"Energiepolitische Fehleinschätzungen"
Die Landesregierung habe seit Amtsantritt 1999 die sich bietenden Möglichkeiten zur Reaktivierung und zum Ausbau der Wasserkraft ganz offensichtlich noch nicht einmal in Erwägung gezogen, kritisiert Grumbach. "Mit der Einführung des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes im Jahre 2000 und dessen Novellierung 2004 würde der Wasserkraft-Neubau wieder wirtschaftlich – den politischen Willen und die Bereitschaft einer Landesförderung allerdings vorausgesetzt."
Atomkraftgegner: CDU und RWE sollen "energiepolitische Fehleinschätzungen" zugeben
Die atomkritische Ärzteorganisation IPPNW, der Umweltverband BUND Hessen und das globalisierungskritische Netzwerk Attac forderten die CDU und die Stromkonzerne am 28. November dazu auf, ihre energiepolitischen Fehleinschätzungen und falschen Energieprognosen endlich auch einmal einzugestehen, statt in Hessen einen Windenergie-Streit vom Zaun zu brechen. Noch in den 1990er Jahren hätten CDU und Großkonzerne behauptet, Erneuerbare Energien könnten auch langfristig maximal vier Prozent zur Stromversorgung beitragen. Realität im Jahr 2007 sei aber, dass der Anteil der Erneuerbaren Energien an der Stromversorgung Deutschlands bereits rund 15 Prozent betrage (das sei schon mehr als die Hälfte des Atomstrom-Anteils).
"Das zeigt, dass die CDU und Energiekonzerne wie RWE die falschen Ratgeber in der Energiepolitik sind. Die seit 30 Jahren anhaltende Blockade einer Energiewende muss jetzt ein Ende haben", fordert Michael Rothkegel, Geschäftsführer des BUND Hessen. "Wir brauchen in Hessen die endgültige Stilllegung des Atomkraftwerks Biblis und den Verzicht auf neue Kohlekraftwerke. Die Zukunft gehört dem energischen Aufbau der dezentralen Energiewirtschaft auf Grundlage von 100 Prozent Erneuerbarer Energie."
Der weitere dezentrale Ausbau der Erneuerbaren Energien ist nach Auffassung der Verbände gefährdet, "wenn Bundeskanzlerin Angela Merkel das Erneuerbare-Energien-Gesetz weiter zurückfahren sollte und wenn der hessische Ministerpräsident Roland Koch weiterhin mit bürokratischen Tricks den Ausbau der Windenergie im Binnenland blockiert". Die Landesregierung benutze die Möglichkeiten der Regionalplanung, um die Flächen in Hessen bis auf wenige kleine Ausnahmezonen zum "Ausschlussgebiet" für Windkraftanlagen zu machen. So reduziere der neue, noch nicht in Kraft gesetzte Regionalplan Nordhessen die im derzeit noch gültigen Regionalplan dargestellten bestehenden Windkraftstandorte um rund 90 Prozent. Die Landesregierung wolle Windkraftanlagen fast nur noch in windschwachen Niederungen genehmigen.
"Jeder weiß, dass es Roland Koch bei seinem Windkraft-Streit nicht um den 'Schutz der Landschaft' geht", meint kritisiert Chris Methmann vom Attac-Koordinierungskreis. Es gehe ihm vielmehr darum, "das profitable Geschäft mit der Ware Energie auch weiterhin in der Hand von Konzernen wie RWE und E.On konzentrieren." Hessen sei "Schlusslicht beim Ausbau der Erneuerbaren Energien in Deutschland".
Attac fordert die Auflösung der vier großen Stromkonzerne und eine demokratische Kontrolle der Energiewirtschaft. Der hessische Wirtschaftsminister Alois Riehl klopfe "markige Sprüche", wenn es um die Zerschlagung der Energiekonzerne gehe. "Aber wenn es konkret wird, klammert sich die hessische Landesregierung an alte fossile Energien", so Methmann. Die aktuelle Entscheidung der Bewohner der saarländischen Gemeinde Ensdorf gegen das von RWE geplante Kohle-Großkraftwerk mache deutlich, dass die Bevölkerung längst weiter sei als viele Politiker und deren Doppelzüngigkeit beim Klimaschutz durchschaue.
Wenn jetzt die CDU in Hessen meine, einen Streit über die Zahl von Windkraftanlagen führen zu müssen, so verkennt sie nach Auffassung der IPPNW, "dass die Entscheidung über die Zahl, die Standorte und die landschaftsverträgliche Einbindung von Windkraftanlagen in einer dezentralen und demokratischen Energiewirtschaft weder von Roland Koch noch von RWE-Managern bestimmt werden sollte, sondern von der Bevölkerung und den Entscheidungsträgern vor Ort".
Auch mit ihrem beständigen Werben für die Atomenergie stehe die CDU nicht an der Spitze der Klimaschützer, meinen die Atomkraftgegner. Sie verweisen darauf, dass die weltweit 439 Atomkraftwerke "lediglich minimale 2,5 Prozent zur Weltenergieversorgung beitragen". Es sei völlig unverständlich, warum sich Roland Koch noch immer "für diese 2,5-Prozent-Technik" stark mache, statt in Hessen "zukunftsfähige Techniken tatkräftig auszubauen".