Überblick
Auf dem dreitägigen Parteitag wollen die Grünen unter dem Motto "Mehr bewegen!" inhaltliche und personelle Weichen für das Wahljahr 2009 stellen. Im Mittelpunkt stehen die Wahl der neuen Parteiführung sowie von Fraktionschefin Renate Künast und Fraktionsvize Jürgen Trittin zu Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl. Während Roth für eine weitere Amtszeit kandidiert, bewirbt sich Özdemir für die Nachfolge des scheidenden Parteichefs Reinhard Bütikofer.
Die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth betonte, sie könne gemeinsam mit dem türkischstämmigen EU-Abgeordneten die Vielfalt der Partei repräsentieren. Sie verwies darauf, dass Özdemir "der erste Vorsitzende einer Partei in der Bundesrepublik Deutschland mit Migrationsgeschichte" wäre. Dafür sei es "allerallerhöchste Zeit". Denn es sei "Ausdruck der Realität in unserer Einwanderungsgesellschaft", dass "endlich auch jemand, der Cem Özdemir heißt, ganz selbstverständlich und ganz normal Parteivorsitzender sein kann".
Özdemir betonte, er werde sich nicht wegen seiner türkischen Herkunft auf das Thema Migration "reduzieren" lassen. Schließlich sei er über die Ökologie zu den Grünen gekommen. "Ich stehe für die gesamte politische Spannbreite der Grünen."
Özdemir will neuer Grünen-Chef werden
Ratzmann hält sich Kandidatur offen
Auf dem Grünen-Parteitag im November kommt es möglicherweise zu einer Kampfabstimmung um den Parteivorsitz. So kündigte am 2. Juni der Grünen-Europaabgeordnete Cem Özdemir seine Bewerbung um die Nachfolge des scheidenden Parteichef Reinhard Bütikofer an. Sein möglicher Gegenkandidat, der Grünen-Fraktionschef im Berliner Abgeordnetenhaus, Volker Ratzmann, hielt sich eine Kandidatur noch offen. Özdemir, der dem Realo-Flügel der Partei angehört, sagte, er traue sich zu, "gemeinsam mit der Partei Ideen zu entwickeln und das Land zu gestalten". Im großen Wahljahr 2009 wolle er seine Erfahrungen einbringen und seinen "Beitrag dafür leisten, dass die Grünen ein eigenständiges Profil bekommen", sagte der 42-Jährige.
Ratzmann sagte, es bleibe dabei, dass er sich "vor der Sommerpause erklären" werde. Schon vor einem Monat habe er gesagt, dass es sich um eine "große Herausforderung und ein honoriges Amt" handele und er "großes Interesse" an der damit verbundenen Aufgabe habe. Er habe aber auch immer betont, nun "in der Partei mit entsprechenden Kreisen" Gespräche zu führen und zu sondieren. Danach werde er eine "abschließende Bewertung vornehmen". Seine Entscheidung werde er "auf jeden Fall vor der Sommerpause" bekannt geben.
Erst am Wochenende hatte sich die Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Renate Künast, für Ratzmann an der Parteispitze ausgesprochen. Zugleich hatte sie Befürchtungen von Grünen-Realpolitikern widersprochen, wonach Ratzmann wegen seiner linken Vergangenheit ihren Parteiflügel im Vorstand der Grünen nicht gut vertreten werde.
Bütikofer hatte im März angekündigt, dass er im Herbst nicht wieder für das Amt kandidieren werde. Seine Ko-Vorsitzende Claudia Roth will sich dagegen auf dem Parteitag für eine weitere Amtszeit bestätigen lassen.
Bütikofer sagte, der neue Bundesvorstand müsse alle Parteiflügel einbeziehen, wenn man die nächste Bundestagswahl erfolgreich bestehen wolle. Die Delegierten würden die Kandidaten daraufhin prüfen, ob sie ihnen "eine solche konstruktive Rolle" zutrauten.
Am 02-06-2008
Özdemir will trotz Listenplatz-Schlappe Grünen-Chef werden
Breite Unterstützung durch Parteispitze
Trotz seiner Niederlage bei der Listenaufstellung für die Bundestagswahl hält der Grünen-Politiker Cem Özdemir seine Bewerbung um den Bundesvorsitz der Partei aufrecht. Er werde auf dem Bundesparteitag in Erfurt im November für die Nachfolge des scheidenden Grünen-Chefs Reinhard Bütikofer kandidieren, erklärte Özdemir am Montag (13. Oktober) in Berlin. Das Amt sei eine große und spannende Aufgabe für ihn, die er "mit ganzer Kraft und Entschlossenheit" anstrebe. Özdemir hat am Wochenende eine bittere Niederlage erlitten. Auf einem Landesparteitag in Schwäbisch Gmünd scheiterte er mit seinem Vorhaben, einen aussichtsreichen Platz für die Wahlliste der baden-württembergischen Grünen für die Bundestagswahl 2009 zu erlangen. Danach verließ er kommentarlos den Veranstaltungsort. Am Sonntag erschien er nicht mehr. Die Bundesspitze der Partei wie auch Landesvorsitzenden der Grünen in Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen begrüßten die Erklärung Özdemirs trotz seines Scheiterns Parteichef werden zu wollen.
Özdemir wiederholte seine Auffassung, "dass es für die Partei ein großer Vorteil ist, wenn Bundesvorsitzende auch in der Bundestagsfraktion vertreten sind". Das Ergebnis des Landesparteitages müsse er jedoch akzeptieren. Er habe in den vergangenen zwei Tagen von vielen Seiten aus der Partei großen Zuspruch erhalten. Dieser Zuspruch habe ihm deutlich gemacht hat, dass sich die Abstimmung nicht gegen ihn und seine Bewerbung für den Parteivorsitz gerichtet habe.
Bütikofer sagte nach einer Sitzung des Grünen-Parteirates, das Spitzengremium habe das Festhalten Özdemirs an seiner Kandidatur mit einhelliger Zustimmung aufgenommen. Eine Schwächung Özdemirs durch die Niederlage vom Wochenende wollte Bütikofer nicht sehen.
Özdemir war vor Jahren aus der Bundespolitik ausgeschieden, nachdem bekannt wurde, dass er von der der PR-Agentur Hunzinger einen Kredit über 80.000 DM erhalten hatte. Von Hunzinger hatten viele Politiker wie beispielsweise auch der hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU) Geld erhalten.
Am 13-10-2008
Özdemir arbeitet am "Profil" der Grünen
Trittin gegen zügige Energiewende
Bis 2002 saß der designierte Grünen-Vorsitzende Cem Özdemir im Bundestag. Dann stolperte er über einen zinsgünstigen Kredit des PR-Beraters Moritz Hunzinger, der für seine diversen "Dienstleistungen" an Politiker bekannt wurde. Özdemir zog sich dann für einige Jahre aus der Bundespolitik zurück und feiert nun sein Comeback in der Bundespoliitk. Für welche Inhalte der "Realo" steht ist weitgehend unklar, er arbeitet am äußeren "Profil" der Grünen, schließlich gilt es im nächsten Jahr, Wahlen zu gewinnen. Und Wahlen gewinnt man heute nicht mehr mit neoliberalen Prophezeihungen, sondern mit dem Versprechen, man sei sozial und setze sich für mehr Bildung ein. So will sich Özdemir nun für ein stärkeres sozial- und bildungspolitisches Profil seiner Partei einsetzen. Am Freitag (14. November) sagte er vor Beginn des Grünen-Bundesparteitages in Erfurt: "Die Grünen müssen dafür stehen, dass alle Menschen unabhängig von ihrer sozialen Herkunft eine berufliche Aufstiegsmöglichkeit erhalten." Der designierte Spitzenkandidat der Grünen für die Bundestagswahl sprach sich unterdessen dagegen aus, die Energieversorgung zügiger auf erneuerbare Energien umzustellen. Er plädierte indirekt für den Bau neuer Gaskraftwerke. Auf dem dreitägigen Parteitag wollen die Grünen unter dem Motto "Mehr bewegen!" inhaltliche und personelle Weichen für das Wahljahr 2009 stellen. Im Mittelpunkt stehen die Wahl der neuen Parteiführung sowie von Fraktionschefin Renate Künast und Fraktionsvize Jürgen Trittin zu Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl. Während Roth für eine weitere Amtszeit kandidiert, bewirbt sich Özdemir für die Nachfolge des scheidenden Parteichefs Reinhard Bütikofer.
Die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth betonte, sie könne gemeinsam mit dem türkischstämmigen EU-Abgeordneten die Vielfalt der Partei repräsentieren. Sie verwies darauf, dass Özdemir "der erste Vorsitzende einer Partei in der Bundesrepublik Deutschland mit Migrationsgeschichte" wäre. Dafür sei es "allerallerhöchste Zeit". Denn es sei "Ausdruck der Realität in unserer Einwanderungsgesellschaft", dass "endlich auch jemand, der Cem Özdemir heißt, ganz selbstverständlich und ganz normal Parteivorsitzender sein kann".
Özdemir betonte, er werde sich nicht wegen seiner türkischen Herkunft auf das Thema Migration "reduzieren" lassen. Schließlich sei er über die Ökologie zu den Grünen gekommen. "Ich stehe für die gesamte politische Spannbreite der Grünen."
Trittin gegen beschleunigten Umstieg auf erneuerbare Energien
Trittin wies derweil Forderungen aus seiner Partei zurück, den Umstieg auf ausschließlich erneuerbare Energien deutlich schneller zu vollziehen als bislang gefordert. Der Wunsch, "dass wir möglichst schnell möglichst viel erneuerbare Energien haben", sei zwar in der Partei Konsens. Die Grünen müssten aber aufpassen, dass sie sich in der Energiepolitik "nicht angreifbar machen".
Trittin reagierte damit auf Vorstöße unter anderem von dem grünen Energiepolitiker und Bundestagsabgeordneten Hans-Josef Fell, wonach sich die Grünen für eine 100-prozentige Stromversorgung aus erneuerbaren Energien bereits für 2020 oder 2030 einsetzen sollten.
Über entsprechende Anträge wollte am Freitagabend der Grünen-Parteitag beraten. Die Parteispitze will den Antrag, der von mehreren Bundestagsabgeordneten getragen wird, noch nicht einmal zur Abstimmung zulassen.
Der frühere Bundesumweltminister Trittn mahnte, notwendig sei, in entsprechenden Beschlüssen alle Instrumente der Energiewende zu benennen. Die Grünen lehnten zu Recht neue zusätzliche Kohlekraftwerke ab, sagte Trittin. Sie könnten aber nicht gleichzeitig den Neubau von Gaskraftwerken verhindern und faktisch gegen den Emissionshandel sein.
Am 14-11-2008