Bundeswehr Hubschrauber-Absturz
- Nebengebäude des Atomkraftwerks Biblis noch nicht einmal gegen leichte Flugkörper geschützt
- Keine Medienberichte über Nähe der Unglücksstelle zum Atomkraftwerk Biblis
- US-Sendestation ebenfalls kein Thema
- Hubschrauber war auf dem Weg zum US-Militärflugplatz in Mannheim-Sandhofen
- Atomkraftgegner warnen vor realer Gefahr
Der Stahlbeton der Reaktorkuppel von Biblis A ist nur etwa 60 Zentimeter dick. Der Nachbarblock Biblis B ist nicht viel besser geschützt. Dessen Reaktorkuppel ist nur gegen kleine Militärflugzeuge ausgelegt, nicht aber gegen schwerere und schon gar nicht gegen schwere Passagiermaschinen, wie sie minütlich im nicht weit entfernten Rhein-Main-Flughafen starten und landen.
Vom möglichen Absturz von Militärhubschraubern auf Atomkraftwerke war bislang wenig die Rede. Unklar ist, ob die Gesellschaft für Reaktorsicherheit (GRS) ein solches Unfallszenario bereits untersucht hat.
Nebengebäude des Atomkraftwerks Biblis noch nicht einmal gegen leichte Flugkörper geschützt
Nicht zu unterschätzen ist auch der Umstand, dass zwar die Kuppeln der beiden Reaktorgebäude von Biblis A und B gegen leichtere Flugzeuge ausgelegt sind. Die Nebengebäude aber, in denen sich ebenfalls wichtige Notsysteme befinden, sind vermutlich überhaupt nicht hinreichend gegen abstürzende Flugzeuge oder Militärhubschrauber geschützt.
Keine Medienberichte über Nähe der Unglücksstelle zum Atomkraftwerk Biblis
In den großen Medien wurde breit über den Hubschrauber-Absturz berichtet. Die Nähe zum Atomkraftwerk Biblis war hierbei allerdings kein Thema, obwohl die politische Diskussion der vergangenen Jahre vom Thema Flugzeugabsturz beziehungsweise Terrorangriff auf Atomkraftwerke geradezu beherrscht war.
US-Sendestation ebenfalls kein Thema
Kein Thema ist bislang auch, ob möglicherweise eine in der Nähe der Absturzstelle befindliche gewaltige Senderanlage des US-amerikanischen Auslandsdienstes "International Broadcasting Bureau" mit dem Unglück zusammenhängt. Anwohnern erscheint vorstellbar, dass der Militärhubschrauber bei dem Wetterbedingungen am 3. Februar in diese "spinnennetzsartige" Anlage hineingeraten sein könnte, die auch unter der Bezeichnung "IBB Transmitter Station Lampertheim" bekannt ist. Eine weitere Sendeanlage befindet sich zudem in der Nähe des Atomkraftwerks Biblis.
Der Unfall wird derzeit von einem Expertenteam aus dem US-Staat Alabama untersucht. Eine schnelle Antwort auf die Frage nach der Unfallursache sei nicht zu erwarten, so die Sprecherin der US-Armee in Europa, Hilde Patton: "Die Analyse wird mehrere Wochen dauern, wenn nicht Monate. Die Absturzstelle bleibe bis auf Weiteres abgesperrt.
Hubschrauber war auf dem Weg zum US-Militärflugplatz in Mannheim-Sandhofen
Der "Black Hawk" wird in Afghanistan und Irak eingesetzt. Hersteller ist die Sikorsky Aircraft Corporation. Der Hubschrauber war auf dem Weg zum US-Militärflugplatz in Mannheim-Sandhofen. Etwa neun Kilometer vor dem Ziel stürzte er ab.
In den so genannten "Coleman Barracks" unterhalten die US-Streitkräfte ein Ausbildungszentrum für Piloten, zudem lässt die Armee dort Hubschrauber warten. Es handelt sich um die größte und einzige Hubschrauberwerft der US-Armee ausserhalb der USA. Zu Beginn der 1980er Jahre hatte Coleman mehr Flugbewegungen als irgendein anderes Flugfeld der US-Armee in Europa. In den späten 1980er wurde es dann ruhiger.
Von 1996 bis Anfang 2002 war keine fliegende Einheit und keine Flugsicherung vorhanden. Seit dem 23. Februar 2002 ist Coleman wieder aktiv. Die Hangars wurden renoviert und das Vorfeld wurde stark vergrößert. Ein neuer Tower, der größte und modernste der US-Armee in Europa, wurde gebaut.
Atomkraftgegner warnen vor realer Gefahr
Atomkraftgegner sind alarmiert. Nach Auffassung der atomkritischen Ärzteorganisation IPPNW belegt der Hubschrauberabsturz in Biblis-Nähe die "reale Gefahr" einer durch Flugzeuge oder Militärhubschrauber ausgelösten Atomkatastrophe. Die Organisation klagt beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof in Kassel auf Stilllegung von Biblis B, unter anderem auch wegen des völlig unzureichenden Schutzes gegen Flugzeugabsturz.
Greenpeace verweist auf den Entwurf des Koalitionsvertrags der schwarz-gelben Bundesregierung. Darin sei noch festgehalten worden, dass ältere Anlagen unter anderem mittelfristig nur weiterbetrieben werden sollten, "wenn sie einen baulichen Schutz gegen Flugzeugabsturz vergleichbar dem der neuesten Anlagen aufweisen".
Im endgültigen Koalitionsvertrag war dieser Passus dann nicht mehr zu finden. "Die Atom-Hardliner haben sich offensichtlich durchgesetzt. Das ist unverantwortlich. Die alten Anlagen müssen sofort abgeschaltet werden", fordert Greenpeace.