Die Richter hielten dem 19-Jährigen zwar zugute, dass er bisher keine Straftaten begangen und seine Tat zugegeben habe. Doch massiv gegen ihn spreche, dass er "Gewalt als Mittel der politischen Auseinandersetzung" praktiziert habe. S. wird der rechtsradikalen Kameradschaft "Freie Kräfte Schwalm-Eder" zugerechnet.
Der Angeklagte hatte bei der Polizei und vor Gericht eingeräumt, mit einem Klappspaten und einer Bierflasche auf ein 13-jähriges Mädchen und deren zehn Jahre älteren Stiefbruder eingeschlagen zu haben. Das Mädchen erlitt schwere Kopfverletzungen, fast wäre eine Notoperation nötig gewesen.
Vor Gericht spielte der Angeklagte den Vorfall herunter: Nach durchzechter Nacht auf einer Kirmes habe er die schlafenden Opfer überfallen. Das Ganze sei im Alkoholrausch passiert und nicht geplant gewesen. "Nüchtern hätte ich das nicht gemacht." Ein Rechtsmediziner schloss jedoch aus dem planvollen Vorgehen des Angeklagten, dass dieser voll steuerungsfähig gewesen sei. Daher sah das Gericht keinen Grund, von einer Minderung der Schuldfähigkeit durch Alkohol auszugehen.
Die Verletzungen, die das Mädchen erlitten hatte, waren laut Gericht im "unteren Bereich". Wären sie gravierender gewesen, wäre das ein deutliches Indiz für einen Tötungsvorsatz gewesen, sagte Richter Brandenstein. Diesen Vorsatz konnte das Gericht jedoch nicht erkennen.
Das Amtsgericht Fritzlar, das sich zunächst mit der Sache befasste, hatte hinreichenden Tatverdacht für versuchten Mord gesehen und den Fall ans Landgericht abgegeben. Die Staatsanwaltschaft hatte dem Anklagten dann lediglich gefährliche Körperverletzung vorgeworfen. Dem folgte die 3. Strafkammer. S. wurde zu einer Jugendstrafe verurteilt, das Gericht bezeichnete den 19-Jährigen mit Blick auf seinen Entwicklungsstand als "Heranwachsenden". Gleichwohl wollte der Richter nicht von einer "jugendlichen Verfehlung" sprechen, stattdessen betonte er die "besondere Schwere der Schuld". Er verwies auf die Verletzungen der im wehrlosen Zustand überfallenen Opfer und die psychischen Folgen, unter denen vor allem die 13-Jährige leide.
Schwerwiegend sei auch die politische Motivation der Tat: Der Richter attestierte dem Angeklagten eine "feindliche Einstellung gegenüber Andersdenkenden".