Nach Ansicht Gauweilers begründet der EU-Vertrag "faktisch einen Bundesstaat", dem es aber an einem "Staatsvolk mit originärer Hoheit" fehle. Die EU werde "zu einem eigenen Staat", was mit dem gleichzeitigen Verlust der souveränen Staatlichkeit Deutschland verbunden sei.
Gauweiler macht zudem geltend, dass das deutsche Zustimmungsgesetz zum Vertrag von Lissabon gegen das Demokratieprinzip und das Prinzip der Gewaltenteilung verstoße. Denn die Kompetenzen des Bundestages würden durch die Übertragung von Hoheitsrechten auf die EU ausgehöhlt.
Bundespräsident Horst Köhler hat die Ratifikationsurkunde zum Lissabon-Vertrag vorerst nicht unterzeichnet, weil er das Urteil aus Karlsruhe abwarten will. Das Zustimmungsgesetz zum Vertrag von Lissabon und die entsprechenden Begleitgesetze hatten im Oktober 2008 erfolgreich das deutsche Gesetzgebungsverfahren durchlaufen.
Der Lissabon-Vertrag, der wesentliche Elemente der gescheiterten EU-Verfassung übernommen hat, kann jedoch nur in Kraft treten, wenn er von allen 27 EU-Mitgliedsländern ratifiziert worden ist. Bislang haben außer Tschechien und Irland die anderen Mitgliedsstaaten bereits zugestimmt. In Irland war der EU-Reformvertrag am 12. Juni 2008 bei einer Volksabstimmung durchgefallen.
Buchner macht geltend, dass die Übertragung von zahlreichen Zuständigkeiten auf die EU einem "Ausverkauf ureigenster staatlicher Befugnisse" gleichkomme. Dies manifestiere sich insbesondere in der Schaffung einer eigenen "Rechtspersönlichkeit der EU".
Die Linksfraktion rügt, dass der Bundestag die Entscheidungsbefugnisse über den Einsatz der deutschen Streitkräfte für den Bereich europäischer Krisenintervention verliere. Außerdem sei es verfassungswidrig, dass der Vertrag militärische Kampfeinsätze außerhalb der Europäischen Union zur "Konfliktverhütung" und zur "Bekämpfung des Terrorismus" zulasse.
In der von 53 Bundestagsabgeordneten erhobenen Verfassungsbeschwerde wird zudem gerügt, dass die Menschenwürde gemäß dem Vertrag von Lissabon "zu einem abwägbaren Rechtsgut" werde.
Wann das Bundesverfassungsgericht sein Urteil verkünden wird, ist noch unklar. Die Tatsache, dass das Gericht zwei volle Tage für die mündliche Verhandlung anberaumt hat, unterstreicht jedoch die Bedeutung, die in Karlsruhe den Klagen zugemessen wird.