Durch den Fortschritt der Informations- und Kommunikationstechnologie und die internationale Vernetzung der Informationswege hätten die Menschen "unglaublich viele neue Handlungsmöglichkeiten" hinzugewonnen. Dabei gäben sie eine große Menge persönlicher Daten preis. "Würden alle diese irgendwo auf der Welt über uns gespeicherten Informationen zusammengeführt, ließe sich sehr leicht ein 'Persönlichkeitsprofil' von jedem von uns erstellen", sagte Papier.
Dadurch würde der im "Volkszählungsurteil" für unzulässig befundene "Super-Gau des Datenschutzes" Wirklichkeit werden, allerdings "herbeigeführt durch die Hände Privater", betonte Papier. Er hielt den Festvortrag bei der Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder in Karlsruhe.
Am 15. Dezember 1983 hatte das Bundesverfassungsgericht das Volkszählungsgesetz für verfassungswidrig erklärt. Die informationelle Selbstbestimmung wurde dabei erstmals zum Grundrecht erhoben. Der Einzelne erhielt dadurch die Befugnis, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen.
Papier betonte, dass eine Gesellschaftsordnung dann nicht mehr mit der Verfassung vereinbar sei, wenn "die Bürger nicht mehr wissen können, wer was wann und bei welcher Gelegenheit über einen weiß". Diesbezüglich dränge sich der Gedanke an "die in letzter Zeit fast schon wöchentlich aufgetretenen Skandale" zum Diebstahl detaillierter Kreditkartenabrechnungen Zehntausender Kunden der Landesbank Berlin (LBB) oder die Bespitzelung von Arbeitnehmern durch den Lebensmittel-Discounter Lidl geradezu auf. Wenn man noch berücksichtige, dass das Internet "nichts vergisst", erscheine "eine zweckwidrige Verwendung von heute im Internet kommunizierten Daten in der Zukunft geradezu programmiert", betonte Papier.
Der Staat müsse deshalb "ein angemessenes Schutzregime" für die Bürger schaffen "sowie sich auf internationaler Ebene für ein solches Regime einsetzen". Dabei werde sich der Staat häufig "nicht mit bloßen Selbstverpflichtungen Privater begnügen dürfen". Er müsse vielmehr "selbst eine verbindliche Ordnung konstituieren".
Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar forderte ebenfalls die Aufsichtsbehörden auf, "Ressourcen zur Verfügung zu stellen, damit ein wirksamer Datenschutz stattfinden kann". Die Vorfälle der vergangenen Monate müssten "zu einem Bewusstseinswandel in diesem Bereich beitragen", sagte Schaar in Karlsruhe.
Die Linke-Innenexpertin Petra Pau betonte, mangelnder Datenschutz gefährde die Demokratie. "Noch nie war das technische Potenzial zur vollständigen Überwachung der Bürger so groß wie heute. Und noch nie waren die Begehrlichkeiten nach persönlichen Daten so groß wie heute", mahnte Pau.