Das BfS ist Gabriel unterstellt. Es übernimmt mit der Verantwortung für die Asse auch das bisherige Personal. Nach Angaben des Helmholtz-Zentrums arbeiten derzeit etwa 200 Beschäftigte in dem Bergwerk, dazu kommen etwa 100 Mitarbeiter von Fremdfirmen.
Mit der Trägerschaft wechsele auch die finanzielle Verantwortung für die Asse von ihrem Haus auf das Bundesumweltministerium, sagte Schavan. Vertreter der drei Ministerien und der beteiligten Behörden wollen bereits an diesem Freitag Einzelheiten für den Übergang klären. Eine Kabinettsvorlage soll es noch im September geben.
Gabriel hat den Betreiberwechsel für das Atommülllager Asse als "richtige und konsequente Entscheidung" gewertet. Ob der Atommüll aus der Asse herausgeholt werden könne, wisse man derzeit nicht. Zunächst müsse noch ein Standsicherheitsgutachten für das Bergwerk abgewartet werden, das bis Jahresende vorliegen solle, sagte Gabriel. Dabei gehe es um die Frage, ob sich die Standsicherheit mit technischen Mitteln verlängern lasse. Sollte der Atommüll herausgeholt werden, würde dieser in den benachbarten Schacht Konrad kommen, dem Endlager für schwach- und mittelradioaktive Stoffe in Salzgitter.
Sander entzog dem niedersächsischen Landesbergamt mit sofortiger Wirkung die Aufsicht über das Bergwerk Asse. Nach Medienberichten wurden zudem mindestens zwei Disziplinarverfahren eingeleitet, eines gegen den Leiter der Bergbehörde, das andere gegen einen Referenten, der unmittelbar mit der Aufsicht über die Asse befasst gewesen sein soll. Beiden Beschuldigten werde vorgeworfen, schon lange von den Sicherheitsproblemen gewusst, die vorgesetzten Beamten im Wirtschafts- und Umweltministerium in Hannover aber nicht angemessen informiert zu haben.
Die Grünen begrüßten den Betreiberwechsel. Das BfS müsse nun die Schließung des Bergwerks organisieren, sagte Fraktionsvize Jürgen Trittin. Der niedersächsische Grünen-Fraktionsvorsitzende Stefan Wenzel sagte: "Der Beschluss zur Anwendung des Atomrechts war überfällig. Anders hätte es keine Chance gegeben, sich mit den von diesem Endlager ausgehenden Gefahren sachgerecht auseinanderzusetzen".
Der Präsident der heftig kritisierten Helmholtz-Gemeinschaft, Jürgen Mlynek, versuchte sich in Schadensbegrenzung: "Ich begrüße, dass jetzt eine von allen Seiten getragene Entscheidung zum weiteren Vorgehen bei der Schachtanlage Asse II getroffen wurde."
Ursula Kleber vom atomkritischen Verein "Aufpassen" sagte, mit dem Betreiberwechsel werde "nun nicht plötzlich alles gut". Sie forderte eine "gründliche und glaubhafte" Inventur des in der Asse eingelagerten Atommülls. "Nur gucken, ob die Lieferscheine richtig in die Asse-Datenbank übertragen worden sind, reicht nicht", sagte die Umweltschützerin. Sie kündigte für den 12. September eine Demonstration am Bergwerk Asse an.
Die stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Katherina Reiche (CDU), sieht in den Vorfällen im Bergwerk Asse keinen Grund, dem Salzstock Gorleben als möglichem Endlager für radioaktiven Müll zu misstrauen. Gorleben sei "nach neuesten und modernsten Erkenntnissen" für die langfristige Lagerung geeignet. Andere Gesteine für diesen Zweck zu erforschen, wie es SPD und Grüne verlangten, lehne sie ab. Auch der Geschäftsführer des Deutschen Atomforums, Peter Marx, sprach sich dafür aus, den Endlagerstandort Gorleben zu Ende zu untersuchen.
Atommülllager Asse II - Atommüll mit Schaufellader abgekippt
In das frühere Salzbergwerk Asse II im Kreis Wolfenbüttel wurden offiziell zu Versuchszwecken von 1967 bis 1978 rund 125.000 Fässer mit schwach und weitere 1300 Fässer mit mittelradioaktivem Müll gebracht. Es handelt sich vor allem um Abfälle aus Kernforschungszentren, Krankenhäusern und Laboren. Auch sieben Kilogramm hochgiftiges Plutonium lagern in der Asse. Vor kurzem wurde bekannt, dass auch Brennelemente aus einem Forschungsreaktor in das Bergwerk transportiert wurden. Faktisch war Asse II weltweit das erste unterirdische Atommüll-Endlager.
Bei der Einlagerung kippten Schaufellader die Tonnen teilweise über die Abhänge in tiefere Kammern. Mehrere Fässer sind dabei geplatzt. Spätestens seit 1988 dringt Lauge aus unbekannter Quelle in das Bergwerk. Sie ist radioaktiv belastet und wurde über Jahre in anderen niedersächsischen Bergwerken verklappt. In tiefere Regionen einsickernde Salzlauge ist stärker kontaminiert. Die Grenzwerte wurden teilweise um das Acht- bis Elffache überschritten.
Umstritten sind die Schließungspläne des bisherigen Betreibers. Danach sollen die Hohlräume mit einer Magnesiumchlorid-Lösung geflutet werden. Kritiker befürchten für diesen Fall eine noch größere Gefahr für Menschen und Umwelt.
Die Atomindustrie behauptet regelmäßig, das Atommmüll-Problem sei gelöst. Die Langzeitsicherheit sei gewährleistet.