Die Finanzkrise habe ein neues Licht auf die Pläne zur Bahnprivatisierung geworfen, so "Bahn für alle". Dass Börsen ein Hort der Stabilität oder ein Motor des Fortschritts seien, sei "auf einmal fraglich geworden". Dadurch trete in den Vordergrund, was sich bei 78 Prozent der Bevölkerung nach einer aktuellen Emnid-Umfrage in der Forderung nach einer Bahn in öffentlicher Hand ausdrückte: "Die Privatisierung der DB AG hat sich für den Bund und die Bürgerinnen und Bürger noch nie gelohnt. Die zu erwartenden Einnahmen standen stets in einem lächerlichen Verhältnis zu den öffentlichen Aufwendungen für Bahnverkehr."
"Millionen Euro" wurden nach Darstellung der Bahn-Kritiker auf dem Weg zur Bahnprivatisierung bereits "verschleudert für Gutachten, Umstrukturierungen, Börsenprospekte und überzogene Managergehälter. Die einseitige Gewinnausrichtung führt zu Einsparungen an falscher Stelle und steht mittlerweile sogar vor der Sicherheit im Zugverkehr und hat die Bahn zunehmend unzuverlässig werden lassen."
Statt der halbherzigen Ankündigung, die gescheiterte Privatisierung nur zu verschieben, müsse es heißen: "Jetzt die Bahn umsteuern. Die Ausrichtung auf Aktionärsgewinne muss aufgegeben werden, die Bahn muss wieder an den Interessen der Fahrgäste und einer nachhaltigen Verkehrspolitik ausgerichtet werden." Der Bund als Eigentümer müsse sich der Bahn annehmen, sie finanziell ausreichend ausstatten und vor allem die Bahn unter gesellschaftliche Kontrolle bringen.
Auhagen: Eine ganze Ideologie ist in sich zusammengebrochen
Nach Auffassung von Hendrik Auhagen von Attac ist die Absage ds Börsengangs ein Wendepunkt. "Mit dem Aus für den Bahnbörsengang ist eines der größten Privatisierungsprojekte der neoliberalen Ära in Deutschland gestoppt worden. Eine ganze Ideologie, deren Ziel die Plünderung der öffentlichen Infrastruktur ist, ist in sich zusammengebrochen."
Nicht die Finanzmärkte hätten die Bahnprivatisierung zu Fall gebracht, sie sei politisch gescheitert, meint Carl Waßmuth von Attac. "In der Kernschmelze der Finanzmärkte geht die politische Ideologie der Privatisierung in Flammen auf wie Holzwolle." Das neoliberale Dogma, demzufolge das Bedienen von Renditeinteressen privater Investoren auf magische Weise zu einer Verbesserung der Lebensverhältnisse aller Menschen führe, habe sich mit der Finanzkrise anschaulich ad absurdum geführt.
Jetzt sei es an der Zeit, endlich eine Politik aus Sicht der Bürgerinnen und Bürger zu entwickeln, fordert Waßmuth. "Bestimmend müssen echte Bedürfnisse nach Mobilität, aber auch nach Schonung der Ressourcen sein - nicht die angeblich unsichtbare Hand des Marktes." Dass die Große Koalition dies noch nicht begriffen habe, zeige die geplante Befreiung von der Kraftfahrzeugsteuer auch für CO2-Schleudern.
Die Finanzkrise habe deutlich gemacht, dass die öffentliche Daseinsvorsorge der Willkür und dem Profitstreben privater Investoren entzogen werden müsse. Attac fordert daher, jegliche Privatisierungen öffentlicher Infrastruktur zu stoppen und rückgängig zu machen. "Die Privatisierung der Bahn muss endgültig vom Tisch. Der Gesundheitsfonds und die Privatisierung der sozialen Sicherungssysteme sind ebenso zurückzunehmen wie beispielsweise Privatisierungen der Wasserversorgung etwa in Berlin", so Auhagen. Die Riester-Rente, die zur Aufblähung der Finanzmärkte beitrage, müsse durch eine solidarische Bürgerversicherung ersetzt werden.