin Merkel bei Ihrem jüngsten Gespräch mit dem griechischen Ministerpräsidenten angeblich die Bestellung zweier neuer U-Boote für eine Milliarde Euro unter Dach und Fach gebracht und diese Bestellung mit der deutschen Finanzhilfe verknüpft hat. Und Außenminister Guido Westerwelle (FDP) soll Griechenland unlängst die Bestellung von Kampfflugzeugen vom Typ Eurofighter nahegelegt haben.
Das vom Bundestag am Freitag beschlossene Milliardenpaket "für Griechenland" dürfte also teilweise auch der Bezahlung von Rüstungsgütern aus Deutschland dienen.