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"Nicht willkürliche Rechtstradition"

Selbstständige, Freiberufler und Landwirte bleiben von Gewerbesteuer befreit

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Selbstständige, Freiberufler und Landwirte bleiben im Gegensatz zu den übrigen Gewerbetreibenden von der Gewerbesteuer befreit. Das Bundesverfassungsgericht entschied in einem am 29. Mai veröffentlichten Beschluss, dass die entsprechende gesetzliche Regelung mit dem Gebot der Gleichbehandlung vereinbar und "nicht willkürlich" ist. Die Karlsruher Richter bestätigten damit eine 70-jährige Rechtstradition.


Aus Sicht der Richter gibt es auch heute noch "signifikante Unterschiede" zwischen freien Berufen und Gewerbetreibenden. So sei die Voraussetzung für die Erlernung und Ausübung eines freien Berufs im Regelfall eine akademische oder vergleichbare besondere berufliche Qualifikation oder eine schöpferische Begabung. Typisch für Freiberufler sei zudem die eigenverantwortliche und fachlich unabhängige Erbringung der Arbeit, verbunden mit einem oft persönlichen Vertrauensverhältnis zum Auftraggeber.

Zudem liege die Annahme nahe, dass die freien Berufe weniger Infrastrukturlasten der Gemeinden verursachten als Gewerbetriebe. Die Land- und Forstwirte unterschieden sich von Gewerbetreibenden durch das besondere Gewicht des Produktionsfaktors Boden und die Abhängigkeit ihres Wirtschaftserfolges vom Wetter. Zudem unterlägen sie einer Sonderbelastung bei der Grundsteuer. Der Erste Senat entschied auf eine Vorlage des Niedersächsischen Finanzgerichts hin.

(AZ: 1 BvL 2/04 - Beschluss vom 15. Januar 2008)

Der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Freien Berufe (BFB), Arno Metzler, begrüßte das Urteil. Das Gericht habe mit seiner Entscheidung auch Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) in die Schranken verwiesen. Erst vor kurzem habe Steinbrück angedeutet, die Gewerbesteuer auf Freiberufler ausdehnen zu wollen.

Freiberufler seien keine Gewerbetreibenden mit Produktions- und Lagerstätten, so Metzler. "Schließlich schmaucht über Rechtsanwaltskanzleien kein Schlot - ebenso wenig wie Architekten keine eigene Zu- und Abfahrten brauchen."