Worum es auf der Konferenz im vornehmen Sofitel Berlin Schweizerhof gehe, habe Verteidigungsminister Franz Josef Jung in seinem Grußwort "dankenswerterweise" klar benannt, so Peter Strutynski und Elke Zwinge-Makamizile vom Bundesausschuss Friedensratschlag: Das "Programm (umfasst) die unterschiedlichen Ebenen und Aspekte von Sicherheit: international und national, EU und NATO, Homeland Security, Terrorismusbekämpfung sowie Rüstungskooperation."
Es gehe um die Verbesserung der Schlagkraft der Bundeswehr und der NATO, was sich ebenfalls eindeutig aus dem Grußwort des Ministers ergebe: "Erfolge in diesen Bereichen gründen sich neben politischen Mitteln auch auf eine hochwertige technische Ausstattung. Nur durch sie können wir verantworten, unsere Soldatinnen und Soldaten in Auslandseinsätze zu schicken."
Auch im Einladungstext der Veranstalter werde die Intention der Konferenz deutlich benannt. Es gelte nun, eine Perspektive für neue potenzielle Mitgliedsländer der NATO zu entwickeln und zeitgleich "Antworten für Konfliktregionen, speziell für Afghanistan, zu finden".
Angesichts der Gästeliste und der eingeladenen Referenten falle es nicht schwer, die "Antworten" auf die selbst gestellten Fragen zu erraten, merkt der Bundesausschuss Friedensratschlag spitz an. "Am ersten Tage sprechen ausschließlich Politiker, die den Einsatz der internationalen Besatzungstruppen in Afghanistan erhöhen und deren Schlagkraft verbessern wollen." Zu den Rednern zählten Verteidigungsminister Jung, der afghanische Außenminister Rangin Dadfar-Spanta, der stellvertretender NATO-Generalsekretär Claudio Bisogniero sowie die Verteidigungsminister aus der Türkei (Vecdi Gönül), Pakistan (Kamran Rasool) und Kanada (Peter MacKay) sowie die Verteidigungsministerin Norwegens, Anne-Grete Strøm-Erichsen. Sie habe sich aus Sicht der deutschen Rüstungsindustrie "besonders verdient gemacht, als sie 2007 eine Vereinbarung mit Eurofighter Jagdflugzeug GmbH abschloss, wonach die norwegische Seite sich über zwei Jahre mit bis zu 75 Millionen Euro pro Jahr an der Rüstungskooperation beteiligt".
Weitere Rüstungsunternehmen wie Krauss-Maffei Wegmann (Kassel/München), Rohde & Schwarz (München) oder die Lürssen Werft (Bremen) könnten sich in den Diskussionsrunden "als zuverlässige Partner bei der weiteren Aufrüstung von Bundeswehr, NATO und Europäischer Union" darstellen. Die Kritiker verweisen auf Themen wie "Die Verteidigungsindustrie - Stellenwert, Akzeptanz und Unterstützung in Deutschland", oder: "Streitkräfte im Einsatz: Unterstützung durch Staat und Industrie".
Als Schwerpunkt der diesjährigen Konferenz, die von "einer Art Rüstungsmesse" begleitet werde, würden "Unbemannte Systeme" vorgestellt. "Unbemannte Systeme" bildeten nach Einschätzung von Fachkreisen einen enormen "Innovationsschub" auf dem Gebiet der Militärtechnologie.
Nicht fehlen dürfe im Zeichen des weltweiten "Krieges gegen den Terror" auch das Thema "Innere Sicherheit" oder auch "Homeland Security". Dass zu diesem Thema spreche Innenminister Wolfgang Schäuble als prominentester Vertreter eines harten Kurses der Militarisierung der Inneren Sicherheit. Auch in diesem Panel sei "die Industrie zur Stelle, um mit ihren Produkten die europäischen Abschottungstendenzen gegen unliebsame Immigration zu unterstützen", kritisieren Strutynski und Zwinge-Makamizile. So spreche etwa ein Vertreter des Rüstungsunternehmens Thales - eine deutsche Tochter des französischen Rüstungsgiganten Thales - über "Maritime Sicherheit als Eckpfeiler eines umfassenden Homeland Security Ansatzes".
Die Friedensbewegung wendet sich gegen "diese Zusammenkunft von (Militär-)Politik und Rüstungsindustrie aus denselben Gründen, wie sie die Münchner Sicherheitskonferenz kritisiert hat: Es ist ein Treffen, auf dem der militärisch-industrielle Komplex Gelegenheit erhält, seine Lobbyarbeit in Berlin und Brüssel zu erhöhen." Treffend habe dies Ingo Bormann, Dezernatsleiter "Auslandseinsätze" im Heeresführungskommando zum Ausdruck gebracht, als er die Konferenz mit den Worten empfahl: "Eine exzellente Mischung aus Information und Diskussion verbunden mit ausgezeichneten Networking-Möglichkeiten." Gruppen der Berliner Friedensbewegung wollen die Konferenz "kritisch begleiten".