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Afghanistan - neues Mandat für Afghanistan-Krieg

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Eine Mehrheit von Union, SPD und FDP hat am 26. Februar im Deutschen Bundestag der Aufstockung des Bundeswehr-Kontingents in Afghanistan mit 429 Ja-Stimmen zugestimmt. Es gab 111 Gegenstimmen und 46 Enthaltungen. Die Linke hat geschlossen gegen die Verlängerung des Kriegseinsatzes in Afghanistan und gegen die Truppenaufstockung gestimmt. Während der Debatte haben die Mitglieder der Linksfraktion mit Plakaten still still der Opfer des NATO-Bombardements bei Kundus am 4. September 2009 gedacht. Diese Demonstration gegen den US-geführten NATO-Krieg in Afghanistan wurde von Bundestagspräsident Lammert Abgeordnete hart abgestraft: Er verwies die Abgeordnete der Linksfraktion des Saals. An der Abstimmung konnten sie dann aber wieder teilnehmen.


5350 deutsche Bundeswehr-Soldaten - weitere 0,27 Milliarden Euro

Die Bundestagsmehrheit billigte in namentlicher Abstimmung das neue ISAF-Mandat der Bundeswehr in Afghanistan für weitere zwölf Monate. Demnach können bis zu 5350 Soldaten nach Afghanistan entsandt werden. Bislang lag die personelle Obergrenze bei 4500 Mann. 350 der insgesamt 850 zusätzlichen Soldaten sollen eine flexible Reserve bilden, um auf besondere Situationen schnell reagieren zu können.

Der neuerliche 12-Monats-Einsatz wird die Steuerzahler laut Plan weitere 271,5 Millionen Euro kosten.

Einsatz in ganz Afghanistan möglich

Deutsche Soldaten können in ganz Afghanistan eingesetzt werden. Zwar werden sie vornehmlich in den ISAF-Regionen Kabul und Nord eingesetzt. Laut Mandat können sie aber darüber hinaus "in anderen Regionen für zeitlich und im Umfang begrenzte Maßnahmen eingesetzt werden, sofern diese Maßnahmen zur Erfüllung des ISAF-Gesamtauftrages unabweisbar sind". Die Bundeswehr kann demnach im gesamten Land an der Aufstandsbekämpfung eingesetzt werden.

Beteiligung von Wehrdienstleistenden und Reservisten

In den Krieg werden nicht nur Berufssoldaten und Zeitsoldaten geschickt. Aufgrund "freiwilliger Verpflichtung" können auch Wehrdienstleistende und Reservisten in Afghanistan eingesetzt werden.

Bundesregierung spricht von "Abzugsperspektive"

Nach Darstellung der Bundesregierung wird mit der "Neuausrichtung" der NATO-Strategie in Afghanistan eine "Abzugsperspektive" für die deutschen Truppen geschaffen. Mehr Ausbildung von afghanischen Sicherheitskräften stärke die selbsttragende Sicherheit, mehr ziviler Aufbau hilft der afghanischen Bevölkerung.

Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) betonte, es gehe darum, "dass wir Ende des Jahres soweit sind, dass die ersten regionalen Übergaben der Verantwortung auf die afghanische Seite erfolgen können". Ende 2011 solle die Situation so sein, dass zum ersten Mal das deutsche Kontingent reduziert werden könne. "Und im Jahr 2014 - so unser Plan, so unser Konzept – wollen wir dann die Verantwortungsübergabe, wie es Präsident Karsai auch angekündigt hat, an ihn vollständig unterstützen", so der Außenminister.

SPD-Fraktion: Bundesregierung folgt SPD-Auflagen

Nach Auffassung der SPD-Fraktion hat die Bundesregierung den Anforderungen der SPD an das neue Mandat fast vollständig entsprochen: Die Verstärkung der zivilen Aufbaumittel und der Ausbildung der afghanischen Sicherheitskräfte, der Beginn des Abzugs deutscher Soldaten ab 2011 wie auch der Abschluss ihres Einsatzes im Einklang mit den Plänen der afghanischen Regierung zwischen 2013 und 2015 seien aufgenommen worden.

"In den kommenden 12 Monaten der Mandatslaufzeit prüfen wir, ob die Bundesregierung ihre Zusagen einhält", heißt es aus der SPD-Fraktion. Das betreffe den Umgang mit der so genannten "flexiblen Reserve", die nächsten Schritte einer Übergabe beruhigter Regionen in afghanische Sicherheitsverantwortung und die Vorbereitung der Truppenreduzierung.

"Nach intensiver Diskussion und sorgfältiger Prüfung hat die SPD-Fraktion Verantwortungsbewusstsein gezeigt und dem veränderten Mandat mit großer Mehrheit zugestimmt", so die abgewogene Botschaft, die Kriegs-Kritiker und Befürworter zusammenhalten soll.

Hardt: Anerkennung bisher erbrachter guter deutscher Leistungen durch die USA

Afghanistan zeigt nach Ansicht des Unionsabgeordneten Jürgen Hardt, "dass die Amerikaner auch im 21. Jahrhundert den größten und verlässlichsten Beitrag zur Sicherung von Frieden und Freiheit leisten".

Das Kommando in der Nordregion bleibe aber bei einem deutschen General. Hardt wertete dies "als ein Zeichen der Anerkennung bisher erbrachter guter deutscher Leistungen" im Afghanistan-Krieg.

Buchholz: Deutschland ist an einem Krieg gegen die einfache Bevölkerung in Afghanistan beteiligt

Nach Auffassung der Links-Abeordneten Christine Buchholz geht es beim neuen Bundeswehr-Mandat im Kern um "die militärische Absicherung der Regierung Karsai". Bei Gesprächen mit zahlreichen Menschen in Afghanistan habe sie "die Verachtung der Afghanen für diese Regierung" gespürt. "Das liege daran, dass sie korrupt ist, dass in ihr die Worlords der vergangenen Kriege sitzen und dass es nach acht Jahren keine nennenswerte Verbesserung der Lage der Bevölkerung gegeben hat." "Ohne die Unterstützung der NATO-Staaten wäre diese Regierung nichts", so Buchholz.

Ihrer Ansicht nach hat der Aufstand gegen die Regierung Karsai und gegen die NATO eine breite Unterstützung in der afghanischen Bevölkerung. Die Aufständischen, die die NATO bekämpfe, seien "Teil der Bevölkerung". Die Aufständischen seien zudem "Zivilisten", daher erscheine den westlichen Soldaten auch jeder Zivilist als potenzieller Aufständischer. "Das heißt, militärische Aufstandsbekämpfung und Schutz der Bevölkerung sind unvereinbar", so Buchholz. Deutschland sei "an einem Krieg gegen die einfache Bevölkerung in Afghanistan beteiligt".

Claußen: Mehr tote und traumatisierte Zivilisten und Soldaten

Für die Vorsitzende der Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges (IPPNW), Angelika Claußen, ist die beschlossene Truppenaufstockung "kein Strategiewechsel zugunsten einer zivilen Bearbeitung des Konflikts". Die Verlegung von 5.000 US-Soldaten und 48 Hubschraubern in die unter deutschem Kommando stehenden Nordprovinzen, bedeute de facto eine Ausweitung des US-amerikanischen Modells der Aufstandsbekämpfung und damit mehr tote und traumatisierte Zivilisten und Soldaten.

"Die niederländischen Soldaten werden Afghanistan demnächst verlassen", so Claußen. "Wir fordern auch die Bundesregierung auf, ein festes, nahe liegendes Datum zu nennen, bis zu dem die deutschen Truppen aus Afghanistan vollständig abgezogen werden."

Posttraumatische Belastungsstörungen nehmen zu

Die Meldungen über zivile Opfer in Afghanistan reißen nicht ab. Und die Zahl der Bundeswehrsoldaten mit einer Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) ist nach Angaben der Ärztin in den vergangenen zwei Jahren nochmals massiv angestiegen. Besonders hoch sei die Belastung bei Soldaten, die in Afghanistan waren.

Laut Claußen haben sich 2009 insgesamt 466 Bundeswehrsoldaten mit PTBS gemeldet, darunter 418 Afghanistan-Rückkehrer. "Im Jahr 2008 waren es 245 Soldaten, von denen 226 zuvor in Afghanistan eingesetzt worden waren – innerhalb eines Jahres also fast eine Verdoppelung der Fälle", so Claußen.

Zivile Konfliktbearbeitung unter Beteiligung der "Friedens-Jirga"

Die Ärzteorganisation IPPNW fordert eine zivile Bearbeitung des Konflikts. Partner auf der afghanischen Seite könne beispielsweise die afghanische "Friedens-Jirga" sein, die aus Stammesvertretern, Intellektuellen und Politikern Afghanistans bestehe und die die Anerkennung aller Konfliktparteien genieße.

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