"Gerade die Krise braucht Gerechtigkeit und es ist notwendig, dass starke Schultern mehr tragen als Schwache", sagte Schäfer-Gümbel zur Begründung seines Vorschlags. Alle redeten über notwendige Konjunkturmaßnahmen und vorgezogene Investitionen. Dann müsse aber auch darüber geredet werden, wo das Geld dafür herkommt, meint der SPD-Politiker. Es sei auch eine Frage der Generationengerechtigkeit, dass nicht einfach neue Schulden bei den Banken aufgenommen werden, wenn es günstigere Möglichkeiten der Geldbeschaffung gebe.
Die Anleihe ist nach Auffassung von Schäfer-Gümbel nur dann "sinnvoll, wenn sie zu Zukunftsinvestitionen z.B. in den Bereichen energetische Sanierung, Beschaffung von modernen und energieeffizienten Fuhrparks (Bus und Schiene), Forschung und Entwicklung eingebracht wird. Es geht um Zukunftsinvestitionen, die neue Werte schaffen."
Der Vorschlag, von Vermögen über 750.000 Euro zwei Prozent als langfristige Anleihe zur Verfügung zu stellen, ist nach Auffassung von Schäfer-Gümbel auch für die Betroffenen zumutbar. "Das Geld wird langfristig geliehen, es wird verzinst, allerdings nur zum niedrigen Zinssatz der EZB, und es wird nach Ablauf der Anleihe zurückgezahlt."
Der SPD-Spitzenkandidat kritisierte, dass der hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU) sich bislang zur Finanzierung des angekündigten Investitionsprogramms ausschweige. "Das verstärkt leider den Eindruck, dass es nicht nur um ein Konjunkturprogramm für die Wirtschaft geht, sondern Herr Koch angesichts der bevorstehenden Landtagswahl vor allem ein Konjunkturprogramm für sich selbst sucht."
Schäfer-Gümbel betonte, dass er Steuersenkungen zur Ankurbelung der Konjunktur ablehne. "Der Staat kann in dieser Situation seine Einnahmebasis nicht noch schwächen und Geld verpulvern, das dann voraussichtlich nicht verwendet wird, um die Konjunktur anzukurbeln, sondern nur die Sparquote erhöht. Wir brauchen einen handlungsfähigen Staat ohne staatsdirigistisch zu werden", so Schäfer-Gümbel.
Ähnliches, wenn auch ohne ökologischen Akzent, schwebt auch Sachsens DGB-Chef Hanjo Lucassen vor. "Alle Bürger mit einem Vermögen von 750.000 Euro sollten eine Zukunftsanleihe zeichnen", sagte Lucassen. Mit den zusätzlichen Geldern könnten Straßen, Schulen oder marode Abwasserkanäle saniert werden.
Der NGG-Vorsitzende Franz-Josef Muldenberg hält eine Zwangsanleihe "für die intelligenteste Lösung, um die Staatsverschuldung nicht noch weiter ausufern zu lassen. Es wäre ein zusätzlicher Beitrag für die Solidarität in diesem Land", sagte der Gewerkschafter.
Die Bundesregierung lehnt die Vorschläge bislang ab. Vize-Regierungssprecher Thomas Steg sagte, nicht jede Äußerung im hessischen Wahlkampf finde Widerhall in Berlin. Mit Blick auf das geplante zweite Konjunkturpaket sagte Steg, es lägen "alle Optionen auf dem Tisch". Dazu zählten aber Vorschläge aus Regierung, Fraktionen und von den Koalitionspartnern.
Die Union lehnte eine Zwangsanleihe ab. Fraktionsvize Wolfgang Bosbach (CDU) sagte, neun Prozent der Steuerpflichtigen trügen die Hälfte des Steueraufkommens. Jetzt müssten die Durchschnittsverdiener entlastet werden. Es sei ein "sozialdemokratischer Reflex, bei jedem Problem Besserverdiener zur Kasse bitten zu wollen", sagte Bosbach.