So auch in Niedersachsen, obwohl die Umstrukturierung noch nicht beendet ist und an den meisten Universitäten noch die alten Studiengänge auslaufen. "Wir konnten jedoch beobachten, dass sich die Zahl der Erstsemester in unserer Beratungsstelle bereits erhöhte", sagt der Leiter der Psychosozialen Beratungsstelle Osnabrück, Thomas Müller. 2006 seien elf Prozent der Hilfesuchenden Studienanfänger gewesen, 2007 habe sich die Zahl bereits auf 17 Prozent erhöht. "Unserem subjektiven Eindruck zufolge ist der Druck auf die Studierenden deutlich gestiegen", konstatiert Müller.
Und die Belastung hinterlässt ihre Folgen. Diese Beobachtung bestätigt auch Annet Göhmann-Ebel von der Psychosozialen Beratungsstelle Göttingen. "Die Leistungen zählen heute vom ersten Semester an. Fehlentscheidungen schlagen sofort zu Buche. Die Möglichkeit, sich erst einmal an der Universität zu orientieren, gibt es kaum noch", sagt die Psychologin.
Wilfried Schumann, Leiter der Psychosozialen Beratungsstelle von Universität und Studentenwerk Oldenburg, warnt ebenfalls vor den Konsequenzen: "Die Veränderung der Hochschullandschaft bringt gravierende Veränderungen für die alltägliche Lebens- und Lernsituation von Studierenden." Schon heute sei deutlich, dass die Belastungen für Studenten und die Nachfrage nach psychologischer Begleitung zunehme, sagt der Psychologe.
Wenn zu der hohen Belastung der Ausgleich fehle, seien das ideale Bedingungen für stressbedingte Krankheiten wie das Burnout-Syndrom. "Der Anteil an Studierenden, die von psychischen Schwierigkeiten so stark betroffen sind, dass das Studium davon beeinträchtigt wird, beträgt nach Ergebnissen verschiedener Studien 20 bis 25 Prozent. Wir haben es keineswegs mit den Problemen einer kleinen Minderheit zu tun", betont Schumann.
Auch der Allgemeine Studierendenausschuss (AStA) der Universität Osnabrück ist besorgt. "Wer heute die bessere Bewertung in der Klausur erhält, hat morgen bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Das Ergebnis ist Zukunftsangst", sagt Patrick Seele, AStA-Referent für Hochschulpolitik. Große Unzufriedenheit sei unter den Studenten schon jetzt bemerkbar. Seele warnt auch vor der Gefahr des erhöhten Missbrauchs von Alkohol und Aufputschmitteln.
Anstatt ihr Studium hinzuschmeißen, hat Julia E. nun die Unterstützung eines Therapeuten. "Müsste ich mit den bisherigen Erfahrungen aber entscheiden, ob ich noch einmal ein Studium beginne, dann würde ich mich wahrscheinlich dagegen entscheiden", sagt die Osnabrückerin.