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"Nichtanwendungserlasse" im Rechtsstaat

Finanzministerium unterläuft höchstrichterliche Entscheidungen

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Das Bundesfinanzministerium unterläuft nach Darstellung des Bundesfinanzhofs (BFH) wichtige und für den Steuerzahler entlastende höchstrichterliche Entscheidungen. Pro Jahr würden "sechs bis acht" Entscheidungen des BFH vom Ministerium mit einem sogenannten Nichtanwendungserlass belegt, kritisierte BFH-Präsident Wolfgang Spindler am Donnerstagabend (4. Dezember) in Karlsruhe. Dies sei "ein Riesenproblem". Das Bundesfinanzministerium verteidigte sein Vorgehen. Dies sei ein "ganz normalen Verfahren" und eine "lange geübte Praxis", die "rechtlich auf sicheren Füßen" stehe, sagte ein Sprecher von Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) am Freitag in Berlin.


Laut Spindler handelt es sich oft jedoch "um Entscheidungen zugunsten der Steuerpflichtigen". Aus fiskalischen Gründen allein dürften solche Erlasse nicht verfügt werden, forderte er. Auf die Frage, wie viele der Nichtanwendungserlasse in diesem Jahr er für berechtigt halte, sagte Spindler: "Das tendiert stark gegen null."

Absprachen zwischen dem Finanzministerium und Bundesländern

Der Ministeriumssprecher sagte, dass "der Bundesfinanzhof Einzelfälle entscheidet". Die BFH-Entscheidungen entfalteten "nicht automatisch Bindungswirkung über den Einzelfall hinaus". In Absprache mit allen Bundesländern prüfe das Ministerium deshalb, welche Entscheidungen des BFH man etwa aus Zweckmäßigkeitsgründen "allgemein als Verwaltungsmaßstab übernimmt und welche nicht".

Ein solcher Erlass bestehe darin, dass die Finanzverwaltung angewiesen werde, "eine Entscheidung des BFH über den entschiedenen Fall hinaus nicht anzuwenden". Diese Urteile seien damit trotz ihrer weitreichenden Bedeutung letztlich nur für den jeweiligen Kläger gültig. Andere Betroffene müssten von neuem vor Gericht.

"Mit dem Rechtsstaatsgedanken unvereinbar"

Der Vorsitzende der CSU-Mittelstands-Union, Hans Michelbach, forderte Finanzminister Steinbrück auf, diese "unglaubliche Praxis" sofort zu beenden. Wenn das oberste Finanzgericht eine Besteuerungsregelung für rechtswidrig erkläre, müsse das allen Steuerzahlern in vergleichbaren Fällen zugutekommen und nicht nur den K1ägern. "Alles andere ist reine Abzocke und mit dem Rechtsstaatsgedanken unvereinbar", so Michelbach.

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