Auf dem Delegiertentreffen kürte die SPD den sozialdemokratischen Fraktionschef im EU-Parlament, Martin Schulz, mit überwältigender Mehrheit erneut zum Spitzenkandidaten für die Europawahl. Der 52-Jährige erhielt 99,2 Prozent der Stimmen. Schulz hatte zuvor dazu aufgerufen, die EU bei den Wahlen im Juni 2009 "nach links" zu verschieben. Die SPD müsse ein "deutlich besseres" Ergebnis erzielen als 2004. Damals hatte sie lediglich 21,5 Prozent erhalten.
SPD-Chef Franz Müntefering sagte, die Sozialdemokraten wollten im Europaparlament die stärkste Fraktion werden. Nachdrücklich erneuerte der Parteichef die Forderung, dass Schulz EU-Kommissar werden solle. Die Nachfolge von EU-Vizepräsident und Industriekommissar Günter Verheugen (SPD) ist in der großen Koalition umstritten.
Müntefering rief seine Partei vor dem Wahljahr 2009 zur Zuversicht auf. Es sei "heute schon gut, dass in dieser schwierigen Situation die Sozialdemokraten in der Bundesregierung mit dabei sind". Mit Blick auf Kanzlerin und Wirtschaftsminister fügte der SPD-Chef aber hinzu: "Was wäre das für eine Bundesregierung, die aus Frau Merkel und Herrn Glos bestünde. Die große Koalition sei aber "nur eine Zwischenlösung." Mit ihrem Kanzlerkandidaten Steinmeier spiele die SPD bei der Bundestagswahl "nicht auf Platz. Wir spielen auf Sieg", sagte der Parteichef und forderte die Genossen auf, ihre Kräfte nicht für "Flügeleien" zu vergeuden.
Auch Steinmeier mahnte, "die Beschäftigung mit uns selbst, das innerparteiliche Gezänk" zu beenden. Die Sozialdemokraten hätten nun die größere Aufgabe, "diesem Land das Vertrauen in sich selbst und in seine Kräfte zu geben". Die Union habe "ihren Kredit in der Wirtschafts- und Finanzpolitik" verspielt. Die SPD sei" da längst besser", auch dank Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD).
Konkret schlug der Vizekanzler einen "kommunalen Investitionspakt von Bund, Ländern und Gemeinden" vor. Ziel müsse es sein, Arbeit und öffentliche Infrastruktur wie Kindergärten und Schulen zu sichern und zu verbessern.
In ihrem "Europawahlmanifest" spricht die SPD von einer "Richtungsentscheidung". Während Konservative und Liberale eine EU des Marktes, des Wettbewerbes und de Liberalisierung wollten, stünden die Sozialdemokraten für ein soziales Europa mit dem Menschen im Mittelpunkt. Im Einzelnen fordert die SPD Initiativen für Mindestlöhne, Arbeitnehmerrechte und Chancengleichheit sowie Investitionen in Forschung, Entwicklung und in die Energie- und Datennetze. Die Kontrolle der Banken und Finanzmärkte müsse verbessert werden.
Außerdem wollen die Sozialdemokraten die Rolle Europas als "globale Friedensmacht" weiter stärken. Langfristiges Ziel sei "eine europäische Armee, deren Einsatz parlamentarisch legitimiert sein muss".